Samstag, 27. September 2003

Prozess gegen NS-Kriegsverbrecher

HAGEN ap Der Mordprozess gegen den mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher Herbertus Bikker ist am Freitag mit der Verlesung der Anklageschrift fortgesetzt worden. Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß warf dem 88-jährigen Ex-SS-Mann vor, einen niederländischen Widerstandskämpfer aus niedrigen Beweggründen grausam ermordet zu haben. Der Angeklagte stand die zweistündige Verhandlung vor dem Landgericht Hagen diesmal durch. Gegen niederländische Journalisten, die ihn fotografieren wollten, machte er Drohgebärden. Am 19. September war er im Gerichtssaal zusammengebrochen und von einem Notarzt ins Krankenhaus gebracht worden. Die Verhandlung gegen Herbertus Bikker wird nächsten Montag fortgesetzt.

 

 

Samstag, 27. September 2003

Feiern, um sich zu verstehen

Interkulturelle Woche gestern eröffnet / Veranstaltungen bis 4. Oktober

Die Diplomarbeit eines FH-Studenten war der Beginn der Interkulturellen Woche. Die große Party sollte bei Essen, Tanzen und Singen die Menschen näher zusammenbringen.

Stralsund Bariz Baz ist 27 Jahre alt. Wenn bei dem Studenten der Stralsunder Fachhochschule das Telefon klingelt, antwortet er in türkischer, französischer, englicher oder in deutscher Sprache, je nachdem, wer dran ist. „Mein Vater ist Türke, meine Mutter Französin, ich habe in den USA gelebt und besitze einen deutschen Pass“, erklärt der Mann mit dem krachenden Künstlernamen Deejay Bazooka seine Mehrsprachigkeit. Ein Typ, so international wie die Veranstaltung, die er gestern auf die Beine gestellt hat: Pop Cultures 2003.

   Das Fest in der Mensa der FH und um sie herum war der Auftakt am Sund zu einer bundesweiten Aktion mit dem Titel „Interkulturelle Woche“. Für Bariz Baz war es gleichzeitig die Diplomarbeit, eine Mischung von Workshops, Musik und internationaler Küche mit über 30 Spezialitäten. Togolesen begannen mit Gesang und Trommeln, Kinder verkleideten sich in einer Märchenstunde, es gab eine Einführung in die Welt der Pralinen und der Kostüme, Haare wurden geflochten, Salsa getanzt. Abends standen Bands auf der Bühne, Deejay Bazooka legte auf.

   „Ich habe schon in vielen Ländern Partys organisiert“, erzählt Bazooka. Das könne er am besten, und Stralsund habe Bedarf an solchen Veranstaltungen. Etwa 50 freiwillige Helfer standen ihm zur Seite, darunter Kameruner, Kurden – politische Flüchtlinge.

   Das Fest und die Interkulturelle Woche, die bis zum 4. Oktober geplant ist, diene zweierlei, betonte Martina Renken-Kirchhoff von der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt in M-V. Einerseits soll die Party durch Begegnungen Pauschalurteile über Fremde aus dem Weg räumen. Zum anderen öffnet sich Stralsund auch Europa, die Stadt soll für Studenten anderer Hautfarben attraktiv sein. Stefanie Härtwig, Ausländerbeauftragte befand die Idee des Festes als besonders wertvoll. Gemeinsamkeiten könnten betont und Unterschiede leichter akzeptiert werden. „Beim Essen, Tanzen und Singen kommen sich die Leute näher“, weiß Stefanie Härtwig.

   Die restliche Woche hält weitere Veranstaltungen parat. So gibt es morgen um 10 Uhr einen Gottesdienst in der Nikolai-Kirche. Lesungen sind organisiert, am Mittwoch wird auf dem Rathausplatz gegen Rassismus getrommelt, es gibt Theater, Kino und viel mehr.

   Bei Bariz Baz klingelt das Telefon. Dann hat er es eilig: „Ich habe mich noch nicht mal rasiert.“

 

 

 

Samstag, 27. September 2003

 

Fairplay bis zum Auslaufen
Dynamo-Fanprojekt: „Wir wollen Fußball – keine Gewalt“

Weltweit wird am Sonnabend der „Fifa-Fairplay-Tag“ begangen. „Gerade heute sollen sich Spieler, Trainer, Schiedsrichter und Fans in Erinnerung rufen, dass fairer Fußball am meisten Freude bereitet“, heißt es im Aufruf des Weltverbandes.

Dazu passt die vom Fanprojekt des 1. FC Dynamo Dresden geplante Aktion beim Regionalliga-Spiel gegen den Chemnitzer FC. In Sorge vor Ausschreitungen gewaltbereiter Anhänger beider Seiten heißt es: „Wir lassen uns den Fußball in Dresden nicht zerstören.“ Mit einem Flugblatt werden die Dynamo-Fans aufgerufen, nach dem Schlusspfiff freiwillig 30 Minuten länger im Stadion zu bleiben, denn: „Wir wollen Fußball – keine Gewalt.“

Eine ähnliche Aktion hatte der FC St. Pauli beim Gastspiel der Gelb-Schwarzen am Millerntor gestartet – mit Erfolg. Die Beobachter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hatten an Organisation und Sicherheit nichts auszusetzen. Ein solches Zeugnis täte den Dresdnern zweifellos gut. Wie berechtigt die Befürchtungen sind, Chaoten könnten das Sachsenderby als Bühne für Krawalle missbrauchen, wurde bei einem Sicherheitscheck im Rudolf-Harbig-Stadion deutlich. Sogar unter Gullideckeln hatten Randalierer Eisenstangen und andere Gegenstände versteckt, mit denen sie sich bewaffnen wollten. Dynamo verstärkte daraufhin die Kontrollen.

Die Stadionkassen öffnen bereits 12.30 Uhr. In einem Vorspiel präsentieren sich Nachwuchsteams kleinerer Dresdner Vereine, die in jüngster Vergangenheit Talente zu den Gelb-Schwarzen delegiert haben. „So etwas ist heute nicht mehr selbstverständlich, und wir möchten uns dafür bedanken“, sagt Dynamo-Hauptgeschäftsführer Volkmar Köster. Auch für das geplante friedliche Nachspiel auf den Rängen gibt es ein Programm: „Die Mannschaft ist eine halbe Stunde nach Spielende mit Auslaufen und gymnastischen Übungen auf dem Rasen beschäftigt. Für Unterhaltung ist also gesorgt“, verspricht Trainer Christoph Franke. (SZ/-ler)