Informationen zu Migration und Integration

Dokumentation zur Fachtagung "Förderung von Migrantinnen und Migranten in der Sekundarstufe I"
Die Dokumentation der gemeinsamen Fachtagung der Integrationsbeauftragten mit dem Projekt "Bildung PLUS" am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung diskutiert Ansätze und Projekte aus der Sekundarstufe I, wie innovative Ansätze im Unterricht, kommunale Netzwerkstrukturen, Qualitätssicherung in der Förderung von Migrantinnen und Migranten sowie Veränderungen in der Lehreraus- und -fortbildung.
Die Dokumentation ist erhältlich auf der Webseite des Integrationsbeauftragten unter Publikationen oder folgen sie diesem Link (pdf-Datei, 1,78 MB, 180 Seiten)

Gutachten "Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund"
Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung ließ ein Gutachten von der Universität Hamburg erstellen, welches Aussagen zur künftigen Entwicklung von Migration, zur Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien sowie zu Förderkonzepten enthält.
Hier geht es zum download ( 3,52 MB, pdf, 182 Seiten)

Rede des Aussiedlerbeauftragten Jochen Welt, MdB,: "Verzerrte Berichterstattung über Spätaussiedler und Russlanddeutsche in den Medien?"
anlässlich des 8. Medienforums Migranten bei uns "Dort, wo ich lebe, ist meine Heimat?" des Südwestrundfunks in Stuttgart am 15. Mai 2003 (Es gilt das gesprochene Wort)
Quelle: Bundesministerium des Innern

Gerne bin ich Ihrer Einladung zum 8. Medienforum "Migranten bei uns" nach Stuttgart gefolgt.

"Verzerrte Berichterstattung über Spätaussiedler und Rußlanddeutsche in den Medien?"

Das Thema ist vielschichtig und kann nicht über einen "Kamm geschoren" werden. Es ist daher mit Recht nicht als absolute These formuliert worden, sondern in Frageform gekleidet.

Vielfalt der Medien

Zunächst sollten wir uns angesichts eines gewaltigen Medienmarktes vor Augen führen, welche Art von Medien das Thema besetzen. Zum einen sind es die deutschsprachigen Medien, bei denen wiederum zwischen überregionalen und regionalen/lokalen Erscheinungsformen zu differenzieren ist. Generell kann man hier sagen: je überregionaler die Berichterstattung angelegt ist, desto weniger ist das Thema "Aussiedler" präsent. Dies gilt auch für den audiovisuellen Bereich. Zum anderen haben wir es - insbesondere beim Hörfunk - auch mit Medienangeboten zu tun, die in Fremdsprachen gehalten sind und von den Betroffenen gerne genutzt werden. Für die einheimische Bevölkerung bleibt dies jedoch ohne nennenswerte Relevanz.

Als wichtige Konkurrenz wachsen zunehmend fremdsprachige Printmedien heran, die meist aus den Herkunftsländern der Spätaussiedler stammen und vielfach eine eigene Informationspolitik betreiben. Hier stellt sich die Frage, ob dieses Angebot der Aufnahme und Akzeptanz im neuen Umfeld der Spätaussiedler zuträglich ist oder eher wegen der sprachlichen Ausgrenzung die Ethnisierung und Bildung von Parallelgesellschaften begünstigt.

Themenfelder

Fragt man nach den Themenfeldern, an denen sich eine verzerrte Berichterstattung entzündet, sind vor allem folgende Komplexe zu nennen:

Dabei fällt in der Berichterstattung eine merkwürdige "Dualisierung" der Migration auf. Es gibt "gute" und "schlechte" Zuwanderer. Wenn von "Flüchtlingen" die Rede ist, sind vielfach die (wenigen) politisch Verfolgten gemeint, denen unsere Fürsorge gilt. Mit dem Begriff Asylanten/Asylbewerber werden all diejenigen abgestempelt, die uns zu bedrängen scheinen, die uns fremd sind und die unser Sozialsystem ausnutzen wollen. Die Gruppe der Aussiedler liegt irgendwo dazwischen. Ich glaube der "Spiegel" hatte nicht unrecht, als er bereits im Herbst 1991 in einer Titelgeschichte eine Flüchtlingshierarchie skizzierte, die sich in negativer Steigerung wie folgt liest: Flüchtlinge - Aussiedler - Asylanten

Inhalte der Berichterstattung

Analysiert man die Inhalte der Berichterstattung, so fällt auf, dass das Thema tendenziell negativ und insbesondere im regionalen und lokalen Bereich simplifizierend behandelt wird. Die Berichterstattung ist überdies häufig polarisierend und schablonenhaft. Es fehlen faire Positivbilder aus der Alltagswirklichkeit im Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zuwanderern/Aussiedlern. Positive Aspekte der Zuwanderung - etwa in den Bereichen Kultur/Gesellschaft/Wirtschaft - finden so gut wie nicht statt. Bilanzierend könnte man ein altes angelsächsisches Sprichwort "Only bad news are good news" für unser Thema etwas überspitzt dahin abwandeln: Nur "böse Zuwanderer" sind für die Berichterstattung "gute Zuwanderer". Bemerkenswert ist auch, dass Migranten meist als Objekt und nicht als agierendes Subjekt der Berichterstattung auftreten. Wir sollten uns darüber im klaren sein: Art und Weise der Berichterstattung sind nicht ohne Einfluss auf das öffentliche Meinungsbild und damit auch auf die Gefahr der Entstehung fremdenfeindlicher Ressentiments. Die jeweilige Akzentuierung der Nachricht kann Vorurteile verstärken, sie kann aber auch helfen, sie abzubauen.

Kriminalitäts- und Suchtprävention

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Thema aufgreifen, das schon kurz anklang und aus der Diskussion, die wir hier führen, nicht wegzudenken ist: Die Frage der Kriminalitäts- und Suchtanfälligkeit bzw. -gefährdung insbesondere junger Spätaussiedler - ein Thema, dass sicherlich in besonderer Weise anfällig für eine simplifizierte Berichterstattung war und ist. Mit Sorge verfolge ich Meldungen in den Medien über Alkoholismus, Drogenkonsum und Kriminalität bei jugendlichen Aussiedlern. Ich weiß, dass ein derartiges Verhalten bei den Aussiedlern nicht der Regelfall ist. Gleichwohl nehme ich diese Meldungen ernst, hat sich doch schon bei vielen Bürgerinnen und Bürger der Eindruck verfestigt, dass gerade junge Aussiedler kriminell sind und zu Gewalt und Drogenkonsum neigen. Wie Sie wissen, wird die Kriminalitätsbelastung der Aussiedler überwiegend spekulativ beurteilt, da bundesweit keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Die Polizeiliche Kriminalstatistik enthält keine Angaben zur Kriminalität von Aussiedlern, sondern unterscheidet nur zwischen Deutschen, zu denen auch die Aussiedler gehören, und Ausländern. Die Aussagen bezüglich der Kriminalitätsbelastung von Aussiedlern gehen weit auseinander. So gehen einige regionale punktuelle Untersuchungen von einer überproportionalen Kriminalitätsbelastung von Aussiedlern aus, während andere wiederum von einer zu vernachlässigenden Größe sprechen. Vor dem Hintergrund der bisher unzureichenden Informationslage zur Aussiedlerkriminalität habe ich mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass das Bayerische Landeskriminalamt eine Untersuchung zur Kriminalität von Aussiedlern durchgeführt hat, die im April 2000 abgeschlossen wurde. Sie kommt zu folgendem Ergebnis:

Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt das Bundeskriminalamt in seinem jüngsten Bericht zur Drogenbelastung von Aussiedlern. So weist die Falldatei Rauschgift, in die die Kennzeichnung tatverdächtiger Aussiedler seit dem 01.01.2000 aufgenommen ist, aus, dass von der Gesamtzahl aller Tatverdächtigen im Jahr 2000 ca. 5 % und im Jahr 2001 ca. 6 % Aussiedler waren. Für 2002 liegen keine wesentlichen Änderungen vor. Der Anteil der Aussiedler an allen Tatverdächtigen beträgt bisher ca. 5 %. Außerdem ging nach neuesten Erhebungen des BKA die Zahl der Rauschgifttodesfälle bei Aussiedlern im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr um 8,4 % auf 130 Drogenopfer zurück. Bereits zwischen den Jahren 2000 und 2001 war eine rückläufige Entwicklung zu verzeichnen, die mit rd. 19 % allerdings wesentlich deutlicher ausfiel.

Damit kann folgendes festgestellt werden

Die Ursache für die Probleme liegt in einer mangelnden Integration insbesondere bei jugendlichen Aussiedlern. Dies ist nicht zuletzt Ausdruck ihres Migrationschicksals, d.h. sie sind aus ihrer Herkunftsgesellschaft herausgerissen und in der Aufnahmegesellschaft noch nicht integriert. Zusätzlich werden hier Versäumnisse der Vergangenheit offenkundig, die dem Aspekt einer wirksamen Eingliederung eine zu geringe Bedeutung beigemessen haben. Dabei ist vor allem nicht hinreichend beachtet worden, dass sich seit Mitte der 90ziger Jahre der Anteil der nichtdeutschen Familienangehörigen, die in den Aufnahmebescheid eines Aussiedlers einbezogen werden können, erheblich erhöht hat. So liegt heute das Verhältnis der Aussiedler zu ihren mitreisenden Familienangehörigen bei 21 zu 79 Prozent. Diese Familienangehörigen haben wenig oder gar keine Deutschkenntnisse und sind deshalb nur schwer integrierbar. Außerdem gefährden sie Sozialverträglichkeit und Akzeptanz des weiteren Spätaussiedlerzuzugs.

Hier setzt der Entwurf unseres neuen Zuwanderungsgesetzes an, von dem ich hoffe, das er im zweiten Anlauf geltendes Recht werden wird.

Danach wird die Einbeziehung nichtdeutscher Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlerbewerbern in deren Aufnahmebescheid nur zulässig sein, wenn diese über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Für nicht in den Aufnahmebescheid einbezogene Angehörige von Spätaussiedlern gelten die Regelungen des Ausländerrechts für den Familiennachzug von Ausländern zu Deutschen, der im wesentlichen auf Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder beschränkt ist.

Unabhängig hiervor haben wir darüber hinaus seit 1998 umgesteuert und die Anstrengungen zur gesellschaftlichen Integration vor allem junger Aussiedler intensiviert. Trotz aller Sparzwänge sind die BMI-Integrationsmittel seit 1998 stufenweise erhöht worden, und zwar von über 16 Mio € auf 26,907 Mio € im Jahre 2002. Im Bundeshaushalt 2003 ist eine Mittelerhöhung auf 28,08 Mio € ausgewiesen. Mit einer solchen Verstärkung wird ein wichtiges Zeichen für die Präventionsarbeit im Sucht- und Kriminalitätsbereich gesetzt. Mit Integrationsmitteln des BMI werden beispielsweise modellhaft 10 Projekte zur Suchtprävention gefördert. Die Projekt sind in Würzburg, zwei in Cloppenburg, im Oberbergischen Kreis, im Kreis Lippe, in Berlin, in Wismar, im Kreis Emsland, in Aachen und in Leipzig. Die bestehenden Drogenberatungsstellen sind in aller Regel nicht auf Migranten eingestellt. Die Erfahrungen aus den Modellprojekten sollen den Regeldiensten helfen, spezielle Angebote für Aussiedler und andere Zuwanderer zu entwickeln. Darüber hinaus werden aus BMI-Integrationsmitteln insgesamt 16 Modellprojekte zur Kriminalprävention gefördert. Hierfür stehen im Haushaltsjahr 2003 über 735.000 € bereit.

Offener Dialog - Verantwortung der Medien

ich habe versucht, aus meiner Sicht einige Gedanken zur Wechselwirkung Medien/Aussiedler zu formulieren. Sicherlich haben die Medien wesentlichen Anteil daran, welches Aussiedlerbild sich im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger festsetzt. Dies macht zugleich ihre besondere Verantwortung auf diesem Felde aus. Migrationprozesse - welcher Art auch immer - bergen immer auch Konflikte und Spannungen in sich, die wiederum Sorgen und Befürchtungen der einheimischen Bevölkerung auslösen. Diese müssen ernst genommen werden. Nur im offenen Dialog aller Beteiligten auf der Basis einer fairen, sachbezogenen und differenzierten Berichterstattung der Medien wird es - und dies gilt nicht nur für den Aussiedlerbereich - gelingen, Vorurteilen entgegen zu wirken und die soziale Akzeptanz der zu bewältigenden Aufgaben auf Dauer sicherzustellen.

Herzlichen Dank

 

Vortrag des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten in Deutschland, Jochen Welt, MdB
"Aktuelle Entwicklungen der Aussiedler- und Integrationspolitik" unter besonderer Berücksichtigung der beruflichen Qualifizierung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt
anlässlich des Gesprächskreises "Migration und Integration" der Friedrich Ebert Stiftung am 13.03.2003 in Berlin (Es gilt das gesprochene Wort!)
Quelle: Bundesministerium des Innern

Auch in diesem Jahr bin ich gern der Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung gefolgt. Im Rahmen des Gesprächskreises "Migration und Integration" möchte ich Sie über die aktuelle Entwicklung der Aussiedlerpolitik unterrichten.

Das Thema der heutigen Tagung ist hoch aktuell: "Berufliche Qualifizierung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt". Denn Integration ist erst vollendet mit der beruflichen Eingliederung.

Arbeitsmarktlage für Aussiedler und Zuwanderer
Unser Land befindet sich gegenwärtig in einer schwierigen Arbeitsmarktsituation. Hiervon sind Zuwanderer aus naheliegenden Gründen besonders betroffen. So betrug die Arbeitslosenquote der Ausländer im Februar 2003 21,6 %. Sie war damit fast doppelt so hoch wie die Arbeitslosenquote insgesamt.
Die Zahl der arbeitslosen Aussiedler kann nicht exakt festgestellt werden.Denn sie werden in der Statistik als Deutsche und nicht als Ausländer geführt.

Arbeitsmarktzahlen Spätaussiedler
Die Arbeitslosigkeit der Aussiedler wird nur in den ersten 5 Jahren nach der Einreise erfasst. Danach ist die Zahl der als arbeitslos erfassten Spätaussiedler von über 126.000 im Jahr 1998 auf rd. 56.000 im Februar 2003, d.h. um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Und das trotz einer jährlichen Zuzugsrate von rd. 100.000.

Integration in Arbeitsmarkt
Die berufliche Integration der Aussiedler ist also trotz schlechter Arbeitsmarktlage auf den ersten Blick erfolgreich verlaufen.

Überqualifiziert für den Job
Forschungsergebnisse u.a. des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigen, dass die insgesamt rasche Eingliederung der Spätaussiedler in den Arbeitsmarkt verschiedene Gründe hat:

Hochqualifizierte Aussiedler arbeiten in Deutschland häufig als Hilfskräfte.
Aussiedler sind bereit zu Lohnzugeständnissen und auch bereit, Tätigkeiten zu übernehmen, für die sie überqualifiziert sind , oder Tätigkeiten, für die einheimische Arbeitnehmer nicht oder nur schwer zu gewinnen sind. Sei es wegen ungünstiger Arbeitszeiten, körperlich schwerer oder gesundheitsschädigender Arbeit.
Dies gilt vor allem für die Bereiche Bergbau, Bauwirtschaft, Kraftfahrzeugindustrie, Altenpflege sowie für Nachtarbeit.
Nach den Angaben der Bundesanstalt für Arbeit üben etwa zwei Drittel der Spätaussiedler (zumeist Männer) Tätigkeiten als un- oder angelernte Arbeiter aus. Jeder fünfte Aussiedler (meist Frauen) übt einfache Angestelltentätigkeiten aus. Das liegt nicht nur an mangelhaften Sprachkenntnissen.
Als weitere Gründe sind zu nennen:
Die Unterschiede auch im Vergleich zum Wirtschafts-, Gesellschafts- und Bildungssystem, im technologischen Niveau und in abweichenden arbeitsorganisatorischen Strukturen.

Einstieg in schlechte Berufe führt langfristig zu Arbeitslosigkeit
Der Einstieg in un- oder angelernte Beschäftigungsverhältnisse birgt viele Gefahr in sich. Denn der Bedarf an Arbeitskräften dieser Qualifikationsgruppen ist zurückgegangen und wird auch künftig zurückgehen. Spätere Arbeitslosigkeit ist also vorprogrammiert.

Was können wir also tun, um eine - lassen Sie mich sagen - qualifizierte Eingliederung zu schaffen.

Sprache als 1. Schlüssel zur Integration
Sprachförderung im Zuwanderungsgesetz
Sprache ist der Schlüssel zur Integration, auch zur beruflichen Integration. Und hier setzt die Politik der Bundesregierung an:
Mit dem wieder eingebrachten Zuwanderungsgesetz wollen wir die Sprachförderung auf eine neue Grundlage stellen. Wir wollen nicht nur Spätaussiedler, sondern alle Zuwanderer mit einem auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus einem Integrationskurs zuführen. Er soll ganztägig bis zu sechs Monate dauern.

Das bedeutet:
Auch diejenigen, die nicht Ehegatten oder Abkömmlinge eines Spätaussiedlers sind, haben dann endlich Anspruch auf Sprachförderung. Der Kurs soll, soweit erforderlich, durch sozialpädagogische Betreuung und Kinderbetreuungsangebote ergänzt werden.

Orientierung in Kultur u. Rechtsordnung

Neu ist:
Neben der reinen Sprachförderung, erhalten die Teilnehmer auch eine Orientierung in Rechtsordnung, Kultur und Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine zusätzliche Sprachförderung von drei Monaten vorgesehen. Dies gilt insbesondere für jugendliche, aber auch für erwachsene Spätaussiedler, die nach Abschluss des Integrationskurses noch keine Arbeit gefunden haben.

Berufliche Defizite überwinden
Ich habe bereits darauf hingewiesen:
Neben sprachlichen erschweren auch berufliche Defizite den vollwertigen Einstieg in das Berufsleben. Der technisch-wirtschaftliche Abstand zwischen Ausreiseland und der Bundesrepublik Deutschland wird auch künftig verstärkt berufliche Eingliederungsmaßnahmen erfordern. Deswegen ist die berufliche Qualifizierung bzw. Nachqualifizierung eine weitere wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Aufnahme einer dauerhaften Beschäftigung.

Berufliche Qualifikation als 2. Schlüssel zur Integration
Sie stellt damit - um im Bild zu bleiben - einen weiteren Schlüssel zur Integration dar.

Europäischer Sozialfonds
Auch hier haben wir bereits viel getan. So liegt bei den Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung und Weiterbildung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds der Aussiedleranteil stets über 10 %.

OBS Akademikerprogramm
Außerdem hat der Bund im Jahr 2002 5,624 Mio. € zur Verfügung gestellt, um Hochschulabsolventen im Akademikerprogramm der Otto-Benecke-Stiftung den Einstieg in das Berufsleben in Deutschland zu erleichtern. Diese Mittel sind gegenüber 2001 erhöht worden, reichen aber immer noch nicht aus, um alle Bewerber zu berücksichtigen.

Umdenken in Zeiten leerer Kassen
In Zeiten leerer Kassen kann der Schluss nur lauten: Wir müssen umdenken alternative Finanzierungsformen suchen.

Anrede,

Umdenken in Zeiten leerer Kassen heißt auch: Umdenken bei den Zuwanderern.
Dazu gehört auch ein Beitrag zu den Kosten der Integration. Das neue Zuwanderungsgesetz bietet hier entsprechende Handhabe. Für die Teilnahme am Integrationskurs kann unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit ein angemessener Kostenbeitrag erhoben werden.

Bafög-Modell
Für mich ist auch vorstellbar, dass die Zuwanderer nach erfolgreicher Eingliederung die Kosten der beruflichen Qualifizierungs- bzw. Anpassungsmaßnahmen zum Teil zurückzahlen. Mir schwebt hier das BaföG - Modell vor. Dies gilt insbesondere für die Teilnehmer des Akademikerprogramms. Wenn sie nach dem Einstieg in das Berufsleben auch nur die Hälfte der für ihre Nachqualifizierung getätigten Aufwendungen zurückzahlen, hätten wir die Möglichkeit, doppelt so vielen Zuwanderern mit akademischem Beruf die Chance eines Einstieges in den erlernten Beruf zu geben.

Gespräch mit Bundesbildungsministerin geplant und mit Gerster
Ich werde in dieser Richtung nochmals bei dem zuständigen Bundesministerium für Bildung und Forschung vorstellig werden. Außerdem habe ich die Absicht, über zusätzliche Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit mit deren Vorstandsvorsitzendem zu sprechen. Ich warne aber vor zu hohen Erwartungen, denn die Hauptaufgabe der Bundesanstalt für Arbeit ist zunächst die Umsetzung des Hartz - Konzeptes.

Integrationsverträge
Eine weitere Verbesserung der beruflichen Integration verspreche ich mir von den Integrationsverträgen. Sie stehen unter dem Motto "Fördern und Fordern". Diese Verträge sollen die Rechte und Pflichten von Aussiedlern regeln. Der Eingliederungsvertrag sieht die Erarbeitung eines individuellen Eingliederungsplans vor. Der Aussiedler verpflichtet sich, zu einer aktiven Mitgestaltung seiner Eingliederung.

Gezielte Integrationsmaßnahmen führen schneller zum Erfolg
Neun Modellversuche - sog. Kontraktmodelle - sind bereits angelaufen. Die ersten Ergebnisse dieser Modellprojekte sind vielversprechend: Im Vergleich zu den Kontrollgruppen verfügen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über bessere Sprachkenntnisse. Sie nehmen mehr Angebote wahr und finden auch schneller Arbeit. Die Ausweitung der Integrationsverträge auf andere Zuwanderungsgruppen ist durchaus denkbar und empfehlenswert. Die Integrationsverträge können das Modell der Zukunft werden. Sie sollen deshalb in das bundesweite Integrationsprogramm aufgenommen werden.

Kommunale Netzwerke
Auch der Arbeit kommunaler Netzwerke für Integration messe ich bei der beruflichen Eingliederung große Bedeutung zu. Kommunale Netzwerke stellen eine engere Bürgernähe zu den Spätaussiedlern her und sie sorgen für bessere Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe.

Dadurch optimieren sie die Vermittlung und Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen - was ja die meisten Spätaussiedler anfangs sind - in den regulären Arbeitsmarkt wird so optimiert.

Der Bund fördert auf meine Initiative hin seit 99 den Aufbau.

Aus den Integrationsmitteln des Bundes ist auf meine Initiative hin seit 1999 der Aufbau kommunaler Netzwerke, insbesondere durch sechs Modellprojekte, einen Netzwerkkongress und eine Werkstattreihe. In einem Netzwerk sind die an der Integration beteiligten Stellen einschließlich der Migranten selbst möglichst unter Leitung der Kommune, zumindest unter deren Beteiligung, zusammengeschlossen. Das Netzwerk soll die Integrationsmaßnahmen vor Ort im Interesse einer effizienteren Nutzung der Ressourcen koordinieren, ihnen ein größeres Gewicht verleihen und die Nachhaltigkeit der Maßnahmen fördern.

Idee Wettbewerb
Um der Bedeutung der Netzwerkidee einen zusätzlichen Schub zu verleihen, stelle ich mir vor, unter den kommunalen Netzwerken einen Wettbewerb durchzuführen.

Man könnte Kommunen im Rahmen eines Wettbewerbs auffordern, ihre Netzwerke für Integration vorzustellen. Besonders gelungene und vorbildliche Netzwerke könnten mit Preisen ausgezeichnet werden. Ein solcher Wettbewerb könnte eine Erfassung dieser kommunalen Initiativen, wie sie auch in einem bundesweiten Integrationsprogramm vorgesehen ist, ermöglichen. Er könnte vorhandene Netzwerkstrukturen aufzeigen, deren Nachhaltigkeit transparent machen und Nachahmungsmöglichkeiten bieten. Die gewonnenen Erkenntnisse wären für die künftigen Integrationsprojekte, in denen die berufliche und die gemeinwesenorientierte Eingliederung der Neubürger verzahnt werden, für alle Beteiligten von großem Nutzen.

Integration junger Spätaussiedler

Anrede,

Lassen Sie mich nun zu einem Punkt kommen, der besonders am Herzen liegt:

Die berufliche Integration jugendlicher Aussiedler.

Sie sind offensichtlich einem erhöhten Risiko ausgesetzt, den Anschluss an eine adäquate schulische und berufliche Ausbildung zu verpassen und gesellschaftlich ins Abseits zu geraten.

Hier sind besondere Anstrengungen erforderlich.

Alkohol- Drogen
Sicherlich haben auch Sie, meine Damen und Herren, aus unseren Medien Meldungen über die Kriminalität, Alkohol- und Drogenprobleme im Aussiedlerbereich mitbekommen. Es wäre allerdings falsch zu schlussfolgern, die Kriminalitäts- bzw. Drogenbelastung unter den Aussiedlern sei generell höher.

Vorurteile
Diese Probleme sind in dieser Bevölkerungsgruppe im Allgemeinen nicht größer als bei der einheimischen Bevölkerung.

Migrationsbedingte Suchterkrankungen

Was uns aber Sorge macht:

Die soziale Auffälligkeit unter den jugendlichen Aussiedlern, zusätzliche Alkohol-, Drogen- und Kriminalitätsbelastung ist offenbar größer geworden.

Klar ist: Spezifische migrationsbedingte Ursachen bzw. Bestimmungsfaktoren verstärken den Drogen- bzw. Alkoholkonsum.

Drogenprävention
Die bestehenden Drogenberatungsstellen sind in aller Regel nicht auf Migranten eingestellt. Die Erfahrungen aus den z.Zt. 12 modellhaft durchgeführten Maßnahmen zur Drogenprävention sollen den Regeldiensten helfen, spezielle Angebote für Aussiedler und sonstige Zuwanderer zu entwickeln. Außerdem wird in einer bundesweiten Schulungsmaßnahme für Justizvollzugsbeamte und Bewährungshelfer deren interkulturelle Kompetenz gestärkt.

Integrationsprobleme
Die jugendlichen Aussiedler haben nach der Einreise nur noch kurze Zeit im deutschen Schulsystem vor sich oder sie stehen direkt an der Schwelle zum Berufsleben. Bildungs- und Berufssysteme sind ihnen fremd, ihre Sozialisation hat sich anders vollzogen. Deshalb haben sie im Wettbewerb um einen Ausbildungsplatz mit einheimischen Jugendlichen grundsätzlich schlechtere Karten. Hinzu kommen oft schwierige Rahmenbedingungen: Arbeitslosigkeit der Eltern, damit einhergehende angespannte wirtschaftliche und familiäre Verhältnisse sowie räumliche Konzentration auf bestimmte Regionen. Außerdem fehlen arbeitsmarktgerechte Deutschkenntnisse und andere Schlüsselqualifikationen. Diese vielschichtigen Probleme erfordern übergreifende Handlungsansätze.

Hilfen der Bundesregierung
Hier haben wir einiges auf den Weg bringen können; lassen Sie mich einige Beispiele nennen:

Das Sofortprogramm der Bundesregierung zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit ("Jump"). Es ist in 2003 wieder mit 1 Mrd. € ausgestattet und steht auch jugendlichen Aussiedlern offen. Außerdem haben wir bereits im Jahr 2000 eine Reihe von Modellprojekten gestartet mit dem Ziel, unterschiedliche Fördermaßnahmen zu verzahnen. Hier sind zu nennen:

Die von der Arbeitsverwaltung geförderten berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen; sowie aus BMI-Mitteln geförderte gemeinwesenorientierte Integrationsmaßnahmen. So wollen wir jugendliche Spätaussiedler enger an die beruflichen Bildungsmaßnahmen binden und damit ihren Erfolg zu sichern.

Jugendpakete
Die positiven Ergebnisse dieser Modellprojekte sind vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, von der Bundesanstalt für Arbeit und dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge aufgegriffen worden. Sie wollen die berufliche Eingliederung junger Zuwanderer optimieren. Unterschiedlichen Angebote für alle Zielgruppen werden zusammengefasst. Dieses "Jugendpaket" soll den interkulturellen Austausch von Anfang an fördern, Gemeinsamkeiten aufzeigen und damit Vorurteilen und Diskriminierungen vorbeugen. Nähere Einzelheiten dieses Paketes werden Ihnen im Anschluss Frau von Heinz, Herr Dr. Griesbeck und Herr Dr. Thiel vorstellen.

Leistungen des Bundes
Der Bund hat im Haushaltsjahr 2002 insgesamt rd. 625 Mio. € für die Integration der Aussiedler zur Verfügung gestellt. Mehr kann er im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage und den daraus resultierenden Sparzwang nicht tun. Mehr kann auch dem Steuerzahler nicht zugemutet werden.

Umdenken in Zeiten leerer Kassen
Deshalb muss auch die Forderung der Union nach einer Verlängerung der Sprachförderung abgelehnt werden. Alle - Bund, Länder und Kommunen - müssen in Anbetracht der leeren öffentlichen Kassen umdenken.

Ehrenamt
Das bedeutet konkret: Verstärktes ehrenamtliches Engagement, aber auch: aktive Beteiligung der Zuwanderer an der Integration.

Lassen sie mich das erläutern.

Jeder Bürger ist aufgefordert mitzuhelfen, sei es in der Nachbarschaft oder in seinem persönlichen Umfeld. Wir können "Patenschaften" übernehmen und die Zuwanderer in ihrer sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und beruflichen Eingliederung in unsere Gesellschaft begleiten. Deshalb haben wir ab 2002 mit Integrationsmitteln des BMI solche Projekte gezielt gefördert, an denen ehrenamtliche Kräfte mitwirken. Es konnten bereits 15 derartige Projekte mit rd. 535.000 € unterstützt werden.

Gesamtgesellschaftliche Verantwortung

Anrede,

wir müssen uns der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden. Gelingt uns das nicht , werden wir später alle finanziellen und sozialen Lasten zu tragen haben, die aus einer misslungenen Integration resultieren.

Integration ist keine Einbahnstraße. Deshalb gilt der Grundsatz "Fördern und fordern", d. h. die Zuwanderer müssen einen aktiven Beitrag zur Integration leisten:

Die Zuwanderer müssen ihren Neuanfang aktiv gestalten. Sie müssen deutsch lernen und alle Fortbildungsmöglichkeiten nutzen; räumliche und soziale Ghettos vermeiden; die vielen Möglichkeiten, die Sport- und andere Vereine bieten, nutzen und selbst auf die Einheimischen zugehen.

Gegenseitige Information baut Vorurteile ab. Integration bedeutet auch Dialog und gegenseitige Akzeptanz.

Deutsch lernen vor der Einreise
Die Integration muss bereits vor der Einreise beginnen.

Das bedeutet: Auch die Familienangehörigen eines Aussiedlers müssen sich in den Herkunftsgebieten auf das Leben in Deutschland intensiver vorbereiten, indem sie sich Deutschkenntnisse aneignen.

Sprachbarrieren beseitigen
Alle Bemühungen zur Verbesserung der Aussiedlerintegration werden zunehmend ins Leere laufen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme von Familienangehörigen eines Aussiedlers nicht grundsätzlich geändert werden.

Wir haben heute die Situation, dass 21 % derjenigen, die zu uns kommen, anerkannte Aussiedler sind, und 79 % Familienangehörige, die keine deutschen Kenntnisse nachweisen müssen, zum überwiegenden Teil auch nicht nachweisen können. Das ist eine dramatische und alarmierende Entwicklung. Dadurch entstehen wachsende Integrationsprobleme, die vor allem im Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt sichtbar werden.

Ohne Sprachkenntnisse keine Akzeptanz
Auch wirken sie sich zunehmend negativ auf die Akzeptanz seitens der einheimischen Bevölkerung aus. Für viele Bundesbürger ist es zunehmend unverständlich, dass die Familienangehörigen die mehrjährigen Wartezeiten nicht zum Erlernen der deutschen Sprache nutzen.

Dieses Problem muss im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen gelöst werden.

Neues Zuwanderungsgesetz fordert Sprachkenntnisse
Auch hier wird deutlich, wie dringend wir das neue Zuwanderungsgesetz brauchen:

Danach ist für die mitreisenden Familienangehörigen der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse unabdingbare Voraussetzung für die Einbeziehung in den Ausnahmebescheid. Diese Regelung hätte angesichts der Zunahme der einbezogenen Familienangehörigen und der erkennbaren Probleme schon Mitte der 90er Jahre erfolgen müssen.

Sprachliche Kompetenz verbessert soziale und berufliche Integration
Nach meiner Überzeugung wird dieser Ansatz zur Verbesserung der sozialen und beruflichen Integrationschancen für die zu uns kommenden Aussiedlerfamilien führen. Was letztlich auch in deren eigenem Interesse liegt. Für sie ist der Sprachtest wiederholbar und zwar auch mehrfach. Sie haben zunehmend die Chance, sich in den Herkunftsländern in Sprachkursen zu qualifizieren. In rd. 1.300 Sprachlernstätten ist eine solche sprachliche Förderung möglich. Ich hoffe, dass wir dieses Zuwanderungsgesetz schnell auf den Weg bringen.

Appell an Opposition
Deshalb appelliere ich an die Union, im Interesse Deutschlands eine konstruktive Haltung einzunehmen und mit uns einen fairen tragfähigen Kompromiss zu suchen. Die rot-grüne Regierung ist zu einem solchen Kompromiss bereit.

alle Integrationsmaßnahmen verfehlen letztlich ihr Ziel, wenn sie nicht in den Erwerb eines Arbeitsplatzes einmünden. Der Einstieg in das Erwerbsleben ist eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Anerkennung und Teilhabe. Deshalb wollen wir im Jahr 2003 die berufliche Eingliederung insbesondere junger Aussiedler verbessern und intensivieren. In diesem Sinne wünsche ich der heutigen Veranstaltung weiterhin viel Erfolg.

Kofi Annan: Die europäischen Gesellschaften brauchen Zuwanderer (aus Die Presse vom 29.01.2004)

Eine der größten Bewährungs proben für die erweiterte Eu ropäische Union in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird sein, wie sie mit der Herausforderung der Ein-wanderung umgeht. Wenn die europäischen Gesellschaften sich dieser Herausforderung gewachsen zeigen, wird die Einwanderung sie bereichern und stärken. Scheitern sie dabei, kann dies einen sinkenden Lebensstandard und soziale Spaltung zur Folge haben. Es steht außer Zweifel, dass die europäischen Gesellschaften Zuwanderer brauchen.

Die Europäer leben länger und haben weniger Kinder. Ohne Einwanderung wird die Bevölkerung der demnächst 25 Mitgliedstaaten der EU von heute 450 Millionen auf weniger als 400 Millionen im Jahr 2050 zurückgehen. Einwanderung allein wird diese Probleme nicht lösen. Wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass Menschen aus anderen Kontinenten auch in Zukunft nach Europa kommen und dort leben wollen. In der von Ungleichheit gekennzeichneten Welt, in der wir leben, verfügen eine große Zahl von Asiaten und Afrikanern nicht über die von den meisten Europäern als selbstverständlich empfundene Chance, ihre soziale Situation aus eigener Kraft zu verbessern. Alle Staaten haben das Recht zu entscheiden, ob sie Zuwanderer ins Land lassen wollen, die freiwillig kommen (im Unterschied zu echten Flüchtlingen, die nach dem Völkerrecht ein Recht auf Schutz genießen).

Es wäre jedoch unklug von den Europäern, ihre Türen zu verschließen. Es würde auch mehr und mehr Menschen dazu treiben, durch die Hintertür Einlass zu suchen, indem sie politisches Asyl beantragen (und damit ein System überlasten, das dafür ausgelegt ist, Flüchtlinge zu schützen, die aus Furcht vor Verfolgung geflohen sind) oder indem sie die Hilfe von Schleppern in Anspruch nehmen und dabei häufig Tod oder Verletzung riskieren, wenn sie in ihrer Verzweiflung auf Booten oder in Lastwägen, in Zügen oder Flugzeugen die heimliche Einreise versuchen.

Die illegale Einwanderung ist ein unleugbares Problem, und die Staaten müssen bei den Anstrengungen, ihr Einhalt zu gebieten, zusammenarbeiten, vor allem, indem sie verschärfte Maßnahmen gegen Schlepper und Menschenhändler ergreifen, die mit ihren Netzwerken der organisierten Kriminalität die Schwachen ausbeuten und die Rechtsstaatlichkeit untergraben. Die Bekämpfung der illegalen Einwanderung sollte indessen Teil einer wesentlich umfassenderen Strategie sein.

Die Staaten sollten echte Kanäle für die legale Einwanderung bereitstellen und bemüht sein, sich deren Vorteile zunutze zu machen, während sie gleichzeitig die grundlegenden Menschenrechte der Zuwanderer schützen. Auch die armen Länder können von der Migration profitieren. Migranten überwiesen im Jahr 2002 mindestens 88 Milliarden Dollar in die Entwicklungsländer, das sind 54 Prozent mehr als die 57 Milliarden Dollar Entwicklungshilfe, die diese Länder erhielten.

Die Migration ist daher eine Frage, an der alle Länder ein Interesse haben und die eine stärkere internationale Zusammenarbeit erfordert. Die vor kurzem eingesetzte Weltkommission für internationale Migration, unter der gemeinsamen Leitung herausragender Persönlichkeiten aus Schweden und Südafrika, kann dabei behilflich sein, internationale Normen zu setzen und eine bessere Politik einzuleiten, um die Migration im Interesse aller zu gestalten. Ich bin zuversichtlich, dass die Kommission gute Ideen entwickeln wird, und ich hoffe, dass sie die Unterstützung sowohl der Entsendeländer als auch der Aufnahmeländer von Migranten finden werden.

Die große Mehrheit der Einwanderer ist fleißig, tapfer und beharrlich. Sie wollen eine faire Chance für sich selbst und ihre Familien. Sie sind keine Kriminellen oder Terroristen. Sie halten sich an die Gesetze. Sie wollen sich nicht von der Gesellschaft abschotten. Sie wollen sich integrieren und dabei ihre Identität behalten. Im 21. Jahrhundert brauchen die Migranten Europa. Aber Europa braucht auch die Migranten. Ein Europa, das seine Türen verschließt, wäre ein schäbigeres, ärmeres, schwächeres, älteres Europa. Ein offenes Europa wird ein faireres, reicheres, stärkeres, jüngeres Europa sein, wenn es die Einwanderung gut gestaltet.

Links zu Migration, Integration und Asylrecht
wird laufend ergänzt

migration-online
Internetportal des DGB Bildungswerk e.V., Bildungs- und Informationsangebote für gewerkschaftliche und außergewerkschaftliche MultiplikatorInnen

Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
Frau Marieluise Beck

Rat für Migration
ein bundesweiter Zusammenschluss von mit Fragen von Migration, Integration und interkultureller Begegnung beschäftigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern

Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration
hat sich am 26. Mai 2003 im Nürnberger Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge konstituiert

Informationsdienst Migration und öffentliche Gesundheit
ein Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Forschungsgesellschaft Flucht und Migration
recherchiert und veröffentlicht zu der sich verändernden Situation von Flüchtlingen und MigrantInnen

Verband für Interkulturelle Arbeit
Dachverband für Vereine, Gruppen und Initiativen aus Deutschland, die in der Migranten- und Flüchtlingsarbeit aktiv sind

Informationsverbund Asyl
Zusammenschluss mehrerer Wohlfahrtsverbände

DIM-Net
Internet-Informationsdienst des Dokumentations- und Informations-Netzwerks FLUCHT & MIGRATION e.V.

Datenbank für Zeitungsartikel zum Migrationsdiskurs
Quellenangaben und Analysen der Argumentationsmuster und verwendeten Lexik von Zeitungsartikeln zum Migrationsdiskurs

Verein "MIGRATIONSMUSEUM IN DEUTSCHLAND"
Ziel des Vereins ist es, in Deutschland ein Migrationsmuseum als Zentrum der Geschichte, Kunst und Kultur der Migration zu errichten