Presseschau Oktober 2003
Die Presseschau ist ein Service des durch  entimon geförderten Projektes respectabel.de

Hier finden Sie eine Auswahl unserer Redaktion von Artikeln des täglichen Pressespiegels

Mittwoch, 1. Oktober 2003
 

Wir waren doch die Guten

Der »Aufstand der Anständigen« vor drei Jahren war so schnell beendet, wie er ausgerufen worden war. Den Rassismus und den Antisemitismus konnte das Projekt der Zivilgesellschaft nicht eindämmen. von burkhard schröder

Der »Aufstand der Anständigen« ist gescheitert. Und schon wird es kompliziert: Kann etwas scheitern, das es nie gegeben hat? Das gute alte Wort »Aufstand«, das so gar nicht zur deutschen Leitkultur passt, legt nahe, die Untertanen stürzten soziale Hierarchien um, enteigneten die Herrschenden ihrer Produktionsmittel und schafften Raum für das Gute, Schöne und Wahre.

Der »Deutsche an sich«, steht er denn auf, versteht darunter jedoch etwas sehr Religiöses. Er zeigt seinen Mitmenschen Symbole, das eigene Gesicht oder heilige Tücher. Wenn er sehr erregt ist, spielt er mit dem Feuer, verbrennt Bücher und schaudert fromm unter den lodernden Flammen nächtlicher Fackelzüge oder Lichterketten.

»Anstand«: ein an sich nicht unsympathischer Begriff, aber ebenso typisch deutsch. Er suggeriert in diesem Zusammenhang, dass politische Meinungen letztlich auf moralischen Werten fußten. Eine kühne Idee, ist doch Politik letztlich nur eine Aushandlung von Regeln, damit die Untertanen sich nicht gegenseitig den Schädel einschlagen und um sie glauben zu machen, das sei zu ihrem Besten. Anstand ist ein Appell, sich so zu verhalten, wie es sich geziemt. Was sich geziemt, bestimmt der, der die Macht hat.

Einen »Aufstand der Anständigen« kann es somit gar nicht geben, denn ein Aufstand ist immer unanständig. In den Augen der Herrschenden jedenfalls. Und seit wann macht die Mehrheit einen Aufstand? Und gegen wen? Ein »Aufstand der Anständigen« ist so sinnig, als forderten die Scientologen die Kassenzulassung.

Dennoch, ein Erfolg hätte so aussehen können: Der Rassismus und der Antisemitismus hätten abgenommen, vielleicht nicht, was die Einstellungen angeht, aber wenigstens das Verhalten betreffend. Die Anständigen waren sich aber noch nicht einmal einig, dass es gegen den Rassismus ging. Und heute befinden wir uns in einer Situation, die zu der Frage anregt: Warum hat sich trotz der zahlreichen Gesichtzeiger und der »Programme gegen Rechts« nichts geändert? Man könnte das »trotz« durch »wegen« ersetzen, wenn man nur boshaft genug wäre.

Oder darauf hinweisen, dass es ohne die Programme und unzähligen, meist unpolitischen Aktionen auf Volkshochschulniveau noch viel schlimmer gekommen wäre und die Braune Armee Fraktion schon in Bataillonsstärke ihre Wehrsportmanöver durchführte. Der »Aufstand der Anständigen« war ein gruppendynamisches Kuschelereignis mit dem kathartischen Effekt einer Beichte: Wir bekennen, dass wir böse waren, und nehmen, ganz christlich, die Schuld der braunen Kameraden auf uns, die leider beim Aufstand nicht mitmachen, und versprechen, fürderhin so brav zu sein, wie wir schon immer waren.

Der Antisemitismus wird ohnehin gern vergessen. Natürlich ist es anständig, auf Friedhöfen nicht die Grabsteine umzuwerfen. Darauf, und auf den Appell, bitte keine Gewalt und keine Synagogen abzufackeln, einigt man sich schnell. Solange Juden auf Friedhöfen liegen und ihre Habseligkeiten in Museen verstaut sind oder man nur ihre restaurierte Architektur vor sich hat und ein bisschen Klezmer für Pfarrerinnen und Fans der völkischen Folklore, gibt es keinen Streit. Aber sobald andere unangenehme Details zur Sprache kommen, etwa israelische Fahnen vor Gemüseläden im schönen deutschen Berlin oder Werbebanner der israelischen Armee auf deutschsprachigen Websites wie hagalil.com, fällt die Moral in sich zusammen. Und der Aufstand verkrümelt sich genau so schnell.

Man stelle sich vor, der deutsche Bauernkrieg im 16. Jahrhundert, die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts oder der antifaschistische Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft wären unter der Parole »Aufstand der Anständigen« initiiert worden! Sie wären nie weiter als in das Stadium embryonaler Flugschriften und Flugblätter gekommen. Die Lichterkettenträger während der Zeit massenhysterischer symbolischer Aktionen seit dem Sommer 2000 waren eine privilegierte Mehrheit, die white german anglosaxon protestants, die an eine Minderheit, die gesichtslos blieb, appellierte, die Neger doch bitte liebzuhaben, weil die auf multikulturellen Straßenfesten immer so schön trommeln und der Döner Kebab der Wurst den Rang abgelaufen hat.

Gegen Rechts

Profit im Kapitalismus jedoch hat nie eine Moral, darin sind sich Karl Marx und der Neoliberalismus völlig einig. Der angebliche Kampf »gegen Rechts« meint, eine bestimmte Sonderbehandlung der Einwanderer, praktisch durch Stiefel-, theoretisch durch Salonfaschisten, schade dem Profit und sei somit kontraproduktiv für das System. Dazu brauchte es keine Lichterketten und andere Spiele mit dem Feuer. Was dem System schadet, erkennen Kapitalisten gewöhnlich zuerst und am allerbesten.

Die Diskussion darüber, was das Problem sei, hat sich wie Beton verhärtet und erzeugt, stösst man sie an, immer dieselben Textbausteine, bei den Guten wie auch den Bösen. Die offizielle Staatsdoktrin mit quasireligiöser Konsistenz ist immer noch die Totalitarismus-Doktrin alias der »Extremismus«-Diskurs, der durch den vermeintlich anständigen Symbolismus eher noch verfestigt wurde. Die affirmative und falsche Interpretation des Untergangs der Weimarer Republik, die zwischen den »Extremen« zerrieben worden sei, liegt wie klebriger Mehltau über der Debatte. Der Begriff »Rechtsextremismus« beweist, dass man trotz oder wegen des Medienhypes »gegen Rechts« kräftig am eigentlichen Thema vorbeidenkt und -diskutiert.

Das gilt auch für das Wort »Ausländer«. Sobald der Begriff im gut gemeinten Diskurs »gegen Rechts« auftaucht, und das dauert garantiert nicht lange, muss man sich ebenso schaudernd abwenden, weil damit bewiesen ist, dass das Thema sofort verfehlt wird. Der »Ausländerdiskurs« ist der zentrale Topos rassistischer Ideologie. Neonazis haben nichts gegen Ausländer. Zumindest nicht gegen alle. Wer das Gegenteil behauptet, beleidigt die deutschen Sportler Gerald Asamoah und Amewu Mensah und verängstigt unnötig norwegische Steuerberater, die nach Deutschland reisen wollen.

Es gibt selbstredend auch zu viele Ausländer in Deutschland. Das kann nicht oft genug betont werden. Deutschland ist das einzige Land Europas, das sich seine Einwanderer als Menschen zweiter Klasse, als »Ausländer« hält. Wenn die Einwanderer als Deutsche akzeptiert werden und den deutschen Pass haben, sehen wir weiter. Dann kann man einen Rassisten einen Rassisten nennen, ohne dass jemand auf die idiotische Idee käme, es ginge bei dem Thema um »Ausländer«.

Die Guten

Leider unterscheidet sich der Diskurs der Guten nicht prinzipiell von dem seiner Gegner. Wer die rassistische Abschiebepraxis kritisiert, bleibt erfolglos, wenn er an das Mitleid und das Gefühl der trägen Mehrheit appelliert oder nur an die paternalistische Attitüde, sich um die armen Opfer zu kümmern. Der staatlich sanktionierte und in komplizierte Gesetzesform gegossene, billigend in Kauf genommene Totschlag von Migranten durch die »Sicherheitskräfte« auf Flughäfen oder in so genannten »Abschiebegewahrsamen« empört nicht mehr als ein Bundeswehreinsatz mit einem Dutzend massakrierter Feinde.

Wer heute aus politischen Gründen Scheinehen eingeht, sich also anständig verhält, oder die lieben armen ausländischen Mitbürger mit dem Krankenschwester-Syndrom behelligt, hätte vor hundert Jahren vermutlich Heime für »gefallene Mädchen« gegründet. Das antreibende Motiv ist vergleichbar.

Es geht immer um den Versuch, über medientaugliche Begriffe politische Ideen in Herrschaft und politische Macht zu verwandeln. Wer sich empört, braucht ein niedriges, weil letztlich eigennütziges Motiv: den eigenen Vorteil und die Teilhabe am gesellschaftlichen Produkt. Eigennutz ist gut, weil er das stärkste Motiv darstellt. Deshalb sind rassistische und antisemitische Vorurteile resistent gegenüber Argumenten und Appellen.

Auch gegenüber pädagogisch wertvoller Aufklärung. Das ist unstrittig. Aber wenn man sich die unzähligen gut gemeinten Projekte »gegen Rechts« ansieht, bleibt rätselhaft, wieso diese Tatsache nicht beherzigt wird. Rassismus ist nützlich. Er verspricht, soziale Grenzen auf der Basis fiktiver Kriterien zum eigenen Vorteil definieren zu können. Letztlich macht es keinen Unterschied, ob »Rasse« oder »Kultur« als Kriterium für das Dazugehören oder das Draußenbleiben genommen werden. Beides ist gleichermaßen irrational.

Säkulare Gesellschaften produzieren Rassismus als Versprechen, den sozialen Aufstieg erhoffen zu können, ohne die Chance dazu wirklich zu besitzen. In religiös dominierten Ländern der so genannten »zweiten« oder »dritten« Welt, wie etwa in Indien, wird der rassistische Diskurs vom religiösen überlagert, repräsentiert aber letztlich dasselbe: den Kampf um Teilhabe an der politischen Macht.

Umgekehrt gibt etwa in Brasilien oder Kuba die Phänotypie, im Vergleich zu Europa, erheblich weniger her für eine rassistische Terminologie. Das bedeutet dennoch nicht, dass kulturelle Codes nicht soziale Grenzen rassistisch interpretierten. Wer Hierarchien antastet, stellt auch die symbolische Repräsentanz etablierter Machtverhältnisse in Frage.

Deshalb kostümiert sich die Rechte als Subkultur, nur deshalb sind Nazis Teil der Popkultur und nutzen deren Ausdrucksformen. Rassismus und Antisemitismus haben es aber prinzipiell nicht nötig, im Gewand jugendlicher Pseudo-Rebellion medial vermittelt zu werden. Die Neonazis werden irgendwann die Linke dazu zwingen, sich mit ihnen nicht mehr zu beschäftigen. Ebnen sich die ikonografischen Unterschiede zwischen der Antifa und den Neonazis ein, wird es schwieriger, den »Aufstand der Anständigen« als hippe Subkultur zu verkaufen. Schon jetzt kann Otto Normalpassant bei manchen Aufmärschen die Neonazis von ihren Gegnern nur am Kleingedruckten unterscheiden.

Der Versuch, »Musik gegen Rechts« zu machen, scheitert schon im Ansatz. Musik vermittelt ein Lebensgefühl, ist somit klassische Kultur, somit bloßer Appell, wiederum an das Gute, Schöne und Wahre. HipHop gegen Rechts ist so anständig wie die Bayreuther Festspiele oder der Musikantenstadl. Es gibt keinen Aufstand anständiger Musik. Wenn Musik gut ist, verletzt sie Tabus, bekennt ihre Sympathie für den Teufel und propagiert hässliche Dinge wie Drogen, Sex und andere unanständige Ausschweifungen.

Interkulti, Multikulti

Eines der größten Hindernisse im Kampf gegen den Rassismus ist die Idee der »interkulturellen« Erziehung. Niemand, der als einigermaßen liberal gelten will, kann heute festgefügte kulturelle Identitäten im linken Diskurs straffrei vertreten. Die Gesellschaft für bedrohte Völker als sinnfälligstes Beispiel ist politisch heute dort angelangt, wo sie schon immer hingehörte, eben bei den Völkischen und denen, die die »Palästinenser« zu den Sudetendeutschen des Nahen Ostens stilisieren.

Ein »Volk« der Palästinenser gibt es ebenso wenig wie ein türkisches oder deutsches Volk. Und deshalb gibt es auch weder einen Dialog der Kulturen noch einen der Religionen. Das »inter« setzt etwas voraus, das es nicht gibt. Eine Erziehung »zwischen den Kulturen« bedeutet im Alltag, die politische Relevanz der Selbstethnisierung der Einwanderer und auch der Einheimischen zu leugnen und »Kultur« als unpolitische Folklore zu definieren. Das gut gemeinte Gegenteil starr definierter, fester ethnischer Grenzen ist die Vermischung, die nichts anderes propagiert als die stillschweigend als Ziel vorausgesetzte Assimilation an die herrschende Mehrheitskultur.

Der Streit um »political correctness« verharrt auf der Ebene des Multikulti. Es geht nicht darum, die kolonial und rassistisch aufgeladenen Begriffe zu erobern, sondern sie zu benutzen und trotzdem die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen.

Kien Nghi Ha schreibt in »Ethnizität und Migration« über Ghetto-Rap: »Der Trickster versucht durch die Gleichzeitigkeit von Ambivalenzen, durch die sprachliche Verwandlung eines feststehenden Topos in einem sich widersprechenden Oxymoron und einem nicht denkbaren Paradoxon Freiräume für offen stehende, ungesicherte und viel sagende Bedeutungen zu erzeugen.« Allerdings, und das schränkt die Handlungsmöglichkeit für die anständige weiße deutsche Mittelschicht erheblich ein, gelingt die subversive Aneignung der Mainstream-Kultur durch Immigranten oder Minderheiten nur, wenn die Betroffenen sich der Sprache und Begriffe selbst bemächtigen, während, wie Kien Nghi Ha schreibt, »deutsche Trittbrettfahrer mit ihren unreflektierten ›Kanakensprüchen‹, auch wenn sie sich dabei ganz subversiv vorkommen, in Wirklichkeit nur eine rassistische Struktur reproduzieren«.

Multikulti stellt die Normalität nicht in Frage und bedeutet keinen Tabubruch, sondern appelliert nur an die herrschende Mehrheit der Anständigen, wenige neue und bisher »fremde« Kategeorien zu assimilieren, das heisst, für die Produktion und den Konsum kompatibel zu machen.

Die Debatte in Deutschland um das, was die Nation im Post-, Spät- und neu definierten Kapitalismus ausmacht, sieht sich immer noch einem fast scheintoten Gegner gegenüber, dem völkisch definierten Nationalstaat des 19. Jahrhunderts. Vor dieser Folie wird der Streit um die Einwanderung absurd. Multikulti ist die andere Seite des völkischen Spiegels. Und urdeutsch dazu, weil die Erziehung zur Kultur das alte deutsche Problem aufgreift, die zum Kapitalismus passende Metatheorie, den Nationalstaat, nie politisch erkämpft zu haben, sondern auf dem Umweg über die verquaste Erinnerung an die germanische »Kultur« eine fiktive ideologische Linie in die Vergangenheit zu projizieren, um sich selbst zu erklären, warum man die Obrigkeit nicht hat hinwegfegen können. Die Multikulti-Linke schließt nahtlos an die völkische Romantik im Gefolge der preussischen »Freiheitskriege« gegen Napoleon an.

Im Gegensatz zu England oder Frankreich ist man hierzulande noch nicht einmal beim Thema angelangt. Auch Multikulti bedeutet letztlich eine ethnisch aufgeladene Definition sozialer und ökonomischer Machtverhältnisse. Interkulturelle Erziehung ist Opium fürs Volk. Ihr Programm ist nichts anderes als ein erweiterter Konsum und eine postmoderne Ästhetik für kosmopolitische und kunstbeflissene Eliten und die neuen Mittelschichten in den Metropolen. Dabei greifen die alten kolonialen und rassistischen Raster. Hip ist, was dem Mainstream nützt.

Migranten, die keine hippe Argumentation vorweisen können, die sie dem linken Paternalismus sympathisch macht, wie etwa die »politischen« oder die »Armutsflüchtlinge«, fallen potenziell aus dem Raster der Aufmerksamkeit. Rumänische Schleuser oder vietnamesische Zigarettenhändler, die mit dem Gedanken spielen, sich in Berlin-Kreuzberg niederzulassen, müssten ihren Beruf verschweigen, um in den privilegierten Genuss zu kommen, von antirassistischen Initiativen bemuttert zu werden.

Um die Immigration ist es in der Debatte in Wahrheit noch nie gegangen. Die deutsche Diskussion über die Einwanderer, Gastarbeiter, Zwangsarbeiter, Saisonarbeiter, Flüchtlinge und Asylbewerber wird seit 120 Jahren mit immer denselben Fragen geführt. Aus dieser Perspektive erscheint auch das Thema »Neonazis« nur vorgeschoben. Das Thema war immer, Macht und Herrschaft zu sichern und denjenigen, die an die Futtertröge drängen, ein wenig Teilhabe zu versprechen.

Es geht darum, politische Identitäten mit kulturellen Codes immer wieder neu zu definieren. Solange etwas nicht in Frage gestellt ist, kann es nicht verändert werden.

Mittwoch, 8. Oktober 2003

Bloß keinen Aufstand!

Totschweigen lautet vielerorts die Devise, wenn es um Rechtsextremismus geht / Eindrücke aus Mecklenburg-Vorpommern

Der "Aufstand der Anständigen" ist drei Jahre alt.
Die öffentliche Empörung über den Rechtsextremismus ist inzwischen verebbt, Initiativen gegen rechts haben immer größere Schwierigkeiten, Geld für ihre Arbeit zu erhalten. Gleichzeitig wächst die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremen kontinuierlich. War der Aufstand lediglich eine politische PR-Aktion? Nein, sagt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse im Interview.

Von Bernhard Honnigfort

Judith Keller erzählt. Es war im Mai, eine Deutschstunde, 9. Klasse, Realschule in Gadebusch. Zwei Mädchen sollten ein Referat halten. Ihr Thema war der Zweite Weltkrieg. Die Mädchen hatten einen Karton mitgebracht. Sie waren gut vorbereitet. An die Tafel hatten sie ein Porträt Adolf Hitlers gehängt. Ihr Vortrag war das, was man von zwei rechtsradikalen Mädchen erwarten durfte - eine empört vorgebrachte Anklage gegen die US-Amerikaner, die Deutschlands schöne Städte zerbomben ließen. Anschließend öffneten sie ihren Karton, zeigten den Mitschülern Pitbull-T-Shirts, wie sie Rechte gerne tragen, außerdem weiß geschnürte Springerstiefel. Dann verteilten die beiden NPD-Flugblätter. Das war das Referat in Deutsch. Judith Keller, 39 Jahre, Schulsozialarbeiterin, hatte Wind davon bekommen, was die 15-jährigen Mädchen planten, und hatte sich in die Klasse gesetzt. Sie erinnert sich genau: Die Lehrerin blieb nach dem Vortrag stumm wie ein Fisch. Also ergriff sie das Wort, rückte einiges zurecht und sorgte dafür, dass beide Mädchen eine Sechs bekamen. "Lehrer", stöhnt sie. "Außerhalb der reinen Wissensvermittlung brechen die zusammen."
Gadebusch ist eine kleine Stadt in Nordwestmecklenburg, 30 Kilometer östlich von Lübeck, uralt, mit sehr schönen roten Klinkerhäusern, Kopfsteinpflaster, einem Schloss und einem Rathaus aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. 6050 Menschen wohnen hier, viele arbeiten im nahen Schleswig-Holstein oder Niedersachsen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei zehn Prozent, halb so hoch wie sonst im Land. Der Bürgermeister, ein vernünftiger Mann namens Ulrich Howest, will sich nicht beklagen.

Außerdem hat Gadebusch ein "ganz normales Problem" mit Rechtsradikalen. Sagt der Bürgermeister. Nicht besonders schlimm, aber doch so, dass man sich darum kümmern müsse. Ab und zu werde jemand von Skinheads zusammengeschlagen, Anfang des Jahres drohte ein Jugendlicher, mit Neonazis eine Schule aufzumischen. In Nordvorpommern soll alles viel schlimmer sein, sagt Howest.

Judith Keller arbeitet an der Heinrich-Heine-Schule in Gadebusch. Als sie vor einem Jahr zum ersten Mal in die Schule kam, erschrak sie über Hakenkreuze und Nazi-Sprüche an Wänden und Tischen. Der Direktor, erzählt sie, wurde von Schülern mit gestrecktem rechten Arm und "Heil" begrüßt - und habe nicht einmal reagiert.

Keller, studierte Chemikerin und Sozialpädagogin, war entsetzt und wusste nicht, was sie machen sollte. Zum Glück hatte sie die Telefonnummer von Karl-Georg Ohse in Schwerin. Ohse arbeitet im mobilen Beratungsteam für demokratische Kultur (mbt). Das mbt ist eines der 990 Civitas-Programme in Ostdeutschland für Demokratie und gegen Fremdenfeindlichkeit, die vor drei Jahren von der Bundesregierung angestoßen worden sind, als Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nach dem Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge am 3. Oktober 2000 alle Deutschen zum "Aufstand der Anständigen" aufrief.

Karl-Georg Ohse half ihr, gab Ratschläge, setzte sich dafür ein, dass in Gadebusch zum ersten Mal über die Schwierigkeiten offen geredet wurde. Lehrer, Schulleiter, Bürgermeister und die Polizei treffen sich seitdem regelmäßig und machen sich Gedanken, wie der braune Spuk in der Stadt eingedämmt werden kann. "Ohne Ohse wäre ich aufgeschmissen", sagt Schulsozialarbeiterin Keller. "Wir reden mindestens einmal die Woche miteinander."
Gadebusch, sagt Ohse, das sei ein Erfolg. In der Stadt würde nichts mehr totgeschwiegen. Es sei eine Menge wert, wenn Kommunalpolitiker das Thema Rechtsradikalismus überhaupt anpacken würden. Meistens sei es anders. Niemand wolle etwas mit mbtBeratern zu tun haben. Bürgermeister fürchteten um den Ruf ihrer Städte, Rektoren um den ihrer Schulen. Schweigen sei die Regel.

"Hier gibt es noch keine Zivilgesellschaft, es herrscht Lethargie", beschreibt der Schweriner Ohse die Lage in Mecklenburg-Vorpommern. Vom Aufstand der Anständigen sei wenig zu spüren. In Gadebusch, ja, da laufe es gut. Vorpommern aber, an der Grenze zu Polen, das sei schlimm.

Es ist eine Menge darüber diskutiert worden, ob die Civitas-Programme der Bundesregierung eigentlich sinnvoll sind oder nur teure Strohfeuer, angezündet vom Kanzler in der allgemeinen Aufregung nach dem Synagogenanschlag, um Tatendrang zu zeigen. Prüfer des Bundesrechnungshofes hatten bemängelt, es sei überhaupt keine Wirkung feststellbar - außer dass Civitas allein dieses Jahr zehn Millionen Euro koste und etwa 90 Stellen im Osten geschaffen habe.

Im Moment wackeln etliche Projekte, weil von 2004 an die Bundesländer ein Fünftel der Kosten der Programme übernehmen sollen. Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sind offensichtlich bereit mitzumachen, Thüringen hingegen nicht. Dort hegt man Vorbehalte gegen das von Berlin "übergestülpte" Programm, hinter vorgehaltener Hand ist von "bezahltem Antifaschismus" die Rede, der nichts bewirke.

Gadebusch ist ein gutes Beispiel dafür, was Civitas kann - und was nicht. Ein "Aufstand der Anständigen" funktioniert nur, wenn sich wenigstens ein paar Anständige finden, die sich beraten lassen. Wie Judith Keller und ihr Bürgermeister. Und das ist nicht nur eine Geldfrage, sondern vor allem eine Charakterfrage.

Die Menschen, auf die es wirklich ankäme, erreicht kein noch so gut ausgebildetes und ausgestattetes Civitas-Beraterteam. Judith Keller kennt die meisten der jugendlichen Neonazis in und um Gadebusch. "Das Problem ist das Elternhaus", sagt die Sozialarbeiterin. Trinkende Eltern, Nazi-Eltern, Eltern, die den ganzen Tag arbeiten und sich nicht für ihre Kinder interessieren. Eltern, die nicht reden und nicht zuhören, Eltern, die keinen Halt geben. Eltern, die es nicht stört, wenn der Sohn als Skinhead durch die Gegend zieht. Eltern, die beim Jugendamt anrufen und ihr Kind abgeben wollen, weil sie damit nicht mehr klarkommen.

Es sei immer dasselbe. Keller meint, wenn Eltern ihren Nachwuchs nicht mehr erziehen würden, kein Interesse zeigten und aufgäben, wenn sie nicht als Vorbilder taugten - dann sei sowieso nichts mehr zu retten.

Schule könne das nicht reparieren, schon gar nicht, wenn das Kollegium aus unterbezahlten und lustlosen Lehrerinnen und Lehrern bestehe. Da könne kein Civitas-Programm etwas ausrichten, egal, ob mit zehn oder 100 Millionen Euro.

Außerdem, sagt Keller: Was nützen Bundesprogramme, wenn an anderer Stelle das Geld wegbricht. Sie würde sich eine Kollegin wünschen, sagt Judith Keller. Eine weitere Schulsozialarbeiterin. An Ort und Stelle, glaubt sie, könne man immer noch am meisten bewirken, mehr als jedes Beraterteam.

Aber nicht einmal ihr eigener Job ist sicher, 2004 zahlt das Land Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr wie gehabt die Hälfte ihrer Stelle. Gadebuschs Bürgermeister Howest überlegt schon, wie er wenigstens Judith Keller halten kann. "Die Frau bewirkt wenigstens etwas", sagt er.
Civitas-Programm
Nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Düsseldorf am 3. Oktober 2000 hat die Bundesregierung im Zuge ihrer Aktion "Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" das Programm Civitas aufgelegt. Mit zehn Millionen Euro unterstützt die Förderinitiative seither 990 Projekte in den neuen Bundesländern. Civitas finanziert vor allem Opferberatungsstellen und mobile Beratungsteams an Schwerpunkten der rechtsextremen Bedrohung in Ostdeutschland. Von nächstem Jahr an sollen die Bundesländer 20 Prozent der Kosten für Civitas tragen, Thüringen lehnt eine Beteiligung an der Finanzierung bislang aber ab. FR

www.jugendstiftung-civitas.org

Mittwoch, 8. Oktober 2003

Betroffenheit allein genügt nicht

Bundestagspräsident Thierse über den Aufstand der Anständigen, politische Moden und öffentliche Erregung

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse engagiert sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus und unterstützt Initiativen in diesem Bereich. Der 59-jährige Kulturwissenschaftler und Germanist stammt aus der DDR, wo er bis zur Wende keiner Partei angehörte. Danach trat er in die neu gegründete SPD in der DDR ein, deren Vorsitzender er wurde. Mit dem Zusammenschluss der Sozialdemokraten in Ost und West wurde Thierse SPD-Vize. Seit dem 3. Oktober 1990 gehört er dem Deutschen Bundestag an, seit fünf Jahren als Präsident. Mit Wolfgang Thierse sprachen die FR-Redakteure Thomas Kröter und Pitt von Bebenburg.

Frankfurter Rundschau: Herr Thierse, vor drei Jahren hat Bundeskanzler Gerhard Schröder den "Aufstand der Anständigen" ausgerufen. Hat es diesen Aufstand eigentlich je gegeben?

Wolfgang Thierse: Der Begriff ist als Appell gemeint und nicht als Beschreibung einer Bewegung. Es gab ohne Zweifel ein großes Ausmaß von berechtigter, notwendiger, auch sympathischer öffentlicher Erregung. Aber daraus ist natürlich kein Dauerzustand geworden - weder bei der Bevölkerung noch unter den Journalisten. Beide Gruppierungen reagieren konjunkturell…

…das haben sie mit Politikern gemeinsam…

…nun bleiben wir doch mal bei Bevölkerung und Journalisten. Sie reagieren, wenn etwas passiert. Dann tritt wieder Ruhe ein. In diesen Wellen verläuft das Ganze.

Kommen Sie sich manchmal einsam vor, wenn Sie sich dauerhaft für dieses Thema einsetzen?

Man wird jedenfalls beschimpft als "der allzeit gute Mensch aus dem Osten", also als ein Gutmensch, der moralische Anmaßung betreibt.

Ist das schlimm?

Ich habe mich auch nach 13 Jahren Politik nicht daran gewöhnen können, dass man Gutmenschentum als eine Beschimpfung versteht: den Versuch, auch moralische Argumente für eine Entscheidung zu finden. Aber diese Art von Vorwürfen scheint mir dem mehrheitlichen Zeitgeist zu entsprechen.

Schaden möglicherweise solche stark appellativen Aussprüche wie jener vom "Aufstand der Anständigen", weil dadurch der Eindruck in der Öffentlichkeit entsteht, Politiker machten das aus Gründen der Public Relations?

Man sollte Politikern abnehmen, dass sie auch aus Betroffenheit reagieren. Dabei darf es aber nicht bleiben. Die Politik hat ja auch ein weit angelegtes Aktionsprogramm verabschiedet und umgesetzt mit den verschiedenen Teilen Entimon, Xenos und Civitas. Das ist auf mehrere Jahre angelegt und keine Eintagsfliege.

Manche zweifeln an der Wirksamkeit dieser Programme. Wirken sie?

Ich bin dafür, dass diese Programme kritisch untersucht werden. Ich habe aber etwas gegen die pauschale Feststellung, dass das rausgeschmissenes Geld sei. Fatal und vollkommen falsch ist auch die Kritik, die aus dem Bundesrechnungshof kam - nicht vom, sondern von Einzelnen aus dem Bundesrechnungshof. Da wurde moniert, dass die Programme angelegt sind auch auf die Erwachsenen, und dass das doch nicht Sache des Bundes, sondern der Länder sei. Da sage ich: Es ist doch vernünftig, Rechtsextremismus nicht auf ein Jugendproblem zu reduzieren. Deshalb musste man die Programme weiter anlegen.

Aber die Finanzierung geht nach der rot-grünen Planung deutlich zurück. Zahlreiche Projekte sind zumindest auf eine Kofinanzierung angewiesen, weshalb manchen das Aus droht, die sich keine zweite Finanzquelle erschließen können.

Es ist doch vernünftig, dass solche Projekte angelegt sind auf Kofinanzierung von Ländern und Gemeinden, also auf eine breite Beteiligung der politischen Entscheidungsträger wie der Bevölkerung. Ich halte nichts davon, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus gewissermaßen bundespolitisch zentralisiert wird. Deswegen ist es eine Frage an Landesregierungen und Gemeinden, in welchem Maße sie bereit sind, finanziell zu unterstützen - und das heißt dann auch im kulturellen Sinne mitzutragen. Bedauerlicherweise hat es Landesregierungen gegeben, die genau das Gegenteil tun. Ich denke an die sachsen-anhaltinische, nur als ein Beispiel, die der sehr wichtigen Initiative "Miteinander e.V." das Geld fast vollständig gestrichen hat. Das ist sehr bedauerlich, weil es in der Sache keinerlei Begründung dafür gegeben hat. Denn keiner wird ernsthaft behaupten, dass der Rechtsextremismus, die alltägliche Gewalt, die Ausländerfeindlichkeit und der Antisemitismus in Deutschland so abgenommen hätten, dass man die Arbeit dagegen nicht mehr benötigt.

Nun werden trotzdem die Mittel der Bundesprogramme heruntergefahren. Müsste man sie nicht auf gleichem Niveau fortsetzen?

Ganz subjektiv wünsche ich mir, dass es beim gleichen Mittelumfang bleibt. Doch wir müssen auch nüchtern die Finanznöte sehen. Es ist schwerlich denkbar, dass wir - was ich für richtig halte - viel mehr für Forschung und Bildung insgesamt ausgeben, aber nicht zugleich sagen, wo wir etwas kürzen können. Deswegen fordere ich die genaue Prüfung, wo die Mittel am effektivsten einzusetzen sind. Wenn man das sachlich begründen kann, wird man auch eine gewisse Reduzierung der Mittel verkraften können. Aber immer unter der Voraussetzung, dass die Länder und Kommunen nicht meinen, sie könnten sich verabschieden.

Das Schwarze-Peter-Spiel zwischen Land und Bund interessiert aber die Initiativen nicht, die am Ende ihre Arbeit einstellen müssen.

Alle meine Erfahrungen sagen: Wenn es an einem Ort nicht das Bewusstsein gibt und nicht die Bereitschaft, Initiativen zu unterstützen, dann wird es nicht funktionieren. Länder und Gemeinden müssen sich engagieren, und zwar nicht nur finanziell, sondern auch mit Zeit und Nerven von Kommunalpolitikern. Angesichts des sonst heftigen Wunsches der Länder, mehr Kompetenzen zu haben, sage ich: Ja bitte, macht doch. Gerade auf dem Felde der politischen Bildung, der politischen Alltagskultur sind die Länder in einer außerordentlichen Weise gefragt - und die Kommunen.

Sie sind viel unterwegs. Welchen Eindruck haben Sie, wie weit Initiativen wirklich angenommen werden in ihren sozialen Umfeldern?

Da gibt es kein einheitliches Bild. Es gibt positive Beispiele. Nehmen Sie die Aktion der Gewerkschaftsjugend "Für Demokratie Courage zeigen". Das ist eine sehr wirksame Aktion, wo junge Leute für junge Leute politische Bildung betreiben. Ich hoffe sehr, dass es gelingt, das weiter zu finanzieren. Es gibt auch Beispiele, wo die Atmosphäre in einer Stadt sich verändert hat und ein neues Problembewusstsein entstanden ist. Ich nenne Neustadt/Orla. Auch Guben hat sich erheblich verändert. Aber es gibt auch andere Orte, wo solche Initiativen immer noch im Verdacht sind, linksradikal zu sein. Wo überhaupt der Vorwurf entsteht: Das ist einseitig, ihr kämpft ja nur gegen Rechtsextremismus. Mir wurde auch vorgeworfen, ich sei eigentlich gegen rechts und man müsse doch gleichermaßen gegen linksextremistische Gefahr angehen, die partout nicht zu finden ist in vielen Orten. Ich kann da nur auf eine Zahl verweisen, die aus dem Verfassungsschutzbericht stammt: Von 12 700 politisch motivierten Straf- und Gewalttaten sind 10 900 rechtsextremistisch. Das ist eine ganz eindeutige Zahl.

Hat die Diskussion nach dem 11. September dazu beigetragen, das Thema aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu verdrängen?

Die Tagesnachrichten sind von der islamistischen Gefahr bestimmt worden. Das hat die innere Gewaltszene nach hinten rücken lassen. Jetzt erinnern wir uns angesichts der Entdeckung in München, dass die Gefahr nicht geringer geworden ist. Der Staat hat beides zu tun: die Terrorismusgefahr abzuwehren, aber natürlich auch das schlummernde Gewaltpotenzial und die Ausländerfeindlichkeit im Land zu bekämpfen.

Mittwoch, 8. Oktober 2003

Links gegen rechts

Zahlreiche Einrichtungen fördern die Arbeit von Initiativen

Es gibt zahlreiche staatliche und nicht-staatliche Institutionen und Stiftungen, die in Deutschland den Kampf gegen Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit und rechte Gewalt finanziell unterstützen.

Von Christoph Seils

Wer Geld braucht für eine Initiative gegen Rechtsextremismus, findet beispielsweise unter der Internet-Adresse www. buendnis-toleranz.de gleich eine ganze Reihe von Ansprechpartnern. Die Liste der Geldgeber reicht von der Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de) über das Bundesjustizministerium (www.bmj.bund.de) und das -bildungsministerium (www.bmbf.de) bis hin zum bayerischen Jugendring (www.bjr.de).

Es gibt Fördertöpfe, die ein aufwendiges Antragsverfahren erfordern und sich damit in der Regel nur an große Institutionen richten. Das Bundesprogramm Xenos (www.xenos-de.de) gehört beispielsweise dazu. Es fördert Projekte, die Aktivitäten gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz mit Aktionen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, in der Schule oder der beruflichen Bildung verknüpfen.

Entimon (www.entimon.de) fördert hingegen Initiativen zur Einübung von Toleranz, zur Bekämpfung von Gewalt oder zur Entwicklung von Zivilcourage.

Kleinere Initiativen wenden sich bei der Suche nach Geldgebern besser an Institutionen wie die "Amadeu-Antonio-Stiftung" (www.amadeu-antonio-stiftung.de). Diese Stiftung fördert Initiativen und Projekte, die sich aktiv mit den Themen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus auseinander setzen.

Weitere Ansprechpartner wären "Civitas" (www.jugendstiftung-civitas.org), das Modellprojekte in Ostdeutschland unterstützt, sowie die C. F. Flick-Stiftung (www.stiftung-toleranz.de). Die Privatstiftung setzt schwerpunktmäßig auf die Basisarbeit mit Jugendlichen zwischen fünf und 15 Jahren. Allen drei Fördertöpfen ist gemein, dass sie wesentlich unkomplizierter funktionieren und teilweise sogar formlos Anträge bearbeiten.

Es gibt allerdings auch Geldquellen, die inzwischen versiegt sind. So hat beispielsweise das Land Sachsen-Anhalt dem Verein "Miteinander" (www.miteinander-ev.de) alle Mittel für die Projektförderung gestrichen, "Miteinander" kann deswegen nicht mehr Finanzmittel gegen rechts beisteuern.

Freitag, 10. Oktober 2003

"NEUE RECHTE" IN DEUTSCHLAND

Braune in Nadelstreifen
Von Horst von Buttlar

Sie geben sich gebildet und pochen auf Meinungsfreiheit, ihr Ziel ist die kulturelle Vorherrschaft in Deutschland: Die so genannten "Neuen Rechten" gelten als Vordenker des Rechtsextremismus. Wie einflussreich die braunen Ideologen bereits sind, ist umstritten.

Der Angriff kam plump und gleich nach dem Grußwort. Kaum hatte Fritz Behrens, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, die Veranstaltung "Die Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie?" in Düsseldorf eröffnet, erhob sich ein Vertreter von einem "Institut für Staatspolitik". Er dozierte über den "Angriff auf die Meinungsfreiheit" und beschwerte sich lautstark über die angeblich linksextremistischen Referenten. Es folgte ein Wortgefecht, ein Gerangel ums Mikrofon - und man war mitten im Thema. Ein Vertreter der "Neuen Rechten" hatte eine Kostprobe abgeliefert.

Die Düsseldorfer Tagung, organisiert vom Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen, wollte dem Phänomen der "Neuen Rechten" auf den Grund gehen. Dazu hatte man Experten geladen, Referenten des Verfassungsschutzes, den Münchener Politikwissenschaftler Kurt Sontheimer, Wolfgang Gessenharter von der Bundeswehr-Universität in Hamburg und Christoph Butterwege von der Universität Köln. Die Fragestellung: Was genau ist die "Neue Rechte"? Und wie gefährlich ist sie wirklich?

Der NRW-Verfassungsschutz, der lange Zeit als einziges Landesamt die Bewegung beobachtete, sieht in dem Phänomen eine kaum organisierte, intellektuelle Strömung innerhalb des Rechtsextremismus, eine Art Avantgarde und Ideenschmiede. Ihre Protagonisten berufen sich auf rechte Intellektuelle der Weimarer Republik - wie etwa Carl Schmitt - und versuchen, mit Themen rund um "Volk und Nation" die Mitte der Gesellschaft zu erreichen. Keine Gewalt also, keine Aufmärsche zu Hitlers Geburtstag, sondern ein sanfter Einschmeichelkurs. Erklärtes Ziel ist die "kulturelle Hegemonie", den Weg dahin sollen Zeitungen und Bücher bereiten.

Die Sprache wird in einer Grauzone getarnt

Die Idee hinter der Medienoffensive: Politische Macht läßt sich erreichen, wenn man Debatten und Meinungen bestimmt. Die Sprache ist oft verklausuliert, brauner Inhalt getarnt. Bewusst bewegen sich die Neuen Rechten in einer Grauzone, um die Grenzen zwischen demokratischer Gesellschaft und extremen Rand zu verwischen.

Für Wolfgang Gessenharter funktioniert die Bewegung wie ein Scharnier. Die "Neue Rechte" trenne und verbinde demokratische Rechte und Rechtsextremismus und sei dennoch ein eigenständiges Glied. "Diese Leute wollen und können ernst genommen werden", so Gessenharter. "Sie sehen sich als Elite, die das ausspricht, was anderen unmöglich ist." Problem sei bloß, dass die Szene ein "flüssiger Haufen" sei. "Es gibt leider kein Zehn-Punkte-Programm", stellte der britische Extremismusforscher Roger Woods fest. Mit anderen Worten: Die "Neue Rechte" hat keine Adresse oder Telefonnummer.

Die haben indes Zeitschriften wie "Signal" oder "Staatsbriefe" und Veranstaltungen wie das "Deutsche Kolleg" und das "Thule-Seminar". Im Zentrum der Tagung stand die Berliner Wochenzeitung "Junge Freiheit".

Wütend hatte die Redaktion des Blattes bereits die Ankündigung der Veranstaltung attackiert. Seit Jahren streiten die Macher vor Gericht mit dem NRW-Verfassungsschutz, prozessieren gegen die Bezeichnung "verfassungsfeindlich". Seitenweise wurde über den angeblichen "Skandal" berichtet, das Blatt werde "denunziert" von einer "außer Rand und Band geratenen Behörde". Tatsächlich gab es Stimmen auf der Konferenz, die die Beobachtung der "Jungen Freiheit" kritisierten. Uwe Backes von der Technischen Universität Dresden mahnte Zurückhaltung an: "Ich habe da Skrupel. Die Zeitung ist in einer Grauzone."

Trophäen mit Namen von Interviewpartnern

Die Taktik der "Jungen Freiheit", so machten Redner deutlich, sei es, etwa durch Interviews gezielt Kontakt zu demokratischen konservativen Kreisen zu suchen. Tatsächlich haben viele, wie etwa Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, Saarlands Ministerpräsident Peter Müller, aber auch Autoren wie Peter Scholl-Latour und Ephraim Kishon der "Jungen Freiheit" - teilweise nichts ahnend - Interviews gegeben. Ihre Namen werden dann wie eine Trophäe in Referenzlisten präsentiert.

Die Sprache sei, so machte ein Mitarbeiter des NRW-Verfassungsschutzes deutlich, oft zurückhaltend, Sprengstoff stecke zwischen den Zeilen. Er nannte Beispiele: Über eine generelle Kritik der Rechtsschreibreform kommen Autoren zum Beispiel auf die Art, wie Ausländer Deutsch sprechen. Ein Artikel behandelt harmlos das schlechte Abschneiden von rechtsextremen Parteien bei der letzten Bundestagswahl, um beiläufig eine neue Allianz als Strategie ins Gespräch zu bringen.

Die Junge Freiheit war vor Jahren mit dem Slogan "Jedes Abo eine konservative Revolution" angetreten. Bei einer verkauften Auflage von 10.000 Stück pro Woche ist die Ernte eher mager. "Die kochen in den Töpfen der Rechten", bilanzierte Politologe Sontheimer, "wenngleich auch auf Sparflamme." Ist die aktive Beobachtung also nur ein "Selbstbeschäftigungsprogramm" des NRW-Verfassungsschutzes, das Planstellen sichert, fragte Wolfgang Kapust vom WDR provozierend, als er die Abschlussdiskussion moderierte. Hartwig Möller entgegnete: "Skinheads und Gewalttaten sind immer spektakulär." Die "Neue Rechte" gehe subtiler vor, man verstehe sich als Frühwarnsystem.

Ob die "Neue Rechte" wirklich eine Gefahr ist, blieb auf der Tagung umstritten. Ebenso die Frage, ob es sich um eine rechte oder rechtsextreme Denkweise handelt. "In der Weimarer Republik waren die extremen Rechtsintellektuellen eine große Strömung", sagte Kurt Sontheimer, "hier haben wir ein ärmliches Rinnsal, das ein Schattendasein in unbekannten Verlagen führt." Auch der Extremismusforscher Armin Pfahl-Traughber sprach von einem "jämmerlichen Dasein". NRW-Innenminister Fritz Behrens dagegen sieht in der Bewegung einen "Angriff auf die politische Kultur". Die Gefahr sei zumindest "begrenzt" und "häufig unterschätzt", da die "Neue Rechte" schleichend vorgehe.

"Vielleicht", wandte ein Fragesteller, der nach eigenen Angaben aus der Lehrerfortbildung kommt, ein, "ist es nur ein Spiel mit begrifflichen Duftmarken. Es ist nicht intellektuell, sondern tragisch-komisch."

Dienstag, 14. Oktober 2003

Statistik
Rechtsextremistische Straftaten nehmen zu
Innenministerium spricht von »vorläufigen Zahlen« 
 
Von Matthias Kranz 
 
Die Anzahl registrierter rechtsextremer Straftaten hat im August weiter zugenommen. Insgesamt wurden 703 politisch rechts motivierte Verbrechen statistisch erfasst, darunter 53Gewalttaten und 466so genannte Propagandadelikte. Lutz Diwell, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, betont allerdings, dass die angegebenen Zahlen als »vorläufig« angesehen werden müssen, da die Meldungen aus den Bundesländern noch nicht vollständig vorliegen würden.
Doch schon jetzt ist im im Vergleich zu den Vormonaten ein Anstieg zu konstatieren. Für den Monat Mai hatte das Bundesinnenministerium die Gesamtzahl rechtsextremer Straftaten noch auf 687 Fälle beziffert, im Februar wurden 559 Straftaten gezählt. Am drastischsten fällt allerdings der Jahresvergleich aus; für August 2002 weist die Jahresstatistik 353 politisch rechts motivierte Straftaten aus. »Die reale Zahl rechtsextremer Straftaten«, so die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau, »liegt aber bekanntlich höher, als die statistisch erfasste«.
Tatsächlich werde rechter Gewalt gegen Obdachlose vielfach der politische Charakter abgesprochen. Ebenso würden Gewalttaten gegen Linke oft als »Saufstreitigkeiten« zu den Akten gelegt, so Helmut Schröder, Mitarbeiter im Büro Pau. Sarkastisch vollzieht er den historischen Vergleich zu den SA-Schlägertruppen, die »sich ja auch gern einmal in ihrer Stammkneipe getroffen haben, bevor es auf die Straße ging«. Statistisch würden sie wohl gegenwärtig unter die Rubrik »saufende Randalierer« eingeordnet. Eine »fremdenfeindliche Motivation« lag nach Angaben des Bundesinnenministeriums nur 124 der insgesamt 703 Straftaten zu Grunde.
Antisemitische Straftaten sind von vornherein aus der Statistik ausgeschlossen. Sie werden separat erfasst. Das Bundesministerium des Innern hatte im Mai für das erste Quartal 2003 eine »vorläufige« Zahl von 222 antisemitischen Straftaten dokumentiert. Laut Schröder würden allerdings sämtliche Statistiken am Jahresende zumeist deutlich nach oben korrigiert.
Bundestagsabgeordnete der PDS erfragen seit Jahren regelmäßig die Anzahl der rechtsextremistischen und antisemitischen Straftaten und veröffentlichen diese Statistik.

Dienstag, 21. Oktober 2003

Jenseits der Lichterketten

Die Aufmerksamkeit gegenüber dem Rechtsextremismus darf nicht erlahmen / Von Cornelie Sonntag-Wolgast

Es bedarf schon einschlägiger Vorfälle, um das Thema "Rechtsextremismus" wieder zum Gegenstand breiter Empörung zu machen. Als kürzlich in München Waffen, Sprengstoff und rechtsextreme Propaganda auftauchten, vor allem aber Hinweise auf geplante antisemitische und fremdenfeindliche Anschläge - da war die Aufregung heftig, aber kurz. Zwar ist der Albtraum einer Attacke ausgerechnet zum 9. November nicht vergessen. Doch die Diskussion konzentrierte sich rasch auf die Frage, ob es bei der extremen Rechten Zeichen dauerhafter Kooperationen bis hin zu terroristischen Organisationsformen gäbe. Bayerns Innenminister Beckstein toppte die Mutmaßungen mit seiner These von der "Braunen Armee Fraktion". Und dann versickerte das Thema im abstrusen Hickhack um die mögliche Bedrohung des SPD-Spitzenkandidaten durch Rechtsextreme im Endspurt des bayerischen Wahlkampfs.

Der "Aufstand der Anständigen" - ein vergessenes Projekt?


Kein Zweifel - eine monatelange Debatte in Gesellschaft und Medien wie vor drei Jahren, ausgelöst durch die Ermordung eines Mosambikaners in Dessau und den Düsseldorfer Sprengstoffanschlag Ende Juli 2000, erscheint heute undenkbar. Es wäre aber auch eine Illusion gewesen, die Protestbewegung von damals zu einer Dauereinrichtung im Sinne ständiger, spektakulärer Aktionen machen zu wollen. Lichterketten, Großkundgebungen würden, häufig fortgesetzt, in Routine erstarren. Immerhin verdanken wir der Aufbruchstimmung der wachsamen Demokraten von damals die Gründung vieler Initiativen gegen rechte Gewalt, Aufklärungs- und Plakatkampagnen, Sportfeste für Völkerverständigung und Weltoffenheit, zielgenauere Kriterien zur statistischen Erfassung politisch motivierter Kriminalität und einige Haushaltstitel im Etat des Bundes! Doch der Elan, die öffentlich vernehmbare Aufregung, die Politiker, Polizisten und Publizisten, Künstler und Professoren, Lehrer und Sportler umtrieb, ist verebbt.

Die Brisanz des Problems leider nicht! Europaweit registriert die Wiener EU-Beobachtungsstelle für Rassismus ein feindseligeres Klima gegenüber Migranten. In Deutschland zeigt sich weiterhin eine diffuse Neonazi-Szene, unseliges Wirken loser Kameradschaften, Skinheads und anderer Aktivisten, die übers Internet kommunizieren, Demos und Schulungen organisieren. Die Zahl der Skinhead-Konzerte sank zwar leicht, diejenige der üblen CDs aber wächst. 1000 hasserfüllte und verhetzende Homepages werden verbreitet. Vielerorts, vor allem in Ostdeutschland, ist eine rechtsradikale Subkultur unter Jugendlichen zur Normalität geworden, werden ganze Regionen als "ausländerfrei" bejubelt. Dumpfe Intoleranz und Aggressivität gegen Menschen anderer Hautfarbe und Herkunft fußen in der Mitte der Gesellschaft. Anders als beim gewaltbereiten Islamismus, von dem sich eine große Mehrheit scharf abgrenzt, können sich Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus innerhalb eines Umfeldes klammheimlicher Beifallspender einnisten.

Klar, dem Verdrängungswettbewerb aktueller Probleme sind Politiker wie Medien ausgesetzt. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus konzentrierte sich - in der öffentlichen Wahrnehmung, nicht im tatsächlichen Handeln! - schon gegen Ende des Jahres 2000 zu stark auf das NPD-Verbotsverfahren; dessen Scheitern wirkte desillusionierend. Der 11. September 2001, neue Sicherheitsgesetze und die Auseinandersetzung um den islamistisch geprägten Terrorismus verdrängten die Sorgen um "hausgemachte" Bedrohungen in unserer Gesellschaft; und zur Zeit fokussiert sich das Interesse auf die Sozialreformen.

Dem Auf und Ab der Schubkraft öffentlicher Aufmerksamkeit können sich Parlament, Regierung und Medien kaum entziehen. Aber es gibt auch den aktuellen politischen Leitbegriff der "Nachhaltigkeit", und der muss gerade bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus walten. Der Innenausschuss wird in den kommenden Wochen zum Stand der Dinge Bilanz ziehen. Die beiden vom Bundesfamilienministerium aufgelegten Förderprogramme für Initiativen gegen rechts sowie für Opferberatung, "Civitas" und "entimon" - die vor einigen Monaten dem unsinnigen Vorwurf mangelnder Wirksamkeit ausgesetzt waren -, brauchen dauerhafte Absicherung. Die Zahl förderungswürdiger Anträge übersteigt schon jetzt das veranschlagte Finanzvolumen. Absenkungen sind geplant, vielleicht gelingt es noch, sie abzuwenden. Ein Blick auf die Liste der Projekte übrigens offenbart den Einfallsreichtum all derer, denen es um Mobilisierung, Dialog der Kulturen und Abbau von Vorurteilen geht.

Die Gefahr ist erkannt, nicht gebannt.

 

Dasselbe gilt für das von Bundesregierung, Parlamentariern, Wissenschaftlern, Gewerkschaftern, Religionsvertretern und Wirtschaft getragene "Bündnis für Demokratie und Toleranz", unter dessen Dach fast 1000 Vereine und Gruppen versammelt sind und das positive Beispiele bündelt, unterstützt und auszeichnet. Etwas mehr Aufmerksamkeit überregionaler Medien täte ihm gut, auch wenn ich weiß, dass das Zeigen guter Ansätze weniger spektakulär ist als das Anprangern von Missständen Die Aussteigerprogramme - sowohl das zivilgesellschaftliche von "exit" als auch die Angebote der Verfassungsschutzämter - sind zwar keine Riesenerfolge, aber nützlich und wichtig. Medien wie stern, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau und Tagesspiegel bleiben hartnäckige Mahner; das brauchen wir. Und die Kultur der Protestaktionen gegen Demos von Neonazis entwickelt sich weiter. Die Gesellschaft derer, die nicht weggucken, ist noch vorhanden. Immerhin.

Wider die Intoleranz

Dumpfe Intoleranz und Aggressivität gegen Menschen anderer Hautfarbe und Herkunft fußen in der Mitte der Gesellschaft. Anders als beim gewaltbereiten Islamismus, von dem sich eine große Mehrheit scharf abgrenzt, können sich Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus innerhalb eines Umfeldes klammheimlicher Beifallspender einnisten, schreibt Cornelie Sonntag-Wolgast. Die SPD-Politikerin ist Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. Im Verdrängungswettbewerb aktueller Probleme verlieren Politiker wie Medien die braune Gefahr zeitweise aus den Augen, hat sie beobachtet. Deshalb mahnt sie zur Aufmerksamkeit. Immerhin sei die Gesellschaft derer, die nicht weggucken, noch vorhanden.