Dienstag, 30. März 2004
Jugendliche erarbeiten DDR-Ausstellung |
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Bad Sülze Ein original verpacktes Sortiment nostalgisch anmutender DDR-Frottee-Badehandtücher und ein Satz unbenutzter Sektgläser in Fischkopfoptik – diese nicht ganz ernst gemeinten Quizpreise erwarteten die Gäste der DDR-Ausstellung im Jugendhaus Alte Molkerei.
Vorbereitet wurden Ausstellung und Gewinnspiel von Jugendlichen, die im letzten halben Jahr eine Maßnahme des Arbeitsamtes oder des Sozialamtes in dem Jugendhaus absolvierten. „Im Rahmen des Xenos-Projektes konnten 50 Jugendliche Einblicke in verschiedene Berufszweige gewinnen. Die Ausstellung dient für die Jugendlichen als Abschluss des Projektes.“ Die Mitarbeiterin der Schreibwerkstatt, Mandy Ohm, stach mit einer Reißzwecke in das Bild von Erich Honecker, um ihm einen anderen Platz zu geben.
Entstanden ist eine Ausstellung, die alle Seiten und Bereiche des sozialistischen Mauerstaates beleuchtet. Von Mode, über Wirtschaft, Sport und Politik – die Gäste, die zum Teil Zeitzeugen der Geschehnisse waren, zeigten sich zufrieden mit den Darstellungen. Wandzeitungen mit Informationen und Bildern, alte Ausweise, Uniformen und Abzeichen – mehr als 100 Exponate standen den Besuchern zur Schau.
In der nächsten Woche treffen dann wieder Jugendliche aus der Umgebung ein, die sich durch das Projekt Orientierung in der Arbeitswelt erhoffen.
C. RIEMER
Dienstag, 30. März 2004
MAINZ ap Der islamische Extremismus hat in Deutschland weiter Zulauf. Wie der Mainzer Innenminister Walter Zuber (SPD) gestern bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes Rheinland-Pfalz sagte, kletterte die Zahl der Islamisten 2003 gegenüber dem Vorjahr von bundesweit 30.600 auf 30.950. Auch die Neonaziszene habe wieder starken Zulauf. So hätten die Verfassungsschützer bundesweit einen Mitgliederzuwachs von 15,4 Prozent auf rund 3.000 festgestellt.
Insgesamt müsse die rechtsextremistische Szene allerdings einen deutlichen personellen Rückgang verzeichnen, sagte Zuber. So seien 2002 noch rund 45.000 Menschen den unterschiedlichsten rechtsextremistischen Organisationen zugerechnet worden. Ein Jahr später waren es nach seinen Angaben nur noch 41.500. Diese Entwicklung gehe vor allem auf den Mitgliederschwund der etablierten rechtsextremistischen Parteien wie NPD oder DVU zurück. Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten vor allem aus der Skinheadszene habe bundesweit bei etwa 10.000 gelegen gegenüber 10.700 im Jahr 2002.
Einen leichten Zuwachs konnte, so Zuber, dagegen 2003 der politische Linksextremismus verzeichnen. Hier stieg die Zahl der in den verschiedensten Parteien und Organisationen zusammengeschlossenen Personen nach den Worten des rheinland-pfälzischen Innenministers von 31.100 auf 31.300. Dem habe ein Rückgang bei den gewaltbereiten Linksextremisten von 100 auf 5.400 Personen gegenübergestanden.
Dienstag, 30. März 2004
Fünf mutmaßliche Neonazis müssen sich vor dem Landgericht seit Montag wegen Misshandlung eines Punks verantworten. Die Angeklagten im Alter von 18 bis 24 Jahren sollen den Jungen vergangenen September auf einem Spielplatz in Hohenschönhausen mit Springerstiefeln getreten und mit einer Flasche, einer Holzkeule und Fäusten geschlagen haben. Einer der Angeklagten sagte zu Prozessbeginn, der 14-Jährige sollte eigentlich nur zur Rede gestellt werden, weil er sich über einen von ihnen lustig gemacht habe. Die Angeklagten haben die Vorwürfe weitgehend eingeräumt. Sie waren ihren Aussagen nach angetrunken. Die meisten haben sich nach eigenen Angaben inzwischen von der rechten Szene gelöst. DPA
Dienstag, 30. März 2004
Der islamische Extremismus hat in Deutschland weiter Zulauf. Wie der Mainzer Innenminister Walter Zuber (SPD) sagte, kletterte die Zahl der Islamisten 2003 gegenüber dem Vorjahr von bundesweit 30 600 auf 30 950. Auch die Neonaziszene habe wieder starken Zulauf. So hätten die Verfassungsschützer bundesweit einen Mitgliederzuwachs von 15,4 Prozent auf rund 3000 festgestellt.
Dienstag, 30. März 2004
Fünf rechte Schläger gegen einen Punk Prozess um
Misshandlung
eines 14-Jährigen
Die fünf Glatzköpfe kannten den Jungen mit der Punkerfrisur nicht. Ihnen
genügte sein Lächeln. Sie attackierten Marcus (14) mit mindestens 25
Fausthieben, einer Holzkeule, einer Flasche und Tritten. „Sie haben grundlos
und mit voller Wucht auf mich eingeschlagen“, sagte der Schüler gestern vor dem
Berliner Landgericht. Die Angeklagten im Alter von 18 bis 24 Jahren gaben den
Überfall vor sechs Monaten auf einem Spielplatz in Hohenschönhausen zwar zu.
Aus ihrer Sicht aber ist „die Sache irgendwie eskaliert“.
Die mutmaßlichen Neonazis saßen bei Korn und Bier zusammen. Dennis (18) wurde
losgeschickt, um Zigaretten zu holen. Er kam entrüstet zurück: „Ein Punk hat
sich über mich lustig gemacht.“ Alle fünf zogen los. Michael R. nahm eine
Holzkeule, die bei seinem Kumpel Marcel B. (22) in einer Glasvitrine stand.
„Wir wollten ihn nur zur Rede stellen“, meinte der breitschultrige R. (19), der
über Kameradschaften aktiv in der rechten Szene eingebunden war. Zu Linken
hätten sie damals alle kein gutes Verhältnis gehabt. Bei der Sache mit Marcus
habe er sich aber noch unter Kontrolle gehabt, sonst hätte „Schlimmeres
passieren können“, meinte R.
Wie die Mitangeklagten stellte sich R.
als inzwischen geläutert dar: „Ich lehne jetzt Gewalt ab.“ Opfer Marcus, der
damals Prellungen und Blutergüsse erlitten hatte, schüttelte den Kopf. Erst vor
wenigen Wochen soll R. in einem Brief zu Attacken auf „Linke und Punks“
aufgerufen haben. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. K.G.
Dienstag, 30. März 2004
„Nieder mit Hitler!“
Ausstellung über die Widerstandsgruppe Weiße Rose in Berlin
Die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ ist Gegenstand einer Ausstellung, die ab Mittwoch
im Foyer des Deutschen Bundestages gezeigt wird. Fotos und Texte dokumentieren
den Kreis um die Geschwister Scholl, Willi Graf, Alexander Schmorell, Kurt
Huber und andere von der Gründung bis zur Verurteilung. Zwischen 1942 und 1943
hatten die Studenten Flugblätter verfasst, auf denen sie zum Widerstand gegen
das NS-Regime aufriefen und Parolen wie „Nieder mit Hitler!“ an Häuserwände
geschrieben. Der „Volksgerichtshof“ verurteilte sechs Mitglieder der
Widerstandsgruppe zum Tode und verhängte etliche Haftstrafen. Die von den
Zeitzeugen Otl Aicher und Franz J. Müller (Weiße Rose Stiftung e.V.)
konzipierte Ausstellung dokumentiert die Bedeutung Münchens als „Zentrum der
NS-Bewegung“ und porträtiert auch weniger bekannte Gruppenmitglieder. 31.3. bis
30.4. im Paul-Löbe-Haus (Westfoyer), Konrad-Adenauer-Str. 1 (Mitte). Montags
8–16 Uhr, Di. – Do. von 8-17 Uhr, Fr. 8–14 Uhr. Info: Tel. 22 73 21 43. mro
Dienstag, 30. März 2004
Ermittlungen gegen rechte Band |
Staatsanwaltschaft prüft, ob Volksverhetzung vorliegt |
Ostvorpommern Mitglieder und Umfeld der rechtsextremen Rockgruppe „Skalinger“ aus dem Raum Wolgast sind in das Visier der Justiz geraten. Wie Ralf Lechte von der Staatsanwaltschaft Stralsund gestern mitteilte, stehen die Ermittlungen kurz vor dem Abschluss. Unter anderem werde der Tatbestand der Volksverhetzung geprüft. Die Ermittlungen richten sich gegen die drei Bandmitglieder und eine „große Gruppe Sympathisanten“, die für den Vertrieb von Kassetten und CDs zuständig war.
Mehrere Tonträger der Gruppe stehen auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Das Landesamt für Verfassungsschutz bezeichnet „Skalinger“ in einem Bericht von 2003 als eine der aktivsten Skinhead-Bands von Mecklenburg-Vorpommern. Innenminister Gottfried Timm ruft die Bürger dazu auf, Strafanzeige zu stellen, wenn in ihrem Umfeld rechtsextreme Musik abgespielt wird.
GKW
Dienstag, 30. März 2004
Arme,
unschuldige Prügelknaben
Anklage gegen fünf rechte Schläger aus der Kameradschaftsszene
Von
Peter Kirschey
Mühsam quälen sich zwei der fünf Angeklagten im Alter zwischen 17 und 24 Jahren
eine vorher abgestimmte Entschuldigung heraus. Das Wort »Opfer« kommt ihnen
nicht über die Lippen, nur »Zeuge«, allenfalls die juristische Variante
»Geschädigter«. Dabei hatte die Fünferbande am 30. September gegen 17.45 Uhr
auf einem Spielplatz an der Biesenbrower Straße in Hohenschönhausen fast einen
Jugendlichen erschlagen. Die fünf Helden können froh sein, dass die Anklage
nicht auf versuchten Totschlag, nur auf schweren Raub und gefährliche
Körperverletzung lautet.
Die Täter könnten ihrem 14-jährigen Opfer in die Augen schauen, er sitzt als
Nebenkläger im Gerichtssaal. Doch den Mut bringen sie nicht auf.
Anders an jenem 30. September. Da saß man, wie so oft, bei Schnaps und Bier
beieinander und hatte viel Spaß miteinander, wie sie es formulierten. Dumpf vor
sich hinzutrinken war eine Lebensbeschäftigung der jungen Vertreter der
Herrenrasse. Die andere: Ausländer und »Zecken« zusammenschlagen, wenn es ihnen
in den Kram passt. An diesem Nachmittag passte es. Denn sie waren wütend auf
alle Ausländer, die die Wohnungen und die Arbeit rauben. Zwar hat ihnen noch
kein Ausländer Wohnung und Arbeit geraubt, doch es passte so schön in ihr enges
Weltbild. Und da kein Ausländer in der Nähe war, durfte es auch ein Punk sein.
Von Dennis, dem Zigarettenholer, hatten Christoph, Michael, Daniel und Marcel
erfahren: Auf dem Spielplatz sitzt einer, der aussieht wie ein Punk. Und der
hat sich über Dennis wegen seiner Ausstaffierung mit Bomberjacke und
Springerstiefel lustig gemacht. Grund genug, um es diesem Punk einmal so
richtig zu zeigen, wer ein anständiger Deutscher ist. Wie es der Zufall wollte,
hatte Marcel noch eine mit Holzstacheln und der Aufschrift »für liebe Gäste«
besetzte Keule in der Vitrine seiner Wohnung.
Der 14-Jährige saß auf einer Tischtennisplatte auf dem Spielplatz. Als der
Trupp anrollte, ging es auch gleich zur Sache. Zu fünft fiel man über den
Schüler her, traktierte ihn zunächst mit Fäusten. Dann kam die Keule zum
Einsatz und eine Bierflasche. Dabei rissen sie ihm alle »undeutschen« Aufnäher
von der Kleidung. Als der Junge auf dem Boden lag, traten sie mit
Springerstiefeln auf ihm herum – und zogen sich dann wieder ins Quartier von
Marcel zurück, um von der vollbrachten Heldentat zu schwärmen.
Vor Gericht nun ist das Gedächtnis aller Täter arg zusammengeschrumpft. Mit dem
Punk wollte man sich nur aussprechen, dann aber sei die Situation
bedauerlicherweise eskaliert. Jeder hält den eigenen Prügelbeitrag möglichst
klein. Keiner will es so recht gewesen sein. Doch klar ist: Michael, der
bullige, kahlköpfige Kamerad aus Strausberg, war der Schlimmste von allen. Und
die anderen haben trotz anfänglicher Bedenken mitgemacht. An Reue ist zumindest
bei Michael kaum zu glauben. Noch vor einem Monat hat er in einem Brief dazu
aufgerufen, »Linke und Punks« totzuschlagen. Die anderen distanzieren sich,
durch mehrmonatige Untersuchungshaft ein wenig geläutert, recht halbherzig von
rechter Gewalt. Doch von ihrer Ideologie sind sie noch lange nicht abgerückt.
Sie sprechen über Stolz auf deutsches Soldatentum – einschließlich der
Verbrechen der Wehrmacht, Stolz auf Rudolf Heß, dem »Hitler-Stellvertreter«,
sie tragen deutsche Ordensattrappen – ein trauriges, gefährliches Häuflein
Verwirrter präsentiert sich da vor Gericht.
Während die Nebenklage nachbohrt, Aussage für Aussage den rechtsextremistischen
Hintergrund entblättert, versuchen die Verteidiger, Alkohol, traurige Kindheit
und Lebensmisserfolge in den Mittelpunkt zu stellen. Im April wird
wahrscheinlich das Urteil gefällt.
Dienstag, 30. März 2004
Nachsicht
Nazis – eine kriminelle Vereinigung
Von Uwe Kalbe
Autoschieberbanden, die Liaison, die ein Dealer eingeht, sogar den Kuss eines
Heiratsschwindlers – all dies kann als kriminelle Vereinigung gelten. Die
jungen Männer, deren erklärtes Ziel die Säuberung der Sächsischen Schweiz von
Linken und Ausländern war, sind der Betätigung in einer kriminellen Vereinigung
angeklagt. Kriminell, zweifellos, ist ein solches Ansinnen auch. Dennoch
schimmert darin auch Nachsicht. Sie abstrahiert von einem entscheidenden
Unterschied zu anderen kriminellen Handlungen. Vom motivierenden Anteil des
Rassismus.
Kriminelles Tun ist einfacher zu identifizieren. Weshalb sich einer der
Angeklagten im SSS-Prozess nun zur Mitgliedschaft in dem mittlerweile
verbotenen Naziverein bekennt, nicht aber seine Beteiligungen an deren
kriminellen Handlungen zugibt. Er muss nicht damit rechnen, dass sein
Geständnis ihm ernsthaft schadet.
Der Rassismus im Alltag ist das Problem. Das stillschweigende Verständnis mit
dem Täter, das nur die Tat verurteilt. Die Medien, denen der Vermerk, dass
Antifaschisten friedlich blieben, wichtiger ist als ihr Protest. Die Politik,
die »Terroristen« auf Verdacht ausweisen will. Das Einstiegsalter in der
Neonaziszene sinkt bedenklich, warnt der Verfassungsschutz. 13-jährige
Skinheads sind keine Seltenheit. Egal, solange sie friedlich bleiben?