Donnerstag, 31. Juli 2003

 

Glauchau: Jugendstatdrat legt neue Projekte vor


 

 

Der Glauchauer Jugendstadtrat legt, nachdem er den Frühjahrsputz ausgewertet hat, nun seine nächsten Projekte vor, die er in diesem Jahr noch in Angriff nehmen will.

Am 24. August nehmen die Jugendstadtrat am Umzug anlässlich des Glauchauer Stadtfestes unter dem Motto „Aktion buntes Glauchau“ teil. Start ist um 14.30 Uhr in der Paul-Geipel-Straße. Die Strecke führt über den Schlossplatz, die Schlossstraße, die Hoffnung, die Quergasse, die Leipziger Straße, den Markt zurück zur Paul-Geipel-Straße. Gefördert wird der Umzug vom Civitas-Programm des Bundesfamilienministeriums.

Im September ist für die Nachwuchspolitiker ein gemeinsamer Workshop mit dem Jugendstadtrat Oschatz in Oschatz geplant. Dabei soll es unter anderem um Fragen nach Finanzierungsmöglichkeiten von Projekten gehen. Thema ist auch das Erstellen eines Kosten- und Finanzierungsplanes und das Stellen eines Förderantrags. Und schließlich soll bei diesem Workshop auch um Fragen der Öffentlichkeitsarbeit gehen.

Im November organisiert der Jugendstadtrat ein Fußballturnier der Städte Glauchau, Meerane und Crimmitschau in der Sachsenlandhalle in Glauchau. Aus jeder Stadt sollen nach jetzigen Vorstellungen zwei Mannschaften an den Start gehen, eine Mannschaft aus der Jugendarbeit der jeweiligen Stadt und eine aus der Stadtverwaltung.

 

 

 

Donnerstag, 31. Juli 2003

"Starke Worte" eines Stadtoberhauptes

Ein Asylbewerber zeigt den Rastatter Bürgermeister wegen Beleidigung an. Dieser spricht von "überspitzter Wortwahl"

BERLIN taz Das Lebensmotto des Oberbürgermeisters von Rastatt ist weise gewählt: "Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!", heißt es auf der Homepage von Klaus-Eckhard Walker (SPD), Stadtoberhaupt in Baden-Württemberg. "Was auch immer du tust, tue es klug und bedenke das Ende."

Doch auf der letzten Gemeinderatssitzung scheint er den lateinischen Spruch vergessen zu haben. In der Sitzung beklagte er Lärmbelästigungen durch Bewohner des Asylbewerberheimes, das sich in seiner Nachbarschaft befindet. Nach Angaben von Lokalzeitungen sagte er: "Die Asylbewerber sollten die Gepflogenheiten ihres Gastgeberlandes respektieren oder wieder zurück in den Kongo gehen, wo sie ums Feuer tanzen können, bis sie schwarz werden, was sie aber schon sind."

Ein Asylbewerber hat Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt. Die Staatsanwaltschaft in Baden prüft, ob der Straftatbestand der Volksverhetzung gegeben ist.

Der Bürgermeister will sich zu dem Satz selbst nicht äußern. Gegenüber der taz sagte er, dass er "starke Worte" verwendet habe, die "humoristisch übertrieben" seien, zu denen er aber stehe. "Ein Oberbürgermeister hat das Recht und die Pflicht, Sensibilitäten zu wecken, und manchmal geht das nur durch eine überspitzte Wortwahl." Weil es Sicherheitsprobleme wegen Drogenhandels gebe, sei "eine Zuspitzung" nötig. Walker betonte, dass er sich seit Jahren vergeblich für eine Sozialbetreuung der Asylbewerber einsetze. Die Anzeige sehe er gelassen, wenn dadurch eine "überfällige" Diskussion geführt werde. Auf einer Demonstration von Asylbewerbern am Montag verteidigte er sich: "Solche Worte" brauche es nicht, wenn sich alle an geltendes Recht hielten.

Gunter Kaufmann, Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion und Mitglied des Landtages, hält die Äußerung Walkers für "eine Überspitzung", die "vom Stil her nicht akzeptabel" sei. Doch nachdem er Walker einen Brief geschrieben habe, habe dieser seine Äußerung "bedauert", und damit sei die Sache erledigt.

Auch die Fraktion der Christdemokraten, die stärkste im Rathaus, hält sich zurück. Der Vorsitzende Karl-Wolfgang Jägel sagte gestern zur taz: "Wenn man die political correctness wie eine Monstranz vor sich her trägt, dann muss man sich erst recht überlegen, was man sagt."

"BARBARA BOLLWAHN

 

 

Donnerstag, 31. Juli 2003

Grüne Kommune feiert furchtbaren Juristen

Die Stadt Freiburg will den früheren Marinerichter und Ministerpräsidenten Hans Filbinger zum 90. Geburtstag ehren

Er war das ideale Feindbild für die Achtundsechziger. Hans Filbinger, baden-württembergischer Ministerpräsident von 1966 bis 1978, vereinigte alles Hassenswerte in seiner Person. Er weigerte sich hartnäckig, sich seiner Vergangenheit als Marinerichter in der Nazizeit zu stellen. Er regierte just das Bundesland, in dem der Knast von Stammheim stand. Er lag im dauerhaften Clinch mit dem Stuttgarter Intendanten Claus Peymann, der damals noch als progressiver Theatermacher galt.

Und für diesen Mann will ausgerechnet der erste grüne Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt, der Freiburger Dieter Salomon, eine Feierstunde ausrichten? Selbst die örtliche CDU mochte es anfangs kaum glauben. "Überraschend schnell" habe er ein Okay bekommen, wunderte sich der CDU-Kreisvorsitzende, als er dem Stadtoberhaupt eine Feierstunde zu Filbingers 90. Geburtstag am 15. September vorschlug.

Der Bürgermeister stoße "eine ganze Generation von Alt-68ern vor den Kopf", erregte sich ein Freiburger SPD-Gemeinderat. Weil auch Salomons eigene Parteifreunde der Ehrung fernbleiben wollen, zog der Rathauschef jetzt die Notbremse und stellte klar: Nicht er selbst, sondern sein CDU-Stellvertreter werde die Stadt beim Empfang für Filbinger vertreten. Gänzlich absagen will Salomon die Feier aus Respekt vor "dem hohen Alter" des in Freiburg lebenden Jubilars allerdings nicht, auch wenn der flexible Grüne im gleichen Atemzug "Verständnis" für die Protestlawine zeigt.

Dafür bietet die Biografie des 89-Jährigen auch allen Anlass. Noch in den letzten Kriegswochen hatte Filbinger 1945 als Marinerichter an Todesurteilen gegen Deserteure mitgewirkt. Nachdem der Schriftsteller Rolf Hochhuth eine Debatte über die Vergangenheit des "furchtbaren Juristen" angestoßen hatte und neue Fälle bekannt wurden, musste Filbinger am 7. August 1978 zurücktreten und das Amt des Ministerpräsidenten dem "Cleverle" Lothar Späth überlassen. In der eigenen Partei war es nicht allein seine Rolle in der NS-Zeit selbst, die ihm den Rückhalt entzog, sondern seine wenig überzeugenden Versuche der Verteidigung.

Eben diese Verteidigungsversuche waren es, denen sich Filbinger in den Jahren seines erzwungenen Ruhestands hauptberuflich widmen konnte. Von einer "Rufmordkampagne" spricht er noch heute. Er sei während seiner Tätigkeit bei der Marine "als milder Richter bekannt" gewesen und habe viele Verfahren eingestellt oder entschärft.

Dem Ziel der eigenen Rehabilitation diente auch die Gründung eines rechtslastigen Studienzentrums 1979 im tauberfränkischen Städtchen Weikersheim. Als Schnittstelle zwischen der CDU und dem rechten Rand des politischen Spektrums erwarb sich die Denkfabrik in den Folgejahren einen zweifelhaften Ruf. Im Vorstand saß zeitweise gar der baden-württembergische Landesvorsitzende der "Republikaner".

Zu "exklusiven Sonderkonditionen" werden die Mitglieder des Studienzentrums auch die Festschrift erwerben können, die Freunde aus Anlass des Geburtstags vorbereiten. Dort finden sich Beiträge über Filbingers "Mannheimer Jugend" und sein "Wirken als Ministerpräsident". Was er dazwischen so alles trieb, darüber schweigt sich die Buchankündigung aus.

RALPH BOLLMANN

 

 

Donnerstag, 31. Juli 2003

Gut gemeint ist voll daneben

Der Düsseldorfer Regierungspräsident Büssow erhält einen Preis für seine Anordnung, den Zugang zu rechtsradikalen Webseiten zu sperren. Zum Dank beschimpft der Beamte Medien und Provider

von MONIKA GROSCHE

Der Landesjugendring und die Initiative SOS Rassismus in Nordrhein-Westfalen sind nicht verpflichtet, Experten in Fragen der Netzkultur zu sein. Ein wenig Zeitungslektüre hätte aber wohl nicht geschadet, bevor sie ihren "Goldenen Hammer gegen Rassismus und Gewalt" in diesem Jahr ausgerechnet an Jürgen Büssow verliehen. Der Düsseldorfer Regierungspräsident zeichne sich durch "aufrechten Gang als Demokrat" aus, heißt es in der Preisurkunde, weil er "konsequent und wirkungsvoll der Gewalt und dem Rassismus das Wasser abgräbt".

Von Amts wegen hatte Jürgen Büssow vor bald zwei Jahren angeordnet, dass Provider in Nordrhein-Westfalen einschlägig bekannte Naziseiten für ihre Kunden sperren müssen. Nicht die Telekom, wohl aber Mittelständler befolgen seither die Weisung nicht aus Überzeuguung, sondern aus Angst vor ungewissen Rechtsfolgen. Übersehen haben die Preisrichter, dass Jürgen Büssow konsequent vor allem dann ist, wenn er seine Kritiker verunglimpft. Oft genug haben seine Verlautbarungen den Anschein erweckt, als ob Provider und Medienvertreter eine gemeinsame Hetzjagd auf ihn betrieben. Blanke Empörung rief die Preisverleihung deshalb im breiten Bündnis der Kritiker der Büssowschen Internetzensur hervor. So verurteilt etwa die Initiative "David gegen Goliath" in einem offenen Brief, den auch das "Netzwerk neue Medien" und der Bundesvorstand der "Grünen Jugend" unterzeichnet haben, die Auszeichnung als politischen "Fehlgriff". Nicht aufrechter Gang kennzeichne das Vorgehen der Bezirksregierung, sondern "eine Publicity-Show", die in der Sache "wirkungslos bleibt". Denn nach Ansicht der Unterzeichner bringen Internetsperren das genaue Gegenteil dessen, was die ebenfalls prämierten Jugendprojekte erreichten: "Kein Jugendlicher lernt durch verordnetes Wegsehen, Position zu beziehen."

Vor allem die platte Übernahme Büssowscher Rhetorik in der Begründung des Preises verärgert die Kritiker. "Dumm formuliert" findet der medienpolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Oliver Keymis, die Urkunde, sie setze ein "völlig falsches politisches Signal". Schließlich seien sich Büssow und seine Kritiker im Ziel, dem Kampf gegen rechts, durchaus einig, nur setzten die einen lieber auf Stärkung der Medienkompetenz des Einzelnen als auf Filtertechnik.

Schon die Laudatio klingt, als komme sie direkt aus dem Regierungspräsidium. Gegner werden als Befürworter "des ungehinderten Zugangs auf Hassseiten" in die rechte Ecke gestellt. Und eine Predigt der Toleranz ist Büssows Dankschreiben für den Preis erst recht nicht geworden. Bei Spiegel und Focus beklagt er eine "gezielte Negativpresse", während der Providerverband "eco" eine - nicht näher erläuterte - Kampagne gegen ihn betreibe. Und selbst Gewaltenteilung bleibt auf der Strecke. Mehrere Gerichte hätten bereits die Rechtmäßigkeit seiner Verfügung bestätigt, schwadroniert der Beamte. In Wahrheit steht die Entscheidung im Hauptsacheverfahren erst noch bevor. Deshalb sind von eco zurzeit keine Stellungnahmen zu bekommen - die Gescholtenen warten lieber auf den Spruch des Gerichts.

Nicht so beim Landesjugendring. "Natürlich hat Herr Büssow nicht nur Freunde", sagt eine Verbandssprecherin. Ein paar aber schon. Nachweislich ist ein Reporter des WDR vom Intendanten zurückgepfiffen worden, als er über den Fall berichten wollte. An einer weiteren Diskussion hat der Verband kein Interesse: "Einzelne Preisträger sollten nicht herausgehoben und so zu Helden stilisiert werden" - schließlich sei Antirassismus für alle Träger des Preises "ein dauerhaftes Anliegen" und keine "vorübergehende Modeerscheinung". Schade nur, dass auch Jürgen Büssow bei jenem Martinsgansessen der Deutschen Bank schwieg, als ein Teilnehmer antisemitische Sprüche gegen Paul Spiegel zum Besten gab.

 

 

Donnerstag, 31. Juli 2003

Panzerfaust aufs Ohr

Während die Naziband Landser in Berlin vor Gericht steht, läuft der Vertrieb ihrer CDs erfolgreich weiter. von alexander fichtner und annelies senf

Die Läden heißen Backstreetnoise oder Way of Life. Sie verbreiten rechtsextreme Rockmusik. Auch Tonträger der Band Landser, gegen die gegenwärtig am Berliner Kammergericht ein Prozess wegen Volksverhetzung, der Verherrlichung des Nationalsozialismus, der Aufstachelung zu Rassenhass, Mord und der Bildung einer kriminellen Vereinigung läuft. (Jungle World, 29/03)

Eine Schlüsselfigur des illegalen Vertriebes solcher CDs, Mirko Hesse, muss demnächst als Zeuge in dem Prozess aussagen. Der sächsische Neonazi, der sich zum Vertrieb der Landser-CDs äußern soll, sitzt momentan für vier Jahre in Haft, u.a. wegen seiner Beteiligung an der Produktion und dem Vertrieb der Rechtsrockbestseller »Ran an den Feind« der Landser und »Noten des Hasses« der Band White Aryan Rebels sowie wegen Waffenbesitzes.

Hesse war zuvor ein umtriebiger Kamerad. Ehemals Anführer der deutschen Hammerskins, war er auch Herausgeber des Fanzines Hass Attacke, Inhaber des Labels H. A. Records in Dresden und Informant des Verfassungsschutzes. Insgesamt soll er 8 000 Stück von »Ran an den Feind« hergestellt haben. Das Beiheft zur CD lieferte der Neonazi Toni Stadler aus Brandenburg, der Hesse auch beim Vertrieb der »Noten des Hasses« tatkräftig unterstützte. Stadler war Informant des brandenburgischen Verfassungsschutzes. (Jungle World, 33/02)

Mitglieder der Landser hatten Hesse nach ihrer Verhaftung stark belastet. Mitte September 2000 habe Hesse in Berlin die Landser-Master-CD von »Ran an den Feind« mit dem Auftrag zur Pressung vom Chemnitzer Jan Werner bekommen. Gegen Werner, den früheren Anführer der Organisation Blood & Honour Sachsen, wird ebenfalls ermittelt. Er betrieb mit anderen Nazis das einflussreiche Label Movement Records und gab das Fanzine White Supremacy heraus.

Seine Inhaftierung beendete vorläufig Hesses Karriere. Er galt mit seinem 1997 gegründeten Versandhandel H. A. Records als wichtige Figur der sächsischen Neonaziszene. Seine Firma konnte Hesse mit 12 000 Mark staatlichen Fördermitteln für den Schritt aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit aufbauen.

H. A. Records gehört neben Hate Sounds aus Werder bei Potsdam und Shootdown Records aus Bamberg zu den professionellen und bedeutenden Rechtsrockvertrieben. Auch der Betreiber von Hate Sounds, Sven Schneider, war nach Angaben der Antifa-Zeitschrift Monitor Informant des Verfassungsschutzes.

Trotz des Prozesses geht der Verkauf von Landser-CDs munter weiter. In rechten Fanzines wird eine Tribute-CD der Band angepriesen, auf der Gruppen wie beispielsweise Storm, Hauptkampflinie oder Radikahl Lieder der Landser covern. Tonträger der drei genannten Bands stehen ebenso wie die der Landser auf dem Index. Auch die US-amerikanische Band Bound For Glory ist auf der Tribute- CD vertreten.

Mitglieder dieser den Hammerskins nahe stehenden Band sind auch Begründer des Labels und Vertriebs Panzerfaust in Newport, Minnesota. Neben nazistischer Literatur, Hakenkreuz- und SS-Fahnen aller Art und Tonträgern anderer rechter Bands sind im Panzerfaust-Internetvertrieb auch alle in Deutschland indizierten Tonträger der Landser erhältlich. Der in Riesa ansässige NPDler Jens Pühse mit seinem Vertrieb Pühses Liste kooperiert mit dem Panzerfaust-Label. Zusammen veröffentlichte man die CD »Best Of Panzerfaust«.

Neben der Tribut-CD für die Landser ist mittlerweile auch eine nicht indizierte CD der Band mit dem Titel »Jetzt erst recht« im Umlauf. Für diese nennen sich die Landser, nach einem ihrer Lieder, Tanzorchester Immervoll. Ein Lied der CD ist dem Ku-Klux-Klan gewidmet, in einem anderen fragen sie sich: »Wann wirst Du wieder deutsch, o mein Ostpreußen?« In einer Coverversion des Ton-Steine-Scherben-Songs »Allein machen sie dich ein« droht die Band: »Dann werden sie nicht mehr lachen, sondern sich auf die Socken machen, auf die Bahamas oder ins Tessin, der Bubis weiß am besten, wohin.«

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften lehnte die Indizierung dieses Tonträgers mit einer Entscheidung vom 4. April dieses Jahres ab. Er darf weiterhin frei verkauft, beworben und per Post vertrieben werden.

Wie fast alle Landser-CDs ist die Tribute-CD nicht mit einer offiziellen Labelbezeichung versehen. Dafür aber mit einer Werbung für TTV-Records. Der Betreiber dieses Labels ist Lars Georgi, dem auch das Hamburger Label Wotan-Records gehört. Er brachte mit seiner Firma schon öfter indizierte Songs neu heraus, etwa die CD »Kraft für Deutschland« von Noie Werte unter dem Titel »Zusammenhalt«. Bei Georgis Tonträger- und Textilvertrieb TTV gibt es auch reichlich Landser-Artikel: Schlüsselanhänger, Basecaps, »T-Hemden«, Pullover mit dem Schriftzug oder Logo der Band.

Der Boom des Geschäfts mit Landser ist durch die bereits in den neunziger Jahren aufgebauten Strukturen möglich. So konnte auf die juristische Verfolgung der Band rasch mit neuen Veröffentlichungen geantwortet werden. Vertrieben wird die neue Landser- CD von Front-Records im sächsischen Torgau. Erhältlich ist sie über ein dichtes Netz von Versandfirmen und Läden, die mit rechter Musik handeln. Backstreetnoise aus Chemnitz etwa verbindet Label, Laden und Versand. Der Inhaber des Markennamens ist Hendrik Lasch. Er war Mitte der neunziger Jahre ein Aktivist der Chemnitzer Skinheadgruppe CC 88, aus deren Umfeld das Fanzine Foier Frei stammt.

Way Of Life in Halle hingegen wurde bis Ende der neunziger Jahre vom Weimarer Neonazi Ingo Grönwald betrieben. Er besaß gute geschäftliche Kontakte zur skandinavischen Blood & Honour– Division und wurde im November 2001 nach Razzien in seinen Geschäftsräumen wegen Volksverhetzung und Propagandadelikten zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten verurteilt.

Wenn die Landser demnächst verurteilt werden sollten, dürfte das dem Absatz ihrer Produkte einen Aufschwung bescheren. Denn dieser deutsche Wirtschaftszweig boomt trotz der Krise.

 

 

Donnerstag, 31. Juli 2003

Deutsches Haus

In Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern) protestieren Rechtsextremisten gegen die geplante Eröffnung eines Asylbewerberheimes, berichtete die taz am 23. Juli. Zunächst sammelten die Neonazis 280 Unterschriften gegen das Heim, das zum Jahresende 150 Asylbewerber beherbergen soll. An das Gebäude sprühten sie: »Lichtenhagen, Solingen, Mölln, Wolgast?« Die NPD in Ostvorpommern hat bereits eine genaue Wegbeschreibung zum künftigen Heim ins Internet gestellt. Ein Nigerianer wurde am 20. Juli in Schwandorf (Bayern) von einem angetrunkenen Neonazi angegriffen. Nachdem der 27jährige Täter den Mann und dessen zwei Freunde mit ausländerfeindlichen Sprüchen beschimpft hatte, trat er ihm mit Springerstiefeln in den Bauch. Obwohl Beamte den polizeibekannten Rechtsextremisten kurze Zeit später aufgreifen konnten, ließen sie ihn nach seiner Ausnüchterung wieder frei. Der Mann aus Nigeria wurde drei Tage lang im Krankenhaus behandelt. Nach Angaben der Thüringer Allgemeinen schlugen Unbekannte in der Nacht zum 20. Juli die Fenster eines Bekleidungsgeschäftes in Ilmenau (Thüringen) ein und legten anschließend Feuer. Der Laden des vietnamesischen Inhabers wurde bereits zum dritten Mal beschädigt. Die Täter werden in der rechten Szene vermutet. Der Sachschaden liegt nach Polizeiangaben bei 100 000 Euro. Im thüringischen Pößneck seien die Fensterscheiben eines türkischen Döner- und Pizzaservice bereits zum fünften Mal innerhalb von sieben Wochen eingeschlagen worden, schrieb die Ostthüringer Zeitung. In Rosdorf bei Göttingen (Niedersachsen) versuchten am 18. Juli zwei Rechtsextremisten mit einer Sichel auf einen Mann aus Sierra Leone einzuschlagen. Sie beschimpften ihn zunächst an einer Bushaltestelle. Als die Neonazis mit Gewalt drohten, griff eine Passantin ein. Anschließend stiegen alle in den Bus. Die Zeugin berichtete, die Rechten hätten dem Mann prophezeit, ihn nach der Fahrt »fertig zu machen«. Sie bedrohten auch den Busfahrer, der später einen der Angreifer an der Haltestelle festhielt, bis die Polizei eintraf. Die Männer erwartet ein Strafverfahren. In der Nacht zum 18. Juli verübten vier unbekannte Täter einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim im sächsischen Freiberg. Sie warfen einen Brandsatz auf den hauptsächlich von Familien bewohnten Teil des Gebäudes. Es gab keine Verletzten. Die Polizei traf erst eine halbe Stunde später am Tatort ein. Die Täter werden im rechtsextremen Spektrum vermutet. Nach dem ausländerfeindlichen Übergriff auf vier Vietnamesen im Berliner Stadtteil Friedrichshain am 8. Juli sprach die Staatsanwaltschaft nun Haftbefehle gegen zwei der Täter aus. Vor der Verurteilung habe die Polizei sie zweimal freigelassen, da keine Haftgründe vorgelegen hätten, berichtete die taz. Die Rechtsextremisten hatten mit Billardstöcken auf ihre Opfer eingeschlagen und dabei einen 16jährigen schwer verletzt. cs