Dienstag, 25. November 2003

 

Innenministerium lehnt Projekte ab

 

Erfurt (dpa/OTZ). Das Innenministerium lehnt die Förderung der Projekte "Abad" und "Mobit"gegen rechte Gewalt in Erfurt, Gotha, Gera und Saalfeld ab.

"Den Weg, mit dem Rechtsextremimus bekämpft wird, halten wir nicht für den richtigen Weg", sagte Innenstaatssekretär Manfred Scherer. So habe "Abad" auf einem Plakat zu einer Demonstration mit Vermummten aufgerufen. Scherer lobte dagegen die Arbeit des Vereins "Neue Ebenen" in Nordhausen.

Weil das Land laut "Thüringer Allgemeine" eine Zusage zur Kofinanzierung verweigere, könnten 2004 rund eine halbe Million Euro aus dem Bundesprogramm "Civitas" nicht nach Thüringen fließen.

Die Landessprecherinnen der Grünen, Astrid Rothe und Katrin Göring-Eckardt, forderten vor dem Hintergrund des Extremismusberichtes die Landesregierung auf, dafür zu sorgen, "dass die Programme gegen Rechts auch in Thüringen weiterlaufen können."

 

 

 

Dienstag, 25. November 2003

Ströbele-Attentäter vor Gericht

Mehr als ein Jahr nach dem Überfall auf den Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele muss sich heute ein polizeibekannter Rechtsextremist vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Der mutmaßliche Schläger ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Zwei Tage vor der Bundestagswahl, am 20. September 2002, soll der 36-Jährige Ströbele von hinten mit einer Stahlrute auf den Kopf geschlagen haben. "Es war so gegen 7.30 Uhr. Ich hatte bereits seit einer Stunde vor dem S-Bahnhof Warschauer Straße meine Flyer verteilt, da erwischte mich plötzlich von hinten ein Schlag und ein Mann beschimpfte mich", erinnert sich Ströbele an das Attentat, bei dem er eine Gehirnerschütterung erlitt. Trotz seiner Verletzung folgte Hans-Christian Ströbele seinem Angreifer, der mit Hilfe der Polizei gefasst werden konnte.

"Der Vorfall hat mich natürlich schon beschäftigt", sagte Ströbele gestern. "Ich bin seither vorsichtiger, wenn ich mich in der Öffentlichkeit bewege."

 

 

Dienstag, 25. November 2003

Brandanschlag

. Unbekannte haben gestern am frühen Morgen einen an der Elsastraße in Hohenschönhausen abgestellten Laster in Brand gesetzt. Das Fahrzeug wurde völlig zerstört. Da der Halter des Lkw Mitglied der NPD ist, geht die Polizei von einem politischen Hintergrund aus. Der Staatsschutz ermittelt.

 

 

Dienstag, 25. November 2003

Johannisthal

Polizisten haben in der Nacht zum Sonnabend einen illegalen Treffpunkt der rechtsradikalen Szene entdeckt. Den Beamten fiel ein etwa 600 Meter langes Kabel auf, das von einem Verteilerkasten der Bewag am Segelfliegerdamm zu einem leer stehenden Gebäude führte. In einem Raum trafen sie fünf Männer im Alter von 16 bis 20 Jahren an. An die Wände waren verfassungsfeindliche Symbole gesprüht. Die Polizei ermittelt auch wegen Stromdiebstahls.

 

 

Dienstag, 25. November 2003

Angriff auf Ströbele

14 Monate nach der Attacke beginnt der Prozess gegen Neonazi

Es war noch früh – Hans-Christian Ströbele stand zwei Tage vor der Bundestagswahl 2002 auf der Warschauer Brücke und verteilte Handzettel der Grünen. Der Politiker sah den Angreifer nicht kommen, der plötzlich von hinten ausholte. Der Hieb traf Ströbele mit voller Wucht am Kopf. Zwei Polizisten nahmen den Mann dann fest. Vermutlich hat Ströbele Glück gehabt, dass ihm nicht mehr passiert ist: Bei dem Festgenommenen handelt es sich um den Neonazi Bendix W. (36), einen mehrfach bestraften Waffenfreak, der nach Ansicht von Sicherheitsexperten als extrem gefährlich gilt.

Der Angriff geschah am 20. September 2002, aber erst am heutigen Dienstag beginnt der Prozess gegen Bendix W. Dass die Justiz 14 Monate brauchte, um den Neonazi vor Gericht zu bringen, „irritiert und ärgert mich“, sagt Ströbele. Justizsprecher Björn Retzlaff hält hingegen Vorwürfe für unangebracht. Die Staatsanwaltschaft habe die Anklage bereits Ende 2002 beim Landgericht eingereicht. Dieses habe im Frühjahr entschieden, das Verfahren ans Amtsgericht abzugeben, da der Fall trotz des prominenten Opfers als nicht so gravierend galt. Und im Amtsgericht, sagt Retzlaff, habe sich dann eine „überdurchschnittlich belastete Abteilung“ mit der Tat befassen müssen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Bendix W. Beleidigung und gefährliche Körperverletzung vor. Der Neonazi bestreitet, den Politiker geschlagen zu haben. Beinahe hätte die Tat auch makabere Folgen gehabt:Am Tag der Bundestagswahl ließ Ströbele sich in der Charité eingehend untersuchen – und hätte es fast nicht mehr ins Wahllokal geschafft. Beim Prozess wird er als Nebenkläger und Zeuge auftreten. Er wolle jedoch „nicht unbedingt“, sagt Ströbele, dass W. eine besonders hohe Strafe bekommt. fan

 

 

 

Dienstag, 25. November 2003

VEREIN FÜR DEMOKRATIE

Neue "Gauck-Behörde"

Joachim Gauck ist neuer Vorsitzender des Vereins "Gegen Vergessen - Für Demokratie", der sich mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus und der DDR-Geschichte befasst. Der ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen wurde bei der Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit gewählt, teilte der Verein gestern mit. (epd)

 

 

Dienstag, 25. November 2003

Anzeigen nach
Al-Quds-Demo

Gegen Teilnehmer der Islamisten-Demonstration zum so genannten Al-Quds-Tag am Samstag in Berlin sind zwei Strafanzeigen wegen Beleidigung und wegen Volksverhetzung erlassen worden. Das teilte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern mit. Insgesamt war der Aufzug mit rund 1.000 Teilnehmern friedlich verlaufen. Bereits zu Beginn hatten Sicherheitskräfte Gewalt verherrlichende Transparente eingezogen. Körting verteidigte seine Strategie im Innenausschuss. Es gebe häufig Demonstrationen, deren politische Richtung nicht geteilt werde. Wenn jedoch Straftaten konsequent unterbunden würden, sei ein Verbot einer Demonstration nicht gerechtfertigt. DDP

 

 

Dienstag, 25. November 2003

 

„Na klar bin ich rechtsradikal“
Warum viele Bernsdorfer mittags einen großen Bogen um die Mittelschule machen
Von Thomas Mielke

Mittags machen viele Bernsdorfer einen großen Bogen um ihre Mittelschule. Der Grund: Seit langem triff sich vor den Toren der Schule eine Gruppe Jugendlicher in Bomberjacken und Springerstiefeln, die ihre Gesinnung nicht versteckt.

Na klar bin ich rechtsradikal“, sagt der junge Mann. Er senkt den Blick nicht. Es ist ihm auch nicht peinlich. Er steht zu seiner Meinung, so wie er breitbeinig in Springerstiefeln und mit „White Power“-Aufnäher auf der Bomberjacke vor dem Tor der Bernsdorfer Mittelschule steht. Einige in der knapp 20-köpfigen Gruppe nicken zustimmend, andere sehen weg, ein Teil kichert. Der Wortführer ist deutlich älter als die anderen. Man kennt sich, akzeptiert sich. Mindestens seit dem Frühling sind die Älteren der Gruppe pünktlich zum Schulschluss da. Ein paar Mädchen aus der 8. Klasse haben sich wohl in die älteren Jungs verliebt, vermutet die Schulleitung. Die Jungs aber, die deutlich in der Mehrzahl sind, fühlen sich aus anderen Gründen zu den Älteren mit kurzen Haaren und Bomberjacken hingezogen: Der „Hass“ auf die Russlanddeutschen verbindet sie. Viele Aussiedler kommen über das Wiednitzer Heim nach Bernsdorf. Egal, ob sie in der Stadt oder im Nachbardorf leben: Sie besuchen die Bernsdorfer Schule. Mittlerweile machen sie einen Großteil der Schülerzahl aus. Wie viel genau, wollte die Leitung nicht sagen. Die Feindseligkeiten zwischen den Russlanddeutschen und der Gruppe (und vielleicht auch anderen) sind jedenfalls mitgewachsen. Die Russen würden bevorzugt, sie seien arrogant, würden deutsche Mädchen anmachen und nur russisch sprechen (...), erklärt die Gruppe vor dem Schulhaus ihre Abneigung. „Solche gehören nicht in unsere Schule. Sie gehören nicht nach Deutschland“, sagen sie TAGEBLATT. Und Schlimmeres. Dass diese Wut sich entlädt, liegt nahe. Prügeleien auf dem Schulgelände, von denen fremde Augenzeugen berichten, bestreitet die Gruppe. Außerhalb der Schule sieht das anders aus. Das gebe sie zu. Offenbar stehen sich beide Parteien aber in nichts nach. So erzählen die Jungs, dass vier von ihnen vorvergangenes Wochenende nachts von 30 Russlanddeutschen abgepasst und durch Bernsdorf gehetzt wurden. Von offizieller Seite werden die Verfolgungen und Prügeleien nicht bestätigt. Nach eigenen Angaben wissen Bürgermeister, Schule und Polizei von nichts. Trotzdem ist das prinzipielle Problem bekannt. Stadtverwaltung und Schule können aber ihrer Meinung nach nichts dagegen unternehmen - denn die Jugendlichen, vor allem die älteren „Anstifter“, die längst aus der Schule raus sind, stehen vor dem Tor der Schule und nicht dahinter. „Solange sich die Jugendlichen nicht gegen Bestimmungen, Verordnungen und Gesetze vergehen, haben sie das Recht, sich im öffentlichen Verkehrsraum zu bewegen“, sagt Bürgermeister Eberhard Menzel (PDS-Mandat). Genauso sieht das die Schulleitung. Ungeachtet dessen versucht sie mit Projekten gegen rechte Gesinnung und Aufklärung den Anfängen zu wehren. Matthias Kemper, Mitarbeiter des Kulturbüros Sachsen und von Bernsdorfs „Bürgermeister legitimiert“ zu helfen, lobt sie dafür. Trotzdem „haben wir ein Problem mit Rechts“ in Bernsdorf, sagt er. Die Clique vor der Schule gehöre dazu, wenn sie auch nicht der harte Kern der Szene ist. Das sind die freien Aktivisten, die sich erst vor einem Jahr konstituiert haben. „Ich finde es einen Skandal, dass da nicht eingeschritten wird“, sagt Pfarrerin Angelika Scholte-Reh. Niemand sei präsent, niemand fahre das Gewaltpotenzial runter. Das Problem werde ignoriert. Deshalb schlägt sie vor, dass Streetworker engagiert werden. Vielleicht findet ihr Vorschlag Gehör. Am 1. Dezember wollen sich verschiedene soziale Vereine, die Stadt und die Kirche treffen, um die weitere Jugendarbeit in Bernsdorf zu besprechen.

 

 

 

Dienstag, 25. November 2003

 

Joachim Gauck · Der evangelische Theologe und ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen ist zum neuen Vorsitzenden der Vereinigung "Gegen Vergessen - Für Demokratie" gewählt worden. Er ist Nachfolger von Hans Koschnick, der aus gesundheitlichen Gründen sein Amt niederlegte, wie der Verein am Montag in Berlin mitteilte. Der 1993 gegründete Verein hat sich die Aufarbeitung des Nationalsozialismus und der DDR-Geschichte zur Aufgabe gemacht. Er befasst sich auch mit heutigen Formen von politischem Extremismus und Rassismus. Kann

 

 

 

Dienstag, 25. November 2003

Interview: Markus Bernhardt

 

Aufregung um Siegessäule: Keine rassistischen Klischees?

 

jW sprach mit Manuela Kay und Peter Polzer. Sie sind Chefredakteure des Berliner Homo-Magazins Siegessäule

 

F: Gibt es rassistische Meinungsbilder bei Lesben und Schwulen?

Polzer: Die gibt es durchaus. Jedoch nicht auf unserem Titelbild, auf dem wir unter der provokanten Überschrift »Türken raus!« einen Artikel »vom Coming out in zwei Kulturen« angekündigt haben.

F: Der Leitartikel ist nicht unumstritten.

Polzer: Zu dem Artikel selbst wird uns überall bescheinigt, gut recherchiert zu haben.

F: Darin ist von einem »Kebabgehege« die Rede. Was soll das sein?

Polzer: Das ist ein flapsiger Ausdruck für ein bestimmtes Gebiet.

Kay: Wir können das vielleicht alles abkürzen, indem wir sagen, daß es bisher nicht einen einzigen aus der Türkei stammenden Menschen gab, der sich bei uns gemeldet hat und den Artikel oder unser Cover rassistisch fand.

F: Der Artikel arbeitet mit weiteren Stereotypen. Zitat: »Am öffentlichen Leben im türkischen Kiez nimmt hauptsächlich der Mann teil. Die Frau steht unter Hausarrest, ist von der Außenwelt abgeschnitten, für jeden Fremden unerreichbar. (...) Wer auf der Straße Kaugummi kaut oder gar raucht, gilt als Schlampe. Dagegen kratzen sich die vor Kraft strotzenden Söhne ostentativ an den Eiern und stellen ihre Potenz unter Beweis.« Auf deutsche Verhältnisse übertragen könnte der Umkehrschluß wie folgt lauten: Der Mann kommt von der Arbeit nach Hause, schlingt eine Currywurst herunter, schlägt seine Frau, weil sein Bier nicht lang genug im Kühlschrank stand, und nimmt sich anschließend, was er sexuell braucht.

Kay: Da muß es ja keinen Umkehrschluß geben. Ich komme zum Beispiel aus Kreuzberg, und die türkische Lebenswelt sieht dort mit Sicherheit nicht so aus, wie wir uns das als aufgeklärte Deutsche immer wünschen. Nur weil man bestimmte Realitäten beschreibt, ist man noch lange nicht rassistisch. Wir bemühen uns schließlich, Klischees nicht zu verstärken.

F: Das »wissenschaftlich-humanitäre komitee« (whk) wirft Ihnen vor, »dem rassistischen Mob die Parole zu liefern«.

Kay: Das whk ist eine kleine, stalinistisch-dogmatische Gruppe einiger übrigens deutscher Schwuler, die jeden, der nicht ihrer Meinung ist, als rassistisch, antisemitisch und fremdenfeindlich bezeichnet.

F: Norbert Blech vom eher bürgerlichen Internetportal Queer.de wirft Ihnen »Effekthascherei« mit einem »Nazispruch« vor.

Kay: Blech hat sich an die Kampagne des whk drangehängt. Man kann ja durchaus über bestimmte Sätze in der Siegessäule diskutieren. Daß durch unsere Wortwahl mitunter ungewollt rassistische Klischees bedient werden, wie in manchen anderen Sätzen Frauen- oder Schwulenfeindlichkeit bedient wird, ohne daß wir das gemerkt haben, kann ja sein. Darüber kann man dann aber diskutieren, schließlich haben wir keinerlei rassistische Absichten.

F: »Kebabgehege« ist kein Wort, welches einem mal eben unbewußt aus der Feder fließt.

Warum? Ich selber sage auch, daß ich in einem Türken- und Lesbenghetto lebe. So ist das nun mal.

F: Sie würden also alles wieder genauso machen?

Polzer: Ja.

Kay: Ja. Solange das whk sich aufregt, weiß ich, daß wir das Richtige getan haben.

F: Der AStA der Freien Universität Berlin hat die Auslage der November-Ausgabe der Siegessäule untersagt, antirassistische Gruppen haben große Teile des Magazins wieder eingesammelt. Sind Sie von »dogmatischen Stalinisten« umgeben?

Polzer: Wir haben einen gut funktionierenden Vertrieb, dem nichts davon bekannt ist, daß nennenswerte Mengen der Siegessäule verschwunden wären.

F: Die Siegessäule steht nicht zum ersten Mal in der Kritik. Erinnert sei an die Veröffentlichung der rassistischen Opferberichte des sogenannten Schwulen Überfalltelefons Berlin.

Kay: Wir veröffentlichen seit Jahren keine Opferberichte mehr.

Polzer: Wir haben bis vor fünf Jahren den »Kriminalreport« veröffentlicht, in dem unser Autor Jens Dobler die Opferberichte zusammengefaßt hat. Diese wurden jedoch eingestellt, weil es in ihnen immer öfter zu einer Einteilung der Täter nach ihrer Herkunft kam.

 

 

 

Dienstag, 25. November 2003

 

Wie Menschen unter den Nazis Mut bewiesen

Mark Roseman hat den Geschwister-Scholl-Preis erhalten. Geehrt wurde der englische Historiker für seine Biografie einer deutschen Jüdin. Mit der Beschreibung des Schicksals von Marianne Strauß habe er exemplarisch gezeigt, dass es auch im Dritten Reich möglich war, großen Mut zu beweisen, urteilte die Jury.

München - Roseman erhielt die mit 10.000 Euro verbundene Auszeichnung für sein Buch "In einem unbewachten Augenblick - Eine Frau überlebt im Untergrund". Roseman habe in der Biografie über das Schicksal einer deutschen Jüdin in exemplarischer Weise deutlich gemacht, dass es auch im nationalsozialistischen Terrorsystem möglich gewesen sei, großen persönlichen Mut zu beweisen, urteilte die Jury.

Das im Berliner Aufbau Verlag erschienene, rund 600 Seiten umfassende Buch erzählt die Geschichte der 1923 geborenen deutschen Jüdin Marianne Strauß aus Essen, die im August 1943 unmittelbar vor der Deportation ihrer Eltern und ihres Bruders durch die Gestapo untertauchte. Die Familie von Marianne Strauß, ihr Verlobter und dessen Familie wurden ermordet, ihre Hoffnungen auf einen Neubeginn in Deutschland wurden enttäuscht. Marianne Strauß ging 1946 nach Großbritannien, heiratete einen britischen Offizier und führte laut Verlagsangaben ein unauffälliges Leben als Ehefrau und Mutter.

Das Buch wurde schon bei seinem Erscheinen in Großbritannien von der Presse gefeiert und ist seitdem mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden. In seiner Laudatio in München würdigte der Theater- und Fernsehregisseur Imo Moszkowicz, selbst ein Überlebender des Holocaust, das Buch, weil es "an das Vermächtnis der Geschwister Scholl und all derer gemahnt, die für ihre unbeugsame Haltung ihre Leben lassen mussten". Mit der mit detektivischer Akribie geschriebenen Geschichte der Marianne Strauß habe Roseman zugleich ein Zeitbild genauester Art gemalt.

Roseman betonte, er habe auch die Aufdeckung einer Geschichte unter den schwierigen Umständen der Nach-Holocaust-Zeit transparent machen wollen. Dies sei notwendig, "wenn man die Erinnerung wach halten und nicht auf Pflichtlektüre und Sonntagsreden schrumpfen lassen will". Über die Affäre um den CDU-Politiker Martin Hohmann sagte Roseman, in einem Punkt wolle er dem "inzwischen nicht nur in Militärkreisen berühmten Herrn Hohmann Recht geben". Deutschland sei das Land, das sich am intensivsten mit den Schattenseiten seiner Geschichte beschäftigt habe.

Mit dem vom Verband Bayerischer Verlage und Buchhandlungen und der Stadt München gestifteten Preis sollen Werke ausgezeichnet werden, die von geistiger Unabhängigkeit zeugen und geeignet sind, dem Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Christa Wolf, Reiner Kunze, Rolf Hochhuth und im vergangenen Jahr der US-amerikanische Politikwissenschaftler und Holocaust-Forscher Raul Hilberg.

 

 

Dienstag, 25. November 2003

 

Der KZ-Aufseher muss gehen

Er war Mitglied des Totenkopf-Bataillons der SS und Aufseher im Lager Mauthausen. Er hatte sich in die USA abgesetzt und sich den dortigen Behörden entzogen. Nun wurde Johann Leprich festgenommen. Möglicherweise wird er nach Deutschland abgeschoben.

Detroit - Bundesrichter Larry Dean folgte dem Antrag der Regierung: In Detroit verfügte er die Abschiebung des ehemaligen KZ-Aufsehers Johann Leprich, der sich mehr als 50 Jahre den US-Behörden entzogen hatte. Noch ist offen, wohin der 78-Jährige ausgewiesen werden soll. In Frage kommen dessen Heimatland Rumänien, Ungarn oder Deutschland. Dies teilte ein Sprecher der US-Einwanderungsbehörde mit.

Leprich war nach eigenem Geständnis Mitglied des Totenkopf-Bataillons der SS und Aufseher im Lager Mauthausen in Österreich, wo von 1938 bis Kriegsende 119.000 Gefangene hingerichtet wurden oder den Strapazen der Zwangsarbeit erlagen.

Der ehemalige SS-Mann wurde Anfang Juli in seinem Haus in Clinton Township im US-Staat Michigan festgenommen, wo er mit seiner Frau und seinem Sohn lebte.

Leprich war 1952 in die Vereinigten Staaten gekommen und hatte nach sechs Jahren die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten. Diese wurde ihm aber 1987 wegen falscher Angaben in seinem Einwanderungsantrag wieder entzogen. Vor der drohenden Abschiebung floh Leprich damals nach Kanada. Seitdem hielt er sich nach Angaben der Behörden abwechselnd dort und in den USA auf.