Samstag, 19. April 2003
Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ist nach einer noch nicht veröffentlichten Statistik des Bundesinnenministeriums 2002 wieder gestiegen. Demnach werden 10.903 Fälle Rechtsextremisten zugeordnet, im Vergleich zu 10.054 Delikten im Jahr 2001.
Samstag, 19. April 2003
Neonazis und NPD-Anhänger mischen sich unter die
Friedensbewegung. Und die hat kaum Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren
Für die Friedensbewegung ist das Phänomen neu. Immer wieder in den letzten
Wochen haben sich Rechtsextremisten unter die Friedensdemonstranten gemischt. In
Dortmund etwa reihten sich Neonazis in einen Demonstrationszug ein, im
brandenburgischen Fürstenwalde trat gar NPD-Chef Udo Voigt bei einer mit Hilfe
eines SPD-Politikers organisierten Kundgebung auf.
Ein „ärgerliches Problem“, sagt Manfred Stenner vom Netzwerk
Friedenskooperative in Bonn über solche Vorfälle. Er bekam deshalb zahlreiche
Anfragen vor allem aus Ostdeutschland. Denn das Versammlungsrecht bietet für
Demonstrationen unter freiem Himmel wenig Möglichkeiten, die Rechtsextremisten
auszugrenzen – wenn sie nicht etwa Kennzeichen verbotener Organisationen
mitführen.
Beispiel Halle: „Kein deutsches Blut und Geld für fremde Interessen“ steht auf
dem Transparent, das die Neonazis bei der Friedensdemonstration mitführen.
Regelmäßig wurden die wöchentlichen Montagsdemos in der sachsen-anhaltinischen
Stadt zuletzt von bis zu 100 Neonazis besucht. In Lautsprecherdurchsagen sprach
sich das Hallesche Friedensbündnis, Veranstalter der Protestveranstaltung,
gegen Faschismus und Antiamerikanismus aus. Junge Punks riefen „Nazis raus“ und
versuchten, die Rechten aus der Demonstration zu drängen. Antifaschistische
Gruppen wollten gar die gesamte Demo stoppen. Doch vergebens – die Nazis liefen
immer bis zum Ende der Demo mit. David Begrich vom Verein „Miteinander“, der in
Sachsen-Anhalt Initiativen gegen Fremdenfeindlichkeit betreut, glaubt gar, die
Friedensbewegung leiste indirekt Vorschub – weil sie „mit antiamerikanischen
Stereotypen“ argumentiere.
Hass auf Amerika
Nur punktuell gelang es der Szene, Aufmerksamkeit zu erregen. An einer
„bundesweiten Großdemonstration“ Ende März im hessischen Hanau nahmen gerade
mal 100 NPD-Anhänger und andere Neonazis teil. Stärker noch als die NPD
propagiert aber etwa die Neonazi-Sekte „Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS)“ den
Hass auf Amerika. Am 7. April verbreitete der KDS, dessen Anführer Kontakte zur
irakischen Botschaft in Berlin unterhalten, ein Flugblatt mit der Parole
„Saddam wird siegen!“ und dem Konterfei des Diktators. Der Franzose Alain de
Benoist, Wortführer der sich intellektuell gebärdenden „Neuen Rechten“, rief zu
Kriegsbeginn sogar zu Gewalt gegen Amerikaner auf. Die Resonanz in der Szene
auf diesen Appell blieb jedoch dürftig.
In einer ersten Analyse zur „Haltung der rechtsextremistischen Szene zum
Irak-Konflikt“ schrieb Nordrhein-Westfalens Verfassungsschutz im März, „das
irakische Regime, Islamisten und deutsche Rechtsextremisten verfügen über
partiell gemeinsame Feindbilder“. Dies gelte vor allem für die USA, Israel und
das Judentum. Friedensaktivist Stenner grenzt sich davon strikt ab: „Die
Neonazis verkünden mit ihren nationalistischen und rassistischen Positionen,
mit ihrem rigorosen Antiamerikanismus das Gegenteil dessen, was wir ausdrücken
wollen.“aw/fan/m.m.
19.04.2003
Magdeburg (dpa). Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA)
haben in Magdeburg einen mutmaßlichen Linksextremisten festgenommen. Das teilte
die Bundesanwaltschaft mit. Der 23-Jährige steht im dringenden Verdacht, als
Führungsmitglied der in Magdeburg operierenden terroristischen Vereinigung
„kommando, freilassung aller politischen gefangenen“ an Brandanschlägen in
Magdeburg beteiligt gewesen zu sein. Der Ermittlungsrichter des
Bundesgerichtshofs ordnete die Fortdauer des Haftbefehls an. Bereits Ende
November 2002 waren zwei mutmaßliche Mitglieder der Gruppe verhaftet worden.
Unterdessen ist die Zahl rechtsextremistischer Straftaten nach Angaben der
SPD-Bundestagsfraktion 2002 bundesweit wieder gestiegen – von 10 054 auf 10 903
Fälle.