Mittwoch, 21. Mai 2003

Was wusste die Bundesanwaltschaft?

V-Mann-Affäre: Karlsruhe hatte offenbar frühzeitig Kenntnis /Verfassungsschutz-Chef entschuldigt sich

Potsdam. Die V-Mann-Affäre sprengt offenbar die Brandenburger Dimension. Generalbundesanwalt Kay Nehm muss sich jetzt fragen lassen, ob er und die Bundesanwaltschaft schon lange wussten, dass ein V-Mann des Verfassungsschutzes im Februar 2001 eine geplante Razzia an einen Neonazi verriet. Der Vorsitzende der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) im Landtag, Christoph Schulze (SPD), sagte gestern abend nach der Sondersitzung des Gremiums, „die Staatsanwaltschaft“ sei von Anfang an eingeschaltet gewesen. Nach Informationen des Tagesspiegels kommt die Potsdamer Staatsanwaltschaft nicht in Frage. Sie wurde erst vor zwei Wochen von der Bundesanwaltschaft über den Verdacht eines Geheimnisverrats informiert. Die Potsdamer Behörde leitete dann ein Ermittlungsverfahren ein. Bei der Bundesanwaltschaft war gestern abend keine Stellungnahme zu bekommen.

Generalbundesanwalt Kay Nehm ermittelt seit Januar 2001 gegen die Terrorgruppe „Nationale Bewegung“, die Brandanschläge und andere Straftaten verübt hat. Bis heute blieb die Fahndung erfolglos. Die Potsdamer Polizei hatte gehofft, bei der für Mitte Februar 2001 geplanten Razzia Hinweise auf Mitglieder der „Nationalen Bewegung“ zu erhalten. Wegen des Verrats durch den V-Mann des Verfassungsschutzes zog die Polizei die Razzia hektisch vor, fand aber bei 19 Neonazis nichts zur „Nationalen Bewegung“.

Zu der mit Spannung erwarteten Sondersitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission kamen Innen-Staatssekretär Eike Lancelle, Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg, Der Chef des Landeskriminalamts, Axel Lüdders, der Potsdamer Polizeipräsident Bruno Küpper und Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin. Dieser entschuldigte sich dafür, die PKK nicht informiert zu haben. Wegesin bestätigte, dass ein V-Mann seiner Behörde einen Neonazi vor einer drohenden Polizeirazzia gewarnt hatte, die im Zusammenhang mit dem Brandanschlag auf dem Jüdischen Friedhof in Potsdam stand. Unklar bleibt jedoch weiterhin, woher der V-Mann von der Razzia wusste.

Die PKK habe die Entschuldigung Wegesins akzeptiert, sagte deren Vorsitzender, der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Schulze. Nach Bekanntwerden des Vorfalls am Wochenende hatte Schulze erklärt, dass der Verfassungsschutz seine Informationspflichten verletzt habe und das „Vertrauensverhältnis“ zu Wegesin gestört sei. Schulze sagte nach der Sitzung, der Fehler des Behördenchefs sei „verzeihlich“ sei. Durch die Panne sei „kein Schaden“ entstanden.

So kam die PKK zu dem überraschenden Fazit: „Es gibt keinen V-Mann-Skandal“, sagte Schulze. Auch der Vorwurf einer Vertuschungsaktion sei nicht zu halten, da „die Staatsanwaltschaft“, also offenkundig die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, „zu jedem Zeitpunkt über alle Sachverhalte“ informiert worden sei. Auch die PDS-Politikerin Kerstin Kaiser-Nicht, die noch am Wochenende von einem Skandal gesprochen hatte, trug diese Erklärung mit. Sie meinte allerdings, einige Fragen seien noch offen. fan/thm/ma

 

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Razzia bei Neonazis

Wohnungen durchsucht

Jens Blankennagel

ANGERMÜNDE. Am Dienstag hat der für politische Straftaten zuständige Staatsschutz der Polizei acht Wohnungen von zehn Aktivisten der rechtsextremen Szene in Angermünde durchsucht. Dabei handelte es sich um Mitglieder der Organisation "Märkischer Heimatschutz" (MHS). "Es ist die aktivste extremistische Gruppierung im Norden des Landes Brandenburg", sagte Polizeisprecherin Silke Zeugner. Die MHS werde vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische Organisation überwacht.

"Wir ermitteln gegen die Gruppe in zwei Fällen von Sachbeschädigung", sagte Staatsanwältin Konstanze Dalicho. Die Verdächtigen sollen einen alternativen Jugendclub in Angermünde mit Farbbeuteln angegriffen haben. Beweise dafür seien von den 26 Polizisten bei den Razzien gefunden worden.

Der Club "Pfeffer und Salz e.V." ist einer der wenigen linken Jugendtreffs in der Uckermark. In der Vergangenheit wurde er fast 40 Mal überfallen, auf die Clubräume wurden zwei Brandanschläge verübt. Auf rechtsextremen Internetseiten kursieren Steckbriefe von Vereinsmitgliedern - offenbar Reaktion auf die vom Verein herausgegebene Broschüre: "Rechtsextremismus. Auf der Suche nach der Zivilgesellschaft in der Uckermark". (bla.)

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Aussteiger gesucht

Rechtsextreme rufen kaum noch bei staatlichen Hotlines an

Christoph Scheuermann

BERLIN, 20. Mai. Das Telefon bleibt stumm. Aussteigewillige Rechtsextremisten, die unter der Kölner Nummer 7 92 62 beim Bundesamt für Verfassungsschutz anrufen können, halten sich zunehmend zurück. Nach der jüngsten Statistik der Verfassungsschützer hat das Aussteiger-Telefon von April 2002 bis April 2003 etwa 100-mal geklingelt, durchschnittlich also nur zwei Mal pro Woche. Unter diesen 100 Anrufern wurden 30 als potenziell ausstiegswillig eingestuft.

Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es noch mehr als sieben Mal so viele Anrufer, darunter rund 170 potenzielle Aussteiger. Trotz des stark zurückgegangenen Interesses der Rechten an staatlicher Ausstiegshilfe bewertet das Bundesinnenministerium das Projekt als sehr erfolgreich. Man habe damit eine erhebliche Verunsicherung der rechten Szene erreicht, sagte eine Ministeriumssprecherin der Berliner Zeitung.

Private Initiative erfolgreich

"Mir kommt es nicht so vor, dass die Szene verunsichert ist", sagt dagegen Britta Kollberg von der privaten Aussteiger-Initiative "Exit". "Die Leute aus dem rechten Milieu treten nach wie vor sehr selbstbewusst auf." Auf der anderen Seite ist jedoch die Nachfrage der Rechten an der Ausstiegshilfe von "Exit" laut Kollberg konstant hoch. Bisher habe es rund 130 Kontaktaufnahmen gegeben, das Interesse sei nach wie vor ungebremst.

Das mag nicht zuletzt am Konzept der bundesweit tätigen Initiative liegen: Der Wille zum Lösen von den rechten Kameraden soll von den zukünftigen Aussteigern selbst kommen, nachlaufen will man niemandem. Auch dürfte eine private Ausstiegshilfe, die mit Pädagogen und Psychologen zusammenarbeitet, in der rechten Szene glaubwürdiger erscheinen als Beamte vom Verfassungsschutz oder der Polizei. Damit ist "Exit" erfolgreich. Mit diesem Erfolg bei den rechten Aussteigern steht die Initiative jedoch weit gehend allein da. Denn neben der Nummer des Verfassungsschutzes haben auch einzelne Bundesländer Hotlines für rechte Aussteiger eingerichtet. Doch ähnlich wie bei der Bundes-Hotline bewegt sich das Interesse der Rechtsextremen an den Länder-Telefonen ebenfalls in engen Grenzen.

Auf offene Ohren der potenziellen Aussteiger stoßen die Ermittler von Polizei und Verfassungsschutz nur dann, wenn sie selbst aktiv Personen aus der rechten Szene ansprechen und zum Ausstieg bewegen wollen. Ein solcher Ausstieg durch Überzeugen ist nach der Erfahrung von "Exit" jedoch nicht von langer Dauer. "Der Impuls muss von den Leuten selbst kommen", sagt "Exit"-Mitarbeiterin Kollberg. Die erfolgreiche Initiative finanziert sich übrigens seit ihrem Start im Herbst 2000 von privaten Spendern. Abgesehen von einem Lob kam vom Bundesinnenminister bis jetzt nichts.

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Australien verweigert NPD-Chef Einreise

Sigrid Averesch

BERLIN. Die australische Regierung hat dem NPD-Vorsitzenden Udo Voigt die Einreise verweigert. Als Grund sei angegeben worden, der Besuch störe die Beziehungen zwischen Australien und anderen Ländern, erklärte die Partei am Dienstag. Ein Widerspruch gegen die Entscheidung werde geprüft. Voigt wollte im Juli auf Einladung des "Sydney-Forums", eine Vereinigung nationaler Kräfte, in Sydney sprechen.

 

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Wegesin räumt Panne ein

V-Mann-Affäre: Verfassungsschutzchef entschuldigt sich /Karlsruhe war informiert

Potsdam(ma/thm). In der jüngsten V-Mann-Affäre hat Brandenburgs Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin erstmals Fehler eingeräumt. Wegesin entschuldigte sich am Dienstag offiziell bei der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtages (PKK) dafür, das Gremium nicht über eine zwei Jahre zurückliegende Geheimdienstpanne informiert zu haben. Auf einer Sondersitzung der PKK bestätigte er, dass ein V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes im Februar 2001 einen Neonazi vor einer drohenden Polizeirazzia gewarnt hatte, die im Zusammenhang mit dem Brandanschlag auf dem Jüdischen Friedhof in Potsdam stand. Unklar bleibt allerdings weiterhin, woher der V-Mann von der Razzia wusste.

Die PKK habe die Entschuldigung Wegesins akzeptiert, sagte deren Vorsitzender, der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Schulze. Nach Bekanntwerden des Vorfalls am Wochenende hatte Schulze noch erklärt, dass der Verfassungsschutz seine Informationspflichten verletzt habe und das „Vertrauensverhältnis“ zu Wegesin gestört sei. Schulze sagte nach der Sitzung, dass der Fehler des Behördenchefs „verzeihlich“ sei, da die Polizeiarbeit durch die Panne „nicht gefährdet“ worden und „kein Schaden“ entstanden sei. So kam die PKK zu dem überraschenden Fazit: „Es gibt keinen V-Mann-Skandal“, sagte Schulze.

Auch der Vorwurf einer Vertuschungsaktion sei nicht zu halten. Schließlich sei die Staatsanwaltschaft – gemeint ist die über Panne im Frühjahr 2001 umgehend informierte Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe – „zu jedem Zeitpunkt über alle Sachverhalte“ informiert worden. Auch die PDS-Politikerin Kerstin Kaiser-Nicht, die noch am Wochenende von einem Skandal gesprochen hatte, trug diese Erklärung mit. Allerdings schränke sie ein, dass es noch offene Fragen gebe. Grund für die Entwarnung der PKK: Wegesins Darlegungen wurden von Spitzenbeamten der Sicherheitsbehörden gestützt: Neben Wegesin äußerten sich auf der Sitzung auch Innenstaatssekretär Eike Lancelle, der Chef des Landeskriminalamtes Axel Lüdders, der Potsdamer Polizeipräsident Bruno Küpper sowie Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg. Innenminister Jörg Schönbohm stand zur gleichen Zeit dem Kabinett Rede und Antwort. Er hatte vor der PKK-Sondersitzung einen Katalog mit 34 Fragen an die Sicherheitsbehörden gerichtet, um die Hintergründe des Verrats der Razzia zu klären.

Gleichwohl belastet die V-Mann-Affäre inzwischen das Klima in der Großen Koalition. Vize-Regierungschef Jörg Schönbohm und die CDU-Fraktion reagierten Dienstag vormittag verärgert, weil Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) eine rasche Aufklärung der Affäre angemahnt und die Vorwürfe als „ernst“ bezeichnet hatte. „Es gab darüber Missfallen“, sagte Dierk Homeyer, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Hingegen monierte SPD-Geschäftsführer Wolfgang Klein, dass Platzeck nicht von Schönbohm, sondern erst aus den Medien von der Affäre erfahren habe.

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Kommissions-Chef sieht V-Mann-Affäre als beendet

Potsdam - Brandenburgs Verfassungsschutzchef Heiner Wegesein hat vor der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) eingeräumt, sie nicht über den erst jetzt bekannt gewordenen Fall des V-Mannes, der 2001 eine Polizeirazzia an einen Neonazi verriet, informiert zu haben. Für den Vorsitzenden des Kontrollgremiums, Christoph Schulze, ist das Vertrauensverhältnis dennoch nicht nachhaltig gestört. "Herr Wegesin hat sich entschuldigt, und wir haben die Entschuldigung angenommen", sagte der SPD-Politiker gestern nach einer mehr als vierstündigen Sitzung der Kommission.

Weitere führende Vertreter von Polizei, Innenministerium und Staatsanwaltschaften hatten in Abwesenheit von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) versucht, die von der Kommission gestellten 34 Fragen zum jüngsten V-Mann-Fall zu beantworten. Nach Auskunft Schulzes legten sie überzeugend dar, dass durch den Verrat des V-Mannes kein rechtsextremes Verbrechen begünstigt wurde. Die Arbeit der Polizei sei zu keiner Zeit behindert worden. Außerdem sei klar geworden, dass die Sicherheitsbehörden über alles informiert waren. "Es gibt keinen V-Mann-Skandal", so Schulze.

Kerstin Kaiser-Nicht, innenpolitische Sprecherin der PDS-Landtagsfraktion und zugleich Mitglied der Kommission, will den Fall allerdings noch nicht für beendet erklären. "Es sind viele Fragen offen, die auf der nächsten Sitzung beantwortet werden sollten." Immer noch nicht geklärt sei, woher der V-Mann die Informationen über die geplante Razzia hatte und warum die Ermittlungen wegen Verrats eines Dienstgeheimnisses erst jetzt aufgenommen wurden.

Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) dürfte erst einmal erleichtert gewesen sein. Allerdings ist die Stimmung in der Koalition nicht gerade bestens. Beschwerte sich Schönbohm vor der CDU-Fraktion darüber, dass Ministerpräsident Matthias Platzeck öffentlich über seinen Vize-Regierungssprecher Manfred Füger rasche Aufklärung vom Innenminister forderte, gab die SPD den Ball zurück: Es sei ein Unding, dass Platzeck von dem Fall aus der Zeitung erfahren habe.

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Stadtfest wäre Signal gegen rechten Marsch

Präventionsrat will Aktion befördern

Rechtsextreme Kräfte wollen die geplante Ausstellung über Wehrmachtsverbrechen mit Protestmärschen begleiten, auch in Wolgast. Dagegen könnte ein Stadtfest klare Zeichen für Toleranz setzen.

Wolgast (OZ) Die Bürgerschaft darf den rechten Kräften nicht die Straße überlassen. Deshalb bestand bei der gestrigen Tagung des Präventionsrates Einigkeit: Wenn am 26. Juli die beantragte Demonstration nationalistisch gesinnter Leute durch Wolgast bewilligt wird, sollen und können die Bürger der Stadt ihre Überzeugung der Toleranz und des demokratischen Pluralismus auf einem Stadtfest zum Ausdruck bringen. Näheres zu Ort, Zeit und vor allem Inhalten sowie beteiligten Partnern soll schon in wenigen Wochen weiterführend diskutiert werden.

   Zuvor hatte Michael Flenker vom Verfassungsschutz des Schweriner Innenministeriums über die aktuelle Lage im rechtsextremen Spektrum Ostvorpommerns und speziell Wolgasts informiert. Sein Fazit: Es dominieren Zusammenschlüsse wie der Usedomer Kameradschaftsbund, Initiativ- und Aktionsgemeinschaften, die personell zum Teil identisch besetzt sind und sich (erfolgreich!) darum bemühen, eine vernetzte Propaganda- und Öffentlichkeitsarbeit – bis weit nach Brandenburg hinein – zu betreiben. Es gebe keinen anderen Kreis im Land, von dem eine solche Vielfalt und Intensität von Aktionen jener Kräfte ausgehe, so Flenker. Außerdem registriere seine Behörde eine nominell geschwächte und verunsicherte NPD sowie eine subkulturelle Szene der Skinheads, der nach wie vor ein hohes Gewaltpotential immanent sei.

   Mit welchen differenzierten Methoden man versucht, am rechten Rand auf jugendlichen Stimmenfang zu gehen, wird dadurch deutlich, dass man auch in Wolgast – jedoch vergeblich – versucht hat, ein Kinderfest des „Brummkreisels“ zu organisieren. Außerdem wusste Schulleiter Heinz Powils von ungenierten Verteilern zu berichten, die „Die Stimme der Heimat“ vom so genannten Nationalen Medienverbund unter die Schüler brachten. Der Abgeordnete Helmut Skibbe forderte, an den Schulen eine energische Erziehungsstrategie für Aufklärung und Meinungsstreit als eine Art Gegenkultur gegen Rechts zu entwickeln.

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Mit Zeichenstift Diskriminierung aufs Korn genommen

Ausstellung von Karikaturen beim Studienkreis Crivitz eröffnet

Crivitz (mt) In den Räumen vom Studienkreis Crivitz wurde gestern eine Ausstellung mit Karikaturen zum Thema "Anders - na und?" eröffnet. Zu sehen sind 30 Werke von Kindern und Jugendlichen, die im bundesweiten Wettbewerb als Preisträger ermittelt wurden.

Vor allem mit den Themen Diskriminierung, Rassismus, Rechtsradikalismus und Anpassung setzten sich die Schüler auseinander. In ihren Karikaturen nehmen die junge Künstler alltägliche Vorurteile gegenüber Ausländern, Punkern, anders Aussehenden aufs Korn.

Die Ausstellung ist bis zum 17. Juni dienstags, donnerstags und freitags zwischen 14 und 17 Uhr in den Räumen des Studienkreises in Crivitz, Am Markt 2, zu sehen. Zudem können sich Schulklassen und Gruppen bei Martina Lorf unter der Telefonnummer 03862 / 225705 anmelden. Auf Wunsch wird die Ausstellung auch Schulen zur Verfügung gestellt.

Der Studienkreis eröffnete im Februar 2002 seine Räume am Crivitzer Markt. Zwei Unterrichtsräume stehen hier zur Verfügung. Leiterin Martina Lorf organisiert seit der Eröffnung des Studienkreis-Büros für interessierte Schüler aus der Region Crivitz, Plate und Domsühl Unterrichtshilfe mit Fachlehrern. Vor allem Englisch, Mathematik und Deutsch sind gefragt. "Etwa 60 Schüler kommen derzeit regelmäßig zu uns", ergänzt Lorf. Zumeist sind es Gymnasiasten und Realschüler, die ihre Noten durch den Nachhilfeunterricht verbessern möchten.

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

 

Doch kein Wanderverein! - Urteile im Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen «Skinheads Sächsische Schweiz» erwartet


 

 

Dresden (ddp-lsc). Die Mär vom Wanderverein hat nicht überzeugt. Am Donnerstag werden nach 50 Verhandlungstagen fünf von sieben mutmaßlichen Mitgliedern der rechtsextremistischen «Skinheads Sächsische Schweiz» (SSS) vor dem Dresdner Landgericht wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Ein geständiger Angeklagter schied bereits Anfang April mit einer achtmonatigen Bewährungsstrafe aus dem Prozess, ein weiterer kam einen Monat später mit einer Geldbuße von 10 000 Euro davon. Das Verfahren gegen ihn war eingestellt worden, da er nicht nachweisbar in Gewalttaten involviert war.

Die Angeklagten im Alter von 25 bis 31 hatten Anfang Mai überraschend alle in der Anklageschrift vorgeworfenen Straftaten in vollem Umfang eingeräumt. Neben der Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gestanden sie damit die Tatvorwürfe der Volksverhetzung, des Landfriedensbruchs und der Körperverletzung. Das Gericht erklärte sich im Gegenzug bereit, Bewährungsstrafen zu verhängen.

Bis dahin hatten sechs der sieben Angeklagten behauptet, die Gruppe habe sich lediglich der Freizeitgestaltung mit Gleichgesinnten gewidmet. Gemeinsame Parties, Märsche und Mittelalterspiele standen demnach bei den Gruppenaktivitäten im Vordergrund. Hin und wieder habe man der NPD bei ihren Wahlkampfveranstaltungen geholfen. Zu Schlägereien sei es manchmal unter Alkoholeinfluss gekommen. Geplante Überfälle habe es nicht gegeben.

Verängstigte Zeugen aus dem ehemaligen Umfeld der Gruppe boten ein anderes Bild. Zum Teil unter Begleitschutz des Landeskriminalamts betraten sie den Gerichtssaal. Vier der Geladenen riskierten eine Geldbuße, indem sie gar nicht erst auftauchten oder vor dem Gebäude des Landgerichts kehrt machten. Einige Zeugen konnten sich angeblich nicht mehr an ihre Polizeiaussagen erinnern. Andere berichteten wiederum von Einschüchterungsversuchen der SSS. Zeugen aus der linken Szene machten die Skinheadgruppe für Überfälle und Verfolgungsszenarien verantwortlich.

Trotz des zähen Prozessverlaufs hielt die Staatsanwaltschaft stets am Hauptvorwurf fest. Auch als selbst der Vorsitzende Richter Tom Maciejewski Zweifel äußerte. Das Strafmaß sei nebensächlich, betonte Oberstaatsanwalt Jürgen Schär. Wichtig sei die Verurteilung wegen der kriminellen Vereinigung. Ähnlich sieht es auch der Anwalt eines Nebenklägers, Christian Avenarius. Mit einem solchen Urteil würde ein Zeichen gesetzt. Es mache deutlich, dass solche Aktivitäten wie die der SSS strafrechtliche Konsequenzen nach sich zögen.

Im Normalfall führt ein solcher Tatbestand nach Angaben des Rechtsanwalts zu einer Freiheitsstrafe. Den Angeklagten helfe jedoch, dass die Straftaten bereits etwa vier Jahre zurück lägen. Aber auch die Geständnisse, das während der Taten in den Jahren meist junge Alter und die V-Mann-Problematik komme den Männern zugute. Im Laufe des Prozesses hatte der Vorsitzende Richter mehrmals eine Sperrerklärung des sächsischen Innenministeriums kritisiert, wonach die Identität von V-Männern im Umfeld der SSS geheim bleiben solle.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft stehen indes noch zwei weitere Verfahren gegen mutmaßliche SSS-Mitglieder bevor. Eine vierte Anklageschrift werde derzeit vorbereitet. Die kommenden Prozesse können nach Einschätzung von Schär auf Grund der aktuellen Geständnisse rascher beendet werden.

 

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

 

Skinheads Sächsische Schweiz


 

 

Dresden (ddp-lsc). Die rechtsextremistische Gruppe «Skinheads Sächsische Schweiz» wurde 1996 gegründet. Ziel der Vereinigung war es laut Anklage zum einen, den Zusammenhalt der Skinheads in der Sächsischen Schweiz zu festigen. Die Organisation wollte zudem die Region von «Zecken» (linksorientierte Personen), «Kiffern» (Drogenabhängige) und Ausländern «säubern», auch unter Anwendung von Gewalt.

Noch im gleichen Jahr wurde für das jüngere Klientel die SSS-Untergruppe Aufbauorganisation «Oberes Elbtal» (AO/OET) ins Leben gerufen, ein Jahr später die Aufbauorganisation «Unteres Elbtal» (AO/UET). Alle Gruppen waren hierarchisch gegliedert. Mitglieder der SSS-Führungsriege gaben sich durch Aufnäher mit dem gestickten Schriftzug «Membership SSS» zu erkennen. Einfache Mitglieder hatten einen Aufnäher mit der Aufschrift «Skinhead Sächsische Schweiz».

Mitglieder der SSS fertigten von Menschen, die sie zu ihren Feindbildern rechneten, laut Anklage Fotografien und Listen mit Wohnanschriften, Telefonnummern und Autokennzeichen an. Auch beteiligten sie sich demnach an Überfällen auf vermeintliche Gegner. In dem SSS-Organ «Froindschaft» verbreiteten sie den Angaben zufolge volksverhetzende Texte.

Die SSS war am 5. April 2001 vom Innenministerium verboten worden. Die Organisation habe sich offen zum Nationalsozialismus bekannt, lautete die Begründung. (Quelle: Anklageschrift)

 

 

 

Mittwoch, 21. Mai 2003

Kungeln mit der Konkurrenz

 

NPD lädt »freie Kameradschaften« zu gemeinsamem Marschieren in Hannover ein. Antifa hält dagegen

 

Bereits seit Mitte April wirbt die niedersächsische NPD für eine Demonstration am 24. Mai in Hannover. Auch während des NPD-Aufmarsches am 1.Mai in Berlin verteilten Funktionäre Hunderte entsprechender Handzettel an die vor allem männlichen jungen Skinheads. Motto der Hannoveraner Veranstaltung: »Heimreise statt Einwanderung«, ein Slogan, der auch von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) stammen könnte.

Neben ihren Parteimitgliedern versucht die NPD auch, die starke Konkurrenz der »Freien Kameradschaften«, die dem Parteiapparat kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, in die niedersächsische Landeshauptstadt zu locken. Deshalb kündigt die Partei als Redner neben ihrem Vorsitzenden Udo Voigt und verschiedenen NPD-Regionalgrößen auch den Hamburger Neonazi Thomas Wulff an, der wie Christan Worch eine Integrationsfigur im Kameradschaftsnetzwerk ist.

Spätestens seit dem gescheiterten Verbotsantrag rührt die NPD wieder kräftig mit im neofaschistischen Brei der bundesdeutschen Rechtsaußen-Szene. Während NPD und Kameradschaften am 1. Mai mit jeweils rund 1500 Personen noch getrennt in Berlin bzw. Halle marschierten, ist davon auszugehen, daß in Zukunft nicht mehr nur gemeinsam geschlagen wird, sondern daß es auch bei öffentlichen Veranstaltungen wieder zum Schulterschluß kommt. Einen erneuten Verbotsantrag wird es dank der Tatsache, daß maßgebliche von der Bundesregierung als Zeugen für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD Genannte vom Verfassungsschutz als V-Leute beschäftigt waren, in naher Zukunft mit Sicherheit nicht geben. Somit kann sich die Partei ungestört auf ihre selbstgesteckten Ziele konzentrieren: Kampf um die Parlamente, Kampf um die Köpfe und Kampf um die Straße.

Um letztere nicht den Neonazis zu überlassen, bereiten Antifagruppen aus Hannover in Kooperation mit der VVN-BdA seit Wochen Widerstandsaktionen vor (www.antifa-aktion.de). Der Protest soll sich dabei nicht nur gegen Neonazis aller Couleur richten, sondern auch gegen die Ausländergesetze von Bund und Ländern, die den Rassismus in den Behörden und auf der Straße fördern. Antifagruppen aus mehreren Bundesländern, lokale linke Gruppen, die VVN und die örtliche PDS rufen zu einer Demonstration auf. Die Neonazis wollen gegen Mittag am gleichen Platz ihren Aufzug beginnen, weshalb mit einem juristischen Streit bis kurz vor den 24. Mai zu rechnen ist.

* Treffpunkt zur antifaschistischen Demonstration in Hannover am 24. Mai um 10 Uhr auf dem Braunschweiger Platz