Freitag, 16. Mai 2003
CIVITAS-Projekt in Lassan nun doch ohne
Fortführung |
Geldgeber
fordern konkretere Ausrichtung gegen Rechts |
Frust und Enttäuschung in
Lassan über das Ende für das dortige CIVITAS-Projekt mit Bernhard Weber. Doch bei
genauerem Hinsehen muss es bei dem vermeintlich endgültigen Aus nicht bleiben.
Lassan (OZ) Das in Lassan vom Bundesministerium
finanzierte CIVITAS-Projekt steht nun offensichtlich doch vor dem endgültigen
Aus. Nachdem die Arbeit des Sozialarbeiters Bernhard Weber Anfang Februar
zunächst wegen nicht freigegebener Mittel aus dem Bundeshaushalt ausgesetzt
worden war (OZ berichtete), sagte Weber auf OZ-Nachfrage jetzt: „Das
CIVITAS-Projekt wird nicht weitergehen“.
Grund dafür
sind offensichtliche Meinungsverschiedenheiten darüber, wie am wirksamsten
rechtsextremem Gedankengut entgegenzutreten ist. Dass es das latent in dem
verschlafenen Städtchen am Peenestrom gibt, bestreiten weder Weber, noch
Bürgermeister Heino Repkowski (PDS) oder Pastor Philipp Graffam. Aber: „Das
Thema frontal anzugehen, ist hier nicht richtig“, ist Weber überzeugt, der sich
2001 aus Iserlohn auf die damals ausgeschriebene Stelle des
Gemeinwesenarbeiters bewarb. In der Folge begann er überaus sensibel, die
Lassaner zu aktivieren und zu interessieren für ihr unmittelbares Lebensumfeld.
Nach einer Fragebogenaktion unter dem Motto „Leben in Lassan“ und in
Gesprächsrunden formten sich so u. a. Aktionsgruppen, die beispielsweise
gemeinsam langjährige Dreckecken des Städtchens beseitigten. Bis zu 30 Leute
verschiedensten Alters und unterschiedlichster Schichten begannen, sich für
das, was in ihrer Stadt geschieht, stärker zu interessieren.
Bei den
Geldgebern in Berlin, der Servicestelle CIVITAS/Anadeu Antonio Stiftung, stieß
das nicht hundertprozentig auf Zustimmung. Eineinhalb Jahre nach Projektstart
wollte man dort sehen, dass die Gemeindesozialarbeit nun in konkretere Projekte
unter dem Motto „Demokratie und Toleranz“ übergeht. „Da gab es gute Ideen von
Herrn Graffam und Herrn Weber zu einem Theater- und einem Radioprojekt, als wir
das letzte Mal darüber sprachen“, berichtete Ute Seckendorf,
CIVITAS-Projektleiterin in Berlin auf OZ-Nachfrage. Seit Wochen allerdings
wartet sie vergeblich auf einen modifizierten Folgeantrag des neuen Projektträgers.
Der heißt inzwischen evangelische Kirchengemeinde, die den bisherigen Träger,
den Verein „Arbeit für Ostvorpommern“ bereits im Februar im gegenseitigen
Einvernehmen abgelöst hat. Gestern allerdings verstrich der zum zweiten Mal
verlängerte Antragstermin, ohne dass Post aus Vorpommern in Berlin eingegangen
war.
Nicht ohne
Grund. Neben zeitlichen Problemen, die sowohl Weber als auch Graffam zugaben,
glauben offenbar beide nicht daran, dass sie den Forderungen der
CIVITAS-Servicestelle gerecht werden können. „Die Gegenkultur zum
Rechtsextremismus mit Plakaten, Gesprächsrunden oder Demos zu stärken,
funktioniert in so kleinen Orten wie Lassan nicht. Hier bedarf es eben der
Umwege“, ärgert sich Pastor Graffam.
Damit aber ist
er gar nicht weit von den Vorstellungen der CIVITAS-Servicestelle entfernt, wie
Ute Seckendorf nachdrücklich betont. Bis 2005 stehen weitere Gelder zur
Verfügung für konkrete Vorhaben. Ein solches könnte beispielsweise ein
Geschichtsprojekt mit der Schule sein, das sich Peenemünde widmet oder einem
Theaterthema dazu. „Demokratie und Toleranz“ heiße die Klammer in die sich die
Vorhaben lediglich einordnen müssen. Insofern macht Ute Seckendorf Weber und
Graffam Mut, ihre Anliegen in einem neuen Antrag unterzubringen. Zeit dazu ist
genug, denn allerletzter Antragschluss ist der 15. August.
ANTJE
MÜHLE
Freitag, 16. Mai 2003
Die Zahl der Gewaltvorfälle an Schulen steigt besorgniserregend. Bis Ende April hat die Verwaltung schon 317 Delikte in diesem Schuljahr registriert. Im gesamten vergangenen Schuljahr waren es 254 Vorfälle. "Das ist eine schlimme Entwicklung", beurteilte Schulstaatssekretär Thomas Härtel gestern im Schulausschuss die jüngsten Zahlen. Besonders "erschreckend" sei die Zunahme bei Delikten mit Körperverletzungen und Waffen. Genaue Zahlen werde die Verwaltung Ende des Schuljahres vorlegen, sagte Härtel: "Wir müssen die Berichte der Schulen erst auswerten".
Eher rückläufig sei dagegen die Zahl der extremistisch begründeten Vorfälle, betonte Härtel. Von den 20 Fällen seit Beginn dieses Schuljahres hätten 17 einen rechtsextremen und drei einen islamistischen Hintergrund gehabt.
Vor einem steigenden Aggressionspotenzial warnte auch Elvira Berndt. Die Geschäftsführerin des Streetwork-Vereins "Gangway" forderte mehr geschichtliche Bildung und Erziehung zu kritischem Denken. Noch zu wenig Schulen suchten die Kooperation mit der Sozialarbeit. Es müsse mehr Angebote geben, an denen sich Jugendliche verantwortlich beteiligen könnten. Die Projekte benötigten aber kontinuierliche Finanzierung.
"Wir müssen ran an die Jugendlichen", forderte auch FU-Professor Hajo Funke. Sie müssten sich angenommen fühlen, "gleichzeitig muss aber klare Position gegen Rechts bezogen werden." Funke warnte vor einer "beunruhigenden Vernetzung" rechtsextremer Gruppen und wachsender Empfänglichkeit Jugendlicher für deren Parolen. In Berlin sei die Zahl der daraus begründeten Gewalttaten mit Körperverletzung von 24 im Jahr 2001 auf 44 im Jahr 2002 gestiegen. Schwerpunkt waren Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Treptow-Köpenick.
Freitag, 16. Mai 2003
Obwohl die Mittel für Projekte gegen Rassismus und rechte Gewalt auch in Berlin stark gekürzt werden, hat der Senat der Initiative "Schule ohne Rassismus" (SOR) nun Geld zugesichert. Sie erhält befristet bis Jahresende ca. 140.000 Euro. Damit sollen Schulen in Form von Seminarangeboten und Veranstaltungen bei ihrem Engagement gegen Rassismus und Diskriminierung unterstützt werden. Entstanden ist das Projekt SOR 1988 in Belgien. Seit 1995 läuft es in Deutschland, initiiert von dem Verein "Aktion Courage". Europaweit sind bisher mehr als 400 Schulen ausgezeichnet worden. In Deutschland sind es 150, vier davon in Berlin.
Freitag, 16. Mai 2003
von SUSANNE LANG
Ein Berliner Schulhof, ein Mädchen polnischer Herkunft und der Satz "Deine Eltern stehlen ja". Ist das Rassismus? Ein schwarzes Brett, ein Plakat mit Mündern, die für die verschiedene Sprachen werben, und ein Kreuz: Der israelische Mund ist durchgestrichen. Ist das Antisemitismus?
Für Franziska Rummel und Claire Zeidler ist das keine Frage, sondern ein klarer Fall: Alltagsrassismus, wie er versteckt überall vorkommt. "Die Begriffe Rassismus oder Diskriminierung klar zu definieren, ist schwierig", sagt Claire. Bei einem Spielprojekt konnte sie dies feststellen. Viele Schüler und Schülerinnen hatten sehr unterschiedliche Auffassungen. Fest steht für Franziska, Claire und 13 Mitschüler aus ihrer Projektgruppe an der Hermann-Hesse-Oberschule aber, dass sie an ihrer Schule solche Sätze nicht mehr hören und solche Kreuze nicht mehr sehen wollen. Dass sie zum Nachdenken anregen wollen. Dass sie deshalb eine "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" (SOR) werden möchten.
Vier Schulen tragen in Berlin bereits diesen Titel und gehören zu dem europaweiten Schulennetzwerk, das in Deutschland von der Initiative "Aktion Courage" getragen und koordiniert wird. Das Projekt möchte Schulen dazu ermutigen, sich aktiv gegen Rassismus, Diskriminierung und Gewalt einzusetzen und nicht wegzusehen. "Es ist ein Schüler-und-Schülerinnen-Projekt für diejenigen, die sich gegen Rassismus einsetzen wollen", betont Projektleiterin Sanem Kleff. "Wir unterstützen sie dabei, selbstverantwortlich Projekte zu entwickeln."
Im Unterschied zu anderen Initiativen sollen den Schulen keine starren inhaltlichen Vorgaben auferlegt werden. Zu den wenigen Bedingungen des Projekts gehören eine Unterschriftenliste im Vorfeld, um den Titel zu erhalten, und die Vorgabe, mindestens einmal im Jahr ein Projekt zum Thema "Rassismus, Diskriminierung" durchzuführen. Außerdem müssen Schulen einen Paten für die Aktion suchen. Kontrolliert wird jedoch nicht. "Wir sind ja nicht der TÜV, der Schulen auf den Prüfstand stellt", so Eberhard Seidel, SOR-Geschäftsführer. "Wir wollen ein Umfeld für zivilgesellschaftliches Engagement schaffen."
Die Kreuzberger Schüler befinden sich gerade in der Endphase der Unterschriftenaktion. Mindestens 70 Prozent der Schulzugehörigen - jeweils der Lehrer, Schüler und anderen Schulbediensteten - müssen unterschreiben und somit erklären, dass sie sich aktiv und dauerhaft gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzen. Bis auf die Stufen 12 und 13 haben alle Klassen der Kreuzberger Schule bereits unterschrieben. Die geforderten 70 Prozent hätten sie bereits erreicht, auch wenn das Projekt nicht bei allen Schülern auf Zustimmung gestoßen ist.
"In meiner Klasse wollten einige nicht unterschreiben, weil sie denken, dass es Rassismus bei uns an der Schule nicht gibt", erzählt die Neuntklässlerin Charlotte Muijs, die ebenfalls zur Projektgruppe gehört. Mitmachzwang wollen die Schüler trotzdem vermeiden. Schließlich soll man von dem Projekt überzeugt sein und "nicht unterschreiben, weil es alle machen und man dazu gehören möchte", betont Charlotte, und Franziska stimmt ihr zu. "Es geht ja nicht darum, eine Plakette zu bekommen, sondern darum, Aufmerksamkeit zu und das Bewusstsein für diese Themen zu schaffen."
Die Bundeskoordinationsstelle will dabei begleiten und selbst Anlaufstelle sein für engagierte Schüler. Sie organisiert Seminare und Veranstaltungen, beispielsweise im Juni einen so genannten Open Space, eine offene Meinungsplattform, zum Thema Islam und Sexualität. Und sie ermöglicht den Erfahrungsaustausch der Schulen bei Kontakttreffen, etwa zwischen Ost und West - ein Bereich, der der Initiative besonders in Berlin am Herzen liegt.
Weiterer Schwerpunkt in der Berliner Arbeit von SOR wird die multikulturelle Gesellschaftsstruktur sein. "Aus der vielfältigen Gemengelage können sich auch andere Formen von Rassismus und Diskriminierung entwickeln", so Seidel. Nicht nur von der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Minderheiten, auch zwischen den einzelnen Migrantengruppen. Deshalb will man auch auf bezirklicher Ebene mit Initiativen zusammenarbeiten.
Franziska, Claire, Charlotte und all die anderen werden bald alle Unterschriften haben. Dann gilt es, das überreichte Schild mit dem SOR-Logo gut sichtbar an der Schulmauer anzubringen und einen Paten zu finden. "Es soll jemand aus Kreuzberg sein", sagt Clair. Jemand mit Bezug zu unserer Umgebung und der Schule. "Vielleicht jemand von der jüdischen Synagoge oder Christian Ströbele."
Freitag, 16. Mai 2003
Und wieder zeichnet sich eine Trendwende ab im Umgang mit dem Rechtsextremismus. Galt das Konzept der akzeptierenden Jugendarbeit, also die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Jugendlichen, seit einigen Jahren als "verbrannt", plädieren Experten wieder für einen direkten Kontakt mit gewalttätigen Jugendlichen aus der rechten Szene. Von "demütigungsfreier Pädagogik" sprach der Politik-Professor Hajo Funke von der Freien Universität gestern vor dem Schul- und Jugendausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Sozialarbeiter müssten versuchen, wieder systematischer an die rechte Szene heranzutreten.
Der neue Verfassungsschutzbericht zeigt, dass die rechte Jugendszene immer militanter wird. Zwar sei die Anhängerschaft im Vergleich zum letzten Jahr leicht geschrumpft, so Funke. Anlass zur Sorge bereite ihm aber die Zunahme der Gewalttaten. In Berlin betreffe dies vor alLichtenberg, Pankow, Marzahn-Hellersdorf und Köpenick. Vor allem die gewaltbereite Skinhead-Szene und Hooligans hätten nach wie vor enormen Zulauf. Umso mehr Kritik übte Funke an der Politik. Im sozialen Bereich müsse es wieder Perspektiven geben. Der Mangel an Angeboten treibe erst viele Jugendliche in die Skinhead-Szene: "Der rot-rote Senat darf seine Sparpolitik im Jugend- und Sozialbereich nicht überziehen."
Das sieht auch Elvira Berndt so, Geschäftsführerin von "Gangway", einem Verein für Straßensozialarbeit. Sie habe beobachtet, dass viele in der Szene keineswegs ein geschlossen rechtes Weltbild hätten. War es vor einigen Jahren noch die Auschwitzlüge, würden sie sich heute gegen Krieg und Globalisierung positionieren. "Klingt gar nicht so rechts", sagte Berndt, gäbe es nicht die Fremdenfeindlichkeit und den Nationalismus. Sie plädierte für mehr Aufklärung in Form von Bildung und Mitgestaltung. " FELIX LEE
Freitag, 16. Mai 2003
ERFURT ap Der als "Satansmörder" bekannt gewordene Neonazi Hendrik Möbus ist wegen Volksverhetzung, Gewaltverherrlichung und der Verunglimpfung Toter zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Sein mitangeklagter Bruder Ronald erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung. Hendrik Möbus hatte mit zwei Mitschülern 1993 den 15-jährigen Sandro Beyer ermordet. Er kam 1998 wegen "günstiger Sozialprognose" auf Bewährung frei, zeigte aber kurz darauf bei einer rechten Veranstaltung öffentlich Nazisymbole. In Interviews brüstete er sich mehrfach des Mordes und schmähte sein Opfer als "unwertes Leben" und "kleinen dreckigen Christen".
Freitag, 16. Mai 2003
Das soll tatsächlich alles sein? Als Konsequenz aus dem im März gescheiterten NPD-Verbotsverfahren wollen die Landesämter für Verfassungsschutz jetzt ihre Bundesbehörde darüber unterrichten, wie viele Spitzel sie wo beschäftigen. Ansonsten werden die 16 Landesbehörden plus eine Bundesbehörde weiter geheimdienstlich vor sich hin bröseln und sich gegenseitig auf gar keinen Fall verraten, welchen dubiosen Gestalten etwa in NPD-Parteivorständen sie zu Geld, Wichtigkeit und Legitimität verhelfen.
Eine Debatte über Geld, Wichtigkeit und Legitimität von 17 Verfassungsschutzbehörden dagegen hat nicht stattgefunden. Warum auch?, könnten nun die Innenminister der Länder fragen, schließlich hat unser Bundesminister uns weder zum Nachdenken noch zum Handeln gezwungen. Stimmt: Otto Schily (SPD) hat sich bislang darauf beschränkt, auf dem Bundesverfassungsgericht herumzuklopfen, das mit der Einstellung des NPD-Verbotsverfahrens eine ihm missliebige Entscheidung gefällt hat.
Schily wirft dem Verfassungsgericht vor, es stelle ihn vor die Wahl, Parteien entweder bespitzeln oder verbieten zu lassen. Dies ist zwar eine geradezu genialisch geraffte Formulierung des Dilemmas, das sich beim NPD-Verbot stellt - nur hätten alle Beteiligten dies bereits bei der Verfassung der Verbotsanträge erkennen können. Statt aber aus dem ganzen Riesendebakel zu lernen, werden nun Vorschläge, wie die Arbeit zwischen Bundes- und Landesbehörden aufgeteilt werden könnte, ebenso fix vom Tisch gefegt wie Vorschläge zur Qualitätskontrolle der geheimdienstlichen Tätigkeit.
Bislang ist es dem Parlamentarischen Kontrollgremium, einer Runde aus neun Abgeordneten, vorbehalten, unter höchster Geheimhaltung über Sinn, Zweck und Art von V-Leuten nachzudenken. Wenn dies je anders werden soll, wird es Zeit, dass die von den Grünen bislang eher herbeibeschworene Kommission zur Reform der Geheimdienste auch endlich eingerichtet wird. Vielleicht tagen die Damen (?) und Herren ja dann sogar öffentlich.
ULRIKE WINKELMANN
Freitag, 16. Mai 2003
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Ausstellungsprojekt wird von Rahmenprogramm begleitet Neustadt/Triptis (OTZ/sh). Das Ausstellungsprojekt "Demokratie als Prozess", das vom 17. Mai bis 6. Juni in Neustadt und Triptis zu sehen ist, wird von einem Rahmenprogramm begleitet. Zunächst wird die Exposition morgen, 13.30 Uhr auf dem Marktplatz in Triptis eröffnet. Anschließend wird zu einer Führung eingeladen, die 15.30 Uhr im Rathaussaal Neustadt fortgesetzt wird. Führungen finden zu den selben Zeiten auch am 18. und 25. Mai sowie am 1. Juni statt. "Ich sehe was, was du nicht siehst - und das ist braun!" heißt eine Aktion der NO!-Projektwerkstatt Zivilcourage, die am 21. Mai ab 15.30 Uhr im ehemaligen RFT-Laden in Neustadt, Puschkinplatz 2, geboten wird. An einer "Projektnacht M" können Jugendliche ab 14 Jahren am 23. Mai ab 18 Uhr im Jugendtreff B 281 in Triptis, Geraer Straße 34, teilnehmen. Eine Diskussionsrunde mit den Künstlerinnen und Künstlern des Ausstellungsprojektes gibt es am 24. Mai ab 19 Uhr in der Aula des Orlatalgymnasiums Neustadt. "Schlag die Tür nicht zu!" lautet der Titel einer Aktion gegen Ausländerfeindlichkeit und für Schule ohne Rassismus, die am 28. Mai ab 11 Uhr auf dem Schulhof des Orlatalgymnasiums stattfindet. Der Frage "Wo beginnt Rechtsextremismus?" geht am 30. Mai ab 19 Uhr Professor Butterwegge von der Universität Köln im Vereinshaus Triptis, Platz der Jugend 1, nach. Zu einer Hiphop-Veranstaltung mit den Bands (W)ort(W)elt(W)eit und Lestax/Förb wird am 31. Mai ab 21 Uhr in das Trial Neustadt, Ziegenrückerstraße 6, eingeladen. Eine Gesprächsrunde mit Dietrich Höhne und Peter Tanz über "Die Wende 1989" gibt es am 4. Juni ab 19 Uhr in der Aula des Orlatalgymnasiums. Seinen Abschluss findet das Ausstellungsprojekt mit der Filmvorführung "Salto Vitale - Jeder kann was tun" am 6. Juni ab 18 Uhr auf dem Marktplatz in Neustadt. |
Freitag, 16. Mai 2003
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Gotha. (tlz/bau) Ein sichtbares Zeichen gegen den drohenden Aufzug rechter Jugendlicher am Samstag, 31. Mai, will ein breites Bündnis setzen. Deutscher Gewerkschaftsbund, PDS, Naturfreundejugend, Mobit, Kreisjugendring und Aktionsbündnis gegen rechte Gewalt haben sich zusammengefunden, um dem "Thüringentag der nationalen Jugend" entgegenzutreten. In der Planung: Eine Gegendemonstration, mit der der Aktionskreis gegen die auf dem Stadthallenvorplatz geplanten Geschehnisse reagiert. Unter dem Motto "Bunte Vielfalt statt brauner Einfalt" beteiligen sich bereits Schulen aus Stadt und Landkreis an dem initiierten Malwettbewerb. Doris Wiegand (PDS) sagt: "Das läuft recht gut. Wichtig ist, dass sich in den Schulen überhaupt mit dem Problem auseinandergesetzt wird." Insgesamt sei die Arbeit auf mehr Schultern verteilt als im Vorfeld der Neonazi-Aufmärsche der beiden vergangenen Jahre. Diese breitere Arbeit helfe hoffentlich, in Gotha eine größere Aufmerksamkeit für den Problemkreis Rechtsextremismus zu erzielen. |
Freitag, 16. Mai 2003
Zersplitterte rechte Parteien üben den Zusammenschluss
Dresden. Seit Februar ist Rainer Stock (52) Präsident des Landesamtes für
Verfassungsschutz Sachsen (LfV). Im Gespräch mit den DNN zieht der frühere
Spitzenbeamte der Polizei Bilanz über seine ersten 100 Tage im neuen Amt.
DNN: Welche Schwerpunkte haben Sie in den ersten 100 Tagen setzen können?
Rainer Stock: Ich glaube, ich wäre als Neuling in der Materie schnell aufgelaufen, wenn ich versucht hätte, eigene fachliche Schwerpunkte zu setzen. Die ergeben sich aus der Dauerlage und aus aktuellen Anlässen. Mit dem Irak-Krieg hat sich so ein Schwerpunkt ganz von selbst entwickelt. Wir haben eine Projektgruppe Irak aufgebaut, um die Erkenntnisgewinnung in Sachsen zu intensivieren.
Hat sich mit dem Irak-Krieg die Sicherheitslage im Freistaat zugespitzt?
Die entsprechenden Ausländergruppen in Sachsen haben sehr verhalten auf den Kriegsausbruch reagiert. Es gibt keine Hinweise auf die Existenz islamistischer Gruppierungen. Aber es gibt im Freistaat Einzelpersonen, die mit radikalen Gruppierungen wie der Hamas symphatisieren. Anhaltspunkte für geplante Anschläge gab es aber nicht. Künftig ist vieles davon abhängig, was sich im Irak und im kurdischen Raum tut. Es besteht die latente Gefahr, dass sich auch gemäßigte Muslime radikalisieren, wenn sich Emotionen in Bezug auf aktuelle Ereignisse hochschaukeln.
Also keine Entwarnung?
Wir haben keinen Anlass, uns zurückzulehnen. Problem sind auch fanatische Einzeltäter, die vorher nur schwer auszumachen sind. Wir tun alles dafür, sie frühzeitig zu erkennen, um solche Einzeltaten wie die Busentführung in Bremen zu verhindern.
Neben dem Ausländerextremismus zählen rechtsextreme Umtriebe zum
Aufgabenschwerpunkt des LfV. Die rechtsradikalen Parteien verlieren Mitglieder,
Kameradschaften und Skinhead-Gruppierungen haben Zulauf. Welche Konsequenzen
hat dieser Trend für den Geheimdienst?
Es bereitet uns schon Sorgen, dass diese Szene Zulauf hat. Besonders Jugendliche erhoffen sich von diesen Strukturen Orientierung. Für unsere Erkenntnislage spielt es aber keine Rolle, wenn sich neue Kameradschaften bilden. Die handelnden Personen sind den Sicherheitsbehörden meist bekannt. Wichtig wäre es, dass Politiker und Behörden unsere Erkenntnisse als Aufforderung zum Handeln verstehen. Auch bürgerschaftliches Engagement ist gefordert.
Wie wird sich das rechtsextreme Potenzial künftig entwickeln?
Die NPD wird wieder verstärkt Mitglieder werben. Die Einstellung des Verbotsverfahrens hat nicht zu dem erhofften Aufschwung geführt, dennoch bleibt Sachsen der stärkste Landesverband der NPD. Bemerkenswert ist die Entwicklung in Dresden, wo für die Kommunalwahl 2004 die NPD, die DVU und die Republikaner ein "Nationalen Bündnis" gebildet haben. Das könnte auch in anderen Orten Schule machen. Die einst zersplitterten rechten Parteien versuchen, vereint und konzentriert in die Kommunalparlamente einzuziehen.
Im Zusammenhang mit dem NPD-Verbot war immer wieder die Rede von
V-Leuten. Auch beim Verfahren gegen die "Skinheads Sächsische
Schweiz" (SSS) spielte der Verfassungsschutz eine gewichtige Rolle. War es
aus Ihrer Sicht richtig vom Innenministerium, trotz eines möglichen Scheiterns
des Prozesses die Identität von V-Leuten in der SSS nicht preiszugeben?
Das war eine Güterabwägung: Der Strafverfolgungsanspruch des Staates musste gegen die Gefahren für Leib und Leben von V-Leuten abgewogen werden. In solchen Fällen müssen wir uns mit Sperrerklärungen behelfen. Die Entscheidung des Ministeriums war richtig.
Wie schätzen Sie das linksextreme Potenzial im Freistaat ein?
Linksextreme und -autonome Gruppierungen machen gegenwärtig eine Sinnkrise durch. Ihre Themen werden von Parteien oder Bürgerinitiativen besetzt. Die Szene ist auf der Suche. Wir wissen nicht, in welche Richtung das geht. Von Terrorismus blieb Sachsen bislang verschont, da gibt es gegenwärtig keine konkreten Hinweise. Dennoch bleibt der Linksextremismus ein gefährliches Pflaster, auf das wir ein Auge haben müssen.
Braucht das LfV mehr Personal, wenn Sie mit einem novellierten Gesetz
auch die Organisierte Kriminalität (OK) beobachten müssen?
Wir werden durch Umschichtungen und Straffungen diese zusätzliche Aufgabe angehen. Es macht wenig Sinn, nach zusätzlichen Mitarbeitern zu rufen, bevor der Arbeitsaufwand feststeht. Insgesamt kommt mir die Diskussion um die OK in der Öffentlichkeit zu kurz. Sie ist eine Gefährung unserer demokratischen Grundordnung. Wir brauchen ja nur jenseits unserer Grenzen zu schauen, wo Kriminelle bereits die Kommunalpolitik unterwandern.
Interview: Thomas Hartwig
Freitag, 16. Mai 2003
VOLKSVERHETZUNG
Weitere vier Jahre Haft für Rechtsextremisten
ERFURT, 15. Mai (dpa/ap). Der Rechtsextremist Hendrik M. ist
am Donnerstag vom Erfurter Landgericht zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
Dem so genannten Satansmörder wurden Volksverhetzung, Verunglimpfung
Verstorbener und Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen vorgeworfen. Mit
seinem 31 Jahre alten Bruder hatte er einen Versandhandel für die rechtsextreme
Szene aufgezogen. Der nicht vorbestrafte Bruder erhielt eine Bewährungsstrafe.
Die Verteidigung hatte für den 27-jährigen Hendrik drei Jahre gefordert, der
Staatsanwalt vier Jahre. Die Geständnisse der beiden wurden beim Urteil
berücksichtigt. Es ist rechtskräftig.
Hendrik M. hatte 1993 mit zwei Mitschülern einen 15-Jährigen ermordet. Die
Täter wurden wegen ihrer Begeisterung für Horrorfilme, okkulte Rituale und
aggressive Musik als "Kinder des Satans" bezeichnet. 1994 wurde
Hendrik M. zu acht Jahren Haft verurteilt. 1998 kam er auf Bewährung frei. In
der Zeit betrieb er mit seinem Bruder den Versandhandel für CDs, Kleidung,
Bücher und Zeitschriften für die rechtsextremistische Szene. Als seine
Bewährungszeit aufgehoben wurde, floh er in die USA und beantragte ohne Erfolg
politisches Asyl. 2001 wurde er nach Deutschland abgeschoben.