Gemeinsamer Feind - Holocaust-Leugner wollen mit arabischen "Widerstandsbewegungen" eine strategische Partnerschaft gegen die "Zionisten" schmieden.
Thomas Grumke (ZDK) aus "blick nach rechts", Nr. 20/2001

Sofort nach den verheerenden Terroranschlägen in den USA am 11. September sahen sich verschiedene deutsche und amerikanische Rechtsextremisten bemüßigt, zumindestens die mutmaßlichen Motive der Täter wohlwollend zu interpretieren (vgl. BNR 19/01). Die Schuld für den Terror wird den USA selbst beziehungsweise dem "amerikanischen Imperialismus" angelastet – außerdem, wie es ein Kommentator auf den Seiten von "Templers Reich" ausdrückt, "tut es den Amis nur zu gut mal einen in den Arsch getreten zu bekommen".

Wie schwierig es in diesen Tagen ist, herkömmliche völkische Denkweisen mit Solidaritätsbekundungen gegenüber dem "Freiheitskampf" der "islamischen Welt" zu verbinden, zeigt das am 16. September vom Landesvorstand der NPD Schleswig-Holstein beschlossene "Aktionsprogramm gegen die islamische Bedrohung in unserem Land". Hier wird einerseits aus Sicherheitsgründen die "konsequente Rückführung aller auf deutschem Boden lebenden Bürger außereuropäischer Herkunft in ihre Heimatländer innerhalb der nächsten 100 Tage" auch mit Hilfe der Bundeswehr gefordert, andererseits aber eilig in einem Nachtrag klargestellt, dass "selbstverständlich" in der islamischen Welt ein "natürlicher Bündnispartner" im "weltweiten Freiheitskampf" gesehen wird.

Geradliniger ist in diesem Falle der NPD-Aktivposten Horst Mahler, der schnell die Anschläge in den USA als "eminent wirksam und damit rechtens" bezeichnete. Noch einmal nachlegen konnte er in der Sendung "ZDF.reporter", in der er die Attentäter "opferbereite Krieger" nannte, vor denen er "Hochachtung" empfinde. Tatsächlich bilden Antiamerikanismus und vor allem Antisemitismus seit geraumer Zeit Grundpfeiler im Denken Mahlers. Lange bevor er in seinem Beitrag für das "Deutsche Kolleg" mit den Terroranschlägen das "Ende des globalen Kapitalismus und damit das Ende des weltlichen Jahwe-Kultes, des Mammonismus" gekommen sah, theoretisierte Mahler über den "zersetzenden jüdischen Geist". Gegen diesen werde sich, so der Anwalt, in einem "geistigen Zweifrontenkrieg" für die "von Mammon unterjochten Völker [...] der Geist der Germanen" erheben. Letztere Auslassungen stammen aus dem als Rede auf einem Revisionisten-Kongress geplanten Text "Endlösung der Judenfrage. Gotteserkenntnis statt Judenhass". Diese Konferenz, organisiert vom einschlägigen kalifornischen Institute for Historical Review (IHR) und dem in der Schweiz wegen Leugnung des Holocaust verurteilten und seitdem flüchtigen Jürgen Graf, sollte Ende März unter dem Titel "Revisionismus und Zionismus" in Beirut auch zu dem Zweck stattfinden, Kontakte in arabisch-islamische Länder zu knüpfen. Eingeladen zu der letztendlich von der libanesischen Regierung untersagten Zusammenkunft war wenig überraschend neben dem Who‘s-Who der weltweiten Revisionisten-Szene als Referent auch Horst Mahler.

"Zersetzender jüdischer Geist"
Die zwischen 1979 und 2000 veranstalteten Konferenzen des IHR fanden ausnahmslos in den USA statt – vorwiegend in Kalifornien, aber auch in Chicago oder Washington D.C. Die für den März 2001 geplante IHR Konferenz sollte nicht nur in bezug auf den Veranstaltungsort, Beirut, eine Neuerung zu den bisherigen bringen. Obgleich die Konferenz nicht wie vom IHR geplant, stattfinden konnte, lässt sich an ihr doch ein erneuter Wandel in der Strategie der Holocaust-Leugner festmachen. In einer vom Franzosen Robert Faurisson für die Konferenz vorbereiteten Rede, werden die Ziele und die Neuorientierung deutlich. Die Juden wüssten, so Faurisson "dass den ‘Holocaust’ zu verlieren, heißt das Schwert und das Schild Israels zu verlieren sowie das formidable Instrument der politischen und finanziellen Erpressung". Hauptziel seiner Ausführungen, wie auch die Gesamtintention der Konferenz, war nicht nur, den durch die Holocaust-Leugner seit jeher vorgebrachten, abstrusen Vorwurf der "Auschwitz-Lüge" erneut öffentlich zu vertreten, sondern vielmehr sich mit Palästinensern und Arabern zu solidarisieren und so eine strategische Partnerschaft gegen die "Zionisten" zu schmieden. Ein weiteres Zitat aus dem Text Faurissons macht dies sehr deutlich: "Revisionisten leben ein Leben des Verzichts und die Palästinenser leben eine Tragödie [...] Mögen die Führer der moslemischen Staaten den Aufruf der Palästinenser und der Revisionisten hören! Unsere Qualen sind ähnlich und unsere Intifadas identisch. Mögen diese Führer endlich ihr Schweigen brechen über den größten Schwindel der Moderne: den des ‘Holocaust’!” (Übers.d.Verf.). Hier wurde an die seit Jahren verstärkt geführte Diskussion angeknüpft, in der eine Neubestimmung des Verhältnisses zum Islam und insbesondere zu arabischen "Widerstandsbewegungen" verlangt wird. Als gemeinsam sieht man Kampf gegen den "Zionismus" und den jüdischen Staat – Israel – an. Oder wie es Mahler in seiner Reaktion auf die Terrorwelle formuliert: "Es ist der die gläubigen Juden auf die Erlangung der Weltherrschaft durch Geldleihe ausrichtende Jahwe-Kult, der dem kapitalistischen System gegenwärtig seine tödliche Dynamik verleiht".

Solche Thesen finden in der arabischen Welt weite Verbreitung, zentrale revisionistische und antisemitische Werke, wie "Die Protokolle der Weisen von Zion", der "Leuchter-Report" oder auch Roger Garaudys "Die Gründungsmythen der israelischen Politik" sind in arabischen Übersetzungen erhältlich und werden gut nachgefragt. Jürgen Graf, dessen "Der Holocaust auf dem Prüfstand" ebenfalls ins Arabische übersetzt ist, fand, wie es das einschlägige "National Journal" in einem Beitrag auf seinen Webseiten formuliert, "letztlich Schutz vor der jüdischen Verfolgung in Teheran [...] Während Israel im Dunkeln als Zufluchtsort für Kriminelle und Großgauner fungiert (z.B. Russen-Mafia alias Juden-Mafia usw.) leuchtet der Iran weithin, indem er Gottes Weisungen, die Unschuldigen zu schützen und nach der Wahrheit zu suchen, verwirklicht. Es kann nur gut für die Menschheit sein, dass es immer noch ein Land, eine Kultur und ein gottesfürchtiges Volk (Iran) gibt, das den Expansionsgelüsten Satans entgegentritt [...]."

Horst Mahler bezeichnet die Terroranschläge in New York und Washington noch als "Kleinkrieg", "Befreiungskrieg" sowie als "Weltkrieg, weil der Feind der Völker die Welt beherrscht". Der für seine umfangreichen Webseiten und aggressiven Kommentare gleichermaßen berühmt-berüchtigte "Völkische Sozialist" sieht gar den "3. Weltkrieg, Armageddon, Ragnarök" eingeleitet. Allerdings hat der "Angriff auf Amerika" seiner Ansicht nach vor allem "die verlogene Welt der Spaßgesellschaft, Multikulturalisten, Schwulisten, Liberalisten und sonstigen zerstörerischen Elementen durcheinander gebracht. Der WTC-Schock ließ die Idioten des Gutmenschentums erzittern, denn liebe Zuwanderer aus unserer Mitte sollen die Tat begangen haben". Jetzt gelte der "Kampf den Betreibern der Multi-Kulti-Politik, die mit ihrem Multikulti-Wahn die gesamte westliche Welt in Todesgefahr gebracht hat, wie die letzten Ereignisse bewiesen haben", was noch zugespitzt wird: "Alle, die jemals für Multikultur eingetreten sind, alle Politiker, die Multikultur gefördert haben, müssen wegen Hoch- und Landesverrat und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt werden".

Auffällig ist, dass viele wichtige Akteure der extremen Rechten auf beiden Seiten des Atlantiks Israel gleichermaßen als Auslöser der Terroranschläge wie als Hauptprofiteur der Tragödie ausmachen. So argumentiert David Duke in seinem Text "Wird jemand es wagen nach dem Warum zu fragen?", dass die amerikanische "Verwicklung in und Unterstützung von kriminellem Verhalten Israels" das wahre Motiv für die Terroranschläge darstellt: "Es sind Amerikas Milliarden von Dollar Hilfe, die es dem jüdischen Staat ermöglicht haben, das arabische Volk für ein halbes Jahrhundert zu terrorisieren". Ähnlich äußert sich William Pierce, Führer der "National Alliance" in seiner wöchentlichen Radioansprache "American Dissident Voices" vom 15. September, in der er den von der amerikanischen Regierung voll unterstützten Anspruch weltweiter jüdischer Vorherrschaft als die Wurzel des gegenwärtigen Problems sieht. Noch weiter geht der Pontifex Maximus der "World Church of the Creator" (WCOTC), Matt Hale in einer internen Verlautbarung (WCOTC Hotline), wo er dazu aufruft, sich auch weiterhin verpflichtet zu fühlen, die USA von "ALLEN nicht-Weißen zu reinigen, egal ob sie den Nachnamen Stein oder Muhammad" tragen. " Alle nicht-Weißen müssen für immer aus Amerika entfernt werden, damit Weiße leben können" (Übers.d.Verf.)

Die aufgezeigten Beispiele mögen verdeutlichen, dass die extreme Rechte weltweit die Terroranschläge in den USA propagandistisch für ihre Zwecke ausnutzt und dabei in Rückgriff auf alte, überkommene antisemitische oder völkische Argumentations- und Theoriemuster ein schwer verdauliches Gemisch aus den wahlweisen Zutaten "internationale Volkssolidarität", "Antiimperialismus" und "Ausländer raus" zusammenbraut. Auch die NPD versucht, aus der Situation Kapital zu schlagen. Der Parteivorsitzende Udo Voigt wartet in einer Presseerklärung vom 13. September mit der aufschlussreichen Aussage auf, die NPD werde "sich an die Spitze einer neuen deutschen Friedensbewegung und aller Globalisierungsgegner setzen". Und wie eine solche Globalisierungkritik von rechts aussehen kann, zeigen die jüngeren Schriften von Horst Mahler.