Mittwoch, 20. August 2003
Potsdam - In der so genannten V-Mann-Affäre hat gestern die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtages die Sicherheitsbehörden des Landes entlastet. Nach ihrer Feststellung ist Sven S., einer der bekanntesten militanten Neonazis Brandenburgs, nicht vom Landeskriminalamt als eigener V-Mann geführt worden. Er sei auch keine "anders geartete Vertrauensperson von Sicherheitsbehörden des Landes Brandenburg" gewesen, sagte PKK-Vorsitzender Christoph Schulze (SPD). Er erklärte, in diesem Zusammenhang habe es keine Strafvereitelung im Amt gegeben. Zudem seien keine Akten manipuliert worden und keine Rechtsverletzungen durch Beamte erkennbar. Sven S. sei vielmehr "Zielperson der Sicherheitsbehörden" gewesen. Schulze räumte allerdings ein, dass die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz "punktuell hätte besser sein können". LR
Mittwoch, 20. August 2003
Die Bauruine für das in Mitte geplante NS-Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" kann nach Ansicht von Architekt Peter Zumthor und der Senatsbauverwaltung fertig gestellt werden. Die Tendenz der Machbarkeitsstudie des Senats zeige, dass die vorliegenden Pläne im Rahmen des vorgegebenen Budgets von knapp 39 Millionen Euro verwirklicht werden könnten, hieß es gestern. Bausenator Peter Strieder will heute die Prüfungsergebnisse dem Topographie-Stiftungsrat vorstellen. epd
Mittwoch, 20. August 2003
Thorkit Treichel
Es sind erst
zwölf Stelen. Zwölf von mehr als 2 700, die bis Sommer nächsten Jahres südlich
des Brandenburger Tores aufgestellt werden sollen. Zwölf anthrazitfarbene
Betonblöcke, 0,95 Meter tief, 2,38 Meter breit, 0,2 bis 4,8 Meter hoch, die am
vergangenen Wochenende mitten auf dem 19 000 Quadratmeter großen Gelände ihren
vorläufigen Platz gefunden haben. Die Besucher, die am Dienstag hinter dem
Baustellenzaun an der Ebertstraße stehen, können die Stelen nur von Weitem, aus
vielleicht 50 Meter Entfernung sehen. Doch schon jetzt, zwei Jahre vor seiner
Fertigstellung, ist das Denkmal für die ermordeten Juden Europas eine
Sehenswürdigkeit geworden.
Grabsteine ohne Inschrift
Touristen gehen auf dem Weg
zum Potsdamer Platz an der Baustelle vorbei. Doch einige, die vor den
Schautafeln am Zaun einen Halt einlegen, sind nicht zufällig hier. Sie kommen
zum Teil von weit her, um zu sehen, wie der Entwurf des Architekten Peter
Eisenman Gestalt annimmt. Eine Aussichtsplattform ermöglicht einen Blick über
das Areal, auf dem man kaum etwas entdecken kann. Aber manchen reicht offenbar
ein flüchtiger Eindruck, um das Denkmal in ihrer Vorstellung sichtbar werden zu
lassen. Eine ältere Berlinerin sagt zu ihrer Begleiterin: "Die Stelen sind
ziemlich groß. Ich glaube nicht, dass ich mich da reinwage. Die Zwischenräume,
so unübersichtlich, guck dir das mal an." Eine Deutschlehrerin aus der
Normandie beschreibt, wie sie das Denkmal sieht: "Die Stelen erinnern mich
an einen Friedhof. Sie sind wie Grabsteine ohne Inschrift. Ich gehe durch die
Reihen. Es ist öde, ich fühle mich unwohl. Der Beton ist kalt." Renate
Gerstung, eine Touristin aus Marburg, sagt: "In mir entsteht ein Gefühl
von Verlorenheit, von Beklommenheit." Sie ist fasziniert von der Kraft
dieses ersten Eindrucks. Ebenso ihre Freundin Isabelle Hincker. "Ich halte
das Stelenfeld für eine ungewöhnliche Idee. Hier kann jeder Betrachter seinen
eigenen Zugang finden. Anders als bei traditionellen Denkmälern, bei denen die
Aussage vorgegeben ist."
Beeindruckt ist auch
Everhard Maria Jungeblodt, ein Psychoanalytiker aus Köln. Er hat seine
Berlin-Visite dem Gedenken gewidmet. Am Montag war er bereits im Haus der
Wannsee-Konferenz, in dem die Ermordung der Juden beschlossen wurde. "Die
Besichtigung des Mahnmals ist eine logische Fortsetzung", sagt er. Man
könne zwar noch nicht viel sehen, sagt er. "Aber wenn ich den Lärm der
Bauarbeiter höre, denke ich an ein Orchester, das uns auf den Holocaust
einstimmt." Mit dieser Analyse könnten die meisten Besucher wahrscheinlich
nicht so viel anfangen, dennoch bringt das Holocaust-Mahnmal sie zum
Nachdenken. Manfred Melzer aus Gera, Jahrgang 1940, sagt: "Ich glaube
nicht, dass diese vielen Betonklötze das Ideale sind. Ich finde, die Toten
haben eine große Kathedrale mit Kuppel verdient." Seiner Frau Gudrun
schwebt "ein Gebäude mit einer schönen Grünanlage vor". Das Ehepaar
denkt, dass vor allem ältere Deutsche das Mahnmal besichtigen werden. "Bei
der Jugend hört man ja so viel von Rechtsradikalen", sagt Gudrun Melzer.
Auch Dieter Käppler aus
Tübingen sinniert darüber, wie man die Opfer des Holocaust angemessen würdigen
kann."Mir ist es hier zu unpersönlich", sagt er. "Ich finde, die
Stelen spiegeln nicht wider, was Menschen anderen Menschen angetan haben."
Der Architekt Peter Eisenman
dürfte über diese Diskussionen erfreut sein. Er hat gesagt, dass er mit seinem
Entwurf eine Debatte über die Deutschen und ihre Identität anstoßen will. Ob
diese so weit führen wird, muss sich erst zeigen. Offenbar jedoch zieht nicht
nur das Mahnmal die Besucher in ihren Bann. Es ist auch der Ort, an dem es
entstehen wird.
Auf den Schautafeln können
sie nachvollziehen, wie es hier vor 1989 gewesen ist. Der Reichstag ist auf
einem Foto zu sehen, daneben die freie Fläche, auf der das Mahnmal gebaut wird,
davor die Mauer. Eine Gruppe Italiener studiert das Foto. Die jungen Männer
diskutieren, wo Osten und wo Westen ist. Sie werden sich nicht einig. Doch auch
eine bayerische Familie hat Probleme mit der Orientierung. "Wo ist denn
nun das brandenburgische Tor", fragt der Sohn die Mutter.
Reiseführer werden
aktualisiert
Das Brandenburger Tor ist
das Wahrzeichen Nummer eins. Doch vielleicht wird das Holocaust-Mahnmal bald
ähnlich bedeutend sein. "Die internationalen Reiseführer", sagt
Natascha Kompatzki, Sprecherin der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM),
"werden ihre Auflagen nach und nach aktualisieren und die Gedenkstätte in
ihr Programm aufnehmen". Die BTM bewerbe sie bereits in ihrem Flyer:
"Auf den Spuren jüdischen Lebens".
Mittwoch, 20. August 2003
POTSDAM. Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) hat Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) in der jüngsten V-Mann-Affäre entlastet. Entgegen anders lautenden Medienberichten sei der Top-Neonazi Sven Schneider "kein V-Mann und auch keine anders geartete Vertrauensperson von Sicherheitsbehörden des Landes Brandenburg" gewesen, hieß es nach der PKK-Sitzung am Dienstag. Diese Schlussfolgerung habe das vierköpfige Gremium, das den Verfassungsschutz kontrollieren soll, "einvernehmlich und einstimmig" getroffen. PKK-Mitglied Kerstin Kaiser-Nicht (PDS) will aber Akteneinsicht beantragen. (mak.)
Mittwoch, 20. August 2003
von HEIKE KLEFFNER
Carl Zuckmayer und sein Hauptmann von Köpenick hätten sich ein Drehbuch übers Verbot für das linke Open-Air-Festival "Köpenicker Kontrollverluste" kaum schöner ausdenken können. "Die von Ihnen beantragte Veranstaltung würde eine erhebliche Beeinträchtigung des Erholungswerts der Parkanlage darstellen", schreibt Michael Schneider, PDS-Stadtrat für Umwelt und Grün, an die Veranstalter des Festivals. Ob das Verbot rechtens ist, entscheidet heute das Verwaltungsgericht.
Das Anliegen der Organisatoren: Am Samstag soll es auf dem Platz des 23. April, in der Nähe des S-Bahnhofs Köpenick und direkt am Mahnmal für die Köpenicker Blutwoche, ein linkes, nichtkommerzielles Festival geben. Mit Ska-Bands aus Frankreich, Jazzcore aus Kanada und HipHop aus Köpenick, mit einer Hüpfburg und Leckereien für alle. Und mit politischen Zielen: "Wir wollen ein selbst verwaltetes Jugendzentrum in Köpenick und eine Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und dessen historischen Wurzeln im Bezirk", sagt Peter Schmidt von den Festival-Organisatoren.
"Wir haben die Entscheidung abgewogen", verteidigt Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) seinen PDS-Stadtrat. "Hinter dem Schutz der Grünanlagen muss das öffentliche Interesse zurückstehen." Hinter verschlossenen Türen fallen deutlichere Worte im Bezirksamt. Es gebe gar kein öffentliches Interesse an dem Festival, heißt es aus der PDS, und von PDS-Stadtrat Michael Schneider wird der Ausspruch kolportiert, die Festivalbesucher "sind nicht unsere Jugendlichen".
Peter Schmidt, Sprecher des Veranstalterbündnisses, dem unter anderen die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA), der Kinderring Berlin e. V. sowie der Verein Libatee angehören, hält den Verbotsbescheid ohnehin nur für vorgeschoben. Schmidt berichtet von einem Ortstermin, bei dem der zuständige Revierpfleger den Organisatoren mehrfach versichert hatte, dass mit Änderungen im Konzept alles machbar sei. "Sogar die Hüpfburg wollte der Revierpfleger vom Bürgersteig auf den Rasen verlegen."
Ronni Ziller, Landesvorsitzender der VVN/BdA und Anmelder des Festivals, ist überzeugt, dass Umweltstadtrat Schneider & Co. nicht mit offenen Karten spielen. "Das Bezirksamt hat Angst, wenn sie ein linkes Festival genehmigen, dass dann die NPD ankommt und auch eine öffentliche Veranstaltung machen will."
Peter Schmidt kritisiert: "Während die NPD still und heimlich eine Baugenehmigung für ein Schulungszentrum vom Bezirksamt bekommt, wird ein eintägiges linkes Festival verboten."
Auch mit möglichen Ersatzorten tut sich der Bezirk schwer: "Der Ausweichantrag auf ein Straßenfest ist vom Tiefbauamt genehmigt, aber von der Polizei abgelehnt worden", sagt Bürgermeister Ulbricht. Vielleicht komme ja noch ein Sportplatz an der Wuhlheide in Frage. Nach dem Veranstalter des Festivals und ihren Zielen befragt, gerät Ulbricht ins Schlingern: "Ich kenne das politische Anliegen des Vereins nicht so richtig, außer dass sie das Mahnmal für die Blutwoche behalten wollen. Dass die ein selbst verwaltetes Jugendzentrum wollen, ist mir völlig neu." Die Initiative müsse "nur wachsen", fügt er hinzu.
"Da wird von uns die Quadratur des Kreises verlangt", findet Peter Schmidt. "Erst sollen wir beweisen, dass wir etwas auf die Beine stellen können. Dann wird unser Festival verboten, und dann heißt es wieder, wir könnten ja gar keine Aktivitäten vorweisen." Entmutigen lassen sich die Festivalorganisatoren trotzdem nicht. Schließlich wurden die "Köpenicker Kontrollverluste" schon im vergangenen Jahr verboten. Daraufhin demonstrierten 350 Besucher in der Altstadt. "In diesem Jahr wird das Festival auf jeden Fall stattfinden", versichert Schmidt. "Die Reaktion des Bezirks zeigt doch, dass Köpenick nichts dringender braucht als Kontrollverluste."
Mittwoch, 20. August 2003
Er lässt ihn nicht los: Sogar Adolf Hitler mal gespielt hat Michael Degen, in dem Fernsehfilm "Geheime Reichssache", und im vergangenen Jahr veröffentlichte der Schauspieler seinen ersten Roman; "Blondi", eine Groteske über Hitlers Lieblingshund, der sich als Reinkarnation einer jungen Jüdin entpuppt, die den hassgeliebten Führer bis in den Tod begleiten muss. Heute Abend im Jüdischen Museum liest Michael Degen jedoch aus seiner Autobiografie "Nicht alle waren Mörder", in der er beschreibt, wie er mit seiner Mutter in Berlin im Untergrund überleben konnte. Freunden und auch Fremden, die sie versteckten, zum Dank.
Mittwoch, 20. August 2003
Potsdam. Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK),
die den Verfassungsschutz überwacht, sieht keine neue V-Mann-Affäre. Wie
berichtet, war kürzlich der Vorwurf laut geworden, das Landeskriminalamt (LKA)
habe den Neonazi Sven S. als V-Mann geführt, obwohl gegen ihn ermittelt wurde.
Das LKA soll ihm sogar Tipps für den Aufbau des größten Vertriebs für
rechtsextreme Musik in Brandenburg gegeben haben. Innenminister Jörg Schönbohm
(CDU) ordnete eine Untersuchung an und leitete der PKK letzte Woche zwei
vertrauliche Berichte zu, die das LKA entlasten sollen.
Auf einer Sondersitzung stellten sich gestern Schönbohm und Verfassungsschutz-
Chef Heiner Wegesin der PKK. „Alles heiße Luft“, sagte hinterher PKK-Chef
Christoph Schulze. In einer einstimmig angenommenen Stellungnahme komme die PKK
zu dem Schluss, S. sei weder V-Mann noch sonstige Vertrauensperson von
Sicherheitsbehörden. PKK-Mitglied Kerstin Kaiser-Nicht (PDS) sagte jedoch, es
habe keine formale Abstimmung in dem Gremium gegeben. Sie will nun beim LKA
Akteneinsicht beantragen.
Zum Vorwurf, das LKA habe rechte CDs für S. begutachtet und ihn informiert, was
er verkaufen dürfe, stellte die PKK nur fest: Die Behörden hätten S. „auf den
Bundesindex hingewiesen“. Es handele sich nicht um eine „kritikwürdige
Beratung“ eines Neonazis. Dieser sei „Zielperson“ der Sicherheitsbehörden
gewesen, also beobachtet worden. Die Staatsanwaltschaft sei informiert gewesen.
Allerdings hätte die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz „punktuell besser
sein können“.
Nach Informationen des Tagesspiegels hatte Sven S. zumindest 2001 mehrmals
Kontakt mit dem LKA und einem Beamten des Potsdamer Polizeipräsidiums. In
Sicherheitskreisen heißt es, S. habe im Gegenzug für die Begutachtung seiner CDs
Informationen über die rechte Szene geliefert. ma/fan
Mittwoch, 20. August 2003
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NPD-Aussteiger erzählt von seinem Leben Nordhausen (OTZ). Am 28./29. August findet in der Fachhochschule Nordhausen eine Tagung zur Prävention von Rechtsextremismus statt. Nach Angaben der Veranstalter nimmt daran auch Innenminister Andreas Trautvetter (CDU) teil. Auf der zweitägigen Konferenz werden der Referatsleiter im Bundesamt für Verfassungsschutz Dr. Pfahl-Traughber, der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes Thomas Sippel, und Philip Heylen, Stadtrat in Antwerpen, über Neuigkeiten in der Präventionsarbeit, die Situation in Thüringen und über den Umgang mit rechter Gewalt in Belgien Auskunft geben. Darüber hinaus wird NPD-Aussteiger Jörg Fischer seine Erlebnisse bei der Rekrutierung von Jugendlichen in die rechte Szene und den Umgang mit Mitgliedern und Aussteigern darstellen. Die Konferenz dient der Weiterbildung für Lehrer, Angestellte im öffentlichen Dienst, Mitarbeiter bei Verbänden, Vereinen, Parteien und Stiftungen über Rechtsextremismus. Veranstalter sind die Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, das Institut für Lehrerfortbildung und der Verein neue ebenen. Als Schirmherr fungiert Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU). |
Mittwoch, 20. August 2003
Flüchtlingshelfer kritisieren Berliner
Abschiebepraxis
Senat verweist auf Bericht des Auswärtigen
Amtes zu Kongo / Auch UN-Organisation beurteilt dortige Lage neu
Flüchtlingsorganisationen
haben die Ankündigung des Berliner Innensenats, Abschiebungen in das von
Bürgerkrieg zerrüttete Kongo wieder aufzunehmen, kritisiert. Der Senat
verteidigte seine Politik. Eine geplante Rückführung scheiterte aber am
Flughafen am Widerstand des Betroffenen.
Von Christoph Seils
BERLIN, 19. August. "Abschiebungen werden in diesem
Sommer exekutiert wie nie zuvor", sagte der Pro-Asyl-Sprecher Bernd
Mesovic der FR, das gelte nicht nur für die Demokratische Republik Kongo
(früher Zaire), sondern generell. Es sei zudem in Kongo überhaupt nicht geprüft
worden, wie die reale Möglichkeit sei, zu überleben. Insbesondere in dem Fall
des abgelehnten Asylbewerbers Raphael Batoba, der von Berlin in die
kongolesische Hauptstadt Kinshasa abgeschoben werden solle, obwohl er aus dem
Süden des Landes stamme. Die Behauptung des Auswärtigen Amtes, Rückführungen in
die Hauptstadt seien unproblematisch, sei auf Grund der dramatischen sozialen
Situation nicht überprüfbar, sagte Mesovic; zumal es niemanden gebe, der das
Schicksal der Zurückgeführten über Tage oder gar Wochen verfolge.
Nach Ansicht des Ausländerbeauftragter der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg, Hanns-Thomä Venske, würden Menschen, "die nicht über
Geld oder familiäre Bindungen verfügen, in die Existenzvernichtung
abgeschoben".
Dagegen verteidigte der Sprecher des Berliner Innensenats, Peter Fleischmann,
die geplante Abschiebung Batobas. Das Land Berlin habe "keinen rechtlichen
Spielraum". Nach der Veröffentlichung des neuen Lageberichtes des
Auswärtigen Amtes sei es "verpflichtet", die Abschiebung vorzunehmen.
Um einen Härtefall handele es sich nicht, meint Fleischmann. Batoba, der seit
elf Jahren in Deutschland lebt, sei jung und gesund, es sei ihm zuzumuten, sich
in Kongo wieder zu integrieren. Der Innensenat hatte verhindert, dem
Betroffenen die Weiterreise zu Verwandten nach Frankreich zu ermöglichen.
Der neue Lagebericht äußert keine generellen Bedenken gegen die Abschiebung
abgelehnter Asylbewerber nach Kongo. Zwar plädiert dieser für eine
Einzelfallprüfung, ansonsten geht er davon aus, dass Zurückgeführte unbehelligt
bleiben. Zwar sei die Menschenrechtslage in den "von den Rebellen
kontrollierten Gebieten katastrophal", heißt es in dem Bericht, trotzdem
gebe es "Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Landes". Auch das
Flüchtlingshilfswerk UNHCR spricht von einer veränderten Situation in Kongo.
Die Organisation plädiert nicht mehr für einen generellen Abschiebestopp, auf
Grund der politischen Entwicklung sei "möglicherweise eine positivere
Neubewertung erforderlich", heißt es in einer internen Stellungnahme.
Die am Dienstag vorgesehene Abschiebung Batobas scheiterte auf dem Berliner
Flughafen Tegel an dessen Widerstand, nachdem er bereits an Bord einer
KLM-Maschine gebracht worden war. Die niederländische Fluggesellschaft transportiert
Passagiere jedoch nicht gegen ihren Willen. "Wenn jemand sagt, er will
nicht fliegen, fliegt er nicht", sagte die Sprecherin von KLM-Deutschland,
Angelika Ardelt.