Thomas Pfeiffer:
Für Volk und Vaterland. Das Mediennetz der Rechten - Presse, Musik, Internet
Berlin (Aufbau Taschenbuch Verlag), 2002. 527 Seiten, € 10
rezensiert von Thomas Grumke


Thomas Pfeiffer macht gleich im Vorwort klar, was er mit seiner Studie leisten möchte: einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit rechtsextremistischem Denken und Handeln in Deutschland. Den Kern des aus seiner Dissertation an der Universität Bochum hervorgegangenen Buches stellen neun akribisch recherchierte Fallstudien zum "Mediennetzwerk der Rechten" dar. Pfeiffer formuliert als zentrale Ziele des gegenwärtigen deutschen Rechtsextremismus die Herstellung von "Gegenöffentlichkeit" und "kultureller Hegemonie" und beschreibt ihn als eine neue soziale Bewegung. Diese in der Sozialwissenschaft seit Jahren umstrittene Beschreibung wird sehr knapp, aber schlüssig unter Einbeziehung von Gegenargumenten begründet. Begrifflich unterscheidet der Autor zwischen "alter" und "neuer" Rechter, wobei letztere durch "neue strategische Orientierungen, Organisations- und Ausdrucksformen der die Neue Rechte tragenden jungen Generation" (S.24) gekennzeichnet ist und sich ideologisch in die Hauptströmungen "Nationalrevolutionäre" und "Konservative Revolutionäre" teilt. Im Sinne Wolfgang Gessenharters versteht Pfeiffer die "neue Rechte" als "Scharnier zwischen Rechtsextremismus und etabliertem Konservatismus" (S. 27).


Die folgenden neun Fallstudien werden entlang dreier Leitfragen entfaltet:
1.) Welchen Beitrag leisten Medien zur Vernetzung der Bewegung von rechts?
2.) Auf welche Weise unterstützen Medien die symbolische Integration der Bewegung?
3.) Wie professionell arbeiten rechte Bewegungsmedien?

Pfeiffer bringt das Kunststück fertig, so unterschiedliche Medientypen wie die "Junge Freiheit", "Nation & Europa", das mittlerweile eingestellte "Thule-Netz", "rocknord.de" und die "Zundelsite" des Ernst Zündel im Lichte dieser drei Fragen sehr detailliert zu untersuchen. So arbeitet er heraus, dass trotz der grossen Heterogenität der Medien mit ihren jeweils eigenen Profilen die Themen "Ausländer" (im Sinne eines Ethnopluralismus), Meinungsfreiheit (im Sinne der Unterdrückung extrem rechter Meinungen in Deutschland) und die Verharmlosung des Nationalsozialismus in einer erstaunlichen Geschlossenheit vertreten werden.

Zutreffend stellt Pfeiffer fest, dass es die zentrale Leistung der oftmals weitgehend nach innen gerichteten rechtsextremen Medien ist, Begriffe zu generieren, zu verbreiten und zu festigen. So festigt sich z.B. das Selbstverständnis als "nationaler Widerstand" in klarer Fronstellung gegen die Bundesrepublik im besonderen und eine als "jüdisch-mammonistisch" und westlich-dekadent empfundene Weltordnung im allgemeinen. Dennoch kann auch das "Mediennetzwerk", zumal kein Leit-oder Zentralorgan existiert, die in Deutschland fehlende neurechte Grosspartei nicht ersetzen. Andererseits bietet die von Pfeiffer dokumentierte kontinuierliche mediale Mobilisierung im vorpolitischen Raum einen Kontrast zum nicht endenden Parteienstreit rechts der CSU.

Es ist Pfeiffer hoch anzurechnen, dass er - anders als viele andere Autoren, die zum Thema veröffentlichen - weder Kosten noch Mühen gescheut hat, eine beachtliche Anzahl kritischer Interviews mit den zentralen Akteuren der von ihm untersuchten Medientypen zu führen, deren Auswertung die Authentizität und Aussagekraft seiner Fallstudien noch einmal wesentlich erhöhen. Dazu kommen zahlreiche Experteninterviews. Die fast 100 Seiten Anmerkungen lassen auch den informiertesten Kenner der Materie neue Informationen erschließen und unterstreichen noch einmal die hervorragende Sachkenntnis des Autors. Wenn Kritik angebracht ist, dann an zwei Stellen. Zum einen fällt die sozialwissenschaftliche Analyse gegenüber den beeindruckenden Fallstudien ab. Es wäre angemessen gewesen, das eine oder andere Detail zugunsten einer ausführlicheren Beschäftigung mit dem Begriff der neuen sozialen Bewegung und dem Nachweis auszusparen, dass es sich hier tatsächlich um eine solche handelt. Hierzu gibt es mittlerweile eine üppige wissenschaftliche Literatur, die aber leider kaum nutzbar gemacht wird. Zum anderen wirkt das wohl in letzter Minute vor der Drucklegung geschriebene Nachwort zu den Reaktionen neurechter Medien auf die Anschläge des 11. Septembers aufgesetzt und improvisiert, wobei Pfeiffer selbst darauf hinweist, dass ihm viele Medien aufgrund der Zeitnähe noch nicht vorlagen. All dies kann aber keineswegs den Gesamteindruck trüben, dass Thomas Pfeiffer hier eine Veröffentlichung vorgelegt hat, die an Informations- und Detailreichtum zum "Mediennetzwerk der Rechten" schwer zu übertreffen ist. Und auch dem anfangs genannten Anspruch, einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit rechtsextremistischem Denken und Handeln in Deutschland zu leisten, wird dieses Buch voll gerecht.