JÄGER, Johannes, Sozialarbeit und Skinheads. Zur politischen Kultur von gesellschaftlichen Problemgruppen. In: Soziale Arbeit, 7/1990
JÄGER kreist die Thematik mittels einer Definition der Begriffe ‘Alltagskultur‘, ‘Politische Kultur‘ und ‘Sozialarbeit‘ ein. Er begreift Partizipation als Grundelement einer demokratischen Kultur, wobei historisch begründete Defizite hinsichtlich der Identifikation mit dem politi­schen System der Bundesrepublik Deutschland festgestellt werden. Im Vordergrund der Beurteilung stehen jeweils die ökonomischen Leistungen. In diesem Kontext wird ein kurzer Abriß über die Geschichte des Zusammenhangs zwi­schen Wirtschaftskrisen und rechtsextremistischen Bewußtseinsformen gegeben. Daran schließt sich eine Charakterisierung der 5km-headszene an sowie Ansatzpunkte, wie dem Phänomen begegnet werden kann. Statt Pädagogisierung und gewalttätigen Gegendemonstrationen wird die Demokratisierung des Alltags und die Entwicklung einer politisch-demokratischen Kultur gefordert. Darüber hinaus geht es um die “Beseitigung sozialer Unsicherheiten ...‚ die Eröffnung von Lebensperspektiven und den Ausbau von Mitbestimmungsrechten“. An Beispielen werden konkrete Vorschläge für flankierende Streetworkprojekte gegeben, deren vorrangiges Ziel es ist, sieh einen emotionalen Zugang zu den Jugendlichen zu eröffnen, um eine Vertrauensbasis herstellen zu können.

JASCHKE, Hans-Gerd, Was ist, woher kommt, wo steht die Neue Rechte in der Bundesrepublik? In: Widersprüche, 5/1985
Der Autor definiert die ‘Neue Rechte‘ als Absetzbewegungen einer jüngeren, theoretisch interessierten Generation aus dem politischen Ghetto des ‘alten‘ Rechtsextremismus, die zentrale Themen der ‘alten Rechten‘ kritisch neu formuliert und offen ist für den Diskurs in Richtung neue soziale Bewegungen und neo­konservative Strömungen. Der Autor skizziert die Organisationsgeschichte der neuen Rechten, stellt die wichtigsten Punkte ihrer Ideologie dar und versucht, ihre Wirkungen ansatzweise abzuschätzen.

Jüdisches Museum der Stadt Wien (Hg.): Die Macht der Bilder. Antisemitische Vorurteile und Mythen, Wien 1995
Dieser Band ist das begleitende Katalogbuch zur Ausstellung „Die Macht der Bilder. Antisemitische Vorurteile und Mythen“, die das Jüdische Museum der Stadt Wien Anfang 1995 gezeigt hat. Er versammelt neben einigen Illustrationen der Ausstellung 41 Aufsätze renommierter Wissenschaftler(innen), die sich vornehmlich unter historischer Fragestellung mit den unterschiedlichsten Aspekten antisemitischer Vorurteile befassen. Fünf Stereotype antisemitischer „Judenbilder“ waren/ sind in der europäischen Geschichte dominant: das Bild des gottesmörderischen, des schachernden und ausbeutenden, des nach der Weltherrschaft strebenden, des ewig wandernden, heimatlosen, und schließlich das Bild des aus der menschlichen Gemeinschaft ausgegrenzten, der Vernichtung preisgegebenen Juden. Die Wurzeln dieser Stereotype in der christlichen Literatur werden aufgezeigt, es wird deutlich, wie die Juden immer wieder in Zeiten sozialer Spannungen den Herrschenden zur Ablenkung des Massenzornes dienten. Die „Judenbilder“ hatten sich bereits im Mittelalter im kollektiven Bewußtsein etabliert und waren in gesellschaftlichen Krisenzeiten abrufbar. Der Rassismus des 19. und 20. Jahrhunderts verlieh dem Antisemitismus eine neue Dimension, er wurde mit dem Nimbus der „biologischen Wissenschaftlichkeit“ versehen. Juden sind so nicht mehr „nur“ Fremde, sondern „Fremdrassige“ mit festgeschriebenen „Rasseeigenschaften“. Die Ausstellung und somit auch der vorliegende Band sind getragen vom Vertrauen in die humanisierende Wirkung rationaler Aufklärung und Bildung. Denn die Tradierung antisemitischer Vorurteile und Stereotype ist kein „naturgegebenes“ Phänomen, sondern das Produkt sozialen Lernens, dem gegengesteuert werden kann und muß.

Jureit, Ulrike: Erziehen – Strafen – Vernichten. Jugendkriminalität und Jugendstrafrecht im Nationalsozialismus, Münster – New York 1995
Das Buch will einen Einblick in die Veränderungen des Jugendgerichtsgesetzes unter der nationalsozialistischen Herrschaft vermitteln sowie deren geistesgeschichtlichen und dogmatischen Hintergründe beleuchten. Unter Verwendung einschlägiger Gesetzestexte, Verordnungen, Statistiken und Fachkommentare der damaligen Juristenzunft arbeitet die Autorin die Bedeutung und Ausrichtung des Erziehungsgedankens im Jugendstrafrecht heraus. Vor dem Hintergrund der Verabschiedung des Jugendgerichtsgesetzes von 1923 diskutiert sie den Normenwandel des Strafrechts zwischen 1933 und 1945. Ein kurzes Kapitel über Erziehung im Nationalsozialismus leitet dann über in eine Sekundäranalyse einschlägiger Statistiken zur Entwicklung der Jugendkriminalität von 1923 bis 1945. Im Anschluß daran werden die jugendstrafrechtlichen Veränderungen vor dem Reichsjugendgerichtsgesetz von 1943 und das Gesetz selbst vorgestellt. Bei allen Veränderungen der ideologischen und gesetzlichen Grundlagen sieht Jureit in der Geschichte des Jugendstrafrechts eine problematische Kontinuität walten. Zwar erfuhr das Jugendgerichtsgesetz nach 1945 „eine umfangreiche Liberalisierung, eine Weiterentwicklung des JGG von 1923 zu einem reinen Erziehungsstrafrecht unter Ausgrenzung der Jugendgefängnisstrafe als Mittel der staatlichen Sanktion gegen Jugendliche blieb jedoch aus“ (S. 98).

Kaluski-Jacobson, Nadia (Hg.): Ihr Lieben, allzu weit entfernten. Briefe von Louise Jacobson an ihre Familie 1942-1943, Hamburg 1998
Mehr als 11000 jüdische Kinder sind während der deutschen Besetzung Frankreichs umgebracht worden. Eines von ihnen ist die siebzehnjährige Louise Jacobsohn, die mit ihren Eltern und zwei Geschwistern in Paris lebte. Frankreich war für die Eltern – der Vater geborener Lette, die Mutter Russin – die Wahlheimat, da sie die französische Kultur verehrten – der Vater stellte Büsten von Hugo und Pasteur auf den Kaminsims. Das Idealbild brach für die Familie mit der Besetzung Frankreichs und der Kollaboration, vor allem aber durch das große persönliches Leid, das sie erfahren mußte, zusammen. Obwohl die Vichy-Regierung die systematische Diskriminierung und dann Verfolgung der Juden betrieb, blieben Louise und ihre Eltern in Paris, ihre Schwester zog nach Lyon, jenseits der Demarkationslinie, wohin sich auch schon der Bruder mit seiner Frau gewendet hatte. Louise, die das Ausmaß der Verfolgung nicht richtig einschätzte, wurde am 31. August 1942 gemeinsam mit ihrer Mutter verhaftet, weil sie keinen Judenstern trug, außerdem wurden sie des Besitzes kommunistischer Broschüren beschuldigt. Louise wurde von ihrer Mutter getrennt und verbrachte sechs Wochen im Gefängnis Fresnes mit gewöhnlichen Kriminellen. Sie kam am 14. Oktober nach Drancy, einem Sammellager für französische Juden. Von dort aus wurde sie am 13. Februar nach Auschwitz deportiert und gleich nach ihrer Ankunft in der Gaskammer ermordet. Die anfangs aufgrund ihres positiven Frankreichbildes so optimistische Louise erkennt im Gefängnis, welches Schicksal ihr bevorsteht. In dieser Situation verfaßt sie Briefe an ihren Vater, ihre Schwester und ihre Klassenkameradinnen, mit denen sie gemeinsam kurz vor dem Abitur stand. Diese zum Teil herausgeschmuggelten Briefe sind ein erschütterndes Zeugnis von ihrer Liebe zu den Eltern und Freundinnen, vor allem aber von ihrer Stärke, ihren Lieben angesichts des eigenen Todes noch Trost zu spenden. CS

KEISER, Sarina und LINDNER, Bernd, Jugend im Prozeß der Vereinigung. Erfahrungen, Empfindungen und Erwartungen der Neubundesbürger aus der Sicht der Jugendforschung. In: MUSZYNSKI, Bernhard (Hg.): Deutsche Vereinigung - Probleme der Integration und der Identifikation. Opladen 1991
Die AutorInnen thematisieren die Befindlichkeiten der DDR-Jugend anhand zweier Untersuchungen: der repräsentativen Meinungsumfragen des damaligen Zentralinstituts für Jugendforschung in Leipzig 1989/90 sowie der deutsch-deutschen Schülerbefragung 1990 im Auftrag des Jugendwerkes der Deutschen Shell. Dabei werden die subjektiven Verarbeitungen der deutschen Einheit, persönliche Einstellungen zur zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklung sowie politische Sympathien 13-17jähriger im Ost-West-Vergleich dargestellt. Den Beitrag runden Zitate von Jugendlichen ab, in denen ihre Bewertungen der veränderten Lebenssituation zum Ausdruck kommen.

Kertesz, Lilly: Von den Flammen verzehrt – Erinnerungen einer ungarischen Jüdin, Bremen 1999
Die 1924 in Ungarn geborene und heute in Israel lebende Autorin beschreibt in ihren Erinnerungen die Geschichte ihrer Deportation nach Auschwitz. Zusammen mit 800 Jüdinnen aus Ungarn und Polen wurde sie im Sommer 1944 nach Bremen verschleppt. Ende 1944 wurde sie dann in Obernheide, einem Außenlager des KZ Neuengamme, untergebracht und von den Engländern befreit. Als einzige Überlebende ihrer Familie kehrt sie nach Ungarn zurück. Eindringlich beschreibt die Autorin den Lageralltag mit seinen vielfältigen Schikanen und Demütigungen und stellt ihnen die Solidarität und den Überlebenswillen der inhaftierten Frauen gegenüber. Der zweite Teil des Buches wurde von Schülerinnen und Schülern der Kooperativen Gesamtschule Stuhr Brinkum verfaßt. Im Rahmen eines Projektkurses „Spurensuche“ im Fach Evangelische Religion haben sie den Leidensweg der Autorin rekonstruiert und die historisch-politischen Kontexte aufgearbeitet. Für ihre beeindruckende Arbeit wurden sie 1998 mit dem Förderpreis „Demokratisch Handeln“ der Theodor- Heuss-Stiftung und der Akademie für Bildungsreform ausgezeichnet. Als Anregung und Arbeitsgrundlage eignet sich das Buch hervorragend für den schulischen Unterricht. PD

KILAWE, Willy, Die hilflose Suche nach einfachen Weltbildern. Rechtsextreme Orientierungen Jugendlicher und angemessene pädagogische Konzepte. In: Unsere Jugend, 12/1990
Der Artikel geht auf den manifesten, organisierten Rechtsextremismus nur am Rande ein. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen rechtsextreme Orientierungen einer zunehmenden Zahl Jugendlicher, die in Jugendarbeit und Schule immer alltäglicher ihren Niederschlag in Ausdrucksformen wie beispielsweise nationalistischen, antisemitischen, ausländerfeindlichen Sprüchen, Tragen von NS-Symbolen, NS-Schmierereien und militant-gewalttätigen Aktionen finden. Ein kurzer Abriß der Struktur der organisierten rechtsextremen Szene soll Aufschluß über zielgerichtetes politisches Verhalten geben. Die psychosoziale Entwicklung Jugendlicher, die Suche nach Orientierung und Zugehörigkeit wird durch den raschen und tiefgreifenden sozialen Wandel, dem unsere Gesellschaft gegenwärtig unterliegt, erschwert. Dieser Wandlungsprozeß wird unter den Aspekten ‘Strukturwandel der Arbeitsgesellschaft durch technologische Entwicklung‘, ‘Werte-Wandel und Werterosion‘, ‘Risikogesellschaft‘ und ‘Neue Unüber­sichtlichkeit‘ diskutiert. In Schule und Jugend­arbeit wird auf rechtsextreme Ausdrucksformen mit drei problematischen Reaktionsmustern rea­giert: Wegsehen und Ignorieren, Verurteilen und stigmatisieren (hilfloser Antifaschismus) und Einsatz historischen Nachhilfeunterrichts.

KLÖNNE, Arno, Rechtsextreme Tendenzen in der politischen Kultur der Bundesrepublik. Eine Herausforderung für politische Bildung in demokratischer Absicht. In: Widersprüche, 5/1985
In einer historischen Analyse der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland gelangt der Autor zu dem Schluß, daß rechtsextreme Einstellungen einen wesentlichen Teil der poli­tischen Kultur der BRD ausmachen. Politische Bildung wird nur dann einen Beitrag zur Verhinderung eines ‘neuen‘ Rechtsextremismus leisten können, wenn sie eine offene Auseinandersetzung mit den Entstehungsbedingungen rechtsextremistischen Denkens praktiziert.

Klönne, Arno: Kein Spuk von Gestern oder: Rechtsextremismus und „Konservative Revolution, Münster 1996
Der Autor, Professor für Soziologie an der Universität Paderborn, weist auf die Beharrlichkeit rechtsextremer und „konservativ-revolutionärer“ Weltbilder und auf deren Anziehungskraft für junge Menschen hin. Das Buch leistet einen Beitrag insbesondere für die pädagogische Bearbeitung der Thematik. Erörtert werden vor allem der öffentliche Umgang mit und die gängigen Deutungen von Rechtsextremismus und „Konservativer Revolution“. „Es wird versucht, Historisches und Gegenwärtiges in den Verbindungslinien deutlich zu machen und zugleich klarzustellen, daß rechtsextreme oder ‘konservativ-revolutionäre’ Potentiale heute nicht mit ‘Neonazismus’ gleichzusetzen sind – was keineswegs heißt, daß sie als ungefährlich für den Bestand einer demokratischen politischen Kultur anzusehen sind.“ (S. 1) Bei den Beiträgen handelt es sich um in einen aktualisierten Argumentationszusammenhang eingebettete Vorträge, Zeitschriftenbeiträge und Literaturberichte. Behandelt werden Thematisierungen von Jugend und Rechtsextremismus in den 90er Jahren, rechtsextreme Risiken in der Gegenwartsgesellschaft, Rechtsextremismus und deutsche Einigung, Ambivalenzen des „Antifaschismus“, Rechtsextremismus und sozialer Problemdruck, Zusammenhänge von kirchlicher Sozialisation und Rechtsextremismus sowie intellektuelle Anknüpfungen und Angebote der „jungen Rechten“. Die gut nachvollziehbaren Beiträge eignen sich zur Einführung. Sie können als geraffte Überblicksdarstellungen über ein mittlerweile weit verzweigtes Forschungsfeld in der politischen Bildung mit Gewinn eingesetzt werden. AK

Koch, Ralf: „Medien mögen’s weiß“ Rassismus im Nachrichtengeschäft. Erfahrungen von Journalisten in Deutschland und den USA, München 1996
Man muß kein Rassist sein, um rassistische Stereotype zu benutzen oder sich rassistisch zu verhalten. Häufig geschieht dies unbewußt. In diese Rassismusfalle geraten auch Journalisten und Redakteure, die sich gemeinhin für weltoffen halten und als Kritiker des offenen Rassismus verstehen. Dennoch ist eine subtile, verschleierte Form des Rassismus im Nachrichtengeschäft alltäglich. Darüber berichten jene Journalisten, die Ralf Koch in seinem Buch portraitiert hat. Es sind Medienprofis, die selbst Minderheiten angehören und detailliert über ihre Erfahrungen in Deutschland und den USA berichten. Nach dem einführenden Kapitel über das „Verfallsdatum bestimmter Begriffe“ werden in Deutschland arbeitende Redakteure vorgestellt, die einen Querschnitt der hier lebenden und eingewanderten Minderheiten bilden. In den vier Kapiteln, die sich mit den USA beschäftigen, geht es um Eindrücke, Erlebnisse und Überlegungen hochrangiger amerikanischer Journalisten, die sich als Angehörige von Minoritäten ebenfalls seit Jahren mit den Zusammenhängen zwischen Rassismus und Medienberichterstattung auseinandersetzen.

Koch, Reinhard/Behn, Sabine: Gewaltbereite Jugendkulturen. Theorie und Praxis sozialpädagogischer Gewaltarbeit, Weinheim 1997
Vor dem Hintergrund der fremdenfeindlichen Militanz der frühen 90er Jahre und angesichts der desolaten Lage der Jugendhilfe in den neuen Bundesländern hat die Bundesregierung zwischen 1992 und 1996 das „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ finanziert. Das Buch von Reinhard Koch und Sabine Behn ist aus der Arbeit in diesem Aktionsprogramm hervorgegangen. Es setzt sich im wesentlichen mit drei Sachverhalten auseinander, nämlich mit der Politisierung von Jugendgewalt, mit den sozialen und kulturellen Erscheinungsformen der Jugendgewalt und mit den sozialpädagogischen Methoden, die erforderlich sind, um Gewalt einzudämmen. Dieses Methodenrepertoire ist inzwischen vielfältig und besteht aus Streetwork, Gruppenpädagogik, Beratung, Sport, Erlebnispädagogik, Gemeinwesenarbeit und Lobbyismus. Sozialpädagogische Gewaltarbeit verstehen die Autoren als einen Versuch, „sowohl die Gewalt als auch die Angst vor der Gewalt zu dämpfen, zu deeskalieren oder zu verhindern“ (S. 19). Speziell der dritte Teil des Buches stellt die im Aktionsprogramm gemachten Erfahrungen in einen zuvor entwickelten kulturalistisch orientierten theoretischen Rahmen. PD

KODDERJTZSCH, Peter und MÜLLER, Leo A., Rechtsextremismus in der DDR. Göttingen 1990
Seit Anfang der achtziger Jahre gibt es in der DDR Aktivitäten von Neonazis. Skinhead-Gruppen bildeten sich und formulierten mit alten Nazi-Parolen ihren Protest gegen das SED-Regime. Seit 1988 gründeten sich Fascho-Gruppen“ und rekrutierten ihre Mitglieder aus den Reihen jugendlicher Fußballfans. Die Leipziger Montagsdemonstrationen wurden in der Schlußphase vor den Volkskammerwahlen im März 1990 teilweise zum Forum rechtsextremer Gruppen... In Mecklenburg, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Sachsen formieren sich die Rechtsextremen. Es gibt keine bedeutende bundesdeutsche Organisation, die nicht in ‘Mitteldeutschland‘ mobil macht. Ihre Parolen scheinen in Teilen der Bevölkerung anzukommen, vor allem bei der Jugend, wo nach einer Umfrage fast jeder Zehnte Sympathien für die ‘Republikaner‘ hegt. (A)

KOELSCHTZKY, Martina, Die Stimme ihrer Herren. Die Ideologie der Neuen Rechten. Köln 1986
In den letzten Jahren macht eine politische Strömung von sich reden, die sich ‘Neue Rechte‘ nennt und mit Schlagworten wie ‘nationale Identität‘, ‘neuer Nationalismus‘ und ‘Ethnopluralismus‘ für eine ‘kulturelle Revolution in Europa‘ eintritt. Diese Schlagworte sind keine bloßen Modevokabeln, sondern stehen für eine umfassende Strategie demokratiefeindlicher und menschenverachtender Krisenlösung, deren konsequenteste Ausarbeitung von der ‘Neuen Rechten‘ vorgelegt wird. Das Buch stellt Schlagworte in einen Gesamtzusammenhang der neurechten Ideologien, zeigt deren Traditionslinien und Konsequenzen auf sowie die Verbreitung dieser Argumentationsmuster bis in Regierungskreise, Teile der Kirchen und den Wissenschaftsbereich. (A)

König, Hans-Dieter (Hg.): Sozialpsychologie des Rechtsextremismus, Frankfurt/Main 1998
Die Autoren des Sammelbandes gehen von der Prämisse aus, daß die sozialwissenschaftlichen Diskussionen zum jugendlichen Rechtsextremismus der neunziger Jahre sozialpsychologische und sozialisationstheoretische Problemstellungen weitgehend vernachlässigt haben. Anders als in den quantitativ-statistisch verfahrenden Sozialwissenschaften, die durch die Breite großflächig angelegter Erhebungen zu verallgemeinerungsfähigen Aussagen kommen, wollen die Autoren verallgemeinerungsfähige Schlüsse durch exemplarische Fallkonstruktionen erschließen. Sie bedienen sich dabei dem an der Frankfurter Universität entwickelten Projekt einer hermeneutischen Sozialforschung, das wesentliche Ansprüche der Methodologie Theodor W. Adornos einzulösen versucht. Der Herausgeber hat die Beiträge in drei Kapitel gegliedert. Eröffnet wird der Band durch zwei Untersuchungen zum nationalsozialistischen Rechtsextremismus. Ihnen folgen sechs Untersuchungen zum Themenkreis „Adoleszenz und aktueller Rechtsextremismus“ – u. a. mit einem Beitrag des Herausgebers zur Kritik an den sozialisationstheoretisch angelegten Rechtsextremismusstudien von Wilhelm Heitmeyer. Der dritte Teil des Buches versammelt vier kritische Auseinandersetzungen mit dem Film „Neonazi“ von Winfried Bonengel. Die theoretisch wie sprachlich anspruchsvoll verfaßten Studien setzen in mehrfacher Hinsicht einschlägige Vorkenntnisse zum Rechtsextremismus und zur hermeneutischen Sozialforschung voraus. PD

Köpf, Peter: Stichwort Ausländerfeindlichkeit, München 1996
In prägnanten Kurzartikeln werden einzelne Teilaspekte des Themas Ausländerfeindlichkeit behandelt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Präsentation von Informationen und Zahlenmaterialien, so daß sich die Leser dort, wo es um politische Entscheidungen geht, selbst ein Urteil bilden können. Auf ideologische oder politische Einseitigkeiten wird verzichtet. Themenschwerpunkte sind: Einwanderungsland Deutschland, gesetzliche und soziale Grundsituation von Ausländern und Einwanderern, Vorurteile und tatsächliche Sachverhalte, Rassismus als Ursache von Fremdenfeindlichkeit, Einwanderung (doppelte Staatsbürgerschaft, kommunales Wahlrecht etc.). Tabellarische Übersichten, einschlägige Gesetzesregelungen, kurze historische Abrisse, die gut und übersichtlich aufbereitet sind, ergänzen die textlichen Informationen.

KORFES, Gunhild, Zur Entwicklung des Rechtsextremismus in der DDR. In: Kriminologisches Journal, 1/1992
Die Autorin behandelt rechtsextreme Entwick­lungen unter Jugendlichen in den neuen Bundesländern. Dabei wird sowohl auf die Zeit vor als auch auf die nach der politischen Wende Bezug genommen. Es wird der Versuch unternommen, einen Zusammenhang herzustellen zwischen den charakteristischen Problemlagen Jugendlicher in der Gesellschaftsordnung der DDR der 80er Jahre und der Entstehung sowie des sprunghaften Anstiegs rechtsextremistischer Aktivitäten nach dem gesellschaftlichen Umbruch. Für die erste Hälfte der 80er Jahre wird dabei das widersprüchliche Erleben der politischen Selbstdarstellung des Staates, der zentralistischen Eingriffe in den Verlauf der sekundären Sozialisation sowie der stagnierenden Wirtschafts- und Versorgungslage als Bedingungszusammenhang für das Entstehen gewaltbereiter jugendlicher Subkulturen angesehen. Für die zweite Hälfte der 80er Jahre wird eine Politisierung dieser Jugendbewegungen in rechtsextremistische Richtung ausgemacht. Der Beitrag stützt sich auf die Auswertung von Interviews, die mit Akteuren der heutigen rechtsextremen Bewegungen geführt wurden und liefert Beispiele für Organisationsstrukturen rechtsradikaler Jugendgruppierungen.

Krafeld, Franz Josef: Die Praxis akzeptierender Jugendarbeit. Konzepte, Erfahrungen Analysen aus der Arbeit mit rechten Jugendcliquen, Opladen 1996
Der Autor gilt als Initiator und Begründer der sozial- und jugendpädagogischen Arbeit mit rechten und gewalttätigen Jugendcliquen. Er und einige seiner Studenten begannen Ende 1988 in drei Bremer Stadtteilen mit der Arbeit und ließen sich dabei von dem Gedanken leiten, die Jugendlichen als Personen ernst zu nehmen und auf sie zuzugehen. Der in der sozialpädagogischen Fachliteratur als „akzeptierende Jugendarbeit“ eingeführte Ansatz stieß zum Teil auf massive Vorbehalte, fand aber auch Fürsprecher. Krafeld legt nun eine Zusammenfassung von Konzepten, Erfahrungen und Analysen aus der Praxis akzeptierender Jugendarbeit vor. Er versteht sein Buch als ein „spezifisches Produkt der wissenschaftlichen Begleitforschung mit ihrem eigenen und eigenständigen Charakter“ (S. 8). Der erste Teil stellt die konzeptionellen Ansätze vor, antwortet auf die Kritiker und kommentiert die Debatte um die Attraktivität rechtsextremer Orientierungen bei Jugendlichen. Der Hauptteil ist den praktischen Erfahrungen gewidmet. Er enthält eine ausführliche Darstellung der Entwicklung der Projektarbeit und stellt fünf für die Praxis wichtige Erfahrungsfelder vor. Der dritte Teil des Bandes dokumentiert dann die Methoden der Praxisberatung und Praxisforschung, die der Autor schon deshalb für wichtig hält, weil sich Wissenschaft häufig zu weit weg von den Problemen der Praxis bewegt.

KRAHULEC, Peter, Die Macht der Neonazis ist die (Ge)duld(ung) der Altkonsevativen. Das regionale Beispiel Osthessen. In: Widersprüche, 5/1985
KRAHULEC beschreibt die Nazi-Szene Osthessens. Im Mittelpunkt steht der harte, organisierten Kern, der kontinuierlich, offen illegal und vernetzend aktiv arbeitet. Umgeben wird diese vom Sympathisantenkreis ‘schweigender Minderheiten‘ und einer ‘paraterroristischen Bandenbildung‘. Die Aktivitäten der Führungskader und Sympathisantengruppen können sich in der konservativen Region relativ unbehelligt entfalten, da das Duldungsverhalten von Behörden und Politik schon fast einer Förderung gleichkommt.

KRAMPEN, Günter, Entwicklung politischer Handlungsorientierun­gen im Jugendalter. Ergebnisse einer explorativen Längsschnittsequenz-Studie. KRAAK, Bernhard (Hg.), Studien zur Pädagogischen Psychologie, Göttingen/ Toronto/ Zürich 1991
In der Publikation werden die zentralen Befunde des Forschungsprojekts ‘Entwicklung politischer Handlungsorientierungen im Jugendalter‘ (EPJ-Projekt), das in den Jahren von 1987 bis 1989 durchgeführt wurde, dargestellt. Das EPJ­Projekt versteht sich als eine Erkundungsstudie zur Analyse der Entwicklung politischer Handlungsorientierungen und ausgewählter Entwicklungsorientierungen im Jugendalter und soll damit der Vorbereitung weiterer entwicklungs­psychologischer Arbeiten zur politischen Sozia­lisation sowie der Grundlegung von systematischen, theoriegeleiteten Studien zur Entwicklung und Evaluation politischer Bildungsprogramme dienen. Der im EPJ-Projekt realisierte Untersuchungsansatz und sein theoretischer Hintergrund, das verwendete Erhebungsinstrumentarium sowie die Befunde der ersten Erhe­bungsphase wurden in einem Zwischenbericht ausführlich beschrieben. (A)

KROLL, Ulrich (Hg.), Jugend und Geschichte. Historisches Lernen, Forschen und Spielen in der außerschulischen Jugendbildung. Forum Geschichtsdidaktik. Münster 1987
Der Reader zeigt anhand von Projektberichten die thematische, methodische und institutionelle Vielfalt der geschichtlich orientierten Jugendbildung in der Bundesrepublik. Inhaltlich wird der Bogen von der Steinzeit über die Römer und das Mittelalter bis zur jüngeren Zeitgeschichte gespannt. Methodisch reichen die Angebote vom Wochenendseminar über Stadterkundungen und Spielfest bis zur Arbeit an Gedenkstätten, bei den Akteuren finden sich Gewerkschaftsjugendliche neben Auszubildenden und jungen Mitgliedern von Heimat- und Fußballvereinen. Neben den Aktionsbeispielen, die sich schwerpunktmäßig mit dem Dritten Reich beschäftigen, werden auch einige grundsätzliche Überlegungen zum Thema ‘Geschichte in der Jugendbildung‘ angestellt.

KULINOWSKY, Harry, Rechtsextremismus und Strafrechtspflege. Eine Analyse von Strafverfahren wegen mutmaßlicher rechtsextremistischer Aktivitäten und Erscheinungen. Bundesministerium für Justiz (Hg.), Köln 1986
Die Untersuchung hat die Analyse von Strafverfahren wegen mutmaßlich rechtsextremistischer Aktivitäten, die zwischen September 1978 und Dezember 1982 rechtskräftig abgeschlossen wurden, zum Gegenstand. In diesen Strafverfahren wurden 787 Personen abgeurteilt, einige davon wiederholt. Für die Analyse wurden Sozialbiographien der Täter, Straftaten, Sanktionen und Strafverfahrensaspekte erhoben, als Quellen dienten Anklageschriften und Urteile. Die Untersuchung gelangt zur Unterscheidung von vier Tätergruppen: Täter mit explizit rechtsextremistischem Hintergrund, Täter mit nicht identifiziertem Hintergrund, Täter deren Taten als jugendliche Versuche der Provokation eingestuft wurden und Täter, die keine rechtsextremistische Einstellung aufwiesen, aber Geschäfte mit Gegenständen aus der Zeit des Nationalsozialismus machten. Im Bereich des explizit-kriminellen Rechtsextremismus zeigen die Ergebnisse die Notwendigkeit, differenziert zu urteilen. Bei der Handlungsorientierung der Täter konnten schicht- und bildungsspezifische Unterschiede festgestellt‘ werden. Neonazistische und antisemitisch bzw. rassistisch motivierte Täter wurden als Hauptträger des rechtsextremistischen Gefährdungs- und Bedrohungspotentials identifiziert.

Leeb, Johannes: „Wir waren Hitlers Eliteschüler“ Ehemalige Zöglinge der NS-Ausleseschulen brechen ihr Schweigen, Hamburg 1998
Dem rassischen Elitegedanken der nationalsozialistischen Ideologie entsprechend entstanden im „Dritten Reich“ auch spezielle Schulen: 1. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (kurz: Napola) unter der Patronage von SA/SS und Wehrmacht, 2. die Adolf-Hitler-Schulen (AHS) sowie 3. die Reichsschule der NSDAP Feldafing, eine Einrichtung von Reichswehr/SA und NS-Lehrerbund. Die Auswahl für die Napolas war nicht sozial orientiert, sondern erfolgte nach rassischen, charakterlichen, körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Die Schüler bzw.“Jungmannen“ erhielten eine paramilitärische Erziehung. Die AdolfHitlerSchulen hatten im Gegensatz zu den Napolas die Aufgabe, die künftigen Parteiführer auszubilden. Die Schüler (und Lehrer) der Reichsschule der NSDAP Feldafing wurden in die SA aufgenommen, neben körperlicher Leistungsfähigkeit und Charakter waren hier auch gute schulische Leistungen gefordert. Eingebettet in eine kurze wissenschaftliche Charakterisierung der Eliteschulen von Elke Fröhlich kommen 19 Personen zu Wort, die ihre Erfahrungen und Gedanken zu ihrem Schulbesuch in einer der Eliteschulen darstellen. Darunter finden sich u. a. Lothar-Günther Buchheim, Hardy Krüger, Ernst Esser, Horst Janssen, Martin Bormann, Hellmuth Karasek, aber auch eine Frau, Hertha von Bergh, die eine der drei für Mädchen reservierten Napolas besuchte. Das Buch macht durch die Darstellung subjetiver Erfahrungen nicht zuletzt deutlich, wie naiv, aber auch wie kritisch die Beurteilung von Schule durch Schüler und Schülerinnen ausfallen kann. CS

Leif, Thomas (Hg.): Leidenschaft: Recherche. Skandal-Geschichten und Enthüllungs-Berichte, Frankfurt/Main 1999
In Deutschland wenden nur 21 Prozent der Journalisten viel Zeit für Berichte auf der Grundlage persönlicher Recherche auf. In Großbritannien und Amerika sind es mehr als doppelt so viele. Hierzulande dominiert eine Form des Meinungsjournalismus, die anfällig ist für die Medienstrategien der PR-Agenturen und Öffentlichkeitsarbeit-Abteilungen diverser Interessenlobbys. Termin- und Arbeitsdruck, aber auch die unzureichenden Kenntnisse von professionellen Arbeitstechniken führen dazu, daß Journalisten sich meist auf die Ergänzungsrecherche auf der Grundlage einer Agentur- oder Zeitungsmeldung stützen. Die klassischen journalistischen Prinzipien drohen immer mehr ausgehöhlt zu werden und die oft zitierte Kontrollfunktion der Medien wird durch diese Entwicklung geschwächt. Die Beiträge des praxisorientierten Sammelbandes, den der Chefreporter Fernsehen beim Landessender Mainz des Südwestrundfunks herausgegeben hat, bemühen sich darum, die Sozialtechnik der Recherche wieder in Erinnerung zu rufen und mit Beispielen zu ermutigen, diese auch anzuwenden. Im ersten Teil werden methodische Fragen der Recherche behandelt: Die Beiträge reichen hier von kompakten Einführungen in die methodische Recherche (F. Politz; D. Hovestädt) über das Erlernen der Recherche (J. Friedrichs/U. Schwings) und die Strukturrecherche (J. Raschke) bis zum Recherchieren bei einer Nachrichtenagentur (G. Rijkhoek) und dem Umgang mit Nachrichtendiensten (E. R. Koch) oder Bundeskriminalamt (Chr. M. Fröhder). Es folgen Berichte über berühmte Skandale aus Sicht der recherchierenden Journalisten. Hier finden sich etwa der Barschel-Skandal (R. Lambrecht/L. Müller/P. Sandmeyer), der Fall Schneider (H. Feller) und der Skandal um den Bäderkönig Zwick (O. Merz). Die insgesamt 32 Beiträge umfassen verschiedene Themenfelder wie Korruption (W. Rügemer), die Recherche in den braunen Netzwerken des Rechtsextremismus (W. Zehrt) oder die Probleme der Recherche in Kriegsgebieten (A. Zumach). Knappe Hinweise zur journalistischen Recherche im Internet und Auswahlliteratur beschließen den Band. Eine Fundgrube für die journalistische Praxis, aber auch ein interessanter Einblick in Skandale der Republik, die ohne den investigativen Journalismus nicht aufgedeckt worden wären. AK

LEIPRECHT, Rudolf, “...da baut sich ja in uns ein Haß auf...“ Zur subjektiven Funktionalität von Rassismus und Ethnozentrismus bei abhängig beschäftigten Jugendlichen. Hamburg 1992
Die empirische Untersuchung zeigt, wie Jugendliche ihre ablehnende Haltung gegenüber Einwanderern, Flüchtlingen und Aussiedlern begründen und sich damit in Verhältnisse einfügen, mit denen sie selbst unzufrieden sind. LEIPRECHT macht deutlich, auf welche Weise Ausgrenzungsideologien dazu führen, daß die eigene unzulängliche Lebenspraxis nicht mehr wahrgenommen wird.

LOHMEIER, Cornelia, Wie immun sind Mädchen gegen Rechtsextremismus? In: deutsche jugend 1/1991
Der Beitrag umfaßt die Themen eines Fachgesprächs am Institut für Jugendarbeit des Bayerischen Jugendrings zusammen, an dem sich Frauen und Männer aus Jugendarbeit, Jugendforschung und Fortbildung beteiligten. LOHMEIER weist auf den Beitrag der Frauen- und Mädchenforschung hin, der herausstellt, daß auch von formal gleichen Lebensbedingungen geschlechtsspezifisch unterschiedliche Botschaften ausgehen können. Trotz ihrer programmatischen Unattraktivität, was die weiblichen Lebensinteressen und Alltagsprobleme betrifft, sind rechtsextremistische Politikmodelle für Frauen nicht tabu, insbesondere was die Gewaltfrage (männliche Stärke bietet Schutz) und das Verhältnis zu Ausländern (das Fremde als Bedrohung) angeht. Abschließend werden offene Fragen an die Jugendarbeit formuliert, die dazu beitragen soll, gesellschaftliche Bedingungen zu schaffen und zu erhalten, die ein Abrutschen in rechtsextremistische Einstellungen zu verhindern vermögen.

Luks, Leonid (Hg.): Der Spätstalinismus und die „jüdische Frage“. Zur antisemitischen Wendung des Kommunismus, Köln 1998
Die Beiträge des Sammelbandes gehen auf ein Symposion zurück, zu dem das Zentralinstitut für Mittel- und Osteuropastudien und der Lehrstuhl für Mittel- und Osteuropäische Zeitgeschichte an der Katholischen Universität Eichstätt führende russische, israelische, tschechische, polnische und deutsche Experten eingeladen hat, um über Stalins Judenpolitik zu debattieren. Die 14 Aufsätze thematisieren dabei unterschiedliche Aspekte sowie verschiedene inhaltliche und geographische Schwerpunkte der Problematik. Am Anfang steht ein Erlebnisbericht von Eduard Goldstücker, ein tschechischer Diplomat jüdischer Herkunft, Gesandter seines Landes in Israel, der 1951 verhaftet und zwei Jahre später als sogenannter jüdischer bourgeoiser Nationalist zu lebenslangem Kerker verurteilt wurde. Ihm folgen u. a. Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Doktrin des Stalinschen Antisemitismus, zur Gründung und zur Vernichtung des Jüdischen Antifaschistischen Komitees. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit der kommunistischen Politik gegenüber den Juden im Baltikum, in Ungarn, Polen und Rumänien. Die Rolle des Antisemitismus in politischen Schauprozessen beleuchten die Studien über den Prozeß gegen Rudolf Slánsk´ y Ende 1952 und gegen Paul Merker 1953 in der DDR. Insgesamt zeichnen die Beiträge ein sehr widersprüchliches Bild der Stalinschen Judenpolitik. Einerseits ist hier die vehemente Unterstützung des Staates Israel erkennbar, andererseits aber auch die brutale Verfolgung des sog.“jüdischen Nationalismus“ im eigenen Land. Das Buch verdeutlicht aber auch, daß die antijüdische Kampagne in den einzelnen kommunistischen Ländern trotz der weitgehenden Stalinisierung des Ostblocks mit unterschiedlicher Intensität geführt wurde. PD

Lüthje, Boy/Scherrer, Christoph (Hg.): Zwischen Rassismus und Solidarität. Diskriminierung, Einwanderung und Gewerkschaften in den USA, Münster 1997
Angesichts eines durch Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Wiederaufleben nationalistischer Ideologien geprägten politischen Klimas in der Bundesrepublik wollen die Autoren dieses Sammelbandes in die deutsche Diskussion um Einwanderung, Diskriminierung und Solidarität durch Veröffentlichung US-amerikanischer Analysen und Erfahrungsberichte beitragen. Solidarität, so ihre Beobachtung, zeigt sich heute immer häufiger als Gruppensolidarität. Kriterien wie Geschlecht, Hautfarbe und Herkunft werden plötzlich wieder wichtig. Die Trennung der Gesellschaft in Deutsche und Fremde gefährdet die Solidarität auch unter den lohnabhängig Beschäftigten. Vor diesem Hintergrund bietet das Beispiel USA reichhaltiges Anschauungsmaterial im Positiven wie im Negativen. Dies belegt das Buch u. a. auch durch die heterogene Zusammensetzung der Autorenschaft, unter der sich neben Wissenschaftlern auch Basisaktivisten und Gewerkschaftsvertreter befinden. Sie informieren über afro-amerikanische Erfahrungen mit rassistischen Praktiken amerikanischer Gewerkschaften, über Erfahrungen nichteuropäischer Immigranten sowie über Arbeitskämpfe und Solidaritätsbewegungen in den neuen Niedriglohnindustrien. Abgeschlossen wird der Band durch drei Beiträge, die sich mit den politischen Perspektiven „multikultureller Solidarität“ befassen sowie mit einem Literaturüberblick zum Verhältnis von Migration und Gewerkschaften in Deutschland. PD