Donnerstag, 3. April 2003
BERLIN taz Die Überraschung bei Lehrern und Schülern des Gymnasiums "Am Sonnenkamp" in Neukloster, einem Städtchen bei Wismar (Mecklenburg-Vorpommern), war groß, als der Musiklehrer Guido S. im vergangenen November nicht mehr zum Unterricht erschien. Stattdessen sorgte er als mutmaßlicher Helfer von bekennenden Neonazis für Schlagzeilen.
Heute muss sich der 36-Jährige vor dem Landgericht Schwerin wegen Beihilfe zu versuchtem Mord und Beihilfe zu versuchter schwerer Brandstiftung verantworten. Mit ihm auf der Anklagebank sitzen zwei 18-Jährige, die in der Nacht zum 4. November 2002 einen von Vietnamesen betriebenen Asia-Imbiss in Wismar anzünden wollten.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Guido S. die Rechtsextremen am Tatabend mit seinem Auto zu einer Tankstelle fuhr. Der Musiklehrer soll den beiden geholfen haben, einen Kanister mit fünf Liter Benzin zu beschaffen, die dann im Hausflur des Gebäudes mit dem Imbiss ausgeschüttet wurden.
Dass das Haus, in dem sich zur Tatzeit auch ein Bewohner aufhielt, nicht in Flammen aufging, ist einem aufmerksamen Nachbarn zu verdanken. Der hatte bemerkt, wie die 18-Jährigen sich Zugang zum Gebäude verschafft hatten, und rief die Polizei. Die Beamten nahmen die Neonazis vor Ort fest, bevor sie das Benzin anzünden konnten.
Die Verhaftung von Guido S. eine Woche nach dem versuchten Brandanschlag beruhte auf Aussagen der beiden 18-Jährigen. Sie hatten offen eingeräumt, der Anschlag sei Ausdruck ihrer rassistischen Gesinnung. Guido S. hätten sie bei einer NPD-Veranstaltung im Sommer 2002 in Wismar kennen gelernt und von ihm Unterstützung bei der Vorbereitung des Anschlags erhalten. Die Sicherheitsbehörden durchsuchten daraufhin die Wohnung des von Kollegen als "zurückhaltend" beschriebenen Musiklehrers, der vor eineinhalb Jahren von Krefeld nach Wismar gezogen war. Die Fundstücke: ein Hitler-Porträt im Schlafzimmer, eine Hakenkreuzfahne im Flur, eine DVU-Ehrenmitgliedschaftsnadel und rechtsextremes Propagandamaterial. Ein Geständnis habe Guido S. bislang nicht abgelegt, heißt es beim Landgericht Schwerin. Stattdessen habe der Lehrer ein "historisches Interesse" am Nationalsozialismus und homoerotische Interessen an den Aktivisten der heutigen Neonazi-Szene behauptet.
Ob Guido S. durch seine Unterrichtsmethoden als Rechtsextremist hätte auffallen können, gehört zu den Fragen, die am Gymnasium in Neukloster nur noch ungern diskutiert werden. Schuldirektorin Astrid Paschen erklärte unmittelbar nach der Festnahme des Lehrers, die Schule sei in einem Rechtfertigungszwang, den sie nicht verdiene. Guido S. sei nie als rechtsextrem aufgefallen. Dagegen erklärten Oberstufenschüler, der Lehrer sei für seinen autoritären Stil bekannt gewesen und habe auch schon mal alle drei Strophen des Deutschlandlieds singen lassen.
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Hans-Robert Metelmann (parteilos) hat Guido S., der in Untersuchungshaft sitzt, bis Prozessende vom Dienst suspendiert. " HEIKE KLEFFNER
Donnerstag, 3. April 2003
Die Ermittlungen gegen den Neonazi Ernst August Möller sind noch nicht abgeschlossen. Seit Wochen überprüft die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder den Verdacht des "bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern" gegen den 68-jährigen Rentner aus Tönning (taz hamburg berichtete). "Aber der Tatvorwurf des Frauenhandels verdichtet sich", erklärt Staatsanwalt Ulrich Scherding.
In der Nacht des 20. November 2002 soll Möller versucht haben, eine Frau für das Rotlicht-Milieu über die deutsch-polnische Grenze bei Frankfurt/Oder einzuschleusen. "Herr Möller steuerte einen Laster, in dem zwei Frauen saßen. Ein weiterer Mann fuhr mit Möllers PKW hinterher", berichtet Scherding. Die eine Frau aus Polen sollte vermutlich nach Heide in Schleswig-Holstein gebracht werden, wo die andere bereits in einem einschlägigen Etablissement arbeiten würde. "Vermutlich sollte sie die Frau beruhigen", so die Staatsanwaltschaft.
Mittlerweile verdichten sich bei der Staatsanwaltschaft aber auch die Erkenntnisse, dass Möller auf seinem Hof Schrapenbüll schon häufiger Frauen untergebracht haben könnte. Wenn dies der Fall wäre, dann müssten die Ermittler von der "Wiederholungstat einer Gruppe" ausgehen. "Dem werden die Kollegen in Flensburg nachgehen", betont Scherding.
Jahrelang hat Möller, der in den 70er Jahren in militante Neonazi-Aktionen verwickelt war, seinen Hof befreundeten Neonazis zur Verfügung gestellt, die dort wohnten oder sich trafen. "Der rege Verkehr fiel auf", berichten Anwohner. Irgendwann will ein Anwohner auch mal Frauen, die "nicht rechts aussahen", auf dem Hof gesehen haben. "Die waren aber nur kurz da." Im vorigen Jahr, so ein Kriminalbeamter der zuständigen Husumer Polizeiinspektion, sei vor Ort nicht eingeschritten worden. "Da die Ermittler auch diesen Beobachtungen nachgehen", betont der Staatsanwalt, "ist schwer einzuschätzen, wann die voraussichtliche Eröffnung des Verfahrens sein wird." "Andreas Speit
Donnerstag, 3. April 2003
Das Urteil gegen Rechtsanwalt Jürgen Rieger wegen Volksverhetzung wurde gestern vom Hamburger Landgericht auf kommenden Montag verschoben. Der 56-Jährige hatte in einem Prozess gegen einen Neonazi die Massenvernichtung von Juden in Konzentrationslagern bezweifelt. Riegers Anwalt hatte zuvor einen Ablehnungsantrag gestellt, über den noch entschieden werden muss.
Donnerstag, 3. April 2003
Die Neonazi-Szene in Schleswig-Holstein will mit Rechtsrock an Attraktivität gewinnen. Nachdem die Betreiber des Neumünsteraner Nazi-Zentrums "Club 88" um Christiane Dolscheid und Peter Borchert bereits ein Rechtsrock-Konzert organisierten, haben sie nun eine CD produziert. Der Titel "The very last Resort" (Der letzte Ausweg) ist zugleich Untertitel des codierten Clubnamens ("88" steht für den achten Buchstaben im Alphabet und bedeutet "Heil Hitler").
Politisch brisant ist die Bandzusammenstellung auf dem Sampler. Gewohnt kämpferisch droht "Propaganda", deren Debüt-CD von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert wurde, dem Feind "Fahr zur Hölle", siegessicher träumt "Göttersturm" vom nationalen Widerstand für "Freiheit und Vaterland". Den Kampf gegen die "Staatsmacht" besingt "Oidoxie". Die Dortmunder Band hat wegen volksverhetzender Texte bereits mehrfach Erfahrungen mit den Behörden gemacht. "Wir spielen Rechtsrock (...) für's Vaterland. Wir kämpfen für Deutschland (...) Und schreien immer wieder: Heil, Heil", reimen sie auf ihrer CD "Schwarze Sonne", die 1998 indiziert wurde.
Momentan verfolgt die Staatsanwaltschaft Dortmund eine Anzeige der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN). Denn in dem illegalen Neonazi-Video "Kriegsberichterstatter" covert "Oidoxie" das verbotene "Hakenkreuz"-Lied: "Hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um (...) hisst die rote Fahne mit dem Hakenkreuz". Auf dem Video sind, unterlegt mit Rechtsrock, auch Erschießungen von Schwarzen und Juden sowie Karikaturen von der Ermordung Behinderter zu sehen.
Auf dem Sampler ist auch "V-Punk" vertreten. Die Kieler Band um Zeljko Topic erklärt gemeinhin: "Wir distanzieren uns voll und ganz von der rechten Szene." Doch 2001 verhinderte nur das Einschreiten der Polizei, dass sie zusammen mit der Neonaziband "Kraftschlag" in der Landeshauptstadt auftrat. In ihrem Song "Bang Bang" offenbaren sie inhaltliche Nähe: "Bang Bang Bang / Kämpf für Deutschland / Zerschlagen wir die rote Macht."
Den Samplers des Club erhält man über den Versand "Celtic Moon". Hinter dem romantisch klingenden Namen verbirgt sich ein Vertrieb, der dem skandinavischen Blood&Honour-Netzwerk (B&H) nahe steht, das außer CDs auch "Kriegsberichterstatter" versendet. Seit dem Verbot der B&H-Division Deutschland nutzen Rechtsrocker vermehrt den im dänischen Hillerød ansässigen Vertrieb, um indizierte Tonträger zu verbreiten.
Für den "Club 88" scheint das nationale Verbot kein Grund zu sein, nicht mit dem internationalen Neonazi-Musiknetzwerk zusammenzuarbeiten.
"Andreas Speit
Donnerstag, 3. April 2003
von PETER MÜLLER
Die Polizei in Neumünster befindet sich in Alarmbereitschaft. Grund: Am Freitag öffnet in der Begegnungstätte "kiek in" die für Furore sorgende Ausstellung "Verbrechen der deutschen Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 bis 1944" des Hamburger Instituts für Sozialforschung ihre Pforten. Die multimediale Schau ist nach einem heftigen Expertenstreit um vermeintliche zeitdokumentarische Fehler mittlerweile komplett überarbeitet worden. Der Ansatz ist aber geblieben: Aufklärung über die Rolle der Wehrmacht im Nationalsozialismus und ihre verbrecherischen Tendenzen während "Sonderaktionen" bei der Judenverfolgung.
In Neumünster - Domizil des neofaschistischen Rechtsrock-Treffs "Club 88" - sind mehrere Neonazi-Aufmärsche angekündigt. Im Vorfeld hatte es im vorigen Herbst heftige Kontroversen gegeben. Der Stadtrat hatte die Ausstellung mit der Mehrheit von SPD und Grünen als Zeichen der Zivilcourage in die Stadt geholt. CDU-Rats-Fraktionschef Peter Jessen sorgte sich um das Image der Stadt: "Neumünster ist eh schon bekannt für den Club 88, da muss man mit der Wehrmachtsausstellung nicht noch einen draufsetzen."
In der Tat nehmen militante Neonazis die Ausstellung zum Anlass zu Protestmärschen. Bereits an diesem Samstag soll die Stadt stundenlang belagert werden. Dem wird sich der "Runde Tisch für Toleranz und Demokratie" unter dem Motto "Frieden und Wahrhaftigkeit" mit Veranstaltungen entgegenstellen.
Und für den 19. April haben militante Neonazis unter dem Deckmantel des Ausstellungs-Protestes einen weiteren Aufmarsch androht. Doch da wird es wohl im Kern mit Sicherheit um etwas anderes gehen: Der 20. April ist "Führers Geburtstag".
Wehrmachtsausstellung: Kiek in, Gartenstr. 32, 4. April
bis 8. Mai, tgl. 10-18 Uhr, Do. 10-20 Uhr. Infos: www.kiek-in-nms.de, www.verbrechen-der-wehrmacht.de. Eintritt: Erw. 5, erm. 3,50, Schüler
in Schulklassen 1,50 Euro. Veranstaltungen des Runden Tisches: www.neumuenster.de/Wehrmachtsausstellung/Rahmenprogramm.
Donnerstag, 3. April 2003
Der neue Ausländerbeauftragte Günter Piening
wünscht sich Migranten, die selbst aktiv werden
Herr Piening, was fordern Sie als künftiger Ausländerbeauftragter von den
Berlinern ausländischer Herkunft?
Ich fordere von ihnen das Gleiche wie von anderen Berlinern auch: Dass
sie sich in das Gemeinwesen einbringen und es mitgestalten. Ich wünsche mir
aktive Berliner, egal, woher sie kommen. Das ist das Erste. Daneben müssen wir
überlegen, ob und wo es Barrieren gibt, die eine Beteiligung verhindern. Die
Beteiligung von Leuten mit Migrationshintergrund hat immer zwei Seiten: Es muss
Chancengleichheit geschaffen werden, und andererseits sind die betreffenden
Gruppen dann dafür verantwortlich, sich aktiv einzumischen. Was ich überhaupt
nicht mag, heißt auf gut westfälisch ,Genöle‘ – also am Rand stehen und vor
sich hin kritisieren.
Ihre Amtsvorgängerin Barbara John hat von den Ausländern mehr
Integrationsleistungen gefordert. Der Innensenator hat die Debatte jüngst mit
Blick auf ausländische jugendliche Gewalttäter erneut angestoßen und bei den
Eltern mehr Integrationsbereitschaft angemahnt. Steht diese Forderung nicht im
Vordergrund Ihrer Arbeit?
Ich habe die Debatte verfolgt. Der Tenor war aber doch nicht so einseitig.
Für ungünstige gesellschaftliche Entwicklungen gibt es nicht nur einen
Schuldigen. Wir haben – gerade bei Kindern und Jugendlichen – sehr viele
unterschiedliche Ansprechpartner. Natürlich sind da die Eltern gefordert. Wie
bei jedem anderen Jugendlichen auch. Aber es muss sich auch die Schule fragen,
was sie gemacht hat, die Gesellschaft muss sich fragen. Ich wehre mich gegen
die Zuspitzung der Debatte in eine Richtung. Es ist falsch und wir kommen damit
auch nicht weiter. Ich verstehe meine Aufgabe so, die unterschiedlichen
Interessen in einem Kommunikationsprozess zu moderieren.
Wollen Sie andere Schwerpunkte setzen als Frau John?
Ich kann die Arbeit von Frau John nicht bewerten. Auch unter uns
Ausländerbeauftragten ist Barbara John sehr angesehen. Jeder Beauftragte hat
aber seinen eigenen Stil und seine eigenen Schwerpunkte. Das macht auch den
Reiz dieses Jobs aus. Natürlich aber hat etwa diese Koalition neue Schwerpunkte
gesetzt. Das Thema Flucht und Umgang mit Asylbewerbern, die Auszahlung von
Bargeld statt des Chipkartensystems – das alles sind keine Ideen von mir,
sondern das ergibt sich aus Koalitionsvereinbarungen. Zum anderen, aber da sehe
ich keinen Unterschied zu Frau John, steht bei mir der Punkt der Partizipation,
der Teilnahme ganz weit vorne. In Berlin sind ja einige skeptisch, weil ich von
außen komme. Das kann aber auch eine Chance sein. Ich bin sehr neugierig und
bringe meine Unvoreingenommenheit mit.
Was wollen Sie nicht fortsetzen?
Warum sollte ich denn die Arbeit von Frau John nicht fortsetzen wollen?
Das ist ja nicht nur die Arbeit von Frau John. Das ist die Arbeit des Senats.
Etwa was Barbara John im Schulbereich gemacht hat. Ein weiteres Beispiel ist
die zielgruppenspezifische Arbeit etwa mit Frauen. Hier wurden Pflöcke eingeschlagen.
Sicherlich verschieben sich Akzente. Durch die politische Konstellation ist die
Flüchtlingspolitik mehr in den Fokus gerückt. Durch meine Arbeit in den neuen
Bundesländern bin ich natürlich sehr sensibel, was die Diskurse um
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit angeht. Da bin ich vielleicht ein
bisschen hellhöriger.
Das Gespräch führte Barbara Junge.
Donnerstag, 3. April 2003
Andreas Kopietz und
Tobias Miller
Dass
Gewalttäter immer jünger und brutaler werden, ist nichts Neues. Aber dass die
Mitglieder dieser Gangs, die Jugendliche überfallen, ihnen Handys, Jacken und
Geld rauben, immer häufiger Mädchen sind, und dass diese Mädchen oft
aggressiver vorgehen als männliche Täter, das ist neu.
Erst am Dienstag kam es
wieder zu einem Überfall, wie sie die Polizei nun häufiger registriert: Am
Potsdamer Platz überfielen sechs Mädchen vier Hamburger Touristinnen im Alter
von 16 und 17 Jahren. Sie schubsten, schlugen und traten ihre Opfer und rissen
sie an den Haaren. Schließlich flüchteten sie mit erbeuteten Handtaschen,
Mützen, Armbändern, Geld und einem MP3-Player. Später konnte die Polizei die
Täterinnen festnehmen. Fünf von ihnen sind zwischen 14 und 15 Jahren alt und
kommen aus Schöneberg, Tiergarten und Neukölln. Sie wurden gestern einem
Haftrichter vorgeführt. Die sechste ist erst 13 Jahre alt und somit noch
strafunmündig. Die türkische Mädchengang ist der Polizei bereits durch andere
Taten bekannt.
Die Polizei sagt, dass
solche schwer wiegenden Einzelfälle von Mädchenkriminalität eine neue Tendenz
widerspiegeln. Am 13. März hatten zum Beispiel eine 14- und eine 17-Jährige
eine Videothek an der Neuköllner Hermannstraße überfallen. Die Mädchen
misshandelten die Kassiererin schwer. Ende vergangenen Jahres raubte ein
Mädchen-Trio mit Pistolen und Messern bewaffnet mehrere Taxifahrer aus. Als die
15- bis 17-Jährigen geschnappt wurden, sagten die drei, sie hätten aus
Langeweile gehandelt.
"Mädchen sind
teilweise brutaler als Jungs, Hemmschwellen sinken", heißt es beim
Weddinger Projekt "Fallschirm", das sich um straffällige Jugendliche
kümmert. "Der Umgangston ist aggressiver geworden", bestätigt
Streetworker Thomas Grasnick vom Hellersdorfer Förderverein für Jugend- und
Sozialarbeit. "Wir stellen bei vielen Mädchen einen Trend zur Gewöhnung an
Gewalt fest."
Das zeigt sich auch an
den Schulen. Wurden im Schuljahr 1996/97 15 Straftaten von Mädchen gemeldet, so
waren es im vergangenen Jahr 30. Bei Jungs waren es 133 und 188 Taten. Gemeldet
werden nur die schwersten Delikte.
Erklärungsversuche für
diesen Trend gibt es einige: "Viele der gewalttätig werdenden Mädchen
kommen aus Familien mit allein erziehenden Müttern und suchen in Gruppen Familienersatz",
erklärt ein Jugendpsychologe. In der Gruppe fänden sie mit ihren Taten
Anerkennung.
"Die
Mädchen-Delinquenz steigt, weil sich viele in ihrer Art den Jungs
anpassen", sagt Streetworker "Kobra" vom Jugendwerk Aufbau Ost.
"Was sie verbindet, ist der Verliererstatus, den sie in dieser
Gesellschaft einnehmen." Neuköllns SPD-Jugendstadtrat Wolfgang Schimmang
hat festgestellt, dass Gewalt immer häufiger als legitimes Mittel gesehen wird,
um eigene Interessen durchzusetzen. Möglicherweise sind auch Filme wie
"Lara Croft", in denen Frauen prügeln und schießen, ein Grund dafür,
meint Ralf Schieweck, Leiter der Waldenburg-Hauptschule in Schöneberg:
"Auch Mädchen holen sich ihre Vorbilder aus dem Fernsehen."
Donnerstag, 3. April 2003
Anklage gegen
Rechtsextreme |
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Stadtmitte (OZ) Wegen Volksverhetzung, Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen, wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Sachbeschädigung müssen sich zehn Jugendliche aus der Hansestadt ab 16. April vor der Jugendkammer des Landgerichts verantworten. Die Angeklagten, die zur Tatzeit zwischen 15 und 20 Jahre alt waren, sollen auf Gebäude antisemistische Parolen oder Hakenkreuze gesprüht haben, unter anderem auf eine Wand der Kunsthalle. Zudem werde ihnen vorgeworfen, zwischen Oktober 2001 und März 2002 in Rostock einer rechtsextremen Kameradschaft angehört zu haben, teilte das Gericht mit. Der Anschlag auf den Jüdischen Friedhof gehöre allerdings nicht zu den Anklagepunkten. Mit dem Urteil wird am 25. April gerechnet.
Donnerstag, 3. April 2003
Konzept für Ducherower
Treff ist in Arbeit
Aktionen an "Kindertagen" - Seminare geplant
Von unserem Redaktionsmitglied
Steffi Schwabbauer
Ducherow. "Es ist insgesamt ruhiger geworden." Sozialarbeiter Roberto
Blum schätzt die Lage im Ducherower Jugendtreff zurückhaltend ein. Und Silvana
Kinedt vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), der den Klub betreut, meint zum
Problem der "Rechten", die sich dort noch im vergangenen Jahr breit
gemacht hatten: "Dem wollten wir entgegenwirken und Angebote machen. Der
Klub soll für alle offen sein."
Damals nämlich blieben die jungen Leute aus dem Dorf weg. In Gesprächen mit
Gemeindevertretern und der Schule in Ducherow hatte der ASB deshalb darauf
aufmerksam gemacht, "welche Gesinnung da im Klub herrscht", sagt
Silvana Kinedt. Die Position des ASB beschreibt sie so: "Wir wollen
Rechtsextremismus nicht dulden und diesen Ruf los werden." Doch sie weiß:
"Wir können keinen bekehren, aber Toleranz muss möglich sein.
Deshalb arbeitet der ASB seit einigen Monaten an einem neuem Konzept. Um das
auch nach außen hin zu zeigen, wurde das Haus in "ASB-Kinder- und
Jugendtreff" umbenannt.
Montags und freitags ist er speziell für die 13- bis 15-Jährigen geöffnet.
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag für die Älteren. "Hundertprozentig kann
man das nicht trennen", sagt Roberto Blum, der für die zehn bis 18
Jugendlichen da ist, die täglich vorbeikommen. Aber an den
"Kintertagen" will er Aktionen konzentrieren. Dann geht’s in die
Ostseetherme oder den Hansedom nach Stralsund - das nächste Mal wieder in den
Osterferien.
Und einmal im Monat gibt’s ein Bowlingturnier.
Ansonsten können die Jugendlichen in ihrem Treff Karten, Schach oder
Tischtennis spielen. Einen kleinen Imbiss gibt es auch.
Die 16-jährige Ducherowerin Aline Burwig kommt fast jeden Tag in den
Jugendtreff, denn "viel ist ja nicht los. Wo soll man sonst hin". Sie
wünscht sich aber mehr Beschäftigung, zum Beispiel einen Skatabend. Roberto
Blum hofft, dass die Gemeinde einen Flutlichtmast genehmigt, damit die
Jugendlichen im nächsten Winter auch abends auf dem Dorfteich nebenan
Schlittschuh laufen können. Auch der Grillplatz soll wieder auf Vordermann
gebracht werden. Doch ausgereift ist all das noch nicht.
Kontakte
knüpfen
Der ASB will nun Kontakte
zur Arbeiter-Samariter-Jugend knüpfen, denkt an Seminare zur
Konfliktbewältigung oder zu Medien. Um die Entwicklung des Treffs voran zu
treiben, soll es auch Treffen mit Bürgermeister Bernd Schubert, der Schule, und
dem Anne-Frank-Zentrum geben, dass Erfahrungen mit der Jugendarbeit hat. Dabei
sollen Ideen ausgetauscht werden, wie intensiver mit den Kindern und
Jugendlichen gearbeitet werden kann.
Donnerstag, 3. April 2003
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Erfurt (OTZ). Die Ausländerbeauftragten der Länder beginnen heute ihre zweitägige Frühjahrs-Konferenz in Erfurt. Dabei geht es um die Situation nach dem Scheitern des Zuwanderungsgesetzes im Dezember vor dem Bundesverfassungsgericht, sagte Thüringens Ausländerbeauftragter Eckehard Peters. Mit seinen Amtskollegen will er auch die Integration von Ausländern erörtern. Weitere Themen seien rechtsextreme Orientierungen in Thüringen, das Antidiskriminierungsgesetz, die Situation der Roma, die Anpassung der Regelsätze des Asylbewerberleistungsgesetzes an die Preisentwicklung und Härtefallkommissionen. In Thüringen leben zurzeit etwa 34 000 Ausländer, weniger als zwei Prozent der Bevölkerung. |
Donnerstag, 3. April 2003
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WORBIS. Die Bühne strotzt vor SS-Symbolik. Junge Männer mit auffälligen Kurzhaarschnitten werden durch die Gewalt verherrlichenden Texte aufgeputscht. Szenen wie in diesem Mitschnitt eines Neonazi-Konzertes aus den 90-er Jahren, gehören auch heute zur Realität in Deutschland. Über die daraus resultierenden Gefahren wurde gestern am Worbiser Gymnasium diskutiert. Da für die meisten der Jugendkulturen Musik ein bedeutendes Element der Identifikation ist, versucht Klaus Farin gerade auf Konzerten mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, ihr Verhalten zu beobachten und so Aufschlüsse über die einzelnen Szene-Gruppierungen zu erhalten. Über seine Erfahrungen mit den verschiedenen Jugendkulturen berichtete der Journalist gestern am Marie-Curie-Gymnasium in Worbis. Dabei widmete er sich besonders der rechten Szene in Deutschland und gab so die Einleitung für die Projektarbeit des Geschichts-Leistungskurses. Im aktuellen Projekt "Es ist geschehen und es kann wieder geschehen" setzen sich die Jugendlichen intensiv mit den geschichtlichen Aspekten des Nationalsozialismus auseinander, wobei auch die aktuelle Neonazi-Szene eine Rolle spielen wird. Über die rechtsradikalen Gruppierungen erhielten sie Aufschluss in einem äußerst anschaulichen Vortrag. Aus zahlreichen Gesprächen mit jugendlichen Rechtsradikalen erfuhr Klaus Farin, was diese bewegt, der Neonazi-Szene beizutreten. Beim Einstieg spielen Freunde oder Familienangehörige, die bereits Mitglieder sind, eine wichtige Rolle. Aus Neugier gehen die Jugendlichen mit und sind oft begeistert vom Zusammenhalt, der Kameradschaft. Männlichkeitsrituale, Raufereien und Alkohol verbinden. Doch nur dem Anschein nach. Denn eigentlich wird nur geduldet, wer sich den Regeln der Gruppe unterwirft. Eigene Gedanken interessieren nicht mehr, nur in der Gruppe ist man stark. Hier zeigt sich aus Farins Sicht ein wichtiges Merkmal der Szene-Anhänger: Ängste und mangelndes Selbstbewusstsein erschweren vielen von ihnen das Leben in der realen Welt, die ständig komplexer wird. In der rechten Szene braucht man sich nicht vor Veränderungen zu fürchten, hier bleibt alles hübsch beim Alten: deutliche Hierarchien, falsch und richtig, schwarz und weiß, erklärt Farin. Gerade das mache für viele den Ausstieg schwierig. Zwar stimme es nicht, dass Ehemalige bedroht würden, so der Journalist. Das betreffe nur Verräter, die Gruppeninternes preis geben. Doch plötzlich stehe man allein da, braucht neue Freunde, muss wieder selbst denken. Dennoch sinken die Mitgliederzahlen langsam, was nicht zuletzt auf die steigenden Proteste der Öffentlichkeit zurück zu führen ist. Dennoch darf man sich nicht beruhigt zurücklehnen, so Farin, denn noch hegen etwa 40 Prozent der Deutschen ausländerfeindliche Gedanken. Da haben die Worbiser Abiturienten in den nächsten Wochen viel Diskussionsstoff. Claudia NOLTE |
Donnerstag, 3. April 2003
Gegendemonstration
geplant |
Ruf zu Protest gegen Erfurter NPD-Demo |
Der NPD-Aufmarsch ist die erste bundesweite Großveranstaltung der Partei nach dem gescheiterten Verbotsverfahren am Bundesverfassungsgericht. Zu erwarteten Teilnehmerzahlen wollte sich die Polizei gestern noch nicht äußern. Erfurter Medien rechnen mit bis zu 500 Demonstranten. Nach denselben Angaben soll polizeiliche Verstärkung aus Hessen bereits angefordert sein. Die CDU-Fraktion im Erfurter Stadtrat wies darauf hin, dass am Samstag mit „erheblichen Behinderungen“ in der Innenstadt zu rechnen sei. Fraktionschef Jörg Schwäblein kritisierte die Gegendemonstration. Diese trage nicht dazu bei, die Situation zu entschärfen. |
Donnerstag, 3. April 2003
Am Ende fand das Gericht sogar Charaktereigenschaften Horst Mahlers, die es als strafmildernd bewertete. Schließlich habe Mahler während seiner langjährigen Haft in den siebziger Jahren seine politische Überzeugung grundlegend geändert und sich vom bewaffneten Kampf abgewandt. Dass er seinen Dienst an der »Volksgemeinschaft« nicht mit Waffen leisten wolle, betonte Horst Mahler tatsächlich immer wieder: »Unser Kampf kann nicht bewaffnet sein, es muss ein geistiger Kampf um die Köpfe sein.« Zum Beispiel im Gerichtssaal.
Vor dem Mainzer Landgericht musste sich in den vergangenen Wochen der Rechtsextremist Horst Mahler wegen der öffentlichen Billigung von Straftaten verantworten. Es ging um seine Erklärung für das von einem »Vierten Reich« träumende Deutsche Kolleg. Unter dem Titel »Independence Day Live« rechtfertigte Mahler die Anschläge vom 11. September 2001 schon am Tag danach.
In einem Interview mit dem ZDF wiederholte Mahler seine Ansichten und sprach den Attentätern seine »Hochachtung« aus. Das war dem zuständigen Amtsgericht in Mainz im vergangenen Jahr eine Geldstrafe in Höhe von 7 200 Euro wert, wogegen sowohl Mahler als auch die Staatsanwaltschaft in die Berufung gingen.
Von seinen Äußerungen rückte Mahler in der Berufungsverhandlung keineswegs ab. Die Argumentation Mahlers und seines Verteidigers, des NPD-Anwalts Hans Günter Eisenecker, lautete vielmehr so: Mahler sei zum Zeitpunkt des Interviews davon ausgegangen, dass die Terroranschläge die Tat »mutiger Widerstandskämpfer« gewesen seien. Mittlerweile sei aber erwiesen, dass die Anschläge von US-amerikanischen Geheimdiensten verübt worden seien. Damit sei die Straftat weggefallen, deren Billigung Mahler vorgeworfen wurde.
Um seine Thesen zu beweisen, bot Mahler eine Fülle von Anträgen auf. Gleich zu Beginn des Prozesses sollten Gerhard Schröder und Rudolf Scharping nach ihrem Wissen über den 11. September befragt und ein Interview des Tagesspiegel mit Andreas von Bülows sollte als Beweismaterial herangezogen werden. Im Prozess zitierte Mahler auch ausführlich aus Mathias Bröckers’ Buch »Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9.«
Mit einer eineinhalbstündigen Darbietung, per »Bildwerfer« auf eine Leinwand projiziert, versuchte Mahler dem sichtlich genervten Gericht darzulegen, dass das World Trade Center und das Pentagon nicht von Flugzeugen getroffen worden seien. Die dargebotenen Bilder, Grafiken und Statistiken waren offensichtlich allesamt den einschlägigen verschwörungstheoretischen Seiten des Internet entnommen.
Mahler zeigte sich überzeugt davon, dass das World Trade Center fachmännisch gesprengt, das Pentagon von einer Bunker brechenden Rakete getroffen und die Öffentlichkeit durch »stümperhaft gefälschte« Videos getäuscht worden sei. Das angereiste Publikum, das zum größten Teil aus alten bis sehr alten Nazi-Kadern und einigen jungen Anhängern bestand, verfolgte Mahlers Vortrag gespannt. Offensichtliche Ungereimtheiten überspielte Mahler mit wohl humoristisch gemeinten Sprüchen, die das Publikum mit leisem Gelächter honorierte: »Alles Gute kommt von oben.«
Mahler behauptete, die US-Regierung habe US-Bürger umgebracht, »um die Öffentlichkeit auf einen der blutigsten Kriege einzustellen, der Millionen Opfer fordern wird und in dem Atombomben fallen werden«. Mit den Anschlägen sollte ein neues Feindbild, der Islam, geschaffen und mit der so gewonnenen öffentlichen Zustimmung ein weltweiter Feldzug zur Durchsetzung des »American way of life« geführt werden. Schon in seiner Erklärung im Jahr 2001 sprach er davon, dass die USA einen Krieg gegen »die Völker« führen würden. »Die Völker« müssten sich nun erheben, um gegen die »mammonistische Weltherrschaft« und »Israel, den biblischen Völkermörder«, zu kämpfen.
Sämtliche Fragen in seinem 27 Seiten umfassenden Beweisantrag sollten dem Auswärtigen Amt übergeben werden, damit dieses sie an das US-Justizministerium zur Beantwortung weiterleite.
In den westlichen Medien herrsche ein »Schweigekartell«, sagte Mahler. Wie bei den Geschehnissen um Pearl Harbor gebe es um die Anschläge vom 11. September ein organisiertes Schweigen. Bei dem Angriff der Japaner auf den US-Marinestützpunkt 1941 habe es sich um eine von den USA provozierte Aktion gehandelt. Scheinbar angespornt durch das für die Rechtsextremen erfolgreich verlaufene NPD-Verbotsverfahren, wiesen Eisenecker und Mahler dem Prozess eine welthistorische Bedeutung zu. Die spärlichen Äußerungen des Staatsanwalts würden zum »Dokument der Justizgeschichte« werden.
Doch das Gericht lehnte schließlich alle Beweisanträge Mahlers ab. Es verwies dabei stets auf die offensichtliche »Allgemeinkundigkeit« der Terroranschläge. Schon eher interessierte sich das Gericht für Mahlers Lebensgeschichte und seine Einstellung zum bewaffneten Kampf. »Beim Angeklagten handelt es sich zweifellos um eine der bizarrsten Persönlichkeiten der BRD in den letzten 30 Jahren«, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer.
Mahlers Weg von der SPD, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und Vorläufern der RAF über die KPD/AO und die FDP zur NPD, die er mittlerweile auch schon wieder verlassen hat, ist aber weit weniger bizarr, als es den Anschein hat. Schon immer ging es Mahler um die »nationale Befreiung«. Und auch der Antisemitismus stellt eine Konstante in seiner Lebensgeschichte dar. So bezeichnete er 1972 die Ermordung elf israelischer Olympiateilnehmer als »mutige Kommandoaktion«.
Auch während des Prozesses offenbarte Mahler immer wieder seine antisemitische Weltanschauung. »Warum darf der jüdische Publizist Henryk M. Broder in seinem neuen Buch ungestraft Personen des öffentlichen Lebens der BRD beleidigen? Ist er vielleicht ein Einflussagent einer ausländischen Macht, oder ist er als Zionist in Deutschland unangreifbar?«
Das Gericht begründete die Bestätigung des Urteils gegen Mahler am Mittwoch der vergangenen Woche auch mit dessen Äußerung zum Olympia-Attentat von 1972.
Donnerstag, 3. April 2003
In der Gemeinde Stöcken (Niedersachsen) will ein Verein den Bau einer Moschee verhindern. Mit über 100 Haushalten gehörten dem Verein 30 Prozent der Bewohner im Stadtteil Schwarze Heide an, zitierte die Hannoversche Allgemeine am 27. März einen Sprecher. Die Initiative halte das Zusammenwachsen des noch jungen Stadtbezirks für gefährdet und werfe der betroffenen Ahmadiyya-Gemeinde dubiose Geschäftspraktiken und undemokratische Strukturen vor. Das Landgericht Braunschweig (Niedersachsen) verurteilte am 26. März sieben Neonazis im Alter zwischen 16 und 22 Jahren wegen eines Brandanschlags auf eine Moschee in Wolfenbüttel. Vier von ihnen müssen wegen schwerer Brandstiftung für zweieinhalb bis dreidreiviertel Jahre ins Gefängnis; drei kamen mit Bewährungsstrafen davon. »Das Strafmaß für die beiden Anführer hat mich enttäuscht«, sagte der Staatsanwalt Ulrich Brunke nach der Verkündung des Urteils. Er hatte für die beiden acht Jahre Haft gefordert. Die Moschee wurde von insgesamt 16 Brandflaschen getroffen. Die Wohnung, in der der Vorbeter und seine Familie wohnten, wurde nur knapp verfehlt. Am 24. März verübten sechs Männer im Alter zwischen 15 und 22 Jahren einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Zwickau (Sachsen). Die Beschuldigten hätten die Tat gestanden, teilte das Landeskriminalamt mit. »Ausländerstopp – die deutsche Jugend wird zur Tat aufgerufen«, heißt es in einem Flugblatt, das nach Angaben der Leipziger Volkszeitung ebenfalls am 24. März in der Sparkasse der Stadt Brandis (Sachsen) gefunden wurde. Allerdings bestehe kein Grund, »Brandis als Stadt zu diffamieren, in der neonazistisches Gedankengut zur Tagesordnung gehöre«, sagte Bernd Merbitz von der zuständigen Polizeidirektion Grimma. Die Kriminalstatistik der Gemeinde zähle aber Körperverletzungen »rechtsorientierter« Jugendlicher und einen wegen »ausländerfeindlicher Tendenzen« zerstörten Dönerstand auf. Im Oktober des vergangenen Jahres gab es in Brandis gewalttätige Ausschreitungen rechtsextremer Jugendlicher. Ein US-amerikanischer Jude ist am 23. März in Berlin-Charlottenburg auf offener Straße angegriffen worden. Ein unbekannter Täter beschimpfte den 23jährigen und schlug ihm ins Gesicht. Der Angegriffene war an seiner Kleidung, seiner Kopfbedeckung und seinen Schläfenlocken als orthodoxer Jude erkennbar. Nach der Tat flüchtete er in eine Synagoge und verständigte die Polizei. Die Berliner Polizei registrierte im vergangenen Jahr mehr als 100 antisemitische Delikte. Der Flüchtling Affo Rafiou aus Togo wurde am 15. März trotz einer Petition der grünen Landtagsabgeordneten Elisabeth Köhler abgeschoben. Wie der Bayerische Flüchtlingsrat berichtete, habe das bayerische Innenministerium zuvor angekündigt, die Abschiebung bis zur Entscheidung über die Bittschrift an den Landtag auszusetzen. Rafiou leide an einer schweren Darmerkrankung und benötige Medikamente, die in Togo nicht erhältlich seien. Da Freunde und Verwandte auch Tage nach Rafious Ankunft in Togos Hauptstadt Lomé nichts von ihm gehört hätten, sei er dort vermutlich direkt von der Polizei abgeholt worden.