Freitag, 25. Juli 2003

Im Vertrag steht Mietzweck "Bandproben"

Eisenhüttenstadt vermietet einen Proberaum an eine Neonazi-Band. Ein Jahr passierte nichts. Laut Polizei waren am Samstag laute "Heil Hitler"-Rufe zu hören. Nun will die Stadtverwaltung über eine Kündigung zumindest nachdenken

Beim Liegenschaftsamts der Stadtverwaltung Eisenhüttenstadt gibt man den Vogel Strauß. Rechtsextremisten? Polizeieinsatz? In einem städtischen Objekt? "Ich weiß davon gar nichts", heißt es dort stereotyp auf Fragen nach den derzeit umstrittensten Mietern einer städtischen Liegenschaft in der Stahlstadt.

"Kontra" nennt sich das Quartett von Anfang 20-jährigen Bilderbuch-Naziskins, das seit über einem Jahr in der geräumigen Baracke in der Nähe des EKO-Stahlwerks probt. Im Internet präsentiert sich die Band mit einer eigenen Homepage und einer Demo-CD zum Herunterladen. Diese offeriert Gesinnungsfreunden mit Titeln wie "Wir sind stolz" oder "Sitte&Anstand" offen rechtsextreme Texte. Auf Fotos bekennen sich die Bandmitglieder offensiv zu ihren musikalischen Vorbildern - der Neonaziband Landser, der zurzeit wegen des Vorwurfs der "Bildung einer kriminellen Vereinigung" in Berlin der Prozess gemacht wird.

Für Rechtsextremismusexperten gehören Kontra ebenso wie die Neonaziband Weor aus dem benachbarten Frankfurt (Oder) zu denjenigen lokalen Rechts-Rock-Bands, "die zum wichtigen Kristallisationspunkt der rechten Szene vor Ort geworden sind", so Paul Rothe vom Sprecherrat der "Aktion Courage" in Eisenhüttenstadt. In dem Proberaum hätten zudem auch Partys und kleinere Konzerte stattgefunden, sodass sich die städtische Baracke seit längerem zum Anlaufpunkt für den harten Kern der Rechtsextremisten sowie zur "Schnittstelle zwischen rechts orientierter und unpolitischer Jugendszene" entwickelt habe.

Vergangenen Samstag fanden sich zu einer "öffentlichen Probe" von Kontra drei Dutzend Männer - vom Teenager bis zum 46-Jährigen - in der städtischen Baracke ein. Glaubt man der Polizei, sollen dabei Rufe wie "Hier marschiert die SA"" und "Heil Hitler!" bis zur Straße zu hören gewesen sein. Grund genug für die Polizeisondereinheit "Mobile Einsatzgruppe gegen Gewalt und Aggression" (Mega), einzuschreiten und ein knappes Dutzend Personalien festzustellen.

Bei der Stadtverwaltung heißt es, der Mietvertrag für die umstrittene Baracke sei mit Privatpersonen abgeschlossen worden, die als Mietzweck "Bandproben" angegeben hätten. Nachdem die Stadt von den rechten Inhalten erfahren habe, sei intensiv mit den Sicherheitsbehörden zusammengearbeitet worden. Bislang sei es aber schwierig gewesen, den Mietvertrag zu kündigen. Nun allerdings überlege man, die Band vor die Tür zu setzen.

"Darüber ist schon ein Jahr erfolglos nachgedacht und debattiert worden", kritisiert Paul Rothe von der Aktion Courage. Man könne sich nicht "Stadt ohne Rassismus" nennen und sich gleichzeitig vor "unbequemen Entscheidungen drücken".

"HEIKE KLEFFNER

 

 

Freitag, 25. Juli 2003

„Hier ist enorm viel Druck im Kessel“

Joachim Zeller, CDU-Landeschef und Bürgermeister von Mitte, über mögliche Konsequenzen mangelnder Integrationsbereitschaft

In einigen Innenstadtbezirken sind Spannungen zwischen Bewohnergruppen unterschiedlicher Herkunft normal geworden. Sozialforscher des Zentrums Demokratische Kultur haben in einer Studie über Kreuzberg-Friedrichshain massive Gegensätze zwischen deutschstämmigen Bewohnern und Migranten dargestellt. Sie fanden spürbare und sichtbare Ausländerfeindlichkeit und Radikalisierungstendenzen unter Migranten. Joachim Zeller, Bürgermeister von Mitte und Vorsitzender der Berliner CDU, hat eine solche Studie für Mitte in Auftrag gegeben.

Herr Zeller, warum soll das Zentrum Demokratische Kultur nun in Ihrem Bezirk forschen?

Weil die gleichen Phänomene auch in Mitte festzustellen sind, vor allem in Moabit, Gesundbrunnen und Wedding.

Welche Hinweise haben Sie?

Nicht nur die Studie „Bärenstark“ über die Sprachkenntnisse von Schülern, auch Erkenntnisse in den Kindertagesstätten und Berichte von Erziehern, Lehrern und Sozialarbeitern zeigen uns, dass sich die Milieus immer weiter in sich selbst zurückziehen. Die Integration der Nachfolgegenerationen der Migranten kann in vielen Fällen als gescheitert angesehen werden.

In Friedrichshain und Kreuzberg schlagen angeblich Jugendliche öfter zu als früher, auch Mädchengruppen prügeln sich. Haben sich die Umgangsformen in Mitte ebenfalls zum Schlechten verändert?

Auch hier ist die Gewaltbereitschaft besonders der Jugendgruppen größer geworden. Es gibt die Tendenz, den Wohnblock, den engeren Kiez als die Heimat anzusehen, die es gegen andere zu verteidigen gilt. Dagegen wird ein Ausflug in andere Teile der Stadt wie ein Ausflug in eine fremde Umgebung gesehen.

Gibt es besonders problematische ethnische Gruppen, oder sind es die bekannten Konstellationen - Deutsche gegen Türken, Türken gegen Araber?

Deutsch-Nichtdeutsch ist oft auch ein Generationenproblem. In vielen dieser Stadtteile stammt die Jugend mehrheitlich aus Migrantenfamilien, während die ältere Bevölkerung deutsch ist. Durch gegenseitige Fremdheit entstehen Konflikte. Außerdem gibt es Konflikte zwischen den ethnischen Gruppen, insbesondere zwischen türkischen und arabischen Gruppen und zwischen diesen und Gruppen, die aus Südosteuropa stammen, beziehungsweise aus den Staaten der Ex-Sowjetunion.

Wie verhält es sich mit den radikalen Kräften innerhalb der islamischen Bevölkerung?

Wir haben mehr als 20 Moscheevereine im Bezirk, die eine rege Tätigkeit entfalten. Kontakte zu staatlichen Institutionen gab es bislang kaum, wie mir meine Besuche der Moscheevereine gezeigt haben. Einige scheinen islamistische Tendenzen zu fördern.

Woran liegt es, dass die Integrationsbereitschaft nachgelassen hat - und was kann man dagegen tun?

Bislang haben viele geglaubt, die Integration komme von allein. Das Gegenteil ist der Fall - wenn wir unter Integration die Teilhabe an der Kultur und am Leben der Mehrheitsgesellschaft verstehen. Dafür gibt es viele Gründe, ein gewichtiger ist sicher die hohe Arbeitslosigkeit in Bevölkerungsgruppen nichtdeutscher Herkunft. Viele Jugendliche haben wegen mangelnder Sprachkenntnisse schlechte schulische und berufliche Bildungsergebnisse, damit auch schlechte Voraussetzungen für das weitere Erwerbsleben. Ein weiteres Phänomen: Immer mehr hier lebende Migranten schließen Ehen mit Frauen oder Männern aus ihren Herkunftsländern. Die hier geborenen Kinder werden dann in der Sprache des Herkunftslandes aufgezogen. Die neu zugezogenen Ehepartner finden kaum oder gar keinen Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft, wenn es in ihren Wohnvierteln bereits eine spezifische Migrantenkultur gibt oder anders gesagt: parallelgesellschaftliche Strukturen. Wir dürfen diese Dinge nicht länger auf sich beruhen lassen: Die Regelung der Zuwanderung tut Not, und für hier lebende Migranten muss der Erwerb der deutschen Sprache verpflichtend werden. Bundesregierung und Senat sind in der Pflicht. Kommunen und Bezirke sind damit überfordert.

Sind Teile der einheimischen Bewohnerschaft von Mitte ausländerfeindlich?

Nicht offen, aber es gibt enorm viel Druck im Kessel. Das äußert sich in bestimmten Gebieten durch zunehmende Staatsverdrossenheit. Selbst das vermittelnde Angebot der Quartiersmanager wird nicht mehr akzeptiert. Die hören dann: Da versucht der Staat wieder, Placebos zu verteilen.

In Teilen der Kreuzberger Migrantenszene gibt es einen radikale Intoleranz gegenüber bestimmten Gruppen. Es gibt die Verachtung von Frauen oder von Homosexuellen. Gibt es überhaupt noch so etwas wie einen Werte-Konsens in den Problemgebieten?

Es gibt unter Jugendlichen eine große Desorientierung. Da, wo Anknüpfungspunkte an eine Wertorientierung nicht gegeben sind, entsteht ein eigener Wertekonsens. Dessen Inhalt ist meistens Gruppenzusammenhalt nach innen und eine sinkende Hemmschwelle für Gewaltanwendung nach außen.

Mit Joachim Zeller sprach Werner van Bebber

 

 

Freitag, 25. Juli 2003

 

Bündnis gegen Rechts liegt auf Eis

 

SONDERSHAUSEN (mg). Bekannt geworden ist das im Jahre 2000 geschaffene Bündnis gegen Rechts in Sondershausen durch Protestaktionen gegen rechte Demonstrationen und ausländerfeindliche Gewalt. Zuletzt aber ist es still geworden um die Gruppierung, das Bündnis liegt auf Eis und ein Gerüst, an dem es sich hochziehen könnte, fehlt. "Wir haben die Chance verpasst, uns Strukturen zu geben, die uns eine kontinuierliche Arbeit ermöglichen", resümiert Thomas Weinrich, der auch der Friedenswerkstatt angehört. "Über den Fall der Asylbewerberfamilie Bruti gab es bei einer Sitzung einen Eklat. Statt die Differenzen sachlich zu klären, folgten Auseinandersetzungen auf persönlicher Ebene zwischen einzelnen Mitgliedern", erläutert Weinrich, der auch Leiter der Kreisdiakoniestelle ist, die internen Spannungen. So sind in naher Zukunft keine Aktionen geplant, da auch die Koordination nicht funktioniert. Schließlich gibt es keine festen Mitgliederzahlen. "Die Ursache dafür liegt auch im mangelnden Ernst einiger Teilnehmer. Verschiedene Mitglieder wollten das Bündnis meiner Ansicht nach als Sprungbrett benutzen, um sich nach außen ein politisches Profil zu geben", sagt Weinrich frustriert. Herz, Verstand und Hand seien nötig, um effektiv zu arbeiten. Die Grenzen des Bündnisses wurden ihm aber durch den Zwist offenbart. Nach alternativen Zusammenschlüssen strebt der aktive Weinrich indes nicht. "Organisationen wie Attac hätten hier wenig Erfolg. Es sind immer die Selben, die sich engagieren. Denen braucht man keinen neuen Namen zu verpassen. Die bleiben auch so präsent." Die Pflege guter Kontakte zu der Erfurter Abteilung des globalisierungskritischen Netzwerkes ist aber dennoch Teil der Bemühungen Weinrichs.

 

 

 

Freitag, 25. Juli 2003

Wenn die Ziege zum Star wird

 

MÜHLHAUSEN (ter). Jenifer Lopez ist eine richtige Ziege. Das allerdings kann man auch von Sissi behaupten. Stars sind aus den Tieren im Schullandheim geworden, weil es die Kinder so wollten, denn die haben den behaarten Meckerern diese Namen verpasst.Gemeint sind die 30 sechs- bis 14-jährigen Flüchtlingskinder aus Felchta; mit ihnen waren gestern Ilona Bußlapp und Bärbel Tappert von der Beschäftigungsgesellschaft Pro-Mo im Schullandheim des Kreises am Stadtwald. Dahinter steht das Förderprogramm "Civitas" der Stiftung Demokratische Jugend, angesiedelt beim des Bundesfamilienministerium. Es richtet sich gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit."Jetzt sollen sie sich erst mal austoben", sagte Ilona Bußlapp, "sie können Tischtennis spielen, Minigolf, Schach, die Planwagenburg in Beschlag nehmen." Keines der Kinder, das das Angebot zum unbeschwerten Spielen nicht angenommen hätte. Obwohl sie aus unterschiedlichen Ländern kommen, können sie sich sehr gut auf Deutsch verständigen. Ilona Bußlapp weiß: "Häufig spielen die Kinder Dolmetscher für ihre Eltern, weil junge Menschen einfach schneller eine neue Sprache lernen." Zwei der besonders häufig gebrauchten Wörter, das fiel den Besuchern nach kurzer Zeit auf, sind "bitte" und "danke".In der zweiten Tageshälfte hatten die Kinder gemeinsam mit denen des Arbeiter-Samariter-Bundes - sie verbringen hier ihre Tage im Ferienlager - Gelegenheit, die Spielangebote des Kreisjugendrings zu nutzen.Sehr dankbar für die Einladung ins Schullandheim war auch Haiat Schekha, eine Palästinenserin, die sich in Felchta für die Betreuung der Kinder engagiert und gestern mit Ilona Bußlapp und Bärbel Tappert Hand in Hand arbeitete.Für die Flüchtlingskinder soll es dank "Civitas" noch einen zweiten und dritten Ferientag außerhalb Felchtas geben - am 13. August am Opfermoor mit Suppe aus dem Holzfeuerkessel und Brötchen aus dem Lehmbackofen und am 19. August wieder im Schullandheim, dann aber gemeinsam mit Kindern der Nikolaischule.

 

 

 

Freitag, 25. Juli 2003

 

Wehrmachtsausstellung in Peenemünde eröffnet

Bis September auf dem Gelände der ehemaligen NS-Heeresversuchsanstalt


 

 

In Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom ist die Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung eröffnet worden. Im Museum auf dem Gelände der ehemaligen Heeresversuchsanstalt des Dritten Reiches soll die Ausstelllung bis Mitte September 200.000 Besucher anlocken, hofft Museumsleiter Dirk Zache. Zum ersten Mal werde die Ausstellung zu den Verbrechen der Wehrmacht an einem "authentischen Ort" gezeigt.

In Peenemünde startete am 3. Oktober 1942 die erste V2-Rakete. Mit der "Wunderwaffe" Hitlers wurden zahlreiche europäische Städte bombadiert. Peenemünde gilt aber auch als "Wiege der Raumfahrt", weil die V2, an deren Entwicklung unter anderem der Physiker Wernher von Braun beteiligt war, als erste Rakete ins All flog.

Die rechtsextreme NPD kündigte für Samstag eine Kundgebung gegen die Aussstellung in Wolgast an. Gegen die rechtsextremen Proteste hat sich ein Bündnis "Erinnern statt Verdrängen" zusammengeschlossen, das am Freitag kommender Woche auf Usedom ein Konzert mit dem Liedermacher Hannes Wader veranstalten will. Die Wehrmachtsausstellung wird noch in Dortmund und Halle zu sehen sein, bevor sie im Frühjahr 2004 zum letzen Mal in Hamburg gezeigt wird.

 

 

 

Freitag, 25. Juli 2003

 

Rechte Stimmungsmache gegen türkische Krankenversicherte

Agitation greift das Sozialversicherungs-Abkommen mit Ankara an - dabei nutzt es den deutschen Kassen

Rechtsextreme agitieren gegen ein deutsch-türkisches Abkommen zur Sozialversicherung. Auch Politiker von CDU/CSU sehen ein "Grundproblem der Gerechtigkeit". Rund 33 000 türkische Familien profitieren von dem Vertrag - doch würden die Angehörigen in Deutschland leben, käme das für AOK, Barmer Ersatzkasse und Co. weit teurer.

Von Matthias Holland-Letz

KÖLN, 24. Juli. "Skandal", schreiben die rechtsextremen "Republikaner" im nordrhein-westfälischen Olpe. "Missbrauch mit Krankenkassenbeiträgen", heißt es in der Veröffentlichung der rechtslastigen Schill-Partei im Kreis Pinneberg. "Milliardenbeträge" entgingen den Krankenkassen, tönt es auf den Internet-Seiten der neonazistischen "jungsturm.org". Was derzeit auf dubiosen Flugblättern, an rechten Stammtischen und in zahlreichen Online-Foren angeprangert wird, sei "ein aufgeblasenes Ding", sagt dagegen Udo Barske, Sprecher des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) in Bonn.

Es geht um den Vorwurf, die gesetzliche Krankenversicherung bevorzuge türkische Kassenpatienten gegenüber deutschen Mitgliedern. Denn in der Türkei lebende Eltern von türkischen Arbeitnehmern in Deutschland sind in der AOK oder der Barmer Ersatzkasse kostenlos mitversichert, die Eltern deutscher Arbeitnehmer hingegen nicht. Der Vorteil gelte allerdings nur in wenigen Sonderfällen, betont Franz Thönnes (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium. Und zwar dann, so Thönnes, wenn die türkischen Eltern in der Türkei "nicht selbst Arbeitnehmer oder Rentner sind". Ähnliche Vorschriften gibt es für die in den Nachfolge-Staaten Jugoslawiens wohnenden Eltern ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland. Das regelten, so Thönnes, Verträge aus den 60er Jahren.

Laut AOK-Sprecher Udo Barske gilt für Sozialversicherungs-Abkommen immer der gleiche Grundsatz: Für die Familien-Angehörigen, die zu Hause bleiben, zähle das Recht des Heimatlandes. "Und in der Türkei ist nun mal vorgeschrieben, dass Erwachsene unter bestimmten Voraussetzungen für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen müssen", betont Barske. Ein Recht auf kostenlose medizinische Behandlung in Deutschland haben die im Ausland lebenden Angehörigen dadurch nicht.

Auch Politiker der Union haben Bauchschmerzen mit diesen Abkommen. Ein "Grundproblem der Gerechtigkeit" sieht Andreas Storm, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie habe "großes Verständnis für den Unmut der Bürger", betont auch die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU). Allerdings, so Stewens, führten diese Regelungen "nicht zu Mehrkosten für die deutschen Kassen - im Gegenteil". Die Ministerin rechnet vor, dass eine Pauschale vereinbart wurde, die die deutsche Versicherung an eine türkische Partner-Versicherung zahlt. Und diese Pauschale, so Stewens, orientiere sich "am deutlich niedrigeren türkischen Kostenniveau".

Würden die türkischen Angehörigen in Deutschland leben, hätten AOK oder Barmer im Durchschnitt rund 80 Euro im Monat zu zahlen - pro Person, wohlgemerkt. Die Pauschale hingegen, die pro Familie in die Türkei überwiesen wird, lag 1999 bei umgerechnet 17,75 Euro im Monat. Laut Bundesgesundheitsministerium waren es 1999 "circa 33 630" türkische Familien, die in den Genuss dieser Zahlungen kamen. In Deutschland leben rund 2,1 Millionen Türken. Daraus ergibt sich für das Jahr 1999 eine Gesamtzahlung von rund 7,2 Millionen Euro.