Dienstag, 13. Mai 2003

Mann trug Davidstern und wurde verprügelt

Überfall im Bus

Ein 56-jähriger Mann aus Mitte ist am Sonntagabend von einer Gruppe ausländischer Jugendlicher in einem BVG-Bus angegriffen worden. In der Potsdamer Straße beleidigte die Gruppe Manfred F. und beschimpfte ihn mit "Drecksjude". Dann bespuckten ihn die Angreifer und traten ihm zwei Mal ins Gesicht. Nach Angaben der Polizei gingen mehrere Fahrgäste dazwischen. Der Fahrer stoppte den Bus und die Täter flüchteten. "Wahrscheinlich wurde er angegriffen, weil er einen Davidstern an einer Kette um den Hals trug", sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Manfred F. erlitt Prellungen im Gesicht, die im Krankenhaus ambulant behandelt wurden. Der 56-Jährige, der laut Polizei barfuß in dem Bus fuhr, erklärte gegenüber der Polizei, dass er keinen Strafantrag stellen wolle. Dennoch ermittelt der Staatsschutz. "Selbst wenn kein Strafantrag gestellt wurde, handelt es sich um ein Offizialdelikt - Körperverletzung mit politischem Hintergrund", sagte ein Polizeibeamter. Einer der Täter ist 14 bis 15 Jahre alt, südländischen Typs und hat nach hinten gegelte, schwarze, kurze Haare. Er trug eine weiß-blaue dünne Sportjacke sowie "Nike"-Turnschuhe. (kop.)

 

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

Festnahmen nach rechter Attacke auf Jugendliche

RATHENOW. Nach einer friedlich verlaufenen Antifa-Demonstration in Rathenow (Havelland) ist es am Sonnabend abend im Stadtgebiet zu Auseinandersetzungen zwischen rechts- und linksgerichteten Jugendlichen gekommen. Polizeiangaben zufolge hatten 20 Jugendliche der rechten Szene Steine auf ein Gebäude geworfen, das von linksorientierten jungen Leuten genutzt wird. Bei der sich anschließenden Schlägerei zwischen beiden Gruppen seien einige Personen verletzt worden, hieß es am Montag. Die Beamten nahm von 19 Jugendlichen der rechten Szene die Personalien auf. Zwei Tatverdächtige wurden vorläufig festgenommen. Kripo und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs. (BLZ)

 

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

ANTISEMITISMUS

Davidstern provoziert

Weil er eine Davidstern-Kette um den Hals trug, wurde am Sonntagabend ein 56-jähriger Mann in Berlin-Mitte bespuckt und getreten. Das Opfer des offenbar antisemitischen Angriffs war in einem Bus unterwegs. Die Täter konnten nach Auskunft der Polizei flüchten. (dpa)

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

Verhängnisvolle Kette

Ausländische Jugendliche überfallen Mann, weil er einen Davidstern trägt. Innensenator verurteilt Vorfall scharf

Ein 56-Jähriger mit einer Davidsternkette um den Hals ist am Sonntagabend in Berlin Opfer eines antisemitischen Übergriffs geworden. Wie die Polizei am Montag mitteilte, wurde der Mann von einer Gruppe ausländischer Jugendlicher bespuckt, ins Gesicht getreten und mit antisemitischen Sprüchen beschimpft. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verurteilte den Vorfall: "Jüdische religiöse Symbole müssen in Berlin ebenso getragen werden können wie solche aller anderen Weltreligionen", sagte der Senator.

Zu dem Angriff kam es gegen 20 Uhr in einem Bus auf der Potsdamer Straße. Die etwa 14 bis 15 Jahre alten Täter konnten flüchten. Der Polizei sagte der 56-Jährige, er sei kein bekennender Jude. Der Mann verzichtete auf eine Strafanzeige. Eine Begründung dafür war der Polizei nicht bekannt. "Jeder kann wählen, ob er sein Recht wahrnimmt oder nicht", sagte ein Sprecher. Dennoch habe die Polizei von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Das Opfer musste wegen Prellungen im Gesicht ambulant behandelt werden.

Körting versprach, dass die Polizei alles ihr Mögliche tun werde, um die Gewalttat so schnell wie möglich aufzuklären. Darüber hinaus müssten sich aber alle gesellschaftlichen Kräfte Gedanken machen, "wie sie gerade Jugendlichen die Wertgrundlagen unserer Verfassung wie Toleranz, Pluralität und Achtung vor dem Recht noch nachhaltiger vermitteln".

Zuletzt war es im März auf dem Kudamm zu einem antisemitischen Übergriff gekommen. Ein Unbekannter hatte einen Amerikaner, der an den Schläfenlocken als Angehöriger jüdischen Glaubens erkennbar war, ins Gesicht geschlagen." DPA, TAZ

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

Neue Impulse und Sichtweiten erfahren

Gespräche zu "Pro Akzeptanz und Toleranz"

Hasenwinkel Am vergangenen Freitag trafen sich 67 Ausbilder und Berufsschullehrer der Metall- und Elektroindustrie aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern zu einem Erfahrungsaustausch in Hasenwinkel. Sie nehmen teil an dem von der EU und den Sozialpartnern, Arbeitgeberverband NORDMETALL und IG Metall Küste gemeinsam geförderten Weiterbildungsprojekt "PAT: Pro Akzeptanz und Toleranz". Hier geht es um die Hintergründe von Gewalt, Rechtsextremismus, Sucht und Drogenmissbrauch unter Jugendlichen. "Wir greifen diese Themen auf, analysieren Erscheinungen von Gewalt und Zugehörigkeit rechter Gruppierungen als Folge von Defiziten und ungelösten Konflikten, fragen nach den Ursachen und Problemen des Ausbildungsalltags", so Hannelore Wilken, Projektleiterin im Bildungswerk der Wirtschaft M-V e. V. Die Veranstaltung im Schloss Hasenwinkel begann mit einer Podiumsdiskussion zur Wertentwicklung der Jugendlichen und der Frage, was Ausbilder und Lehrer tun können, um auch unter gesellschaftlich ungünstigen Rahmenbedingungen, wie das Fehlen von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, leistungsorientiertes und konfliktfähiges Verhalten bei Azubis zu fördern. "Verantwortung für unsere Azubis kann ich nicht auf den Staat delegieren, sondern diese nur selbst übernehmen", sagte Kersten Bartels, Ausbildungsleiter der Volkswerft. Am Ende dieser zwei Tage waren Veranstalter und die Teilnehmer zufrieden über die Ergebnisse, Anregungen und die entstandenen Kontakte untereinander. "Auch diesen Erfahrungsaustausch zwischen Ost und West sollten wir fortführen. Er ist wichtig für unser gegenseitiges Verständnis und verhilft uns zu neuen Impulsen und Sichtweisen", so Cord Möllgaard, Berufsschulleiter aus Hamburg.

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

Gedenkstätte erteilt Neonazis Hausverbot

 

WEIMAR (cb). Eine Gruppe von Rechtsradikalen hat am Sonntag eine "Gedenkveranstaltung" auf dem Waldfriedhof des sowjetischen Speziallagers Nr. 2 in der Gedenkstätte Buchenwald abgehalten. Die in einem NPD-Kreisverband organisierten 14 Neonazis aus Nord- und Sangerhausen legten einen Kranz nieder und gaben vor, ihrer "Ahnen" zu gedenken.

Noch vor Ort erteilte die von der Gedenkstätte informierte Polizei einen Platzverweis, forderte die Neonazis auf, den Kranz zu entfernen. Die Beamten brachte die Gruppe aus der Gedenkstätte. Die Leitung sprach ein Hausverbot aus.

Seit 1994, als die NPD versuchte, in Buchenwald politische Spaziergänge zu veranstalten, ist dies der erste Vorfall, bei dem Rechtsradikale die Geschichte des Konzentrationslagers für ihre Zwecke nutzen. Es kam allerdings immer wieder zu Zwischenfällen, wenn einzelne Neonazis den Hitlergruß zeigten.

In dem von 1945 bis 1950 eingerichteten Speziallager waren insgesamt 28 000 Menschen inhaftiert. Mehr als 7000 von ihnen starben an Hunger und Krankheiten. Entgegen vieler Annahmen hat die Forschung gezeigt, dass die sowjetische Besatzungsmacht in der Regel nur Zivilisten in dem Lager internierte. Angehörige der SS wurden meistens in Kriegsgefangenenlager im Osten der Sowjetunion transportiert.

 

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

Lebensplanung gescheitert

 

Am vorletzten Verhandlungstag kamen beide Angeklagte noch einmal zu Wort. Jeder einzelne Anklagepunkt muss einzeln erörtert werden. Das nahm eineinhalb Tage in Anspruch - die Anklageschrift umfasste 26 Vorwürfe.

Hendrik Möbus (27) und sein Bruder (31) hatten nach eigenen Angaben den Versandhandel Darker than black gegründet, um Black-Metal-Musik zu verlegen. Dass sich der Versand schließlich auch auf rechtsextremistische Waren erstreckte, sei so nicht geplant gewesen, sagte der Ältere der beiden Angeklagten gestern. Auf eine antisemitische und satanistische Einstellung angesprochen, wehrte der 31-Jährige ab. Als Bruder von Hendrik Möbus seien alle anderen wohl davon ausgegangen, dass er genauso denke.

Dabei glaube er an gar keine politischen Werte. Dies sei unter anderem der Wende geschuldet, die seine frühere Lebensplanung über den Haufen geworfen habe, so der 31-Jährige. Er habe sich schon immer für Archäologie interessiert. Weil zu DDR-Zeiten ein Studienplatz in diesem Fach so gut wie unerreichbar war, habe er sich für ein Studium als Lehrer für Deutsch und Geschichte entschieden.

Das gab es dann nicht mehr, ebenso wenig wie die Grenztruppen, bei denen er sich für vier Jahre verpflichtet hatte. Er habe dann Zivildienst gemacht, weil er nicht so schnell in einer Armee dienen wollte, die wenige Monate zuvor noch der imperialistische Klassenfeind war.

Den Versandhandel habe er als Chance gesehen, das Hobby zum Beruf zu machen. Es sei jedoch nie so weit gewesen, dass er hätte davon leben können, so der Angeklagte. Seinen Bruder Hendrik beschrieb er als jemanden, der sich anderen immer überlegen fühle.

Er bedauere, dass er damals so kritiklos und ignorant gewesen sei, so der ältere der beiden Brüder. Das sei ein großer Fehler gewesen. Sein Leben habe sich jetzt normalisiert.

Hendrik Möbus wünschte sich im letzten Wort, dass er das irgendwann auch von sich sagen könne.

Der Staatsanwalt forderte am Nachmittag eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren für Hendrik Möbus. Für dessen Bruder beantragte der Anklagevertreter eine zweijährige Bewährungsstrafe. Die Verteidiger von Hendrik Möbus halten drei Jahre für schuldangemessen, der Anwalt von Hendriks Bruder war mit dem Bewährungsantrag zufrieden.

Am Donnerstag will die Erste Strafkammer des Erfurter Landgerichts das Urteil verkünden.

Paula PETER

 

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

Rechter KZ-Tourismus

 

Weimar. (tlz) Mit Platzverweisen reagierte die Polizei auf 14 Rechtsradikale, die am Sonntag die Gedenkstätte Buchenwald heimsuchten. Die Neonazis gaben vor, auf dem Waldfriedhof des sowjetischen Speziallagers Nr. 2 "ihrer Ahnen" gedenken zu wollen.

Die 14 Neonazis, die in einem Kreisverband der NPD organisiert sind, stammen aus der Gegend um Nord- und Sangerhausen. Wie die Gedenkstätten-Leitung am Montag betonte, habe die Polizei die Neonazis aufgefordert, den Kranz wieder zu entfernen. Die Stiftung verurteilte das Verhalten der Rechtsradikalen und sprach ein Hausverbot aus.

Letztendlich werde durch eine derartige Provokation auch das Andenken der Toten des sowjetischen Speziallagers beschädigt. Seit 1994 ist dies der erste Vorfall, bei dem politisch organisierte Rechtsradikale versuchten, die Geschichte von Buchenwald für ihre antidemokratischen Ziele zu instrumentalisieren. Damals versuchte die NPD in Buchenwald so genannte politische Spaziergänge durchzuführen, was allerdings unterbunden wurde.

Darüber hinaus kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Zwischenfällen, wenn einzelne Neonazis in der Gedenkstätte den Hitlergruß zeigten. "Zumindest bemerkenswert ist, dass die am Sonntag aufgetretene Gruppe die Propaganda der DDR fortführt, nach der im sowjetischen Speziallager vorrangig SS-Männer, die den Rechtsradikalen als Vorbilder gelten, inhaftiert worden seien", betonte der stellvertretende Direktor der Gedenkstätte, Rikola-Gunnar Lüttgenau.

In dem von 1945 bis 1950 auf dem Gelände des ehemaligen KZ eingerichteten Speziallager waren insgesamt 28 000 Menschen inhaftiert, mehr als 7000 von ihnen starben an Hunger und Krankheiten. Entgegen vieler Annahmen habe die Forschung gezeigt, dass die sowjetische Besatzungsmacht in der Regel nur Zivilisten in die Lager verbracht habe, so die Gedenkstätte. Anders als in den westalliierten Internierungslagern seien die Angehörigen der SS von den Sowjets als Kriegsgefangene angesehen und in die Kriegsgefangenlager im Osten der Sowjetunion transportiert worden.

 

 

 

Dienstag, 13. Mai 2003

Skinhead-Trio legt Geständnis im Prozess um Prügel-Exzesse ab

Nebenkläger spricht von unglaublicher Brutalität / Obdachlose und Kumpels stundenlang misshandelt und sexuell gedemütigt

Drei rechtsradikale Skinheads haben am Montag zum Prozessauftakt vor dem Bochumer Landgericht gestanden, Obdachlose und Kumpels aus dem eigenen Milieu auf nächtlichen Partys schwer misshandelt, sexuell genötigt und gedemütigt zu haben. Außerdem gaben sie zu, grundlos auf Passanten eingeprügelt zu haben.

Von Ingrid Müller-Münch

BOCHUM, 12. Mai. "Es war eine Form von Brutalität, wie man sie selbst in diesem Milieu selten findet." Mit diesen Worten beschrieb Rechtsanwalt Wolfgang Weckmüller, Nebenkläger in dem Prozess gegen die drei Bochumer, was denen geschehen war, die dem Trio in die Hände fielen. Alle drei Angeklagten waren bis zu ihrer Inhaftierung im November 2002 arbeitslos, sprachen kräftig Alkohol und Drogen zu, lebten in den Tag hinein, wohnten mal hier, mal dort. Markus R. gab an, er sei wegen "des schlechten Umgangs" aus der NPD ausgetreten, weil er dort Leuten begegnet sei, durch die er "öfters Gefahr gelaufen" sei, "Straftaten zu begehen".

Alle drei Angeklagten zeigten sich am Montag weitgehend geständig. Ganz so brutal, wie sich ihre Taten in der Anklageschrift anhörten, wollen sie aber nicht gewesen sein. Christian J., der einem Opfer das Gesicht zerschlagen haben soll, bis dem Mann die Zähne ausfielen, Nasen- und Jochbein gebrochen waren, bestritt dies. Er gestand lediglich ein, sein Opfer am Bein verletzt zu haben, "mit 'nem Messer, aber ansonsten hab' ich dem nichts getan. Das Messer ist mir aus der Hand gerutscht und dann in sein Bein rein".

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Trio vor, von Anfang Juli bis Mitte November 2002 teilweise gemeinsam Menschen körperlich misshandelt, sie mit einem Werkzeug verletzt, zu sexuellen Handlungen genötigt, eingesperrt und verfassungsfeindliche Kennzeichen verwendet zu haben. Ein vierter ebenfalls an den Taten beteiligter Skinhead war bereits zu Jahresbeginn wegen seines "zutiefst entwürdigenden und menschenverachtenden Verhaltens", so der Richter damals, zu 14 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden.

Laut Staatsanwaltschaft soll das frühere NPD-Mitglied J. gemeinsam mit Lars O. willkürlich auf Personen eingetreten und geprügelt haben, die sie zufällig auf der Straße trafen. O. behauptet hingegen, die Betroffenen hätten sicher eine "dumme Bemerkung" gemacht. Er jedenfalls gehe doch "nicht ohne Grund auf jemanden zu und haue dem aufs Maul". J. soll laut Anklage bei der Gelegenheit zweimal "Sieg Heil" gerufen und gegrölt haben, Hitler wäre stolz gewesen, wenn er ihn in seiner Gefolgschaft gehabt hätte.

Um die Schmerzensschreie eines ihrer Opfer zu übertönen, soll J. in einer Wohnung im November 2002 die Musik extrem laut aufgedreht haben. Danach ging es zur Sache, das Opfer wurde geschlagen, musste die stahlkappenverstärkten Springerstiefel seiner Peiniger ablecken und eine Banane mit Schale essen.

Einem Bochumer Obdachlosen, den Markus R. aus seiner Zeit als Fernfahrer kannte, spielten die drei offenbar besonders übel mit. Der junge Mann war vertrauensvoll mit den Skinheads in eine Wohnung gegangen. Dort wurde er mit "wuchtigen Schlägen", so die Anklage, malträtiert, mit Bierflaschen ins Gesicht geschlagen und sexuell schwer gedemütigt. Sein Blut spritzte an die Wand.