Abram, Ido/ Matthias Heyl: Thema Holocaust. Ein Buch für
die Schule, Reinbeck bei Hamburg 1996
Ido Abram, erster europäischer Professor für Holocaust
Education an der Universität Amsterdam, und Matthias Heyl, Erziehungswissenschaftler
aus Hamburg, stellen unter Berücksichtigung der jüngeren internationalen
Diskussionen zur Holocaust-Thematik die wichtigsten erziehungswissenschaftlichen
Ansätze vor und binden sie ein in eine Palette von schon erprobten Vorschlägen
zur Umsetzung in die schulische Praxis. Das Buch enthält einen ausführlichen
Praxisteil mit Unterrichtsvorschlägen und einen Serviceteil, der über
Quellen, Literatur, Materialien, Gedenkstätten und Exkursionen informiert.
Die Autoren zielen auf eine interdisziplinäre, fächerübergreifende
Behandlung des Holocaust in der Schule, wobei sie sowohl die Projektarbeit als
auch den Regelunterricht im Auge haben. In der zweiten Hälfte dieses Hand-
und Arbeitsbuches finden die Leser die erwähnten Unterrichtsmaterialien,
deren Einsatz keineswegs nur auf den schulischen Unterricht beschränkt
ist, sondern die auch gut in der außerschulischen Jugendbildung Verwendung
finden können. Lehrer finden in dem Buch eine Fülle von Anregungen
für ihren Unterricht. Daß die Autoren den einzelnen Quellen konkrete
Arbeitsaufträge beigefügt haben, erhöht ohne Zweifel den Gebrauchswert
des Buches für die pädagogische Praxis. I
Aluffi-Pentini, Anna u. a.: Antirassistische Pädagogik
in Europa. Theorie und Praxis. Klagenfurt 1999
Vor dem Hintergrund des Bedeutungszuwachses genetisch verstandener
Ethnizität in politischen Argumentationen und im Alltagshandeln sowie angesichts
einer unterstellten Zunahme des Nationalismus in Europa diskutieren die Autoren
des Buches über Grenzen und Möglichkeiten einer antirassistischen
Pädagogik in Europa. Einig sind sich die Autoren, daß Rassismus die
betroffenen Menschen ihrer Daseinssicherheit und Zukunftsperspektive beraubt.
Antirassistische Pädagogik habe sich dagegen kategorial an der Menschenwürde
und pädagogisch an der Vorstellung eines gelingenden Lebens zu orientieren.
Die 12 Beiträge des Buches haben die Herausgeber in zwei große Kapitel
gegliedert. Der mit Theoretische Praxis überschriebene Teil
enthält grundlegende Aufsätze zum Beispiel über die Erziehung
der Nation (Lorenz), über Identität und interkulturelle
Erziehung (Hamburger) und Beobachtungen zur interkulturellen und antirassistischen
Pädagogik aus italienischer Perspektive (Aluffi-Pentini). Die Autoren des
zweiten Teils stellen dann konkrete Projekte antirassistischer Jugendarbeit
vor, die u. a. in Deutschland, Österreich, Großbritannien und den
Niederlanden durchgeführt wurden. Es sind nicht immer nur Erfolgsgeschichten,
die hier geschrieben werden, sondern luzide und differenzierte Berichte über
die pädagogische Arbeit in einem schwierigen Feld. PD
Aschwanden, Dirk: Jugendlicher Rechtsextremismus als
gesamtdeutsches Problem, Baden-Baden 1996
Die Aachener, vom Politologen Kurt Lenk betreute Dissertation versteht sich
als Beitrag zur Erhellung einer bislang unterentwickelten Dimension der Rechtsextremismusforschung.
Sie setzt sich zur Aufgabe, speziell zu gewaltorientierte Varianten des Rechtsextremismus
unter Jugendlichen, die Vermittlungswege und die Transformation von weltanschaulichen
Orientierungen zur Tat zu analysieren. Dabei ist für den Autor die Frage
erkenntnisleitend, welche spezifische Attraktivität gebrauchsfertig angebotene
rechtsextreme Orientierungsmuster und Einstellungen für Jugendliche besitzen,
welche Funktion rechtsextrem motivierte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit für
das Selbstverständnis Jugendlicher und für die Bewältigung pubertär-adoleszenter
Lebenslagen haben. Diese gesetzte Aufgabenstellung arbeitet der Autor in acht
Kapiteln ab. Zunächst stellt er die Merkmale rechtsextremer Einstellungen
vor und liefert dem Leser Daten und Fakten zur Entwicklung des Rechtsextremismus
bis in das Jahr 1993. Fremdenhaß und Fremdenfeindlichkeit als Teil rechtsextremer
Ideologie sind Gegenstand des vierten Kapitels. Die Bedeutung von Kampf und
die Selbststilisierung Jugendlicher zu Kämpfern und politischen Soldaten
werden vom Autor ebenso behandelt wie er auf die Funktion und Psychologie politischer
Mythen eingeht. Danach wendet er seine Aufmerksamkeit dem jugendkulturellen
Aspekt des Rechtsextremismus zu, um abschließend zu einer Ursachenanalyse
vorzustoßen. Der Anhang enthält zahlreiche Dokumente aus der rechtsextremen
Szene.
ASSHEUER, Thomas und SARKOWICZ, Hans, Rechtsradikale
in Deutschland. Die alte und die neue Rechte. München 1990
Das Buch informiert über den aktuellen Rechtsradikalismus
in Deutschland und über seine Vorgeschichte. Es stellt Organisationen,
Parteien und Gruppierungen differenziert dar und nennt Namen und Querverbindungen.
Die Analyse rechtsradikalen Gedankenguts macht deutlich, daß sich das
Weltbild der Neuen Rechten nicht auf eine inhaltsleere und harmlose
Biertischdemagogie reduzieren läßt. Die neuen rechten Vordenker geben
sich wissenschaftlich, und sie sprechen mit wünschenswerter Offenheit aus,
womit nach dem Sieg der erneuerten Konservativen Revolution
zu rechnen ist. (A)
BACKES, Uwe und JESSE, Eckhard, Politischer Extremismus
in der Bundesrepublik Deutschland. Band I: Literatur. Köln 1989
Mit dem vorliegenden Band legen die Autoren eine systematische Aufarbeitung
und Kritik der Literatur zum politischen Extremismus in der Bundesrepublik im
Hinblick auf die Themenbereiche Politischer Extremismus, Rechtsextremismus,
Linksextremismus und Terrorismus vor.
BACKES, Uwe und JESSE, Eckhard, Politischer Extremismus
in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analysen. Köln 1989
BACKES und JESSE untersuchen die unterschiedlichen Erscheinungsformen
des politischen Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland von der Demokratiegründung
bis zur Gegenwart. Nach einer Begriffsklärung und der historischen Darstellung
extremistischer Bewegungen in der BRD stellen die Autoren Erklärungsansätze
zum politischen Extremismus dar und zeigen Wege der Extremismusbekämpfung
auf.
BACKES, Uwe und JESSE, Eckhard, Politischer Extremismus
in der Bundesrepublik Deutschland. Band III: Dokumentation. Köln 1989
Die Autoren präsentieren und kommentieren ausgewählte Dokumente zum
Thema politischer Extremismus sowohl aus dem extremistischen als auch aus dem
nicht-extremistischen Bereich.
Bader, Veit-Michael: Rassismus, Ethnizität, Bürgerschaft.
Soziologische und philosophische Überlegungen, Münster 1995
Weltweit beobachtbar sind das Erstarken eines neuen Nationalismus, ethnische
Säuberungen, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. In den westlichen Demokratien
treffen wir vor allem auf Fremdenfeindlichkeit als Reaktion auf die weltweiten
Migrationsprozesse, die zu einer Verschärfung der Asyl- und Immigrationspolitik
geführt haben. Angesichts der wachsenden Bedeutung ethnischer Inklusion
und Exklusion hinterfragt die Studie, die aus überarbeiteten Fassungen
bereits publizierter Aufsätze besteht, die gängigen Erklärungsmuster
von Nationalismus, Rassismus und Ethnizität. Vor dem Hintergrund der vom
Autor entwickelten Protheorie sozialer Ungleichheit und kollektiven Handelns
soll so eine tragfähigere begriffliche Grundlage für die vergleichende
Forschung geschaffen werden. Kapitel 1 behandelt eine Politische Soziologie
ethnischer Ungleichheiten und Konflikte, Kapitel 2 Ethnizität
und Rassismus. Hier plädiert der Autor für ein Konzept des kulturellen
Rassismus, das die gesellschaftliche Konstruktion rassistischer Diskriminierung
in den Mittelpunkt rückt. Kapitel 3 diskutiert unter Auseinandersetzung
mit verschiedenen Ansätzen der Nationalismusforschung Fragen kollektiver
Identitätsbildung und in einem separierten Abschlußteil mit eher
philosophischer Ausrichtung in Auseinandersetzung vor allem mit Michael
Walzer das Konzept der Staatsbürgerschaft. Zielpunkt der Argumentation
ist ein universalistisches Konzept demokratischer Bürgerschaft. Angesichts
anspruchsvoller und komplexer Argumentation wie auch des ausgesprochenen Werkstattcharakters
der Auseinandersetzungen mit zahlreichen Teiltheorien eine eher für das
Fachpublikum geeignete, dort aber lohnende Lektüre.
Bailer-Galanda, Brigitte u. a. (Hg.): Die Auschwitzleugner.
Elefanten Press, Berlin 1996
Schon seit Jahrzehnten haben sich Rechtsextremisten des In- und Auslandes
darauf kapriziert, in ihrer Propaganda die systematische Vernichtung der europäischen
Juden entweder dreist zu leugnen oder stark zu relativieren. Es ist ein erklärtes
Anliegen des Buches, die Opfer des Nationalsozialismus von Verunglimpfung und
Beleidigung, wie sie die Leugnung der NS-Verbrechen darstellt, zu schützen
und die jüngere Generation gegen rechtsextreme Propaganda und Verhetzung
zu immunisieren. Das Buch informiert umfassend über Inhalte und Träger
dieser Propaganda und zeigt auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau, wie Geschichtsrevisionisten
argumentieren und warum ihre Argumente nicht stichhaltig sind. Dabei ist die
thematische Spannbreite der einzelnen Beiträge groß. Lesenswert ist
auf alle Fälle der Beitrag von Wolfgang Neubauer über die Frage, ob
es einen schriftlichen Hitler-Befehl zur Judenvernichtung gegeben hat. Die Leiterin
der KZ-Gedenkstätte Dachau, Barbara Distel, stellt das Krematorium des
KZ Dachaus als Exempel für rechtsradikale Geschichtsfälschung vor.
Diskutiert werden auch neue Entwicklungen und Themen, vor allem die zunehmenden
internationalen Verflechtungen des rechten Revisionismus, wie sie in internationalen
Kongressen und der Einspeisung revisionistischer Propaganda in das Internet
sichtbar werden. Für die historisch-politische Bildungsarbeit ist das Buch
auf jeden Fall ein nützliches Hilfsmittel. PD
BEHNKEN, Imbke u. a., Schülerstudie 90.
Jugendliche im Prozeß der Vereinigung. BEHNKEN, Imbke und ZINNECKER, Jürgen:
Kindheiten. Band 1. Weinheim/München 1991
Die Untersuchung, die von Wissenschaftlern des Zentralinstituts für Jugendforschung
in Leipzig und aus Nordrhein-Westfalen (Universität-GH Siegen u. a.) gemeinsam
durchgeführt wurde, bezieht sich auf politische Einstellungen und
persönliche Wertvorstellungen über Freunde, Familie, Beruf
und Angaben über Mediennutzung, Freizeitverhalten und Personendaten. Rund
2600 Schüler und Schülerinnen wurden im Juni 1990 in ihren Schulklassen
befragt, davon 1400 in NRW und 1200 in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Alle
Schularten, einschließlich der Berufsschulen, der Stufen 7, 9 und
11 wurden in die Auswahl einbezogen. Die Schulklassen sind repräsentativ
für die industriellen Großregionen Ruhrgebiet und Halle-Leipzig.
(A)
Bensch, Beate u. a.: Rechtsextremismus kein
Thema für Angestellte, Hamburg 1997
In der jüngeren Forschung hat sich zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt,
daß Rechtsextremismus kein den gesellschaftlichen Randgruppen zuordbares
Phänomen ist, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft zu finden ist,
nämlich bei den durch Massenarbeitslosigkeit und Sozialstaatsabbau vom
sozialen Abstieg Bedrohten oder sogar bei den erfolgreich Aufgestiegenen. Deshalb
ist die Frage, welche sozialen Gruppen eine Basis für rechtsextreme Bewegungen
darstellen und an welche Strukturen des Alltagsbewußtseins dabei angeknüpft
werden kann, von eminent politischer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat die
Angestelltenkammer Bremen die Autoren dieses Buches mit einer Studie beauftragt,
in der untersucht wird, ob es Potentiale für rechtsextremes Denken auch
in Kreisen der Angestellten gibt. Im Mittelpunkt des Buches steht die Auswertung
der Gruppendiskussionen, die mit Vertretern der Berufsfelder Schiffsbauingenieur,
Bankangestellte, Verkäuferinnen, Import- und Exportkaufleute und Sozialarbeiter
geführt wurden. In einem zweiten Durchgang werden die Gruppendiskussionen
übergreifend ausgewertet und verglichen. Das letzte Kapitel informiert
über einzelne theoretische Ansätze in der Rechtsextremismusforschung.
Der eindeutige Befund liegt in der Uneindeutigkeit, Widersprüchlichkeit
und gefühlsmäßigen Ambivalenz der Einstellungen der Befragten,
die ein eindeutiges positives oder negatives Urteil verbieten. Anknüpfungspunkte
für weitergehende Prozesse der Aufarbeitung der Vergangenheit und der Aufklärung
für die Zukunft, wie sie zum Beispiel die politische Bildung bereitstellt,
sind bei den befragten Angestellten vorhanden. PD
BENZ, Wolfgang (Hg.), Rechtsextremismus in der Bundesrepublik.
Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen. Frankfurt a.M. 1985
Der vorliegende Sammelband stellt die ideologischen Voraussetzungen
und historischen Zusammenhänge des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik
Deutschland dar und zeigt neben einer Beschreibung der Szene die Ursachen und
Wurzeln rechtsextremistischer Neigungen auf. Die verschiedenen Beiträge
behandeln die seit der Gründung der Bundesrepublik beobachtbaren Erscheinungen
des Rechtsextremismus. Die seit den 70er und 80er Jahren entstandenen neuen
Erscheinungsformen des Rechtsextremismus, die Gewalt als politisches Mittel
ausdrücklich befürworten, erfordern nach Ansicht der Autoren
neue Analysen des Gegenstandes.
Benz, Wolfgang (Hg.): Jahrbuch für Antisemitismusforschung
6, Frankfurt/Main 1997
Das Jahrbuch für Antisemitismusforschung versteht sich als Forum für
wissenschaftliche Beiträge zur Antisemitismus- und Minderheitenforschung
und will dies breite Spektrum fächerübergreifend und international
vergleichend bündeln. Das sechste Jahrbuch für Antisemitismusforschung
setzt in diesem Sinne verschiedene thematische Schwerpunkte. Den Auftakt bildet
das Thema Juden und Judenfeindschaft in Litauen, das sich der Tradition
des antisemitischen Vorurteils und dem jüdischen Selbstverständnis
nach dem Holocaust widmet. Es folgen dann thematisch unterschiedliche Beiträge
zu den Komplexen Antisemitismus, Rechtsextremismus, Nationalsozialismus sowie
zwei Studien zu Minoritätenkonflikten nach 1945. Gilad Margalit untersucht
die Haltung der deutschen Gesellschaft gegenüber Sinti und Roma. Von Martin
Kloke stammt ein Beitrag über die Wahrnehmungen Israels durch christliche
Fundamentalisten in Deutschland. In zwei Besprechungsessays kann sich der Leser
über das Verhältnis von Okkultismus und Antisemitismus sowie über
neueste Studien zum nationalsozialistischen Völkermord an Sinti und Roma
informieren. Die Reihe der Länderberichte zum Antisemitismus wird mit einem
Beitrag über aktuelle Formen und Erscheinungen der Judenfeindschaft im
heutigen (Rest-)Jugoslawien fortgesetzt. Am Ende präsentiert der Herausgeber
und Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin ein
Dokument der amerikanischen Militärregierung aus dem Jahre 1947, welches
das Ausmaß des Antisemitismus nach Hitler festhält. PD
Benz, Wolfgang: Feindbild und Vorurteil. Beiträge
über Ausgrenzung und Verfolgung, München 1. Auflage 1996
Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung
an der TU Berlin, ist ein produktiver Schreiber. Leser, die sein neuestes Buch
zur Hand nehmen, werden jedoch enttäuscht sein. Denn Feindbild und
Vorurteil enthält nur einen einzigen Originalbeitrag. Die anderen
acht Aufsätze sind bereits zwischen 1991 und 1995 an anderen Orten publiziert
worden. Die Entscheidung, sie in einem Buch neu zu veröffentlichen, ist
in erster Linie sachlich begründet. Die hier versammelten Studien versteht
Benz nämlich als zusammengehörende Elemente und Ergebnisse einer interdisziplinären
Antisemitismusforschung, die sich als vom Phänomen der Judenfeindschaft
ausgehende Vorurteilsforschung im weitesten Sinne (S. 8) versteht. Damit
bezieht sie im Prinzip alle Minderheiten ein. Dies wird auch im vorliegenden
Sammelband deutlich, der an historischen und aktuellen Beispielen Funktionen
und Wirkungen von Feindbildern und Vorurteilen vorstellt. Er enthält u.
a. Studien zur Fremdenfeindlichkeit als Vorurteil und politische Aggression,
Analysen zur Flucht und Vertreibungen, zum Krieg gegen die Sowjetunion im Bewußtsein
der Deutschen, zum Antisemitismus in Deutschland und Osteuropa sowie einen Beitrag
zur Verfolgung der Sinti und Roma im Dritten Reich.
Benz, Wolfgang: Gewalt und Ideologie. Renaissance und
Militarisierung rechtsradikalen Denkens. Nationale und internationale Zusammenhänge,
Wien 1995
Der schmale Band enthält einen Vortrag, den der Leiter des Zentrums für
Antisemitismusforschung an der TU-Berlin, Wolfgang Benz, im Frühjahr 1995
im Wiener Rathaus gehalten hat. Allgemeinverständlich gehalten und an ein
breites Publikum gerichtet, geht Benz darin der Frage nach, ob in den westlichen
Gesellschaften, deren Entwicklung in den letzten Jahrzehnten durch Entpolitisierung
und Entideologisierung gekennzeichnet war, besonders unter Jugendlichen eine
militante, an das Gedankengut des Faschismus anknüpfende Ideologie an Bedeutung
gewinnt. In einer Mischung aus historischen und aktuellen Zeitdiagnosen bietet
der Autor eine Einführung in die schwer zu durchschauenden Netzwerke rechtsextremer
Protestbewegungen samt ihren aus Vernichtungsängsten geborenen Vernichtungsphantasien.
Neben diesem eher organisationssoziologischen Strang verfolgt der Verfasser
parallel ideologiekritisch die Elemente und Kernbestände rechtsextremer
Deutungsmuster. Benz beschließt seinen Vortrag mit einer Warnung vor dem
Eindringen rechtsextremer Ideologieelemente in den Alltag und damit vor einem
Schwund an Toleranz gegenüber Minderheiten.
BERTRAM, Hans und GILLE, Martina, Datenhandbuch. Zur
Situation von Familien, Kindern und Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland.
Sachverständigenkommission Achter Jugendbericht (Hg.): Materialien zum
Achten Jugendbericht. Band 4. München 1990
Das Datenhandbuch liefert umfangreiches Tabellenmaterial, unter
anderem zu den Themenbereichen Situation von Kindern und Familien,
Lebenssituation von Jugendlichen, Risiken und Gefährdungslagen
sowie zur Jugendhilfe. Hinsichtlich Jugend und Gewalt sind vor allem die Tabellen
zu Wertorientierungen, politischen Einstellungen und Mitgliedschaften, beruflichen
und sozialen Notlagen, Drogenkonsum, Jugendkriminalität und Jugendgerichtshilfe
von Interesse.
Bibliographisches Institut/ F. A. Brockhaus (Hg.):
Weltgeschichte, Bd. 5: Aufbruch der Massen Schrecken der Kriege (1850-1945),
Mannheim 1999
Der fünfte Band der Brockhaus-Weltgeschichte ist mit dem Zeitraum
1850 bis 1945 einem Jahrhundert der jüngeren Geschichte gewidmet, in dem
sich tiefgreifende Veränderungen wie der Durchbruch zur Moderne vollzogen,
aber auch tiefgreifende Krisen und vor allem grausame Gewalterfahrungen grundsätzliche
Fragen an die Geschichte aufwerfen. Die für die Darstellung der Weltgeschichte
ausgewählten zehn Kapitel sind folgenden Themenschwerpunkten gewidmet:
Im ersten Kapitel werden in Fortführung des vierten Bandes die wirtschaftlichen,
gesellschaftlichen und politischen Dimensionen der industriellen Revolution
ausgeleuchtet. Im zweiten Kapitel wird mit der nationalen Frage
im europäischen Rahmen ein Problem angesprochen, das in einigen Nationen
von ungebrochener (Irland) oder neuer Aktualität (Südosteuropa) ist.
Die Entwicklungen in den USA bis zum Kriegseintritt stehen im Zentrum des dritten
Kapitels; der Blick auf Asien Rußlands Expansionsdrang, die britische
Herrschaft in Indien, die Revolution in China, um nur einige Teilaspekte zu
nennen bildet den welthistorischen Horizont des vierten Kapitels. Nach
einem eher kurzen Abschnitt zum Imperialismus, geht das sechste Kapitel ausführlich
auf Ursachen, Verlauf und Folgen des Ersten Weltkrieges ein. Die Abschnitte
VII bis IX sind der Zwischenkriegszeit gewidmet: Es werden die Entwicklungen
in den USA und Rußland nach 1918 gegenübergestellt, der Höhepunkt
des Kolonialismus thematisiert sowie unter der Überschrift Stabilität
und Instabilität die Anfänge der Vereinten Nationen, aber auch
der Faschismus in Italien und Deutschland, und die Geschichte der Türkei
unter Kemal Atatürk und nicht zuletzt Entwicklungen in Lateinamerika zwischen
Reform und Diktatur behandelt. Eine Darstellung des Zweiten Weltkrieges schließt
den Band ab. Dem Reihenkonzept entsprechend ist auch der fünfte Band mit
zahlreichen farbigen Fotos ausgestattet, die den Text teils ergänzen, teils
über ihn hinausweisen. Unter dem Motto genau besehen werden
sechs wichtige Einzelthemen angesprochen, unter denen die Ausführungen
von Wolfgang Benz über den Antisemitismus hier hervorgehoben werden sollen.
CS
BIEMANN, Georg und KRISCHKA, Joachim (Hg.), Nazis,
Skins und alte Kameraden. Dortmund 1986
Der Sammelband enthält aktuelle Reportagen über Nazis, Skinheads
und alte Kameraden, die in ihren Verstecken aufgesucht
und zum Reden gebracht wurden.
Bitzan, Renate (Hg.): Rechte Frauen. Skingirls, Walküren
und feine Damen, Berlin 1997
Die Rolle, die Frauen und Mädchen heutzutage im rechtsextremen
Spektrum spielen, ist erst in letzter Zeit zum Thema geworden. Dabei mögen,
wie die Herausgeberin dieses Bandes einleitend vermutet, zwei Gründe ursächlich
gewesen sein: Zum einen die Gleichsetzung von rechtsextrem mit Männeraktivitäten,
zum anderen die Vorstellung, daß Frauen in der von Männlichkeitsmythen
geprägten Bewegung per se Opfer, bestenfalls Mitläuferinnen sein könnten.
Das Ziel dieses Bandes ist es, von einer Vogel Strauß-Haltung Abschied
zu nehmen, die es nicht ertragen kann, auch Frauen als Tätige und Verantwortliche
in einem Bereich zu erkennen, der vielen als das , Verwerfliche schlechthin
gilt; eine mögliche Entlastung der männlichen Täter
ist damit nicht intendiert. Die Autorinnen der insgesamt 16 Beiträge verfolgen
diese Aufgabenstellung in umfassender Weise. Auf eine Darstellung von Themen,
Aktions- und Organisationsformen rechter Frauen sowie der Motive, die ihrem
Handeln zugrunde liegen, folgen im zweiten Teil des Buches Beiträge zum
gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Frauen- und Rechtsextremismus; neben
der Behandlung der medialen Aufarbeitung des Themas werden hier auch neuere
Ansätze der Sozial und Jugendarbeit präsentiert. Der dritte Abschnitt
enthält einen ausführlichen Teil mit Kurzbiographien rechter Frauen
sowie einen Bericht über eine überregionale Tagung zum Thema Mädchen,
Frauen und Rechtsextremismus. Ein ausführlicher Anhang mit Auswahlbibliographie,
einer Übersicht über aktuelle Forschungsprojekte, einer Auflistung
antifaschistischer und feministischer Archive und Gruppen sowie Personen- und
Sachregister ergänzt die inhaltliche Darstellung. CTS
Blumenthal, Michael: Die unsichtbare Mauer. Die dreihundertjährige
Geschichte einer deutsch-jüdischen Familie, München 1999
Der Autor W. Michael Blumenthal kann wie er selbst in seinem Vorwort
schreibt auf ein erfülltes erfolgreiches und glückliches Leben
zurückblicken. Er hat als Universitätsprofessor, Geschäftsmann
und Bankier, als Berater der US-Präsidenten Kennedy und Johnson sowie als
Finanzminister Jimmy Carters in den USA eine steile berufliche Karriere gemacht.
Seine Kindheit in Deutschland war für ihn fern, und erst in der zweiten
Lebenshälfte ließen ihn Fragen nach dem, was in Deutschland unter
dem Nationalsozialismus passiert war, nicht mehr los. Es gab zu viele
offene Fragen, nicht nur über meine eigene Familie und ihre Vorfahren,
sondern über die Spezies aller Juden in Deutschland, in die hinein ich
geboren worden war. In seinem Buch über dreihundert Jahre deutsche
Geschichte und damit auch über dreihundert Jahre Geschichte von Juden in
Deutschland erzählt Blumenthal anhand ausgewählter Personen, die zum
Teil direkte Vorfahren von ihm sind, wie sich das gesellschaftliche und politische
Leben von Juden in Deutschland gestaltete. Sein Blick auf die großen historischen
Entwicklungen in den letzten drei Jahrhunderten verbindet sich mit der Schilderung
von Einzelschicksalen: Er beginnt mit Jost Liebmann (1640-1702), der es trotz
intensiver Anfeindungen aufgrund seiner Zielstrebigkeit, aber auch durch Hartnäckigkeit
und Rücksichtslosigkeit, zum Hofjuwelier brachte. Die Zeit der Aufklärung
wird durch die Intellektuelle Rahel Varnhagen von Ense (1771-1833) lebendig,
die in ihrem Berliner Salon die geistige Elite versammelte, sich aber sonst
isolierte und zur Außenseiterin machte. Anders als Rahel, die unter ihrem
Judentum litt und sich taufen ließ, war Giacomo Meyerbeer (1791-1864),
ein Nachkomme Jost Liebmanns, ein trotzig-stolzer Jude, der auf
die Animosität, mit der man ihm begegnete, mit unermüdlichem
Streben nach Erfolg, Anerkennung und Ruhm reagierte (S. 34). Es folgen
die Geschichten von Louis Blumenthal (1818-1901), Arthur Eloesser (1870-1938)
sowie von Ewald Blumenthal (1889-1990). Das Besondere an der Darstellung Michael
Blumenthals liegt darin, daß er bei seiner Familiengeschichte die Balance
zwischen der Darstellung der individuellen Schicksale, allgemeiner historischer
Entwicklung und jüdischer Geschichte im speziellen bewahrt. Ihm ist so
ein instruktives, allgemeinverständliches und anschauliches Buch gelungen.
CS
BORCHERS, Andreas, Neue Nazis im Osten. Ausländerhaß
in den neuen Bundesländern. Weinheim 1992
Ein Bericht über den wachsenden Rechtsextremismus im Osten und die
Auswirkungen auf den Westen Deutschlands.
Borejsza, Jerzy W.: Schulen des Hasses. Faschistische
Systeme in Europa, Frankfurt/Main 1999
Für das Thema Faschistische Systeme in der Reihe Europäische
Geschichte wurde als Autor Jerzy W. Borejsza, Professor am Institut für
Geschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften und der Universität
Warschau, gewonnen. Mit der Wahl des Autors, der wohl als der beste Kenner dieser
Materie in Polen gilt, sollte die Darstellung bewußt aus der Perspektive
einer verfolgten Nation erfolgen. Borejszas Vergleich der verschiedenen faschistischen
Systeme enthält ein übergreifendes Kapitel zu Faschismus
Nationalismus Totalitarismus, Beiträge zur faschistischen
Internationale über den Krieg sowie zur Vernichtung,
aber auch länderbezogene Teile, etwa zu den faschistischen Bewegungen in
Ost- und Südosteuropa, zu Deutschland, vor allem aber zu Italien. Borejsza
referiert den Forschungsstand, geht auf Kontroversen ein und gibt vor allem
kurze prägnante Darstellungen der faschistischen Bewegungen; dabei verweist
er auf Ähnlichkeiten und wiederkehrende Grundmuster der verschiedenen Faschismen,
ohne dadurch die besondere Brutalität des Nationalsozialismus zu minimieren.
Auch wenn Borejsza die nationalen Ausprägungen der faschistischen Systeme
konkretisiert, geht es ihm doch allgemeiner darum, die Schulen des Hasses
der jüngeren Generation möglichst wirklichkeitsnah und objektiv zu
beschreiben, um sie auch für die Zukunft zu wappnen. In diesem Sinne ist
dem Buch, das eine sachliche wie allgemeinverständliche, aber keineswegs
verharmlosende Darstellung beinhaltet, weite Verbreitung zu wünschen. CS
Brodorotti, Helene von/ Christian Stockmann (Hg.):
Rassismus und deutsche Asylpolitik Deutschland wohin? Gesellschaftliche
Kräfte gegen ethnische Randgruppen und Abbau von (Bürger-)Rechten,
Frankfurt/Main 1995
Der Sammelband versteht sich als Plädoyer für ein Miteinander
in der Gesellschaft, das verschiedene Identitäten und Kulturen zuläßt
und auf die Entwicklung einer multipolitischen und multi-kulturellen Demokratie
hinarbeitet. Deutlich betonen verschiedene Autoren des im Auftrag der Interessengemeinschaft
Flüchtlinge e. V. entstandenen Buches, daß soziales Engagement allein
nicht soziale Politik ersetzen kann. Entsprechend fordern sie eine grundlegende
und langfristige Kurskorrektur in Sachen Asylpolitik. Die einzelnen Aufsätze
haben die Herausgeber in vier thematische Kapitel gegliedert. Der erste Hauptteil
erfaßt Erfahrungen und Konsequenzen mit dem restriktiven Asylrecht. Ihm
folgen Studien zum Umgang mit faschistischen Tätern und Flüchtlingen
(S. 116 ff.). Der dritte Teil behandelt das staatliche Asylrecht unter theologischen
Fragestellungen, während der letzte Teil des Buches den gesellschaftlichen
Umgang mit ethnischen Randgruppen thematisiert. Die Schlußgedanken der
Herausgeber enthalten eine Reihe politischer Forderungen, um Konflikte zwischen
der einheimischen und der zugewanderten Bevölkerung abzubauen beziehungsweise
frühzeitig zu vermeiden.
BRUCK, Wolfgang, Jugend als soziales Problem. In: FRIEDRICH,
Walter und GRIESE, Hartmut (Hg.): Jugend und Jugendforschung in der DDR. Gesellschaftspolitische
Situationen, Sozialisation und Mentalitätsentwicklung in den achtziger
Jahren. Opladen 1991
BRUCK beschreibt zunächst die Differenzierungsprozesse innerhalb
der DDR-Jugend seit Mitte der 80er Jahre, die als spezifische Reaktionsform
auf obrigkeitsstaatliche Reglementierungen interpretiert werden. Dieses Phänomen
wurde staatlicherseits falsch eingeschätzt, es wurde mit verstärkter
sozialer Kontrolle und Kriminalisierung reagiert. Aus den fortdauernden
Frustrationserlebnissen resultierten aggressive Sozialbeziehungen. BRUCK unterscheidet
dann diverse Bindungsmotivationen an spezifische Gruppenzugehörigkeiten.
Abschließend wird die Zusammensetzung der Skinheadszene analysiert und
diese als Artikulationsventil für bestimmte in der Gesellschaft latent
vorhandene, aber offiziell geleugnete Einstellungsmuster dargestellt.
BUCHNER, Peter und KRUGER, Heinz-Hermann (Hg.),
Aufwachsen hüben und drüben. Deutsch-deutsche Kindheit und Jugend
vor und nach der Vereinigung. Studien zur Jugendforschung 9. Opladen 1991
Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen sozioökonomischen, politischen
und kulturellen Entwicklung in der ehemaligen BRD und DDR werden die Lebensphasen
Kindheit und Jugend in ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden sowie im Hinblick
auf ihre Konstitutionsbedingungen genauer betrachtet. Insbesondere werden die
Konsequenzen für die zukünftigen Aufwachsbedingungen von Kindern und
Jugendlichen thematisiert, die sich aus der Vereinigung beider deutscher
Staaten ergeben. Dies schließt auch die Diskussion familien-, bildungs-
und jugendpolitischer Fragestellungen und Konfliktfelder (z.B. öffentliche
Kleinkinderziehung in Kinderkrippen und Kindergärten gegenüber einer
stärkeren Betonung der Familienerziehung, integrative Schulformen gegenüber
einem gegliederten Schulsystem) mit ein. (A)
Bude, Heinz: Die ironische Nation. Soziologie als Zeitdiagnose.
Hamburger Edition, Hamburg 1999
Der am Hamburger Institut für Sozialforschung tätige Autor
präsentiert eigene Aufsätze aus den Jahren 1993 bis 1998: Der
Band versammelt soziologische Beschreibungen aus den Vereinigungsund Wendejahrzehnten
der neunziger Jahre. Es werden einzelne Stichworte aus dieser widersprüchlichen
Periode von Bewegung und Stillstand aufgegriffen: dazu gehören Begriffe
wie Elite, Nation, Kultur und Phänomene wie die nachträgliche Abstandnahme
zwischen dem alten Westen und dem neuen Osten und das Entstehen einer Jugendbewegung
von rechts. (S. 8) Weitere Themen sind die deutsche Einigung in den Deutungen
der Transformationsforschung, ein aus Empörung gespeister Populismus und
die Zukunftschancen sozialdemokratischer Politik. Die Essays führen in
die soziologische Diskussion ein, die sich nach dem Ende der Ideologien des
20. Jahrhunderts nach Überzeugung des Autors wieder mehr der Politik öffnen
muß. Jenseits von rechts und links ist eine Wiederkehr der Gesellschaft
zu konstatieren, die der Soziologie die politischen Fragen von Macht und Herrschaft,
Armut und Ausgrenzung, Organisation und Regulation aufdrängt. Unter diesen
Bedingungen die politischen Argumente zu klären wird dann zur Aufgabe einer
Soziologie nicht nur als Zeitdiagnose, sondern auch als Gegenwartsdefinition.
AK
Bukow, Wolf-Dietrich: Feindbild: Minderheit. Zur Funktion
von Ethnisierung, Opladen 1996
Die alltäglichen Ethnizitätsvorstellungen sind es, die im Mittelpunkt
dieser Studie stehen. Problematisch an der Konstruktion solcher vermeintlichen
gruppenspezifischen Eigenschaften erscheint dem Autor, Soziologe in Köln,
dabei nicht nur der holzschnittartige Charakter solcher Zuweisungen, sondern
die gesellschaftspolitische Aufladung einer solchen mehr oder weniger
vagen und insgesamt eher spekulativen, im einzelnen kaum noch nachvollziehbaren
Konstruktion. (S. 6) Der so geschaffene Ethnizitätsbegriff werde
politisch in Dienst genommen und entwickele zugleich eine Eigendynamik: Die
von ihm Betroffenen zögen sich unter dem Druck der geballten Vorurteile
zurück und bestätigten diese somit noch im Sinne einer selffulfilling-prophesy.
Im einzelnen wird dies an drei Themenfeldern aufgezeigt. Zum einen geht es um
die Erscheinungsformen von Rassismus und Ethnizität und die Zusammenhänge
beider Phänomene mit der Entstehung von Gewalt. Anschließend werden
biographische Erfahrungen im Kontext vorgefertigter gesellschaftlicher Bilder
untersucht und auf ihre Rolle bei der Selbstdeutung der Betroffenen hin befragt.
Schließlich untersucht der Autor Minderheiten als soziale Konstruktion,
wobei ein instruktives Unterkapitel die höchst unterschiedliche Minoritätenpolitik
der europäischen Nachbarn Deutschland und Niederlande zum Inhalt hat. Abschließend
wird versucht, Handlungsanleitungen für den Umgang mit der multikulturellen
Wirklichkeit zu benennen. In diesem Zusammenhang hebt der Autor insbesondere
auf die Bedeutung einer an den Ergebnissen der Soziologie ausgerichteten Pädagogik
für den vorurteilsfreien Umgang miteinander ab.
BURKART, Günter (Hg.), Sozialisation im Sozialismus.
Lebensbedingungen in der DDR im Umbruch. 1. Beiheft der Zeitschrift für
Sozialisationsforschung und Erziehungssoziologie. Weinheim/München 1990
Die aktuellen ökonomisch-politischen Veränderungsprozesse
in der DDR und in Osteuropa schließen grundlegende Veränderungen
der Sozialisations- und Lebensbedingungen ein. Die Veränderungen,
die eine Vereinigung Deutschlands auch im Lebensalltag herstellen sollen, brauchen
Zeit. Auch die gründliche Analyse dieser Bedingungen im Sozialismus
der DDR und der Möglichkeiten der Verschmelzung westlicher und östlicher
Alltags- und Lebensstrukturen braucht Zeit. (A)
Butterwegge, Christoph u. a.: Rechtsextremisten in
Parlamenten. Forschungsstand, Fallstudien, Gegenstrategien, Opladen 1997
Vorgestellt werden die Ergebnisse empirischer Fallstudien zur Arbeit rechtsextremer
Abgeordneter in den Kommunal- und Landesparlamenten. Die Fallstudien beziehen
sich auf die Bremer Bürgerschaft, den Landtag von Baden-Württemberg
und drei Kommunalparlamente in Nordrhein-Westfalen und zeichnen ein Bild der
Arbeit von Abgeordneten, Gruppen und Fraktionen. Einführend gibt Butterwegge
einen Überblick über Entwicklung, gegenwärtigen Stand und
Perspektiven der Rechtsextremismusforschung. Das Bremer Landesparlament
als parlamentarisches Experimentierfeld für die extreme Rechte
in den Zeiträumen 1951/52, 1967-1971 und 1987-1995 analysieren Butterwegge
und L. Meier. Rechtsextremisten in nordrhein-westfälischen Kommunalparlamenten
(1989-1994) untersuchen B. Griese und G. Niermann anhand der ausgewählten
Kommunen Köln, Dortmund und Hamm. Die Tätigkeit der Republikaner
im Landtag von Baden-Württemberg (1992-1996) stellen B. Griese/L.
Meier dar. Untersucht worden ist zudem der REP-Bundestagswahlkampf 1994 (C.
Krüger). Abschließend diskutiert Butterwegge Strategien gegen Rechtsextremismus,
Rassismus und Gewalt. Angesichts des bislang bescheidenen Forschungsstands zur
parlamentarischen Arbeit rechtsextremistischer Repräsentanten kommt dem
Buch eine einführende Qualität zu. AK
Butterwegge, Christoph u. a.: Sozialstaat und neoliberale
Hegemonie. Standortnationalismus als Gefahr für die Demokratie, Berlin
1998
Die in den letzten Jahren unter dem Aspekt der Erhaltung der internationalen
Wettbewerbsfähigkeit betriebene Wirtschafts- und Sozialpolitik wird von
den Autoren scharf kritisiert. Diese Entwicklung wird in vier Beiträgen
aus linker Sicht analysiert. Ralf Ptak kommt nach seiner Darstellung der Geschichte
der deutschen Sozialpolitik zu dem Ergebnis, daß Sozialdemokraten und
Gewerkschaften mit ihrem Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft den Sozialstaat
verraten. Christoph Butterwegge übt in seinem Beitrag zum Wohlfahrtsstaat
scharfe Kritik am Sozialabbau, der mit den Sachzwängen von Globalisierung
und Wiedervereinigung gerechtfertigt werde. Rudolf Hickel beschreibt die Angebotspolitik,
konstatiert ihr Scheitern und gibt Stichworte zu einer wirtschafts- und sozialpolitischen
Alternative, z. B. Stärkung der Binnennachfrage und ökologischer Umbau.
Im einem weiteren Beitrag über die Sinnkrise des Sozialen als Nährboden
der extremen Rechten stellt Butterwegge fest: Als soziale Quelle
von Rechtsextremismus, Rassismus und (Jugend-) Gewalt sind nicht Armut oder
Reichtum selbst anzusehen, sondern eklatante Wohlstandsgefälle und sich
verschärfende Gegensätze zwischen Gesellschaftsmitgliedern bzw.-schichten,
daraus in modernen Demokratien resultierende Legitimations- bzw. Glaubwürdigkeitslücken
sowie die Fetischisierung von Leistung, die sich in einem höheren Sozialprestige
bzw. in Statusgewinnen erfolgreicher Konkurrent(inn)en ausdrückt.(S.
153) DK
BUTTERWEGGE, Christoph und ISOLA, Horst (Hg.), Rechtsextremismus
im vereinten Deutschland. Randerscheinung oder Gefahr für die Demokratie?
Bremen 1991
Ausschreitungen gegen Ausländer rücken zu Beginn der 90er Jahre das
Problem des erstarkten Rechtsextremismus wieder deutlich ins Bewußtsein
der deutschen Öffentlichkeit. Umstritten bleibt, wie das Phänomen
zu erklären und mit welchen Mitteln ihm zu begegnen ist. Das vorliegende
Buch untersucht die gesellschaftlichen Ursachen, historischen Wurzeln und aktuellen
Erscheinungsformen des Rechtsextremismus im vereinten Deutschland und fragt
nach zukünftigen Entwicklungen. (A)
Butterwegge, Christoph: Rechtsextremismus, Rassismus
und Gewalt. Erklärungsmodelle in der Diskussion, Darmstadt 1996
Die Anzahl wissenschaftlicher Erklärungsmodelle des Rechtsextremismus ist
nur noch mit Mühe zu überschauen. Diese Unübersichtlichkeit ist
aus Sicht des Autors auch Ausdruck einer verbreiteten Unsicherheit im Umgang
mit dem Phänomen. Eine auch nur halbwegs anerkannte Definition liege nicht
vor. Das Buch will in die verschiedenen Erklärungsmodelle des Rechtsextremismus
einführen und zu einer theoretischen Klärung beitragen. Ingesamt stellt
der Autor eine gesellschaftstheoretische Unterentwicklung der meisten
Forschungsansätze fest: Man drang selten zu den wirklichen
Wurzeln des Übels vor, sondern blieb meistenteils an der erscheinenden
Oberfläche und vermochte schon deshalb keine fundierten Gegenstrategien
zu entwickeln. (S. 11) Zunächst werden die begrifflichen und
theoretischen Grundlagen diskutiert. Der zweite Teil dient der Darstellung der
Geschichte der Faschismus und Rechtsextremismusforschung nach 1945
in beiden deutschen Staaten. Teil 3 analysiert die Hauptrichtungen der
neueren Rechtsextremismusdiskussion. Behandelt werden hier die Extremismustheorie,
die Theorie der Risikogesellschaft, Erklärungsmodelle des Rechtsextremismus
als Jugendprotest, als soziale Protestbewegung oder als Resultat falscher Erziehung,
feministische und rassismustheoretische sowie nationalismustheoretische und
politisch-kulturelle Erklärungsmodelle, die Verbindungslinien (etwa über
die Neue Rechte) des Rechtsextremismus zum Konservatismus und zur Mitte der
Gesellschaft beleuchten. Eine umfangreiche, nach Sachgebieten geordnete Bibliographie
gibt Hinweise zu den Themenkomplexen Zuwanderung, multikulturelle Gesellschaft,
Asyl-, Migrations- und Integrationspolitik sowie Strategien/Maßnahmen
gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt.
Büttner, Manfred (Hg.): Braune Saat in jungen
Köpfen, Bd. 1: Theorie und Ideologie des Rechtsextremismus und Nationalsozialismus
in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2: Unterricht und Erziehung gegen Rechtsgewalt,
Hohengehren 1999
Das von dem Lehrer Manfred Büttner herausgegebene erste Buch des Doppelbandes
erhebt den Anspruch, eine umfassende neue Didaktik gegen Rechtsextremismus entwickelt
zu haben. Nach einem Geleitwort von Rita Süssmuth befassen sich fünf
Beiträge mit der Theorie und Ideologie des Rechtsextremismus und Nationalsozialismus
in Geschichte und Gegenwart. Das zweite Kapitel enthält drei ausgewählte
Fallbeispiele rechtsextremistischer Praxis. Ihm folgen weitere kleine Fallstudien
über rechtsextremistische Lehrer im öffentlichen Dienst. Weitere Beiträge
beschäftigen sich mit rechten Psycho-Gruppen und esoterischen Zirkeln.
Abgeschlossen wird der erste Band durch Reflexionen von Albert Scherr und Christoph
Butterwegge, die einerseits Ursachen und Formen von politisch motivierter Gewalt
und Fremdenfeindlichkeit bei Jugendlichen vorstellen und andererseits darüber
nachdenken, was man gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt tun kann.
Nicht alle Beiträge des Bandes erreichen das Niveau der beiden zuletzt
genannten Autoren. Der Anhang enthält einige Dokumente aus dem rechtsextremen
Spektrum. Die Beiträge des zweiten Teilbandes zielen stärker auf die
Unterrichtspraxis. Er enthält sechs Aufsätze, die als Umsetzungsversuche
für das zu verstehen sind, was Manfred Büttner als seine Didaktik
des Gegen versteht. In Abgrenzung gegen die offiziellen Lehrpläne,
die in der Regel eine Erziehung zu oder für bestimmte
positiv normierte Ziele fordern, hält er Unterrichtskonzepte für notwendig,
die sich gegen Entsolidarisierung, gegen Gewalt, und gegen Extremismus richten.
Guido Schmitt fragt in seinem Aufsatz, inwiefern Schule als Institution nicht
selbst Einstellungen zu Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit hervorbringt
und macht konkrete Vorschläge zu einer interkulturellen Schulentwicklung.
Die weiteren Beiträge stellen Unterrichtseinheiten und Projekte zum Thema
Nationalsozialismus und Rechtsextremismus vor. Abgeschlossen wird der Band durch
eine ausführliche Bibliographie zu Rechtsextremismus in Gesellschaft,
Kultur, Medien und durch einige Handreichungen für den Unterricht.
Als nützlich erweist sich eine umfangreiche Liste mit Kontaktadressen einschlägig
arbeitender Organisationen und Institutionen. PD
Camus, Jean-Yves: Front National. Eine Gefahr für
die französische Demokratie?, Bonn 1998
Im politischen Leben Frankreichs hat sich der rechtsextreme Front National durch
kontinuierliche Wahlerfolge in den letzten dreizehn Jahren offenbar dauerhaft
etabliert. Der Politologe Jean-Yves Camus, Autor mehrerer Studien zum Rechtsextremismus,
legt hier eine detaillierte Untersuchung zu Organisation, Programmatik und Innenleben
der Partei vor, die er als präfaschistische Bewegung einschätzt, welche
wesentliche Stränge antidemokratischer Traditionen bündele und sich
dem Wähler so als Alternative zu Sozialismus und Liberalismus präsentiere.
Der erste Hauptteil der Studie untersucht den Aufstieg des Front National und
die innerparteiliche Entwicklung von 1972 bis etwa 1995. Der zweite Hauptteil
seziert die rechtsradikale Gegenkultur: Wähler, Mitglieder und Organisationen
des nationalistischen Lagers werden vorgestellt. Daneben unternimmt der Autor
hier eine soziologische Analyse der Wählerschaft der Front, untersucht
die Führungsgremien, die Parteifinanzen, die Satellitenorganisationen,
die Parteijugend und die Parteipresse. Im dritten Teil erläutert Camus
die innerparteilichen Strömungen wie z. B. Petainismus, Monarchismus, Solidarismus
oder die Nouvelle Droite. Im vierten und letzten Teil geht es um eine häufig
übersehene Dimension des Rechtsradikalismus, die internationalen Beziehungen
und außenpolitischen Konzeptionen des Front National. Camus sieht im Front
National eine erhebliche Gefährdung der französischen Demokratie,
zumal die voranschreitende europäische Integration und die damit verbundene
Preisgabe des nationalen Bezugsrahmens im politischen Diskurs die Anziehungskraft
der Partei weiter fördere. Taktische Tricks reichten nicht, um dem Front
das Wählerpotential abzugraben, vielmehr müßten sich die demokratischen
Parteien auch inhaltlich mit dem Gedankengut des Rechtsradikalismus auseinandersetzen.
Die dafür benötigten Informationen bietet Camus Studie in kompakter
und analytisch präziser Form. Die Untersuchung eignet sich im Rahmen der
politischen Bildungsarbeit als Einstig in die Themenkreise Rechtsradikalismus
und Populismus sowie für Länderseminare mit dem Schwerpunkt Frankreich.
FS
CLAUßEN, Bernhard, Steigt die Politisierung,
verfällt die Loyalität gegenüber dem Staat? Zu einigen Entwicklungstendenzen
im Verhältnis von Jugend und Demokratie unter Berücksichtigung intergenerationeller
und internationaler Aspekte, in: HEITMEYER, Wilhelm, MOLLER, Kurt und SUNKER,
Heinz (Hg.): Jugend - Staat -Gewalt. Politische Sozialisation von Jugendlichen,
Jugendpolitik und politische Bildung, Weinheim/München 1989
Der sekundäranalytisch vorgehende Beitrag versucht die Pluralität
und Widersprüchlichkeit der aktuellen Entwicklungstendenzen im Hinblick
auf das Verhältnis Jugendlicher zu Politik und demokratischem Staat darzustellen.
Zunächst wird das makropolitische Umfeld, die öffentliche und
wissenschaftliche Aufmerksamkeit, der Kontext bürgerlicher Gesellschaft,
der wachsende Primat der Politik, die Ausbreitung politischen Desinteresses
bei gleichzeitiger Interessenpartikularisierung und die staatlichen Maßnahmen
zur Begrenzung einer Politisierung von unten skizziert. Es folgt eine konzentrierte
und differenzierende Darlegung aktueller Tendenzen innerhalb der Jugend. Die
resultierende Typenvielfalt wird anschließend zu interpretieren versucht.
Dabei geht es um die Strukturmerkmale der politischen Persönlichkeit im
Lichte vorhandener Konzepte. Schließlich werden Ansatz~ punkte für
pädagogisches und politisches Handeln aufgezeigt: die Inangriffnahme
der bedrohlichsten gesellschaftspolitischen Herausforderungen, die
Neuordnung von Entscheidungsprozessen und ihres Zustandekommens und das
Problem der Politikvermittlung. Die Aufklärungsorientierung politischer
Bildung läßt erst ihr emanzipatorisches Potential zur Entfaltung
gelangen.
Dabag, Mihran/Platt, Kristin (Hg.): Genozid und Moderne.
Band 1: Strukturen kollektiver Gewalt im 20. Jahrhundert, Opladen 1998
Die interdisziplinären Beiträge des aus der Arbeit des Instituts
für Diaspora und Genozidforschung an der Ruhr-Universität Bochum
hervorgegangenen Bandes diskutieren Chancen und Probleme einer vergleichenden
Genozidforschung und machen verschiedene wissenschaftliche Zugänge zum
Thema Völkermord deutlich. Untersucht werden die Strukturen sozialen Handelns
im Völkermordprozeß und die mit ihm einhergehenden sozioökonomischen
und politischen Transformationsprozesse. Aber auch die Rolle von Rassismus und
Antisemitismus, die Funktion von Gewalt und eine Analyse der Opfer wie auch
der Täter ihrer Verantwortung, ihrer Sozialisation, Weltanschauung,
Motivlagen etc. werden in den Studien berücksichtigt. Den Zusammenhang
von Genozid und Moderne erörtern die Beiträge von B. Liebsch, M. Schäfer
und Z. Baumann (Das Jahrhundert der Lager?). W. Benz untersucht
Vernichtung als politische Kategorie im Denken des 20. Jahrhunderts
und H. Mommsen den Weg zur Vernichtung der europäischen Juden;
H. Gründer behandelt den Genozid an den indigenen Völkern Lateinamerikas
(Genozid oder Zwangsmodernisierung? Der moderne Kolonialismus in universalgeschichtlicher
Perspektive) und M. Dabag beleuchtet den von den Jungtürken initiierten
Völkermord an den Armeniern. Weitere Beiträge gelten u. a. dem stalinistischen
GULag-System (G. Armanski) und der Rolle des Völkerrechts für die
Ausbildung eines Bewußtseins für Fragen des Minderheitenschutzes
und der Menschenrechtsverletzung (K. J. Partsch; O. Luchterhand). Es ist eine
bedrückende Einsicht, daß die Shoa weder ein einzeln stehendes
Zivilisationsunglück war noch daß die bisherigen Genozide
Einzelereignisse bleiben werden (S. 17). Nicht zuletzt unter dem Eindruck
der Spannungen zwischen Völkerrecht und Menschenrechten, die im Kosovo-Krieg
deutlich geworden sind, ist zu wünschen, daß die hier vorgestellten
interdisziplinären Ansätze einer vergleichenden Genozidforschung vertieft
und vor diesem Hintergrund auch die Diskussionen über mögliche Gegenmaßnahmen
fortentwickelt werden. AK
DENNHARDT, Rudolf, DIPPELHOFERSTIEM, Barbara und
EILDERS, Christiane, Deutsche Schüler im Sommer 1990. Skeptische Demokraten
auf dem Weg in ein vereintes Deutschland. Deutsch-Deutsche Schülerbefragung
1990. DJI-Arbeitspapier, München 1990
Das Arbeitspapier enthält sowohl Analysen als auch einen Tabellenteil einschließlich
des Fragebogens der Mitte 1990 gemeinsam vom Deutsehen Jugendinstitut
München und dem damaligen Zentralinstitut für Jugendforschung
Leipzig durchgeführten Schülerbefragung. Es wurden jeweils über
1.000 Schülerinnen und Schüler der 9.Klassen (15. und 16. Lebensjahr)
aus Großstädten der DDR (Ostberlin, Leipzig, Magdeburg)
und der BRD (Westberlin, Köln, München) erfaßt. Dabei ging
es in erster Linie um die Untersuchung von politischen Einstellungen und Veränderungen
in den Zukunftsperspektiven der Jugendlichen in beiden Teilen Deutschlands angesichts
des sich in vollem Gang befindenden gesellschaftlichen Transformations- und
Vereinigungsprozesses. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem
auch Fragen zu rechtsextremen Positionen, Ausländerfeindlichkeit,
Demokratieverständnis und Geschichtsbewußtsein gestellt,
die eine Momentaufnahme der Orientierungsmuster von Jugendlichen unmittelbar
vor dem Zeitpunkt der formellen deutschen Vereinigung liefern.
Dollase, Rainer u. a. (Hg.): Politische Psychologie
der Fremdenfeindlichkeit. Opfer Täter Mittäter, Weinheim
1999
Der Sammelband dokumentiert die 18. Tagung der Sektion Politische Psychologie
im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen, die in Zusammenarbeit
mit dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
und der Abteilung Psychologie der Universität Bielefeld Ende 1996 stattfand.
Die thematisch breit streuenden Beiträge haben die Herausgeber in vier
Kapitel gegliedert. Nachdem Rainer Dollase zur Eröffnung die Möglichkeiten
der politischen Psychologie für die Analyse interkultureller Konflikte
diskutiert, befassen sich die Beiträge des ersten Kapitels mit den Opfern
fremdenfeindlicher Gewalt und Ausgrenzung. Die überwiegend empirisch ausgerichteten
Studien berichten zum Beispiel über die Wirkungen ausländerfeindlicher
Ereignisse auf die Betroffenen, über Dimensionen kultureller Identität
von Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion, über die psychosoziale
Situation von Folteropfern in Deutschland oder über die Praxis der psychologischen
Betreuungsarbeit von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Das zweite
Kapitel enthält Beiträge, die sich in unterschiedlicher Perspektive
mit den jugendlichen Tätern fremdenfeindlicher Gewalt befassen. Die vier
Studien des dritten Kapitels analysieren Fremdenfeindlichkeit in multikulturellen
Schulklassen und denken über pädagogische Strategien zur Verhinderung
von Fremdenfeindlichkeit nach. Schließlich werden vermutlich unbeabsichtigte
Bekräftigungen der Fremdenfeindlichkeit in Medien, Wissenschaft und im
pädagogischen System psychologisch aufgedeckt. PD
Dreßen, Wolfgang (Bearb.): Betrifft Aktion
3. Deutsche verwerten jüdische Nachbarn. Dokumente zur Arisierung,
Berlin 1999
Der Ausstellungskatalog geht wie die gleichnamige Ausstellung, die vom 29. Oktober
bis zum 10. Januar im Stadtmuseum Düsseldorf zu sehen war und noch an weiteren
Orten gezeigt werden soll, auf eine Initiative des Stadtmuseums Düsseldorf,
die Arbeitsstelle Neonazismus an der FH Düsseldorf und den Verein Wider
das Vergessen zurück. Das Thema der 129 Dokumente sowie der sie begleitenden
Kommentare ist die grundsätzliche Frage, ob Legalität hinreichender
Grund für ein Handeln ist, das mit den Grundwerten der bürgerlichen
Gesellschaft nicht vereinbar ist. Konkret stellt der Ausstellungsleiter Wolfgang
Dreßen fest, daß zum Beispiel den Arbeitern in den Betrieben die
Behandlung der Zwangsarbeiter nicht entgangen sein konnte, daß die Nachbarin
wußte, daß sie Wäsche der deportierten Juden ersteigerte, dies
aber als nichts Unrechtes betrachtete, weil es gesetzlich oder vom zuständigen
Amt mit Brief und Siegel legalisiert war. Laut Dreßen ist der größte
Teil der Akten, die die Arisierungen betreffen, gesperrt. Die abgedruckten Dokumente
stammen aus der Oberfinanzdirektion Köln, die Namen in den Akten sind nicht
anonymisiert. Sie zeigen, mit welcher Systematik und Offenheit das Eigentum
von Juden beschlagnahmt und teils zum öffentlichen Verkauf angeboten wurde.
Die Dokumente machen betroffen und tragen zu der Debatte über die Verstrickung
der deutschen Bevölkerung in den Holocaust bei. CS
DUDEK, Peter, Deutungen jugendlich-rechtsextremen Protestverhaltens.
In: OTTO, Hans-Uwe und SUNKER, Peter: Soziale Arbeit und Faschismus. Bielefeld
1986
DUDEK zeichnet zunächst Begriffskontroverse auf dem Gebiet der
Rechtsextremismusforschung nach und stellt dann die Entwicklung der jugendlich-rechtsextremen
Subkultur in der Bundesrepublik Deutschland dar. Abschließend werden die
wichtigsten Erklärungsansätze für Rechtsextremismus erläutert.
DUDEK, Peter, Jugendliche Rechtsextremisten. Zwischen
Hakenkreuz und Odalsrune, 1945 bis heute. Köln 1985
Die Studie gibt einen Überblick über die Entwicklung des Rechtsextremismus
bei Jugendlichen seit Ende des 2.Weltkrieges. Im Mittelpunkt der Darstellung
stehen verschiedene Formen des organisierten Rechtsextremismus. DUDEK stellt
die gegenwärtige Entwicklung als einen Generationenwechsel im deutschen
Rechtsextremismus dar: den Kern des rechtsextremen Lagers bilden zunehmend Jugendliche.
Als Ursache für die zunehmende Attraktivität rechtsextremer Organisationen
und Weltanschauungen wird die aktuelle gesellschaftliche und ökonomische
Situation gesehen. Die Verjungungstendenzen im rechtsextremen Lager werden
von einem Anstieg der Gesetzesüberschreitungen und Gewalttaten begleitet.
Der Band will Informationen über eine politische Protestbewegung zusammenstellen,
die sich in einer Ghettosituation befindet und deren Einfluß vor allem
auf Jugendliche aus der Unterschicht in den letzten Jahren stark zugenommen
hat.
DUDEK, Peter, Konzepte und Strategien staatlicher Rechtsextremismusbekämpfung.
In: Widersprüche 16/1985
DUDEK stellt die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und politischen
Konzeptionen, die die Extremismusbekämpfung leiten, dar und zeigt verfassungs-
und strafrechtliche Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus und das
System staatlichen Kontrollhandelns gegenüber rechtsextremistischen
Bewegungen auf.
ELLRICH, Holle u. a., Erstwähler im Prozeß
der Deutschen Einigung. Entschieden demokratisches Potential in Ost und West
- Trendumschwung zugunsten der CDU - erhebliches Rechtspotential im Osten. Eine
wahlsoziologische Studie in Gesamtdeutschland. Deutsches Institut zur Erforschung
der Informationsgesellschaft Osnabrück (Hg.): Forschungsbericht. Osnabrück
1990
Die Folgeuntersuchung zu Erstwähler 1990. (Ellrich 1990) untersucht
die Auswirkungen des Einigungsprozesses auf die politischen Grundeinstellungen
der Erst- und Jungwähler. Die Frage nach dem rechtsradikalen Potential
gewinnt unter den Bedingungen der deutschen Einigung an Bedeutung. Diese zweite
Panelstudie setzt sich mit dem Zusammenfinden zweier getrennter Erfahrungs-
und Erlebnisräume von Jugendlichen und der Herausbildung einer politischen
Kultur auseinander.
ELLRICH, Holle u. a., Erstwähler 1990: selbstbewußt,
demokratisch, entschieden ökologisch und kein Potential bei Rechtsextremen
und Republikanern. Eine wahl-soziologische Studie. Deutsches Institut zur Erforschung
der Informationsgesellschaft Osnabrück (Hg.): Forschungsbericht.
1. Osnabrück 1990
ELLRICH stellt die Ergebnisse einer wahlsoziologischen Analyse der Erstwähler
von 1990 vor. Bei dieser Untersuchung ging es um die methodische und theoretische
Klärung der Frage, wo Jungwähler politisch stehen, wie sie sich entscheiden
und für welche politischen Gruppierungen sie ein Wählerreservoir darstellen.
Es soll gezeigt werden, daß die traditionelle theoretische Gleichsetzung
eines bestimmten Charaktertyps mit faschistischen Tendenzen nicht mehr haltbar
ist.
Engel, Monika/ Barbara Menke (Hg.): Weibliche Lebenswelten
gewaltlos? Analysen und Praxisbeiträge für die Mädchen-
und Frauenarbeit im Bereich Rechtsextremismus, Rassismus, Gewalt, Münster
1995
Ausgangspunkt des als Kompendium für die Praxis geschlechtsspezifischer
Arbeit in den Problemfeldern Gewalt und Rechtsextremismus angelegten Sammelbandes
ist die Erkenntnis, daß rechtsextreme Orientierungen und Gewaltbereitschaft
zunehmend auch bei Frauen und Mädchen zu finden sind. In den einleitenden
Beiträgen werden jene Prozesse dargestellt, welche die traditionell männlich
dominierte Gewalt auch in weibliche Lebenswelten eindringen läßt
(G. Siller, B. Niebergall). Daran schließt sich ein zweiter Hauptteil
mit Beiträgen aus Sozialarbeit und Sozialpädagogik an, in dem die
Vielfalt der Problemfelder und möglichen Aktionsformen in diesem Bereich
aufgezeigt werden (A. Cladder-Micus/ H. Kohaus, A. Bischoff, B. Hofmann, K.-H.
Schönfeld, S. Störmer.). Im dritten Teil werden Erfahrungen aus der
politischen Bildung zusammengetragen (V. Fischer/ D. Kallinikidou, A. Klotz-Groeneveld/
B. Thums-Senft). Daß das gesellschaftliche Bewußtsein für Gewalt
als bewußt aus-geübter Teil weiblicher Lebenswelten weiter geschärft
werden muß, zeigt S. Jungks medienkritische Übersicht über Gewalt,
Männer und Videos. Eine ausführliche kommentierte Auswahlbibliographie
schließt diesen auf die praktische Arbeit vor Ort zielenden Band ab.
EVANGELISCHE AKADEMIE BAD BOLL (Hg.), Rechts und orientierungslos
- Jugend und Jugendarbeit in beiden deutschen Staaten. Tagung vom 25.-27. Juni
1990 in der Evangelische Akademie, Bad Boll. Evangelische Akademie, Bad Boll
1990
Der politische Kampfbegriff Antifaschismus wird seit einiger Zeit
auch in der Pädagogik und Erziehungswissenschaft in unterschiedlichen Verwendungszusammenhängen
genutzt. Der Beitrag rekonstruiert die Geschichte und Substanz dieses Begriffes
in der Bundesrepublik Deutschland auf einer historischen, einer gesellschaftspolitischen,
einer pädagogischen und einer erziehungstheoretischen Ebene. Er zeigt auch,
daß Antifaschismus kein realistischer Erziehungsbegriff ist,
sondern a) der Orientierung von Lehrern und Sozialarbeitern in der Auseinandersetzung
mit rechten Deutungsmustern bei Jugendlichen dient und b) in erziehungshistorischen
Kontroversen zur Abgrenzung von bestimmten Theorien und Theoretikern instrumentalisiert
wird. In beiden Fällen bleibt der Begriff substanzlos und ist nicht geeignet,
auf aktuelle Jugendprobleme angemessen zu reagieren (A). Der Beitrag enthält
ausführliche Literaturangaben zur Geschichte der wissenschaftlichen
Antifaschismusdiskussion.