Mittwoch, 19. November 2003
Alexander Brenner, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin,
antwortet auf die Polemik von Henryk M. Broder
Henryk M. Broder hat Alexander Brenner in der Sonnabend-Ausgabe des Tagesspiegel
Feigheit und Opportunismus vorgeworfen. Brenner hätte die Entscheidung des
Kuratoriums, das Mahnmal für die ermordeten Juden trotz Verwendung von
Materialien der Firma Degussa weiterzubauen, nicht mittragen dürfen. Degussa
war aus der Firma Degesch hervorgegangen, die das Gas Zyklon B für den
Holocaust geliefert hatte. Brenner hätte unter Protest das Kuratorium verlassen
sollen, verlangte Broder. Foto: Eventpresss / Henry Herrmann
Lieber Henryk,
Du weißt es: Mit Deinem brillanten, bissig-sarkastischen Stil kann ich leider
nicht konkurrieren. Was ich bei Dir neu entdecke, das sind die fast
sadistischen Untertöne – denn Du schüttest Salz auf meine Wunden und auf meine
bereits ramponierte Empfindlichkeit. Und das Schlimme ist: Du hast – leider,
leider – größtenteils Recht! Daran ist nicht zu deuteln!
Größtenteils, aber nicht in allem. Du sagst selbst, dass das „Mahnmal eine
ehrenwerte Idee gewesen“, dass es aber „nicht machbar“ sei, mit oder ohne
Degussa. Nicht einverstanden! Es wäre auch ohne Degussa machbar, und diesen
Standpunkt habe ich ohne Wenn und Aber bei der Sitzung des Kuratoriums
vertreten. Hast Du Dir schon überlegt, wie viele alte und neue Nazis sowie
Judenhasser sich freuen würden, wenn dieses Mahnmal im Zentrum Berlins nicht
gebaut werden würde?
Du bezichtigst mich der Feigheit und des Opportunismus. Du kennst mich lange
genug, um zu wissen, dass dies nicht ganz stimmt! Nochmals: Ansonsten hast Du
leider Recht!
Übrigens: Am bedrückendsten war für mich, während der Sitzung des Mahnmal-Kuratoriums
zu erleben, in welch kleiner Minderheit die Gegner der Degussa-Beteiligung
waren; es bildete sich eine fast „unheilige Allianz“ der Befürworter!
Herzlichst, Dein Alexander Brenner
Mittwoch,
19. November 2003
Der neue alte Antisemitismus tritt über alle Grenzen – und Europa
muss reagieren
Von Peter von Becker
Plötzlich geht das alte Gespenst wieder um in Europa – und in der Welt. Der
Antisemitismus. Er schien durch den Holocaust schon besiegt, denn noch nie
hatte sich eine Tat gewordene Wahnidee über alle geschichtsübliche Grausamkeit
und Barbarei hinaus derart als Menschheitsverbrechen im zivilisatorischen
Bewusstsein diskreditiert. Gespenster aber haben ein langes Leben, oft schlafen
sie nur. Wie der Nationalismus oder religiöse, ideologische Fanatismen.
Nun kommt alles zusammen: in
Deutschland die Hohmann-Rede, die Degussa-Mahnmal-Debatte. In Frankreich brennt
bei Paris eine Schule für jüdische Kinder, in Istanbul explodieren zwei
Synagogen, in Griechenland nennt der Komponist Mikis Theodorakis die Juden und
den Staat Israel eine „Wurzel des Bösen“. Und bei einer Umfrage in den
EU-Ländern hält eine Mehrheit der (wie suggestiv auch immer) Befragten Israel
für die stärkste Bedrohung des Weltfriedens.
Im Fall Hohmann und letztes Jahr bei Möllemann wurde von führenden Politikern
der CDU und der FDP – auch von denen, die für einen Fraktions- oder
Parteiausschluss waren – jedes Mal bestritten, dass die anrüchig gewordenen
Parteikollegen „persönlich Antisemiten“ seien. Diskutiert wurde nur, ob die
zögerlichen Entschuldigungen oder Erklärungen als Widerruf ausreichten.
Freilich gab es in beiden Fällen nichts zu entschuldigen und schon gar nichts
misszuverstehen.
Wer im deutschen Wahlkampf in und um Münster als letzte Karte auf einmal ein
Flugblatt mit Friedmann und dem israelischen Ministerpräsidenten zieht, wer
sich am deutschen Nationalfeiertag in und um Fulda vor allem mit jüdischen
Bolschewisten und ihrem „Tätervolk“ beschäftigt, der setzt bewusst auf
antisemitische Ressentiments. Inhalt, Kontext und Intention sind hier nicht
mehr erklärungsbedürftig.
Viel vertrackter und im Grunde peinlicher, weil durch keine rationale
Entscheidung zu lösen, ist der jüngste Streit im Zusammenhang mit dem Berliner
Holocaust-Mahnmal. Jüngere Menschen, auch junge deutsche oder fernere
amerikanische Juden (wie der New Yorker Mahnmal-Architekt Eisenman) halten es
für überspannt, die heutige Firma Degussa noch direkt haftbar zu machen für
jene Tochterfirma der Degussa-Mutter vor 1945, die das Zyklon B für die
NS-Mordlager lieferte. Trotzdem gibt es Auschwitz-Überlebende, für die es eine
schlimme Vorstellung ist, dass der Graffiti-Schutz für Eisenmans
zweieinhalbtausend Betonstelen im künftigen Mahnmalfeld gerade von Degussa
stammt. Um von der Ahnenforschung im Beton der Fundamente erst gar nicht zu
reden.
Mangels praktischer Alternative wird in Berlin nun weitergebaut wie bisher.
Zumal dieses Mahnmal den deutschen Verstrickungen und Komplexen ohnehin nicht
entgehen könne. Das ist eine pragmatische Entscheidung. Doch ihre Vernunft
kommt gegen den moralischen Einspruch eines in seinen Gefühlen verletzten
Holocaust-Überlebenden schwerlich an. Die Erfahrung von Auschwitz übersteigt
hier alle Argumente der Vernunft. Es ist derselbe Konflikt wie einst bei der
von Holocaust-Opfern verhinderten Aufführung von Fassbinders Stück „Die Stadt,
der Müll und der Tod“: Zu sagen, hier spricht kein antisemitischer Autor, es
gibt nur die Rede-Rolle einer antisemitischen Figur, und im übrigen „müsst ihr
euch das ja nicht anschauen“ – dieses Beharren auf der Kunstfreiheit war gegen
den leibhaftigen Protest von Menschen, die vor und im Theater ihre KZ-Nummern
auf den nackten Armen zeigten, nicht möglich.
Dass ein ähnlicher Einspruch jetzt in Berlin gegen Degussas Mahnmal-Beteiligung
(oder bei den soeben in Erlangen gegen alle Proteste aufgeführten „Wölfen“ des
NS-Autors Hans Rehberg) nicht mehr entscheidend durchdrang, liegt nicht nur an
den konkret unterschiedlichen Situationen. Es hat vielmehr zu tun: mit der Historisierung
des Holocaust nach 60 Jahren. Bald gibt es keine Opfer und keine Täter und
keine überlebenden Zeugen mehr. Das Band der Erinnerung und Mahnung, das Band
auch der Verstrickung wird immer dünner. Das ist das Einzige, was bei dem so
oft gedankenlosen Reden von der „Normalisierung“ zählt.
Die Entscheidung, das ohnehin abstrakte Berliner Stelenfeld nun ohne weitere
Rücksicht auf einen metaphysischen Makel fortzuführen, ist wohl das erste
spektakuläre Indiz dieser Historisierung. Zum Geschichte-Werden gehört
allerdings auch die Wiederkehr: nicht der Geschichte selbst, aber oft genug
ihrer scheinbar abgelegten Ideen, Phantasmen, Gespenster. Und angesichts der
jüngsten neuen Eruptionen des internationalen Antisemitismus – nicht zu
verwechseln mit der politischen Kritik an der Scharon-Regierung –, wirken die
Skandale um unsere Hohmänner ein wenig von gestern. Im doppelten Sinne.
Der Anteil von mehr oder weniger dezidierten Antisemiten wird in den westlichen
Industriestaaten generell auf ungefähr 15 Prozent der Bevölkerung geschätzt.
Dass diese sich wie alle Wahnhaften gegen Informationen und wohlmeinende
Belehrung als weitgehend resistent erweisen, hat Henryk M. Broder erst unlängst
im „Spiegel“ belegt. In Deutschland aber stehen sie aus Gründen unter der vergleichsweise
strengsten Aufsicht, und auch deswegen werden die Antisemiten den Juden
Auschwitz nie verzeihen.
Der Blick über Deutschland (oder Österreich) hinaus kann nun die eigene
Verantwortung nicht mindern. Es geht hier nicht um ein entlastendes Fingerdeuten
auf andere. Der Antisemitismus aber geht um in Europa, wo er keine deutsche
Erfindung war. Doch noch immer fällt es ehemaligen Opfer-Staaten des Zweiten
Weltkrieges schwer, sich ihrer Kollaboration beim Holocaust zu erinnern. Juden
werden heute ebenso wie Sinti und Roma in fast allen Ländern Ost- und
Südosteuropas offen diffamiert und attackiert. Die Europäische Union hat
dagegen nie entschieden ihre Stimme erhoben. Und in Westeuropa verbinden sich
traditionell antisemitische Milieus inzwischen mit fundamental islamistischen
Kräften. Wobei sich der Hass auf Israel in den islamischen Staaten über Europa
hinaus immer mehr zu einem (früher etwa unter Arabern unüblichen) rassistischen
Affekt gegen Juden und eine angebliche amerikanisch-israelische Weltverschwörung
auswächst.
Daraus folgt, dass vor allem die EU ihre Haltung zum Nahost-Konflikt
differenzieren muss. Neben die berechtigt scharfe Kritik an Scharons Siedlungs-
und Annektionspolitik müsste in mehr als nur Nebensätzen die Verurteilung
organisierter Hass- und Gewaltattacken im eigenen und im islamischen Raum
treten. Auch die neue Menschheitsgeißel, Kinder und Jugendliche in lebende
Bomben zu verwandeln, wäre längst ein Fall – für die UN. Und: Wer von
Demokratie redet, muss von Israel reden. Denn nie zuvor hat ein Land, seit
seiner Staatsgründung um die Existenz kämpfend, in über 50 Jahren Kriegszustand
eine frei gewählte zivile Regierung bewahrt. Davon in einer UN zu sprechen, die
so viele Diktaturen versammelt, ist schwer. Schwerer als in Europas
Parlamenten, Schulen und Medien. Auf dem Kontinent der alten Gespenster und
neuen, besseren Geister.
Mittwoch,
19. November 2003
Urteilsverkündung zum Fest
Der Prozess gegen die rechtsextreme Rockband „Landser“ neigt sich dem Ende zu.
Der Strafsenat wolle am Tag vor Heiligabend das Urteil verkünden, teilte der
Vorsitzende Richter, Wolfgang Weißbrodt, gestern im Kammergericht mit. Die
Vorwürfe der Bundesanwaltschaft lauten im wesentlichen Bildung einer kriminellen
Vereinigung und Volksverhetzung. Der Prozess hatte Ende Juni begonnen.
„Landser“ gilt in der rechten Szene als Kultband. Am Donnerstag beginnt der
Prozess gegen einen weiteren Berliner Neonazi, der die Band unterstützt haben
soll. Fan
Mittwoch, 19. November 2003
Der Bau einer Bombe ist heutzutage für jeden möglich. Via Internet erhält auch der interessierte Laie alles, was er dazu braucht, frei Haus. Von Tipps und Adressen, wo und wie das benötigte Material beschafft werden kann, bis zur detaillierten Bauanleitung, die auch der Nichtchemiker ohne weiteres versteht.
Seit Jahren schon bereiten die Internet-Seiten vieler rechtsradikaler Gruppen der Polizei Sorgen. Insbesondere die Neonazi-Szene mit ihren internationalen Verflechtungen nutzt die Möglichkeit, aus dem Ausland entsprechende Informationen für Bastler auf ihren Websites einzuspeisen. "Aus den Seiten vieler dieser Organisationen können problemlos Anleitungen zum Bombenbau abgerufen werden", heißt es in einer Analyse des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Auch in der linksradikalen Szene kursieren, wie der Berliner Verfassungsschutz bestätigte, mittlerweile solche Anleitungen.
Inzwischen hat der Bundesgerichtshof mit einer Grundsatzentscheidung die Voraussetzungen geschaffen, um nicht nur gegen deutsche, sondern auch gegen ausländische Netzbetreiber, die derartige Seiten verbreiten, vorzugehen.
Die praktische Bekämpfung der Internet-Kriminalität gestaltet sich aber immer noch schwierig, auch wenn die Polizei inzwischen über eine ganze Reihe hoch qualifizierter Fahnder verfügt. "Bei der Menge an ständig neuen Seiten kann man gar nicht alle aufspüren", sagt ein Fahnder.
Relativ leicht ist der Zugang aber nicht nur für Angehörige radikaler Gruppen. Ende vergangenen Jahres ging in Lichtenrade eine selbst gebastelte Bombe hoch und verletzte den 15 Jahre alten Bastler und einen Polizisten schwer. Die Ermittlungen ergaben, dass der Schüler die Bauanleitung für den Sprengkörper aus dem Internet und Teile des Materials, das er für den Bau verwendet hatte, im Supermarkt gekauft hatte.
Berlin - Die Polizei hat eine Serie von fünf Sprengstoffanschlägen in Berlin aufgeklärt. Der 76 Jahre alte Horst D. aus Hohenschönhausen soll drei Attacken mit selbst gebauten Bomben auf ein Autohaus in Moabit und zwei auf einen Arzt in Wilmersdorf verübt haben. Das Motiv für das Attentat auf den Krebsspezialisten liegt vermutlich darin, dass dieser die Ehefrau und auch die Schwägerin des 76-Jährigen betreut hatte. Beide Frauen sind inzwischen gestorben. Weshalb er das Autohaus ins Visier nahm, ist bislang ein Rätsel. Die Anschlagserie begann im Juli 2002 und endete erst im Oktober. Auf die Spur des Attentäters kam die Polizei, weil er bei einer Verpuffung in seiner Wohnung in Hohenschönhausen beinahe selbst ums Leben kam. Wegen seiner schweren Verletzungen ist er noch nicht vernehmungsfähig.
Mittwoch, 19. November 2003
RASSISMUS-EXPERIMENT
Vorurteile machen
dumm
Rassismus galt noch nie als Zeichen gehobener Intelligenz. Jetzt aber haben
Forscher experimentell bewiesen, dass Intoleranz gegenüber Schwarzen die
geistigen Fähigkeiten von Weißen blockieren kann.
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Die
Wissenschaftler wollten es genau wissen: Sie schickten 30 weiße Studenten gleich
durch drei verschiedene Experimente. Zunächst sollte ein Computertest
ermitteln, wie leicht die Probanden weiße und schwarze Amerikaner mit positiven
und negativen Begriffen in Verbindung bringen. Wer länger zögerte, Schwarze mit
Positivem zu assoziieren, hatte eine stärkere Tendenz zu Vorurteilen, heißt es
in dem Artikel in der Online-Ausgabe des Fachmagazins "Nature
Neuroscience".
Im zweiten Durchlauf
mussten die weißen Studenten mit Schwarzen über kontroverse Themen diskutieren.
Bei einem anschließenden Intelligenztest zeigte sich, dass diejenigen, die sich
schon zuvor als voreingenommen erwiesen hatten, deutlich mehr Fehler begingen
als die anderen Teilnehmer.
Im dritten Experiment, das
zwei Wochen später stattfand, bekamen die Studenten Fotos von unbekannten
schwarzen und weißen Männern zu sehen. Magnetresonanzbilder ihrer Gehirne
zeigten, dass der Frontallappen, der mit der Kontrolle von Gefühlen und
Gedanken in Verbindung gebracht wird, auf den Anblick von Schwarzen mit
erhöhter Aktivität reagierte. Die Bilder von Weißen aber lösten dagegen rein
gar nichts aus.
"Menschen mit
stärkerer Tendenz zu rassistischen Vorurteilen reagierten auf Bilder von
Schwarzen mit erhöhter Hirnaktivität", sagte Jennifer Richeson vom
Dartmouth College in New Hampshire, Hauptautorin der Studie. Die
Wissenschaftler vermuten, dass dies auf den Versuch zurückgeht,
Voreingenommenheit und damit sozial unakzeptables Verhalten zu unterdrücken.
"Dass dieselben Probanden nach einem Gespräch mit einem Schwarzen schlechter
im Intelligenztest abschnitten, legt nahe, dass sie ihre Kräfte aufgebraucht
hatten."
Die durch Vorurteile wenig
belasteten Teilnehmer hätten dagegen nach der Unterhaltung mit den Schwarzen
keine Probleme beim Intelligenztest gehabt. In einer multikulturell geprägten
Welt, betonte Richeson, "haben Vorurteile für uns negative
Konsequenzen."
In einem begleitenden
Kommentar in "Nature Neuroscience" betonte William Gehring von der
University of Michigan jedoch, dass die Studie nichts über die Gründe von
Vorurteilen aussage oder wie sie das Verhalten gegenüber Angehörigen andere
Ethnien beeinflussten. Zudem sei die Möglichkeit, per Hirnscan Rassismus zu
entdecken, kaum denkbar.
Mittwoch, 19. November 2003
THEMA HOLOCAUST
Schockunterricht für Lübecker
Grundschüler
Um zu zeigen, was Ausgrenzung ist, dachte sich eine Grundschullehrerin ein
Spiel aus: Neunjährige heftete sie im Unterricht einen grünen Pfeil an und
verbot ihnen, den Klassenraum zu verlassen oder zur Toilette zu gehen. Die empörten
Eltern sehen Parallelen zum Judenstern.
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Lübeck - Ärger
im Klassenraum: Eine Lehrerin hatte ihren Schülern zeigen wollen, was
Ausgrenzung in der Gesellschaft bedeutet und dachte sich ein fragwürdiges
Rollenspiel zur Veranschaulichung aus. Am 9. November, dem Jahrestag der
Reichspogromnacht, heftete sie Dritt- und Viertklässlern im Unterricht grüne
Pfeile an die Kleidung und las ihnen einen "angeblich amtlichen
Brief" vor. Danach durften die so gezeichneten Schüler die Schultoiletten
nicht mehr benutzen und den Klassenraum nicht mehr verlassen.
Nachdem sie ihren Schülern
den Hintergrund des Spiels erklärt hatte, las sie ihnen aus einem Buch die
Geschichte vor, in der es um einen christlichen und einen jüdischen Jungen in
Deutschland zur NS-Zeit geht.
"Holocaust taugt
nicht für ein Rollenspiel"
Nach Bekanntwerden des
Vorfalls kritisierten Eltern den "Schock-Unterricht" an der
Utkiek-Grundschule und verglichen das Anheften der grünen Pfeile mit dem
Judenstern im Nationalsozialismus. Drittklässler seien noch viel zu jung für
eine Behandlung des Holocaust, beschwerten sich aufgebrachte Eltern bei Günter
Fernow, dem Rektor der Schule. Der stellte sich laut dpa hinter die Lehrerin:
"Es ging in der Unterrichtseinheit nicht um den Holocaust, sondern um
Ausgrenzung, die ja in vielfältigster Form vorkommt", sagte Fernow.
"Es war im Ansatz
eine gute Sache, auch wenn das Thema Holocaust nicht für ein Rollenspiel
taugt", sagte die zuständige Schulrätin Kirsten Blohm-Leu. Dass von
"Schock-Unterricht" die Rede ist, halte sie für "verfehlt".
Die Schulrätin versicherte, die Lehrerin habe sich die Kritik inzwischen zu
Herzen genommen und werde die Unterrichtseinheit so nicht mehr anwenden.
Kultusministerin:
"Unangemesse Schockmethoden"
Inzwischen hat sich auch
die schleswig-holsteinische Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) zu dem
Vorfall geäußert: "Das Thema Holocaust steht nicht im Lehrplan der
Grundschule. Ich halte es darüber hinaus für unangemessen, die Schrecken der
Nazizeit in der Schule mit Schockmethoden vermitteln zu wollen." Die
Schulaufsicht habe sich der Angelegenheit bereits angenommen, hieß es aus dem
Ministerium.
In den "Lübecker
Nachrichten" kamen am Dienstag mehrere Eltern zu Wort. Ein so schwieriges
und grausames Thema könne man nicht in der dritten und vierten Klasse
unterrichten, kritisierte eine Mutter, andere Eltern berichteten, dass ihre
Kinder aufgeregt oder sogar weinend aus der Schule nach Hause gekommen seien.