Mittwoch, 14. Mai 2003
Zehn
Millionen für Opferprojekt „Civitas“ |
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Berlin (OZ) Der Kampf gegen Rechtsextremismus
muss in Ost und West kontinuierlich geführt werden, meint Renate Schmidt (SPD),
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. OZ sprach mit ihr
z. B. über Nazidemonstrationen.
OSTSEE-ZEITUNG:
Sind die neuen Länder ein Hort der Neonazis?
Renate
Schmidt: Ganz klar: Nein! Nationalsozialistisches Gedankengut, rechtsextremistische
Straftaten und andere Scheußlichkeiten mehr gibt es in Ost und West. Deshalb
darf der Kampf dagegen auch nicht als rein ostdeutsches Problem aufgefasst
werden. Wir brauchen in ganz Deutschland eine kontinuierliche Beschäftigung mit
diesen Phänomenen. Die Bundesregierung stellt zur Unterstützung von Projekten
gegen Rechtsextremismus 2003 allein 45,5 Millionen Euro zur Verfügung. Davon
umfasst das Programm Civitas, das sich der Beratung und Hilfe von Opfern
rechter Gewalt in den neuen Bundesländern widmet, allein zehn Millionen Euro.
OZ:
Also doch eine Sonderrolle für den Osten?
Schmidt:
Leipzigs OB Wolfgang Tiefensee hat darauf aufmerksam gemacht, dass rund ein Fünftel
der Schüler der neunten Klassen in seiner Stadt stark fremdenfeindliche
Einstellungen hat. Darauf müssen wir reagieren. Die Neonazis erhoffen sich
gerade in den neuen Ländern Aufmerksamkeit. Ich begrüße die vielfältigen
Bürger-Initiativen, die sich gegen diese Gefahr wenden. Diese müssen wir trotz
knapper Kassen weiter unterstützen.
OZ: Mit
der Amadeu-Antonio-Stiftung, dem „Stern“ und dem Software-Dienstleister SAP
haben Sie ein Internet-Portal www.mut-gegen-rechte-gewalt.de vorgestellt. Kann
ein solches Portal Neonazis erreichen?
Schmidt:
Die Neonazis wollen das Internet zu ihrer Plattform machen. Das wollen wir mit
dem Internet-Portal verhindern. Allen Interessierten wollen wir ein Angebot zur
fundierten Information über den Rechtsextremismus, über Gegenstrategien und
Initiativen machen. In der rechtsextremen Szene gibt es neben verbohrten
Anführern viele Mitläufer: Vielleicht können wir einige davor bewahren, in den
braunen Sumpf abzugleiten.
Interview:
R. ZWEIGLER
Mittwoch, 14. Mai 2003
Rechtsextremisten
verübten die meisten Gewaltdelikte |
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Im vergangenen Jahr verübten
Rechtsextremisten 772 Straftaten. Das sind mehr als doppelt so viele wie aus
dem linksextremen Spektrum.
Berlin (dpa) In der rechten Jugendszene wächst die
Bereitschaft zur Gewalt. Auch die Zahl rechter Gewalttaten – von der
versuchten Tötung über Brandstiftung bis hin zu
Sprengstoff-Anschlägen – stieg nach dem Verfassungsschutzbericht 2002
um knapp neun Prozent auf 772.
Der
islamistische Terrorismus hat sich zu einer herausragenden Bedrohung für die
internationale Staatengemeinschaft entwickelt. „Die Bekämpfung von Extremismus
und Terrorismus hat für die Bundesregierung nach wie vor höchste Priorität“,
versicherte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gestern bei der Vorlage des
Berichts.
Bei Skinheads
und anderen rechtsextremistischen Gruppen verzeichnet der Bericht wachsenden
Zulauf von gewaltbereiten Jugendlichen.
Laut Schily
hält die seit 1995 zu beobachtende Zunahme der Zahl gewaltbereiter
Rechtsextremisten an. Anders als im Vorjahr verzeichnet der Bericht für 2002
auch mehr politisch motivierte Gewalttaten von Rechts als von Links.
Schily
bezeichnete die Skinhead-Szene mit ihrem harten Kern von rund 10 700
Mitgliedern als „Einstiegsdroge Nummer eins in das gewaltbereite Milieu“.
Außerdem bildeten sich vermehrt „Mischszenen“ von Neonazis und Skinheads.
Insgesamt sind laut Bericht Mitgliederzahlen und Anhängerschaft aller anderen
links- wie rechtsextremistischen Gruppen leicht rückläufig.
Gleiches gilt
für militante Ausländerorganisationen in Deutschland. Ihre Zahl erhöhte sich im
vergangenen Jahr zwar von 65 auf 69, gleichzeitig sank die Zahl ihrer Anhänger
um knapp 2000 auf 57 350. Dabei bleibt die in Köln ansässige „Islamische
Gemeinschaft Milli Görüs“ mit 26 500 Mitglieder weiter die größte
Gruppierung.
Bei rund 7,3
Millionen in Deutschland lebenden Ausländern liege jedoch der Anteil von
„extremistischen Ausländern“ seit Jahren unter einem Prozent, sagte Schily.
Nach Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei bleibt Deutschland eine
Drehscheibe des internationalen Terrorismus. Polizei und Nachrichtendienste
müssten weiter gestärkt werden.
Der
CSU-Innenpolitiker Wolfgang Zeitlmann forderte die Regierung auf, als
Konsequenz aus der Bedrohung biometrische Daten und die Religions- und
ethnische Zugehörigkeit von Ausländern zu speichern.
Ungeachtet des
vor dem Verfassungsgericht gescheiterten NPD-Verbotsverfahrens sieht Schily die
Partei geschwächt. Ihre Mitgliederzahlen seien weiter zurückgegangen. Dennoch
bleibe sie „die auffälligste rechtsextremistische Partei“ und werde auch in
Zukunft „unter aufmerksamer Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden stehen“.
Zum
linksextremistischen Spektrum zählen die Verfassungsschützer rund 31 100
Personen, darunter auch etwa 1500 Anhänger der „Kommunistischen Plattform der
PDS“.
Mit 385
linksextremistischen Gewalttaten hat sich die Zahl dem Bericht zufolge
gegenüber dem Vorjahr nahezu halbiert. Dabei gab es die meisten noch bei Auseinandersetzungen
„Links gegen Rechts“ während gewaltsame Aktionen von Kernkraft- oder
Globalisierungsgegnern stark rückläufig waren.
Mittwoch, 14. Mai 2003
aus Berlin ULRIKE
WINKELMANN
Mecklenburg-Vorpommern ist unter Kontrolle. "Auch von dort sind Zahlen gemeldet worden", sagte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gestern bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2002. Noch für den letztjährigen Bericht hatten die Schweriner keine einzige rechtsextremistische Gewalttat gemeldet. Dadurch war ihnen ein stolzer letzter Platz in der Länderstatistik sicher. Dies lag jedoch nicht an der Aggressionsarmut der Mecklenburger und Vorpommern, sondern an bundesweit stark unterschiedlichen Definitionen von rechtem Extremismus.
Für dieses Jahr dagegen wurden immerhin 15 rechte Gewalttaten aus Schwerin gemeldet. Schily sagte gestern: "Ich glaube, dass das ins Lot gebracht worden ist." Er habe die Bundesländer um "realistische Zählweisen" gebeten. Wie realistisch, dürfte jedoch umstritten bleiben. Laut neuem Verfassungsschutzbericht gibt es in Mecklenburg-Vorpommern weniger Rechtsextremismus als etwa in Niedersachsen, Bremen oder im Saarland.
Als "uneinheitlich" bewertete Schily die "Entwicklung links- und rechtsextremistischer Bestrebungen im Jahr 2002". So ist etwa am rechten Rand die Zahl der erfassten Straftaten insgesamt zurückgegangen: Von 14.725 im Jahr 2001 auf 12.933 im Jahr 2002. Die Teilmenge der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten jedoch ist um 8,9 Prozent angestiegen: Von 709 im Jahr 2001 auf 772.
Auch die Zahl der rechten Köpfe verwirrt etwas: Zwar ist das "rechtsextremistische Personenpotenzial" insgesamt um 10 Prozent auf 45.000 organisierte und nichtorganisierte Rechte geschrumpft. Die rechten Parteien verlieren ebenfalls Mitglieder und Bedeutung. Die Zahl der "subkulturell geprägten und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten", vor allem der Skinheads, ist jedoch mit 10.700 Personen um 3 Prozent gestiegen. Als "Einstiegsdroge" gelten vor allem Konzerte von rechten und Skinhead-Bands, die erstmals seit 1999 wieder verstärkt auftreten. Ein Trend für den Bereich "Rechts" müsste also ungefähr "mehr Gewalt, mehr Subkultur, weniger gezählte Hakenkreuze und weniger Partei" heißen.
Bei den beobachteten linken Szenen sieht es anders aus. Insgesamt rechnen die Behörden 31.100 Personen dem "linksextremistischen Potenzial" zu (2001: 32.900). Die Zahl der "gewaltbereiten Linksextremisten, die sich selbst mehrheitlich als Autonome bezeichnen", sei von 7.000 auf 5.500 Personen zurückgegangen. Gleichzeitig begingen sie weniger Gewalttaten: nach 750 im Jahr 2001 waren es 385 im Jahr 2002. Weder Atomkraft oder Castor-Transporte noch globalisierungskritische Veranstaltungen haben die Gewaltstatistik genährt, der Bereich "Links gegen Rechts" macht den Löwenanteil aus. Schily wies gestern darauf hin, dass die Globalisierungskritiker häufig selbst "eine gewisse Distanzierung" zu Gewalttätern übten. Verfassungsschützer Fromm erklärte, man beobachte eine rege Diskussion "in der Szene, ob man zu personenbezogenen Anschlägen zurückkehren" wolle. Ein Ergebnis gebe es noch nicht.
Auch beim so genannten Ausländer-Extremismus erfassten die Behörden weniger Mitglieder und Anhänger. Bei 69 Organisationen zählten sie 57.350 Menschen (2001: 59.100) und verzeichneten damit erstmals einen Rückgang. Die weiterhin stärkste Organisation ist die türkische "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs" (IMGM) mit 26.500 Mitgliedern. Uneinheitlich jedoch ist die Entwicklung der Straftaten: leichter Anstieg insgesamt von 511 im Jahr 2001 auf 573 im Jahr 2002, leichter Rückgang bei den Gewalttaten von 84 im Jahr 2001 auf 61 im Jahr 2002.
Pflichtschuldig bemerkte Schily, dass internationaler islamistischer Terrorismus weiterhin als starke Bedrohung "auch deutscher Interessen" betrachtet werde. Und natürlich werde die Regierung dafür sorgen- gerade nach den Anschlägen in Riad -, dass beim Besuch des US-Außenministers Powell "alles Notwendige" getan werde, damit dieser "sicher und gesund das Land wieder verlassen" könne.
Mittwoch, 14. Mai 2003
Schily warnt vor gewaltbereiten Rechten
Von
Philipp Jaklin, Berlin
In Deutschland gibt es immer mehr gewaltbereite Rechtsextremisten. Insgesamt 10.400 Personen aus diesem Spektrum haben die Behörden vergangenes Jahr gezählt, vor allem Skinheads. Das sind etwa drei Prozent mehr als 2001.
"Den Anstieg gewaltbereiter
Rechtsextremisten beobachten wir mit Sorge", sagte Bundesinnenminister
Otto Schily am Dienstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts.
Diese Zahlen deuten darauf hin, dass die Neonaziszene vor allem unter
Jugendlichen möglicherweise gerade durch die Diskussion um ein Verbot der
rechtsextremen NPD weiteren Zulauf erhalten hat. Zwar bemühen sich die
Behörden darum, die Szene beispielsweise mit Auftrittsverboten für
Skinheadbands in den Griff zu bekommen. Offenbar ist der Erfolg dabei aber
eher mäßig. Die Schwerpunkte in der
rechtsextremen Szene haben sich verlagert. Insgesamt ist das rechte Potenzial
laut Verfassungsschutz 2002 im Vergleich zum Vorjahr zwar zurückgegangen. Von
knapp 50.000 Personen sank die Zahl auf 45.000. Grund dafür sind aber vor
allem der starke Mitgliederverlust von Parteien wie der DVU und den
Republikanern. Die gefährlichere, weil gewaltbereite Szene von Skinheads und
ähnlichen Gruppen wächst dagegen seit 1995 stetig. Nach dem Verbot der
Skindheadgruppe "Blood & Honour" hat sich Schily zufolge keine
neue bundesweite Organisation gebildet. Doch abgetaucht sind die Skinheads damit
noch lange nicht. Schily: "Stattdessen verschwimmen die Grenzen der
Skinheadszene zur Neonaziszene immer stärker." Die NPD ist am auffälligsten Auffälligste
rechtsextreme Partei war auch vergangenes Jahr laut Verfassungsschutzbericht
die NPD - obwohl die Zahl ihrer Mitglieder sank. "Die NPD ist durch das
Verbotsverfahren geschwächt", sagte Schily. Allerdings habe Parteichef
Udo Voigt seine Stellung in der Partei festigen können, heißt es in dem
Bericht. Ein weiteres
Verbotsverfahren nach dem gescheiterten ersten Versuch schloss der
Innenminister bis auf weiteres aus. "Für absehbare Zeit" sei damit
nicht zu rechnen, sagte Schily. Ein Minderheitenvotum im
Bundesverfassungsgericht hatte das NPD-Verfahren wegen der prominenten Rolle
von V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei endgültig gekippt. Über mögliche
Konsequenzen aus der NPD-Schlappe wollen heute auch die Innenminister der
Länder beraten. In der Diskussion ist unter anderem eine engere Abstimmung
der V-Mann-Operationen. Weniger Gewalt von Links
Im Gegensatz zu 2001
haben die Verfassungsschützer im vergangenen Jahr viel weniger extremistische
Straftaten von Links als aus dem rechten Spektrum gezählt. Der Grund: Die
Proteste gegen Atommülltransporte in das Zwischenlager Gorleben gingen massiv
zurück. "Das Thema ist offenbar nicht mehr so interessant", sagte
Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm. Auch die Antiglobalisierungsbewegung
konnte 2002 deutlich weniger Anhänger mobilisieren. Allerdings werden Fromm
zufolge in Teilen der linksautonomen Szene auch Anschläge gegen Menschen
zumindest erwogen. Auf das Konto der Autonomenorganisation "Militante
Gruppe" gingen bereits mehrere Anschläge mit Sachschäden. "Es gibt
die Diskussion, ob es zweckmäßig ist, wieder zu personenbezogenen Anschlägen
zurückzukehren", sagte der Verfassungsschutzpräsident. Spionage nimmt zu Neben der Überwachung
von Rechts- und Linksextremen sowie islamistischen Organisationen
beschäftigen sich die Sicherheitsbehörden inzwischen auch wieder stärker mit
der Abwehr von Spionage im Inland. Unter anderem bei Diensten aus Russland,
Syrien, Iran, Libyen, China und Nordkorea würden derzeit "mannigfache
Aktivitäten" beobachtet, sagte Schily. Dabei gehe es nicht nur um "klassische Spionage". Verschiedene Staaten versuchten, in Deutschland an Wissen zur Herstellung und Weiterentwicklung von Massenvernichtungswaffen zu gelangen. Dem Verfassungsschutzbericht zufolge operiert alleine Nordkorea mit sieben Geheimdiensten. Stützpunkt sei Nordkoreas Botschaft in Berlin. |
Mittwoch, 14. Mai 2003
Schily kritisiert nach geplatztem NPD-Verfahren Richter
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat das Verfahren gegen die rechtsextreme NPD am Dienstag eingestellt. Sowohl Bundesregierung als auch Union lehnten einen erneuten Anlauf für ein Verbot der rechtsextremen Partei ab.
Die Entscheidung verkündete der Vorsitzende des
Zweiten Senats und Gerichtsvizepräsident Winfried Hassemer. Die zahlreichen
Verbindungsleute des Verfassungsschutzes in den Führungsgremien der Partei
bilden nach Ansicht von drei Verfassungsrichtern ein Verfahrenshindernis.
Damit fehlte es an der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit der insgesamt
sieben beteiligten Richter, das Verbotsverfahren durchzuführen. In dem Beschluss der
Richter hieß es, unmittelbar vor und während eines Parteiverbotsverfahrens
dürfe es keine V-Leute in den Bundes- oder Landesvorständen geben. "Das
verfassungsrechtliche Parteiverbot, die schärfste und überdies zweischneidige
Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde,
braucht ein Höchstmaß an Rechtssicherheit und Transparenz", sagte
Verfassungsrichter Hassemer. Davon könne es nur bei außergewöhnlichen
Gefahren für die Demokratie eine Ausnahme geben. In Anbetracht der Lage seien
die Anträge nicht sorgfältig genug vorbereitet worden, kritisierten die drei
Richter. Der Einsatz von Spitzeln an der Parteispitze während des laufenden
Verfahrens habe einen fairen Prozess verhindert. Es sei nicht auszuschließen,
dass V-Leute die Prozessstrategie der NPD ausspioniert hätten. Mehrheit der Richter für Fortsetzung des Verfahrens Vier Verfassungsrichter
bejahten jedoch eine Weiterführung des Verfahrens. Auch wenn während eines
Verbotsverfahrens der Verfassungsschutz Verbindungsleute im Parteivorstand
habe, stelle das nicht in jedem Fall ein Verfahrenshindernis dar,
argumentierten sie. Zu den Gegnern einer
Fortsetzung des Verfahrens gehörte auch Hassemer selbst. "Wir haben
Probleme mit den Tatsachen", sei der meistgehörte Satz unter den
Richtern gewesen, sagte er. Die Entscheidung sage aber nichts über eine
mögliche Verfassungswidrigkeit der Partei aus, sagte Hassemer. Schily: "Irrige Rechtsauffassung" Bundesinnenminister Otto
Schily sagte am Dienstag in Berlin, in dem Minderheitenvotum werde eine
"irrige Rechtsauffassung" vertreten. Es könne nicht sein, das
Parteien, die sich in einem Verbotsverfahren befänden, nicht durch den
Verfassungsschutz beobachtet werden dürften. Weil die Minderheit des Gerichts
aber diese Auffassung vertrete, mache ein neuer Anlauf für das
Verbotsverfahren keinen Sinn. Schily sagte zu, dass sich die Regierung
unabhängig von dem Gerichtsurteil um eine bessere Koordination der
Geheimdienste kümmern werde. Bayerns Innenminister
Beckstein sagte, er bedauere das Votum des Verfassungsgerichtes. "Es
beeinträchtigt die Möglichkeiten einer wehrhaften Demokratie." Er halte
die NPD nach wie vor für eine verfassungsfeindliche, aggressiv kämpfende
Partei. Als Konsequenz aus dem Scheitern forderte Beckstein eine bessere
Zusammenarbeit der 17 Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern. Die
Grünen-Abgeordneten Volker Beck und Hans-Christian Ströbele verlangten die
Einrichtung einer Kommission, die besonders den Einsatz von V-Leuten
"grundlegend auf den Prüfstand" stelle. Der stellvertretende
Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach warf dem Bund eine "dilettantische
Prozessführung" vor. Für die NPD bedauerte
deren Bundesvorsitzender Udo Voigt, dass das Gericht nicht über die
Verfassungsmäßigkeit der Partei entschieden habe. Das wolle die NPD seit 30
Jahren. Ihr Anwalt Horst Mahler erklärte unmittelbar nach der Verkündung
seinen Austritt aus der Partei. Der ehemalige Verteidiger der linksextremen
Rote Armee Fraktion war der NPD vor zweieinhalb Jahren beigetreten. Wenig überraschendes Urteil Allgemein war mit einer
Einstellung des Verbotsverfahrens wegen der V-Mann-Problematik gerechnet
worden. In den Verbotsanträgen der drei Antragsteller Bundesregierung,
Bundestag und Bundesrat waren auch Äußerungen von NPD-Mitgliedern zitiert,
die zugleich für den Verfassungsschutz arbeiteten. Wegen damit verbundener
rechtlicher Bedenken hatte das Verfassungsgericht das Verfahren im
vergangenen Jahr ausgesetzt. Während einer Anhörung
im Oktober 2002 hatten Regierungsvertreter energisch bestritten, dass
Geheimdienstspitzel die Partei fernsteuern. Aus ihrer Sicht ist die Partei
mit rund 6500 Mitgliedern rassistisch, antisemitisch und demokratiefeindlich.
Schilys Prozessbevollmächtigter Dieter Sellner hatte es aber abgelehnt, die vier noch nicht enttarnten V-Leute, die in den Verbotsanträgen erwähnt werden, im Prozess zu identifizieren. Offiziellen Angaben zufolge spitzeln seit Jahren gut 30 der etwa 200 NPD-Vorstände in Bund und Ländern für den Verfassungsschutz. |
Mittwoch, 14. Mai 2003
NPD-Schlappe offenbart Geheimdienstmängel
Von
Philipp Jaklin, Berlin, und Anton Notz, Karlsruhe
Nach der Einstellung des NPD-Verbotsverfahrens mehren sich bei Politikern von Bundesregierung und Opposition die Rufe nach einer Geheimdienstreform. Dabei wird eine Zusammenlegung von Verfassungsschutz-Ämtern erwogen.
Der innenpolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, stellte am Dienstag die
Organisation des Verfassungsschutzes mit einem Bundes- und 16 Landesämtern in
Frage. "Die Bundesrepublik würde nicht untergehen, wenn wir nur noch
zehn oder zwölf Ämter hätten." Das Scheitern des
Verfahrens hat die oft schlechte Koordination zwischen den Ämtern im Bund und
in den Ländern offenbart. In jedem NPD-Landesvorstand konnten die Verfassungsschützer
auf ein bis zwei V-Leute zugreifen, ohne dass die Ämter selbst oder das
Bundesverfassungsgericht darüber den Überblick hatten. Für Karlsruhe war die
Rolle der Spitzel in der NPD Grund genug, das Verbotsverfahren zu kippen. Kein neuer Anlauf für Verbotsverfahren Bundesinnenminister Otto
Schily kündigte am Dienstag an, "einige Fragen" klären zu wollen.
"Reibungsverluste" gebe es beim Informationsaustausch der
Verfassungsschutzbehörden. Auch der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach
forderte eine Debatte über eine Fusion von Ämtern. Derzeit könnten V-Leute
unterschiedlicher Verfassungsschutzbehörden sich gegenseitig observieren.
"Das behindert die Gefahrenabwehr." Die Entscheidung hat
auch die Diskussion über den weiteren Umgang mit der NPD angeheizt. Ein
gerichtliches Verbot der Partei ist wohl endgültig vom Tisch. Mit seinem
Votum habe das Bundesverfassungsgericht "unerfüllbare Forderungen"
an ein Verbotsverfahren gestellt, so Schily. Auch Bayerns CSU-Innenminister
Günther Beckstein lehnte einen weiteren Anlauf ab: "Ein neuer
Verbotsantrag ist ausgeschlossen." Innenpolitiker von Bund
und Ländern wollen die NPD nun verstärkt vom Verfassungsschutz überprüfen
lassen. Er hoffe, durch eine "weitere Beobachtung" der NPD könnten
verfassungsfeindliche Bestrebungen eingedämmt werden, sagte Schily. Ähnlich
äußerten sich die Innenminister von Brandenburg, Baden-Württemberg und
Niedersachsen. Observation oder Verbot Der Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts hat die Frage aufgeworfen, ob Verbotsverfahren
künftig überhaupt noch möglich sind. "Völlig unerträglich" sei die
Konsequenz aus dem Minderheitenvotum der drei Richter Winfried Hassemer,
Siegfried Broß und Lerke Osterloh, sagte Schily. Sie hatten mit ihren Stimmen
eine Fortführung des Verfahrens zu Fall gebracht. Eine "kaum
überwindbare" Hürde für ein Verbotsverfahren ist Schily zufolge, dass
nach Argumentation der drei Richter Verfassungsorgane eine Partei nur
entweder observieren oder aber deren Verbot anstrengen könnten. Im Gericht war es
deswegen offenbar zum Zerwürfnis gekommen. "Wir haben um die Texte
gekämpft", sagte der Vorsitzende Richter Hassemer. Die vier Richter, die
eine Fortsetzung des Verfahrens forderten, kritisierten ihre Kollegen im
Mehrheitsvotum ungewöhnlich harsch. Sie hätten sich der Verantwortung
entzogen, selbst für Aufklärung zu sorgen, ob die NPD verfassungskonform sei,
hieß es dort. Gefährlicher Nährboden für Extremisten Sicherheitsexperten
halten die NPD etwa im Vergleich etwa zum islamistischen Terrorismus für eine
geringe Gefahr. Trotzdem gilt sie weiterhin als gefährlicher Nährboden für
möglicherweise gewaltbereite Extremisten. "Die NPD ist eine
neo-nationalsozialistische Partei mit einer antisemitischen, gewaltgebundenen
Ideologie", sagte der Berliner Extremismusforscher Hajo Funke. Jetzt könnte die
rechtsextreme Partei durch das gescheiterte Verbotsverfahren zusätzlich
gestärkt werden. Der NPD-Parteivorsitzende Udo Voigt sprach am Dienstag schon
triumphierend von einem "Sieg für ein besseres Deutschland".
"Diesen Propagandaerfolg für die NPD hätte man sich sparen müssen und
können", so der CDU-Mann Bosbach. Für Verwirrung sorgte
der Parteiaustritt des NPD-Ideologen Horst Mahler unmittelbar nach
Verkündigung der Entscheidung. Die NPD sei eine "am Parlamentarismus ausgerichtete
Partei" und daher "unzeitgemäß", begründete er den Schritt.
Offenbar waren die Differenzen mit der NPD-Spitze zu groß geworden. Neonazis Bestand Ideologie Stimmen |
Mittwoch, 14. Mai 2003
Rechtsextreme Jugendliche werden immer militanter
Verfassungsschutzbericht 2002 verzeichnet Zunahme von Skinheads / Schily
lobt Präventivprogramme der Regierung
Trotz rückläufiger Zahlen politisch motivierter Straftaten verzeichnet der
Verfassungsschutz seit 1995 ein Abgleiten immer mehr Jugendlicher in
gewaltbereite rechtsextremistische Kreise. Der von Bundesinnenminister Otto
Schily (SPD) vorgestellte Verfassungsschutzbericht für 2002 rechnet dieser von
Skinheads dominierten Szene 10 000 Personen zu, 300 mehr als 2001.
Von Thomas Maron
BERLIN, 13. Mai. Politisch motivierte Kriminalität von rechts,
meist Propagandadelikte und Volksverhetzung, machte den Ermittlungsbehörden
2002 insgesamt weniger zu schaffen als 2001. Dieser Kategorie ordnete der
Verfassungsschutz 12 933 Straftaten zu, zwölf Prozent weniger als 2001 (14
725). Allerdings wurden 10 902 (2001: 10 054) dieser Taten als
rechtsextremistisch eingestuft, ein Plus von 8,4 Prozent. 772 rechtsextreme
Übergriffe wurden als Gewalttat gewertet, ein Zuwachs von 8,9 Prozent.
Die Zahl der Skinhead-Bands ist laut Verfassungsschutz ebenso wie die Zahl der
Vertriebe für deren Tonträger durch das massive Vorgehen der Ermittler
zurückgegangen. Es seien aber erstmals seit 1999 wieder vermehrt
Skinhead-Konzerte registriert worden, weil die Szene dazu übergehe, sich in
Privaträumen zu organisieren. Laut Schily eine bedenkliche Entwicklung:
Rechtsextreme Musik sei "Einstiegsdroge Nummer eins" für junge
Menschen.
Parteien des rechten Spektrums verlören dagegen weiter an Bedeutung und
Mitgliedern. In Parteien wie den "Republikanern", der DVU oder der
NPD seien rund 28 100 Anhänger organisiert, 2001 waren es noch 33 000. Schily
zeigte sich in diesem Zusammenhang davon überzeugt, dass das
NPD-Verbotsverfahren trotz seines Scheiterns vor dem Bundesverfassungsgericht
"die Partei geschwächt hat".
Links motivierte Delikte nahmen um 18 Prozent auf 3639 Fälle ab (2001: 4418).
Die Zahl der Mitglieder linksextremer Kreise sank im Jahresvergleich von 32 900
auf 31 100. Die Summe linksextremer Gewalttaten ist um fast die Hälfte auf 385
gesunken (2001: 750).
Schily wertet den Rückgang politisch motivierter Gewalt als Erfolg seiner
Arbeit, die neben repressiver Politik durch Überwachung und Strafverfolgung dem
Engagement der Bevölkerung einen hohen Stellenwert einräume, sich für die Werte
einer Zivilgesellschaft einzusetzen. So hätten sich mehr als 900 Initiativen
dem von der Bundesregierung eingerichteten "Bündnis für Demokratie und
Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt" angeschlossen.
Die Verfassungsschützer zählten 845 von Ausländern verübte Strafttaten mit
politischem Hintergrund, ein Minus von 17 Prozent (2001: 1020). Dennoch müsse
laut Schily der islamistische Terrorismus weiter als "herausragende
Bedrohung" angesehen werden. Das Terrornetzwerk Al Qaeda sei nicht
zerschlagen, Warnungen islamistischer Extremisten würden laut Schily
"ausdrücklich auch gegen Deutschland" ausgesprochen.
Kopfzerbrechen bereiten Schily Informationen des Verfassungsschutzes, wonach
ausländische Geheimdienste in Deutschland verstärkt nach technologischen
Kenntnissen und Gütern fahnden, die für die Produktion von
Massenvernichtungswaffen gebraucht werden. Nachrichtendienste aus Staaten des
"Nahen, Mittleren und Fernen Ostens" gäben hier besonderen Anlass zur
Sorge. So soll Nordkoreas Botschaftspersonal laut Verfassungsschutz "in
die Beschaffung sensitiver Güter involviert" sein.
Mittwoch, 14. Mai 2003
Kommentar
Gewaltspirale
Von Thomas Maron
Man darf erleichtert sein ob der Abnahme politisch
motivierter Straftaten in Deutschland. Aber eines muss nicht nur zu denken
geben, sondern das Handeln aller gesellschaftlich relevanten Kreise befeuern:
Seit 1995 steigt die Zahl jener Jugendlicher, die ihrer gefühlten
Perspektivlosigkeit eine gehörige Dosis rechtextremer Parolen verordnen. Die
jungen Leute tun dies nicht, indem sie den Altherrenclubs rechter Parteien
beitreten. Sie tun dies, indem sie sich Skinheadgruppen anschließen, deren
Musik sie grölen, deren menschenverachtende Texte sie auf Schulbänke ritzen,
deren barbarische Aufrufe zur Gewalt gegen alles Fremde sie in sich tragen.
Dies ist auch, aber nicht nur das Ergebnis von Arbeitslosigkeit und sozialer
Not. Es ist auch Ausfluss eines um sich greifenden Gefühls der permanenten
Überforderung und Demütigung. Deutschland sucht "den Superstar", wer
sich als Durchschnitt empfindet, der darf als Depp bei Raab und Co. Platz
nehmen. Man muss nicht arbeitslos sein, um Gefahr zu laufen, sich in
Deutschland minderwertig zu fühlen. Es reicht mittlerweile schon, eine
Metzgerlehre anzutreten. So gesehen gilt der Satz, den Wirtschaftsliberale
aller Parteien so lieben: "Leistung muss sich wieder lohnen." Die
Gesellschaft ist den Menschen, die sich redlich mühen, aber nicht nur Geld,
sondern auch Anerkennung schuldig. Wer glaubt, nichts wert zu sein, empfindet
Fremdes als Bedrohung. Also: Gebt den Menschen nicht nur Minijobs, sondern auch
ihre Bedeutung zurück.
Mittwoch, 14. Mai 2003
Verfassungsschutzbericht
2002
erneuter Anstieg rechtsextremistischer Gewalt
Vor allem im Osten Zusammenwirken von NPD mit Neonazis und Skinheads
Von Claus Dümde
Laut Verfassungsschutzbericht ist 2002 die Zahl der Gewalttaten mit
rechtsextremistischem Hintergrund um zehn Prozent auf 772 gestiegen. Auch das
Potenzial gewaltbereiter Rechtsextremisten hat sich »nach Jahren des starken
personellen Zulaufs« weiter auf nun 10700 Personen erhöht, heißt es darin.
Deutlich« sei die Zahl der politisch motivierten Straftaten »in allen
Bereichen« gegenüber 2001 gesunken, hob Bundesinnenminister Otto Schily gestern
zu Beginn seiner Wertung des Berichtes vor der Bundespressekonferenz hervor.
Auch die politisch motivierten Gewalttaten seien »erkennbar rückläufig«, fügte
er an und behauptete: »Diese positive Entwicklung ist nicht zuletzt ein Erfolg
der Politik der Bundesregierung.«
Erst im weiteren Verlauf seiner Ausführungen erwähnte Schily auch die eingangs
genannten Fakten, verwies auf den Anstieg von rechtsextremistisch motivierten
Straftaten um 8,4 und von Gewalttaten sogar um 8,9 Prozent. Bei 86,4 Prozent
aller rechtsextremistisch motivierten Straftaten handelte es sich »allerdings«
um Propagandadelikte oder um Volksverhetzung, fügte er wiederum an, als ob das
halb so schlimm sei. Dass laut Bericht aber 2002 auch die Zahl der in der
Statistik des Bundeskriminalamts in dieser Kategorie erfassten
Körperverletzungen mit 646 um 20 höher als im Vorjahr war, die Zahl der
Brandstiftungen sogar von 16 auf 26 stieg, hob der Minister nicht hervor.
Ebenso wenig den Anstieg fremdenfeindlicher Gewalttaten um fast 18 Prozent!
Rechtsextremistische Gewalttaten haben 2002 in allen ostdeutschen Ländern und
Berlin z.T. explosionsartig zugenommen. Pro 100000 Einwohner führen
Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Statistik an, Sachsen und Berlin
belegen die Plätze 5 und 6, nur Mecklenburg-Vorpommern liegt im Mittelfeld. Im
Osten lebt laut Bericht »fast die Hälfte der gewaltbereiten Rechtsextremisten«.
Von Entwarnung kann schon aufgrund der Statistik keine Rede sein. Trotzdem
erweckt auch der Bericht an verschiedenen Stellen eher einen gegenteiligen
Eindruck. So heißt es eingangs des Kapitels »Gewaltbereite Rechtsextremisten«
apodiktisch, »militante Rechtsextremisten lehnen Terrorismus ab«. Und das,
obwohl im Weiteren nicht nur der am 16. März 2002 verübte Sprengstoffanschlag
auf den jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg und die Schlagstockattacke
auf den Kopf des grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele kurz
vorm Wahltag erwähnt werden. Ferner wird »vielen Rechtsextremisten« eine »hohe
Affinität« zu Waffen attestiert; sie versuchten, auch Zugang zu Sprengstoffen
zu erlangen, besondere Beachtung genießen Bombenbauanleitungen im Internet,
heißt es.
Wie passt das mit der Eingangsthese zusammen? Und wie mit Schilys dramatisch
anmutender Äußerung, vermeintlich linksextreme »Autonome« hätten mit nicht
näher bezeichneten »konspirativen Anschlägen« z.T. »die Grenze zum
terroristischen Handeln überschritten«? Neben einem zerstörten Strommast wird
im Bericht konkret nur ein von selbst erloschener »Brandsatz« erwähnt, der eine
Seitentür eines Berliner Bezirksamts beschädigte. Die Täter wurden nicht
ermittelt, aber es gebe »Bekennerschreiben«.
Im Kapitel »Neonazismus« des Berichts wird hingegen darauf verwiesen, dass so
genannte Anti-Antifa-Aktivisten auch 2002 persönliche Daten von Angehörigen der
Sicherheitsbehörden und von politischen Gegnern sammelten und ins Internet
stellten, zuweilen mit klarer Morddrohung. So versah ein Berliner Skinhead das
Foto eines LKA-Beamten auf seiner Homepage mit dem Text »LKA 5 ›Die Kugel ist
für Dich!‹«. Unter welcher Rubrik wird das wohl in der Statistik geführt? Oder
gilt es am Ende gar nicht als Straftat?
Auf eine andere gefährliche Tendenz verwies Schily ausdrücklich: »Es bildeten
sich vermehrt ›Mischszenen‹ von Neonazis und Skinheads.« Beide konnte die NPD
für Demonstrationen mobilisieren. In Ostdeutschland ist laut Bericht eine
parteiunabhängige neonazistische Szene kaum anzutreffen, oftmals gebe es
persönliche Verflechtungen zwischen NPD und Kameradschaften. Obwohl das
Verbotsverfahren gegen die NPD wegen ihrer Unterwanderung durch V-Leute des Verfassungsschutzes
gescheitert ist, sei sie »geschwächt worden«, meint Schily. Ihre Beobachtung
werde natürlich fortgesetzt, doch ein neues Verbotsverfahren sei »nicht in
Sicht«.